Samstag, den 06.02.1516
Liebe Lumina,
ich hoffe, es geht dir gut. Also mir geht es richtig gut. Ich bin so froh, dass ich dir jetzt so schreiben kann. Wir haben das neulich im Unterricht gelernt und jetzt hat man uns versprochen, dass jeder einen Brief nach Hause verschicken kann. Ich hoffe, er erreicht dich.
Es gibt so vieles, das ich dir von hier erzählen könnte und möchte, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll... Naja, es ist ja nicht mehr soo lange bis ich wieder nach Hause komme. Das wichtigste ist ja, wie du immer sagst, dass es mir gut geht und dass ich von Leuten umgeben bin, die ich mag. Und es ist beides so. Ich habe hier viele Freundinnen und auch Freunde gefunden. Die engsten sind meine Zimmernachbarinnen Zora, Tanya und Nytra.
Zora erinnert mich immer ein wenig an Fiora. Sie kann genauso wenig den Mund halten oder still sitzen. Wir sind zwar nicht in der gleichen Klasse, aber außerhalb des Unterrichts haben wir viel Spaß zusammen. Und sie hilft mir immer in Mathe, da bin ich nämlich nicht so gut drin... Hehe... Aber ich gebe mir große Mühe, schließlich will ich das ja später auch mal anderen beibringen können!
Tanya ist sowas wie die Mutter in unserem Zimmer. Sie ist ganz schön streng, sowohl was andere, als auch sie selbst angeht. Manchmal kann sie einem schon fast Angst machen, wenn es im Zimmer mal wieder zu unordentlich ist oder eine von uns die Hausaufgaben nicht machen will. Am meisten hat sie es jedoch auf die arme Nytra abgesehen. Die beiden sind komplette Gegenteile. Das klingt jetzt vielleicht alles etwas negativ, aber Tanya ist in Wirklichkeit total lieb und setzt sich auch als Stufensprecherin für alle ein. Sie hat schon vor dem Unterricht versucht uns ein bisschen Lesen und Schreiben beizubringen und hilft, wo sie kann.
Nytra... Nytra ist ein ganz schön spezieller Charakter. Sie spricht nicht gerne über sich selbst, kriegt sich wegen ihrer Art dauernd mit Tanya in die Haare und ist, glaube ich, eigentlich sehr unsicher. Nach außen hin versucht sie, sich das nicht anmerken zu lassen, aber... Sie ist manchmal ganz schön faul und sieht die Dinge eher gelassen, auch deshalb gerät sie immer wieder mit Tanya aneinander. Andererseits ist sie aber auch eine ganz liebe, die sich gut um andere kümmert, auch wenn ihr das selbst vielleicht gar nicht so bewusst ist. Sukira, ein anderes Mädchen aus unserer Stufe, hat sie praktisch adoptiert. Die beiden benehmen sich manchmal echt wie Schwestern.
Sukira ist auch bei uns beiden in der Klasse. Sie kommt wohl aus einer sehr reichen Familie und hat am Anfang richtig Probleme mit ihren Zimmergenossinnen gehabt. Das hat sich aber alles soweit geklärt.
Eine weitere gute Freundin ist Inaga, sie ist ein bisschen älter als wir, weil sie das erste Jahr wiederholt, aber sie ist wirklich zuverlässig. Auch wenn sie um einiges entspannter ist als Tanya, kann sie auch mal streng sein und handelt sehr überlegt. Sie ist in ihrem eigenen Zimmer wohl auch sowas wie die 'Mama'... so jemanden braucht wahrscheinlich fast jedes Zimmer, hihi.
Alles in allem ist es eine bunte Mischung, was wir hier haben. Und obwohl es manchmal echt anstrengend wird, hat bis jetzt jeder Tag Spaß gemacht. Wir haben von Montag bis Freitag immer morgens vier Stunden Unterricht und nachmittags nochmal vier Stunden Training. Da hab ich auch einiges an Muskeln zugelegt, dann werde ich im Sommer noch besser helfen können!
Ach, es gibt noch so vieles, was ich dir erzählen will, aber ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll... Eine wichtige Sache ist noch, dass ich Zeo gefunden habe. Wahrscheinlich hätte ich damit anfangen sollen, aber mittlerweile erscheint mir das gar nicht mehr so wichtig, weißt du? Er hat von Anfang an so getan, als wäre nie etwas gewesen und nachdem ich eine Zeit lang ein Problem damit hatte, haben wir uns jetzt wieder vertragen... Es fühlt sich einfach ein bisschen so an, als wäre er nie weg gewesen.
Er weigert sich, mir zu sagen, was in der Zwischenzeit passiert ist und irgendwas zu erklären, deshalb kann ich dir dazu nichts sagen, aber da er auch das erste Jahr wiederholt, ist er seit mindestens vorletztem Jahr hier. Ich werde versuchen, ihn in den Ferien mit nach Hause zu bringen, vielleicht erzählt er ja dir etwas. Ich glaube allerdings nicht, dass er dir auch einen Brief schreiben wird...
Ich weiß nicht, wann dich dieser Brief erreicht, aber wahrscheinlich werden die Ferien dann noch näher sein, als jetzt schon. Ich freue mich unendlich darauf, dich und alle anderen im Tal wiederzusehen. Bestell ihnen allen liebe Grüße von mir. Bis dahin hoffe ich, dass alle im Dorf gesund sind, ihr gut über den Winter gekommen seid und der Frühling euch reich beschenkt.
Ich hab dich lieb und bis bald,
deine Arisa
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Mittwoch, den 10.02.1516
Lieber Papa, liebe Mama, Janna und Gria,
ich hoffe, es geht euch gut! Ich vermisse euch sehr, aber ansonsten geht es mir gut. Ich habe viele Freundinnen gefunden, mit denen ich mich sehr gut verstehe. Und viel gelernt habe ich auch schon. Teilweise ganz schön abenteuerliches Zeug, das werde ich Janna und Gria in den Ferien erst mal zeigen. Da werdet ihr Augen machen!
Der schriftliche Unterricht ist echt gut, auch wenn es am Anfang ziemlich schwierig war, Lesen und Schreiben zu lernen. Aber ich habe Glück und habe ein nettes Mädchen in meinem Zimmer, Tanya heißt sie, und sie hat uns schon vor Schulbeginn ein bisschen was beigebracht. Rechnen kann ich allerdings sehr gut. Da möchte ich sogar behaupten, die beste in unserem Zimmer zu sein. Arisa, eine weitere Zimmernachbarin, ist da die totale Niete. Ich weiß gar nicht, wie oft ich ihr schon bei den Hausaufgaben helfen musste... Und die will mal ihre eigene Schule aufbauen... Naja, so hilft man sich gegenseitig, nicht wahr? Ich glaube natürlich fest daran, dass sie das trotzdem schaffen kann.
In meinem Zimmer sind wir insgesamt zu viert. Die vierte ist Nytra. Sie ist ganz schön verschlossen und erzählt nie viel von sich. Aber sie ist eine gute und treue Freundin, die mir geholfen hat, über mein Heimweh am Anfang hinwegzukommen. Zwei andere Freundinnen aus meiner Klasse heißen Dorina und Klaris. Die beiden sind auch sehr nett und lustig. Dorina ist zwar etwas ruhiger als ich, dafür sehen wir uns aber total ähnlich. Sie versucht immer Klaris und mich ein bisschen zu bremsen, damit wir im Unterricht nicht so viel Blödsinn machen. Klaris hat genauso 'Hummeln im Hintern' wie ich, wie Tante Orina sagen würde.
Und dann kennen wir hier natürlich auch ein paar nette Jungs. Ein paar sind älter als wir, aber die meisten, die ich kenne sind in unserem Jahrgang. Die meisten mag ich echt gerne, aber sie können manchmal auch echt nervig sein. Tja, so wie Jungs nun mal sind...
Es gibt da sogar jemand besonderen unter den Jungs, aber das erzähle ich euch lieber persönlich. Tja, jetzt werdet ihr so richtig neugierig sein und hoffen, dass ich schneller kommen könnte, hm? Vielleicht kommt euch die Zeit so ja kürzer vor.
Für uns hier wird die Zeit nur so wie im Fluge vergehen. Im April werden die Lehrer die Akademie für ein ganzes Wochenende verlassen, sodass nur wir Schüler da sind, das wird bestimmt aufregend... Dann kommen bald auch schon unsere Prüfungen und die Zeugnisse und in den letzten zwei Wochen gibt es noch ein großes Turnier. Und dann sind auch schon Ferien und ich komme zu euch nach Hause.
Jetzt geht mir so langsam leider schon der Platz aus, auch wenn ich noch so viel mehr schreiben könnte... Aber mir tut auch langsam die Hand weh und wenn ich euch das alles direkt erzählen kann, ist das doch noch viel schöner. Ich habe euch unendlich lieb und wünsche euch alles Gute bis ich nach Hause komme.
Wir können leider nur einen Brief schreiben, also bestellt bitte auch Tante Orina viele Grüße und dass ich mich natürlich auch auf sie freue. Und all meinen Freundinnen bei euch Zuhause natürlich auch. Ich kann die Ferien fast gar nicht mehr erwarten, wenn ich mir so vorstelle, was wir uns alles zu erzählen haben. Ich freue mich schon so sehr darauf, euch alle wiederzusehen. Aber bis dahin werde ich weiter mein Bestes geben und die Tage hier mit meinen neuen Freundinnen genießen.
Mit allerliebsten Grüßen von mir und den anderen
eure Zora
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Freitag, den 12.02.1516
Liebe Erika,
na, das ist eine Überraschung, oder? Wir haben im Rahmen des schriftlichen Unterrichts die Möglichkeit bekommen jeweils einen Brief an eine Person von Zuhause zu schreiben. Es fiel mir zwar schwer, mich zu entscheiden, wem ich schreiben soll, aber... Nun ja, dich habe ich am meisten vermisst.
Vater und Mutter wissen, dass ich gut aufgehoben bin, sie können bis zum Sommer warten, aber dir wollte ich schon jetzt ein wenig berichten. Vor allem auch, weil ich Angst habe, dass wir im Sommer gar nicht genug Zeit miteinander haben werden, dass ich dir alles erzählen könnte.
Ich hoffe, meine Familie macht dir das Leben nicht zu schwer und dass dir die Arbeit gut von der Hand geht. Hier habe ich zum ersten Mal verstanden, was du eigentlich den ganzen Tag tust. Mein Tag hier ist auch von morgens bis abends mit Arbeit vollgestopft. Vormittags haben wir vier Stunden Unterricht und nachmittags vier Stunden Training. Das ist manchmal wirklich anstrengend. Und dazu kommen für mich noch die Pflichten der Jahrgangssprecherin. Das ist eine Schülerin, die für den gesamten Jahrgang verantwortlich ist...
Das bedeutet, dass ich mich darum kümmern muss, dass es allen gut geht; sich alle verstehen; alle Bescheid wissen, was so wichtiges ansteht; welche Schüler vielleicht zusätzlich Hilfe brauchen... Es klingt aber komplizierter als es ist, da wir bisher Glück gehabt haben und alles soweit ganz gut lief. Aber man weiß ja nie, ob sich das nicht vielleicht ändert... Ach, und außerdem muss ich dafür sorgen, dass sich alle an die Regeln halten. Das kannst du dir bei mir wahrscheinlich gut vorstellen, hm?
Mein Plan geht gut voran, ich habe mit meinen Zimmergenossinnen das Wintertraining bestanden, das eine erste Hürde darstellte und auch der Posten als Jahrgangssprecherin erhöht meine Chancen darauf, in den dritten Jahrgang zu kommen. Aber, keine Sorge, ich werde mich nicht auf diesen ersten Erfolgen ausruhen, da kannst du dich drauf verlassen.
Aber eines muss ich dir gestehen. Ich gebe mir Mühe, mich nicht zu beschweren und mir nichts anmerken zu lassen, aber ich freue mich wirklich auf den Sommer. Der Winter hier ist unendlich kalt, vor allem, wenn man jeden Tag vier Stunden in der Kälte verbringt... Ich bin schon froh, dass ich mich nicht erkältet habe. Und dann wird hier nicht geheizt... stattdessen müssen wir uns jeden Tag dick anziehen. Was man nicht alles zur Abhärtung durchmacht...
Ein Mädchen aus meinem Zimmer lebt normalerweise immer so, kannst du dir das vorstellen? Sie kommt aus einem kleinen Dorf, da haben sie nicht einmal Geld. Ihr scheint das alles gar nichts auszumachen. Manchmal beneide ich sie darum, aber wenn ich mir vorstelle, immer so zu leben... Also ich könnte das nicht.
Ich musste gerade ein bisschen lachen. Weißt du, du bist die einzige bei der ich mich so ausheule. Die anderen würden Augen machen, wenn die diesen Brief lesen könnten. Aber du kennst mich abgesehen von meiner Familie am besten und bei dir muss ich mir einfach keine Sorgen machen, was ich sage.
Wo wir gerade bei solchen Geheimnissen sind... du kannst es dir wahrscheinlich schon denken, aber... ich habe jemanden gefunden, den ich wirklich mag. Es ist noch nichts passiert oder so, keine Sorge, aber... er ist einfach wirklich toll. Sehr erwachsen und vernünftig, Jahrgangssprecher des zweiten Jahrgangs... du denkst bestimmt, dass das wirklich zu mir passt, hm? Aber manchmal macht er auch Blödsinn. Er ist mit ein paar der schlimmsten Idioten hier befreundet, aber das hauptsächlich, weil sie in einem Zimmer sind bzw. waren. Ich erzähl dir das genauer, wenn ich in den Ferien Zuhause bin.
Ich freue mich schon unfassbar auf dich, meine Eltern und meine Geschwister. Ich bin gespannt, ob Fala auch angenommen wurde, dann könnten wir zusammen zurückfahren... Ich hoffe, meine anderen Geschwister und vor allem die 'Zwillingsmonster' haben dir nicht zuviel Ärger gemacht. Bis dahin werde ich meine Aufgaben hier erfüllen, so gut ich kann.
Deine Tanya
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Dienstag, 16.02.1516
Lieber Sero,
lange nichts von dir gehört, kleiner Bruder. Ich hoffe, dir geht es gut und dass bei euch alles so gut läuft wie hier. Ich hoffe für dich, dass du dich ganz gut eingefunden und deine Enttäuschung überwunden hast. Vielleicht kann man ja zum nächsten Schuljahr noch etwas machen, dass du auch hier in die Haupteinrichtung kommst. Im ersten Jahrgang sind derzeit drei Plätze frei und wir haben im zweiten Jahrgang jetzt auch jemanden, der aus einer Nebenstelle nachgerückt ist.
Mein Alltag hier ist so ziemlich derselbe wie immer, so wie ich es dir ja in den Ferien schon erzählt hatte. Meine Zimmernachbarn sind auch fast dieselben. Jiro redet immer noch genauso viel unnützes Zeug wie sonst, Gawen macht seine blöden Späße mit und Keiro, der Neue aus der Nebenstelle, ist auch ganz nett. Wenn auch deutlich ruhiger und angenehmer als Zeo.
Der muss ja jetzt den ersten Jahrgang wiederholen, aber ich glaube, das macht ihm gar nicht so viel aus. Wir sind immer noch Freunde und durch ihn kennen wir jetzt auch einige echt süße Mädchen aus dem ersten. Keiro hat sich gleich eine erobert und Zeo hat seine Kindheitsfreundin wiedergetroffen. Irgendwas scheint zwischen den beiden aber nicht ganz in Ordnung zu sein... Aber das ist ja ausnahmsweise nicht mein Problem.
Ich weiß gar nicht, ob ich dir das erzählen soll, aber... Naja... Es gibt da dieses eine Mädchen, die hat echt was an sich... Sie ist Jahrgangssprecherin des ersten Jahrgangs geworden. Manchmal ist sie etwas zu ernst oder zu ehrgeizig, aber ihr sind die Werte der Akademie genauso wichtig wie mir. Und natürlich ist sie hübsch, aber das konntest du dir ja schon denken.
Ich hoffe für dich, dass du vielleicht auch so jemanden gefunden hast. Mit etwas Glück bist du sogar schon weiter gekommen als ich... Bei uns ist nämlich noch nicht wirklich was passiert. Ich weiß einfach nicht, wie ich es anfangen soll, weißt du? Außerdem ist sie erst im ersten Jahrgang. Wenn ich nicht in den dritten komme, sehen wir uns wahrscheinlich nicht wieder... Und selbst wenn, wäre es nur ein weiteres Jahr. Ich will ihr da auch keine falschen Hoffnungen machen oder das Herz brechen... Du lachst mich jetzt wahrscheinlich wieder aus, weil ich zu kompliziert bin, hm? Na, hab du ruhig deinen Spaß, ich hoffe, du findest auch mal so ein Mädchen, dass dich so nervös macht.
Wie auch immer, zurück zu wichtigeren Angelegenheiten. Ich werde in den Ferien noch einmal mit Vater über die ganze Sache sprechen. Vielleicht hat es es schon längst wieder vergessen. Es wird dann ja fast ein Jahr her sein. Ich hoffe, dass du auch nach Hause kommst. Es wäre sicher sehr interessant, zu hören, was dir alles passiert ist und wie das Leben in so einer Zweigstelle aussieht. Mutter würde dich sicher auch gern sehen, sie vermisst uns beide bestimmt sehr.
Zuletzt möchte ich, dass du weißt, dass ich immer für dich da sein werde. Egal, was Vater auch sagen mag. Ich bin immer dein großer Bruder und werde dich immer lieben. Es ist dein Leben und deine Entscheidung. Ich bin stolz auf dich, dass du das durchgesetzt hast.
Ich hoffe, es geht dir gut und ich freue mich auf den Tag, an dem wir uns wiedersehen, wann das auch sein mag.
Bis dahin, gib dein Bestes
dein Naro
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Freitag, 19.02.1516
Sehr geehrter Vater, liebe Mutter,
ich schreibe Euch im Rahmen einer Übung des Schreibunterrichtes der Akademie. Ich hoffe, dass es Euch und den Geschäften seit meiner Abreise gut ergangen ist. Ich hoffe ebenso, dass meine Geschwister alle wohlauf sind.
Ich bin gesund und zufrieden hier an der Akademie. Der schriftliche Unterricht fällt mir leicht, auch wenn er sehr streng ist. Das physische Training ist genauso streng, fällt mir jedoch natürlich nicht so leicht, da ich ja nur ein Mädchen bin. Doch ich tue mein Bestes und werde wohl trotzdem gute Noten auf dem Zeugnis erhalten. Sorgt euch also nicht, ich werde den Familiennamen nicht durch minderwertige Leistungen beschmutzen.
Die Ferien werden am 04.07. dieses Jahres beginnen. Ich werde also circa am 11.07. Zuhause eintreffen. Ich freue mich schon sehr, Euch wiederzusehen und euch mein Zeugnis zu präsentieren.
Untergebenst,
Sukira
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RISA
Seitdem es Späher gab, gab es für die Schüler der Akademie einmal im Jahr die Möglichkeit Briefe zu schreiben. Die Späher, die Anfang März ihre Ausbildung beendeten, würden diese als erste offizielle Aufgabe in die bekannten Heimatorte der Schüler bringen. Das war einerseits schön für die Schüler, die so ihrer Familie ein Lebenszeichen senden konnten und für die Späher war es eine gute Übung.
Ihre ersten Wege konnten so geplant werden, dass sie mehrere Städte sehen konnten, wodurch sie die Chance bekamen, mit vielen Nare zu interagieren und mögliche neue Schüler zu finden.
Es war meine Pflicht, die Briefe der Schüler meiner Klasse noch einmal durchzulesen. Zur Sicherheit, damit keine gefährlichen Informationen nach außen drangen. Die Geschichte vom Wintertraining zum Beispiel, würde kein gutes Licht auf die Akademie werfen. Natürlich würden die Kinder davon erzählen, wenn sie in den Ferien Zuhause waren, aber vielleicht war das Ganze bis dahin auch schon wieder vergessen. Und in dem Fall konnten die Eltern den Kindern einfach verbieten nach den Ferien wieder zurückzukehren. Das war einfacher, als wenn jemand mitten im Schuljahr gehen müsste.
Andererseits war es bekannt, dass sich diejenigen, die zur Akademie kamen, verletzen könnten. Teilweise schwer. Also bitte, ab dem zweiten Jahr übten die Kinder mit scharfen Waffen... Die meisten Eltern nahmen das in Kauf. Zumindest die Reichen, die noch dafür bezahlten, ihre jüngsten irgendwie sinnvoll loszuwerden. Sukira war genau so ein Fall. Das wurde nochmal deutlich, als ich ihren Brief las. Das Verhältnis dieser Familie war nicht besonders eng, das war offensichtlich.
Sie tat mir ein wenig leid, ich hatte gemerkt, dass sie ein sehr liebes Mädchen war. Nur viel zu zurückhaltend und unsicher. Doch die Zeit hier und ihre Freundschaft zu den anderen Mädchen, vor allem auch Nytra schien ihr gut zu tun. Nytra wiederum schien die Rolle als Sukiras Beschützerin gut zu tun. Ich machte mir nur Sorgen um die Zeit, wenn Sukira keine Beschützerin mehr brauchen würde... Das Mädchen schien kein eigenes Ziel, keinen eigenen Sinn zu haben.
Klar, sie wollte sich beweisen, deshalb legte sie sich mit der Jahrgangssprecherin, Tanya, an. Deshalb trainierte sie samstags zusätzlich. Aber sie hatte im Gegensatz zu Tanya nie gesagt, dass sie unbedingt den dritten Jahrgang erreichen wollte. Für sie war die ganze Sache mit der Akademie nur ein Weg, um ihrem bisherigen Leben zu entkommen. Das schien ihr einziges Ziel zu sein. Nicht verwunderlich, dass sie gar keinen Brief geschrieben hatte.
Doch sie war auch mit Arisa gut befreundet. Arisa war eine Schülerin, beinahe so, wie man sich sie nur wünschen konnte. Bis auf ihre kleine Schwäche im Rechnen... Sie schien meist glücklich und vor allem sehr ausgeglichen. Obwohl sie eine Waise war, musste die Frau, die sie aufgezogen hatte, alles richtig gemacht haben. Das kam auch in ihrem Brief besonders durch.
Blieb nur noch die Sache mit Zeo, der ja zumindest irgendwann mit ihr zusammen aufgewachsen war. Ich hatte mitbekommen, dass zwischen den beiden einiges nicht richtig stimmte, doch es war gut, zu erfahren, dass das ganze wohl damit zu tun hatte, dass er jahrelang verschwunden gewesen sein musste. Ich wusste jedoch auch nur, dass er wohl ein Jahr vor ihr an die Akademie gekommen war. Da blieben also noch einige Fragen offen.
Arisa hatte allerdings recht mit ihrer Vermutung, dass Zeo keinen Brief schreiben würde. Das hätte nochmal sehr interessant sein können, wenn er in dem Brief etwas preisgegeben hätte, doch er würde sein Geheimnis wohl weiter bewahren. Na ja, ich wollte ja auch eigentlich nicht schnüffeln, ich musste die Briefe ja lesen... weil es meine Aufgabe war. Genau, meine Pflicht.
Es war interessant zu lesen, wie viele ihrer Familie von ihren ersten Freundinnen oder Freunden oder Schwärmereien erzählten und vor allem, zu erfahren, wer für wen was übrig hatte, aber meiner Erfahrung nach hatten diese ganzen Schwärmereien keinen richtigen Bestand. Es waren hauptsächlich nur zwei Jahre, die die Kinder miteinander verbrachten. Auf so engem Raum entstanden da natürlich Sympathien, aber da sie meist aus ganz verschiedenen Gegenden kamen oder ganz unterschiedliche Wege einschlugen, war damit meist Schluss, sobald das Schuljahr zu Ende war und sie nach Hause zurückkehrten.
Da ich in keinem Brief etwas auffälliges finden konnte, übergab ich sie nach der Durchsicht an Raiga, der die Briefe aller Jahrgänge sammelte.