07.11.19 von 21:00 bis 21:30
Der Prompt vom 02.10.19 hat es auch endlich in meine Sammlung geschafft.
Dunkle Wolken überdeckten den sonst strahlendblauen Himmel über Angoes. Von seinem Platz auf einem Hügel aus, betrachtete er das nahende Gewitter mit Sorge. In der Ebene zu seinen Füßen neigten sich bereits die ersten Bäume zur Seite. Ein Wirbel aus rot und goldenen Blättern wurde vom Wind zu ihm heraufgetragen. Er wich ihm ebenso geschickt aus wie dem aufblitzenden Metall.
»Bist du es nicht langsam leid, mir ans Leder zu wollen?«, fragte er sein Gegenüber, der sich aus dem Wirbel löste und leise lachte. Über die Schulter hinweg war dieser ihm einen kurzen Blick aus rotgoldenen Augen zu. Seinen Dolch wog er in der Hand.
»Wie oft willst du noch versuchen, Herbststurm zu sehen?«
Da er nicht darauf antwortete, schmunzelte der junge Mann.
»Ich kann es dir ja nicht verdenken. An deiner Stelle wäre ich von ihr wohl auch verzaubert. Sie ist die schönste Elbin, die je das Licht der Welt erblickte, heißt es. Leider kann ich mich nicht selbst davon überzeugen.«
Weil ein Wächter nie seinen Platz verließ, so viel wusste er bereits von dem Elben vor ihm. Wobei dieser ja kein richtiger war, sondern eine Kreation. Ein Mischling aus verschiedenen Blutlinien, um die Ewigkeit überdauern zu können.
Herbststurm hatte ihm unter vier Augen anvertraut, wie sehr sie diese Wesen um ihr Schicksal bedauerte. Sie konnte als Königin nichts für sie tun, so gern sie auch wollte. Die Elbea waren nur für ihre Bestimmung angefertigt worden und jeder Versuch, sie ihrer Aufgabe zu entledigen, führte zu ihrem Tode.
Er wusste seither nicht, wie er ihnen gegenüberstand. Sie wollten ihn daran hindern, Herbsturm zu sehen und gingen dabei auch über Leichen. Es interessierte sie nicht, warum er die Königin zu treffen wünschte. Wer einen Fuß auf das Elbenland setzte, war eine Gefahr, die es zu vernichten galt.
Doch immer wieder gelang es ihm, Herbsturm für wenige Minuten zu sprechen. Sein Gegenüber trachtete ihm wohl nicht wirklich nach dem Leben, sonst wäre es längst geschehen.
»Darf ich dir eine weitere Frage stellen? Warum machst du dem nicht ein Ende?«
Der Elbea starrte ihn wortlos an, ehe er antwortete.
»Weil ich Besuch schätze, denke ich. Wie du weißt, ist damit nicht oft zu rechnen.«
»Aber das Gesetz ...«
»Wer will mich schon bestrafen? Diese Existenz ist Strafe genug.«
Ohne weiteres Wort verwandelte sich der Wächter wieder in einen Blätterwirbel, nur dass er zurück zu den Bäumen kehrte. Aus ihm wurde er einfach nicht schlau, aber wer verstand schon einen Elbea? Selbst Herbststurm wusste nicht, was in deren Köpfen vor sich ging.
»Ich wüsste schon gern, ob ...«
Kopfschüttelnd nutzte er die Gelegenheit, den Hügel unbeschadet hinter sich lassen zu können. Im nächsten Augenblick hatte der Wächter es vielleicht wieder auf ihn abgesehen.
Insgeheim fragte er sich aber schon, wie es dem Elbea so ganz allein erging. Außer ihm wollte niemand etwas mit den Elben zu tun haben. Arglistig sollten sie sein, hieß es in den Geschichten. Verräterische Gestalten, welche die Menschen fast zugrunde gerichtet hatten.
Alles nur Sagen und Lügen.
Herbststurm empfing ihn mit offenen Armen, bot ihm ein Bett und eine warme Mahlzeit an. Da war nichts Falsches an ihr. Sie war wie eine Heilige in ihrer Großzügigkeit, ihrer Liebe. Dumm nur, dass sie weit außerhalb seiner Reichweite blieb. Das hielt ihn dennoch nicht ab, den langen Weg mit all seinen Hürden anzutreten, um sie zu sehen.