25.03.20 von 22:10 bis 23:10
»Ist er tot?«
Mit einem Pfeil im Herzen lebte es sich für gewöhnlich schlecht. Ich nahm die wenigen Wertsachen an mich, die er noch bei sich trug und warf sie Piet zu, der wie ein waschechter Feigling in sicherer Entfernung blieb.
»Was glaubst du? Dass er hier ein Nickerchen macht?«
Vermutlich war er wie alle anderen hier gestorben: durch den Hinterhalt von Banditen oder Deserteuren, die es auf die Vorräte im mittlerweile zerstörten Wagen abgesehen hatten. Karawanen schloss man sich einfach nicht an, wenn sie nicht von schwer berittenen Rittern begleitet wurden. Wer das immer noch nicht verstanden hatte, musste eben sterben.
»Ganz schönes Gemetzel gewesen, was?«
Piet verzog das Gesicht angesichts des vielen Blutes, was mir nur ein müdes Lächeln entlockte.
»Hab schon Schlimmeres gesehen und gerochen.«
Mein Begleiter hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wozu Menschen in ihrer Verzweiflung imstande waren. Das hier war lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein.
»Wollen wir weiter?«, erkundigte sich Piet, entschlossen dazu, diesen Ort des Todes schnellstmöglich zu verlassen. Für jemanden, der anfangs so erpicht auf den Auftrag war, benahm er sich mehr denn je wie ein Weichei. Ich wurde ihn hoffentlich bald los. Er wusste nicht, was wirklich zählte in dieser Welt voller Tod und Verderben.
»Sag mal, hast du Mitleid mit ihnen? Den Deserteuren oder deren Opfern?«
Das wäre verschwendete Zeit.
Die freien Städte verweigerten den Leuten ihre Hilfe, aus Angst, dass sie den Zorn des Königs auf sich zogen. In allen anderen wurden sie an den Stadtmauern gehängt. Ihre Opfer, nun, sie hatten eine Wahl. Sie mussten nicht mit den Karawanen ziehen und das sollten sie auch nicht.
»Jeder, der sich für meine Meinung interessiert, beißt für gewöhnlich ins Gras«, ließ ich ihn wissen. Wenn Piet weiter quasselte, lag er mit dem Gesicht voran ebenfalls im Dreck. Würde ich mir wirklich Gedanken darum machen, was sich überall abspielte, könnte ich nicht weitermachen. Also tat ich es nicht.