08.11.19 von 18:30 bis 19:25
Der Prompt vom 23.10.19, inspiriert durch RuPauls Drag Race. Ich weiß nicht, ob mir die Umsetzung sehr gelungen ist, aber ich wollte es ausprobieren. :-)
Wenn mein Vater mich jetzt so sähe, wie ich in einem schwarzen Mini und blonder Mähne auf dem Kopf vor einem Spiegel posierte, bekäme er wohl einen Herzinfarkt. Ich bin schön, dachte ich mit Blick auf mein neues Aussehen.
»Du siehst echt heiß aus, Max«, verkündete meine Schwester Sarah, die hier und da etwas zurechtzupfte. Wenn ich sie nicht hätte, würde ich mich so nicht auf die Straße trauen. Sie gab mir Rückendeckung.
»Ja, Fleur ist ein heißer Feger.« Aber Max war hässlich. All die Sommersprossen im Gesicht und die stechend roten Haare, mit denen ich immer aussah wie eine komische Version von Pumuckl. Nicht auf lustige Art, sondern voll schräg und seltsam.
»Ich muss dir übrigens was beichten.«
Wenn Sarah mir die Hände auf die Schultern legte, sagte sie mir für gewöhnlich, dass mir mal wieder ein Tritt-mich-Schild am Rücken klebte. Da wir allein in ihrem Apartment waren, hielt ich diese Option für unwahrscheinlich.
»Ich hab Mike eingeladen«, gestand sie mir mit leiser werdender Stimme, während mir das Blut in den Adern gefror. Von allen Menschen, neben meinen Eltern, wollte ich in diesen Klamotten niemals von Mike gesehen werden. Vielleicht, wenn ich genug Selbstvertrauen an den Tag legte, könnte ich es mir vorstellen, aber nicht jetzt.
»Ich hasse dich, Sarah. Wieso tust du so was?«
Ich rupfte mir die Perücke vom Kopf, bevor ich mir die Stilettos von den Füßen kickte. Er durfte mich nicht einmal ansatzweise als Fleur vorfinden. So schnell es ging, musste ich wieder der kleine Loser Max werden.
»Schalt einen Gang runter, Brüderchen«, gab sie mir augenverdrehend zu verstehen, doch ich war bereits aus dem Mini raus, »ich habe mit keinem Wort erwähnt, dass Max sich hier auffällt, sondern eine gute Bekannte namens Fleur.«
»Ist mir egal. Er hat Augen im Kopf, Sarah. Er kennt mich seit der Krabbelgruppe bei Ma. Er wird mich selbst als Ronald McDonald erkennen.«
Wie er auch als einziger herausgefunden hatte, dass ich als der schmackhafte Muffin von Daisys kleinem Muffinladen in der Innenstadt jobbte. Wenn mich jemand als Fleur enttarnte, dann Mike.
Kapitän der Basketballmannschaft und mein nichtganz heimlicher Schwarm, weil Sarah mich von der ersten Sekunde durchschaut hatte und seitdem keine Gelegenheit sein ließ, mich mit ihm zu verkuppeln. Was nie passieren würde, weil er nicht auf sommersprossige Spargeltarzans stand.
»Das heißt, ich muss ihm sagen, dass Fleur nicht kommen wird?«
Nicht ihr Ernst, oder? Ich stand nur noch in Unterwäsche vor ihrem Kleiderschrank und war dabei, mir das Make-up vom Gesicht zu entfernen.
»Manchmal frag ich mich, ob du die hohle Nuss spielst oder wirklich eine bist. Natürlich kommt Fleur nicht!«
Wenn Mike sich bei mir erkundigte, ob ich sie kannte, stritt ich es ab. Meinetwegen konnte er den schmackhaften Muffin kennen, aber nicht Fleur.
Sarah sammelte die von mir verstreuten Klamotten vom Boden auf und legte sie aufs Bett, wo sie mir dabei zusah, wie ich mich im größten Pulli versteckte, den sie im Schrank hatte.
»Weißt du, ich bin mir zu neunzig Prozent sicher, dass es ihm nichts ausmachen würde. Als ich mit ihm mal kurz über Drags und so gesprochen habe, war er recht offen fürs Thema.«
Mike würde Sarah auch nie widersprechen, aus Angst, dass sie sein Auto zerkratzte. Wie oft sie für Sachbeschädigung schon vor Gericht geladen worden war, konnte ich nicht mehr an meinen zehn Fingern abzählen. Schon fiel mir ein Themenwechsel ein.
»Was ist eigentlich aus dem netten Typen geworden, der dich das letzte Mal verhaftete, als du Jamies Wagen mit einer Brechstange demoliert hast?«
Es tat mir nicht wirklich leid um seinen Verlust, denn Jamie war ein Arsch. Er verstand es wie kein anderer, mich gezielt zu verletzen, und war es nur durch Worte.
»Oh, wir haben Nummern getauscht. Na ja, er hat ja schon meine durch die Akten.«
Nur meiner Schwester gelang es, nach etlichen Festnahmen leichtfüßig durchs Leben zu gehen. Ich wünschte, ich wäre wie sie. Allerdings ohne die ganzen Vorstrafen ...
»Ich muss dir auch was beichten.«
Langsam drehte ich mich zu ihr um, die Hände tief in meine Taschen vergraben.
»Du bist mein Vorbild für Fleur. Sie wird aber niemals dabei erwischt werden, wie sie einen Wagen demoliert. Fleur ist ein braves Mädchen.«
»Aw, du bist so süß. Kleiner schmackhafter Muffin.«
Mike sollte in der Hölle schmoren.
Plappertasche.