Die Frau lächelte noch immer zufrieden vor sich hin und griff sich an die Kette, die sie um den Hals trug. Sie bestand aus einem schlichten Band, doch ein Anhänger zierte es. Weiß war er, vielleicht an manchen Stellen gelblich. Es waren die Zähne des Mädchens, das nun nur noch unter dem Namen "Objekt 697" bekannt war. Die Frau umschloss die bieberähnlichen Schneidezähne mit einer Hand und nickte leicht.
Dann tritt sie ins Freie, zum ersten Mal seit mehreren Stunden, die sich unwillkürlich wie tausende von Tagen anfühlten. Die untergehende Sonne deutete den Anbruch der Nacht an und einzelne, dunkle Sterne schimmerten bereits am Himmel. Die Frau blickte empor und schlang ihre Jacke enger um sich. In ihr breitete sich plötzlich eine düstere Kälte aus, die ihre Brust umfasste und sie zuziehen wollte. Tief atmete sie durch, um das Gefühl loszuwerden, doch es ging nicht von ihr, sondern nistete sich stattdessen in ihr Herz ein.
Vor ihrem Inneren Auge zogen Bilder vorbei, die sie versuchte zu vergessen. Die sich in ihr Gehirn eingebrannt hatten. Und ihr Schmerz konnte von nichts gelindert werden.
Plötzlich sah sie ihren toten Mann am Strand liegen. Sie sah das Blut, das aus der Wunde klaffte, an der eigentlich sein Bein hätte sein müssen und spürte, wie der Ekel und die unendliche Trauer in ihr aufkam.
Es war lange her, dass er sich in das Gebiet der Haie gewagt hatte, um Fische für sie und die Kinder zu fangen. Lange her, seit er diesem Monstrum von Hai seinen Tod verdankt hatte.
Aber die Bilder lösten sich einfach nicht aus ihrem Kopf und drangen nach jeder Schicht zurück in ihr Bewusstsein, suchten sie heim in ihren Träumen und selbst am Tage war sie nicht sicher davor.
Dann aber keimte Hoffnung, dessen Blume aus der Verzweiflung erwachsen war, in ihr auf. Sie hatte einen Weg gefunden, um den Schmerz zu lindern. Den Schmerz in ihrer Haut und Seele. Nur noch ein paar Experimente und sie konnte die Menschheit in gefühllose Wesen verwandeln, dem keine Wunde mehr Qualen bereiten würden.
Irgendwann würde sie ihn vergessen, wenn auch sie in einem Metallpanzer steckte.
Sie würde ihren Mann vergessen.
Seinen Tod.
Ihren Schmerz.
Und dann würde sie endlich frei sein.