Tief sog er die Luft in seine derangierten Lungen. Hustete etwas, als die salzige Brise seine Lungenbläschen reizte. Mit müden Augen ließ er den Blick schweifen. Von der erhöhten Terrasse aus über das Meer. Hörte das Kreischen der Möwen. Acht Wochen Kur. Oder Reha, je nachdem, wie man es nennen wollte. Erholung, Verbesserung seines gesundheitlich doch recht desolaten Zustandes.
Dumme Idee.
Schwer gestützt auf seine Unterarme, sah Jo die Brüstung hinab zum Strand, an dem sich Familien und andere Strandgänger tummelten.
Sie machten Urlaub. Richtige Erholung.
Denn während sie sich amüsierten, ihre Tage damit füllten Minigolf zu spielen und shoppend die kleinen Läden der Einkaufgässchen dieser Insel unsicher zu machen, verbrachte Jo seine Zeit damit, Belastungs-EKGs über sich ergehen zu lassen oder beim Aqua-Jogging herauszufinden, dass dies doch nur ein albern hoch modernes Wort für ‚Wassertreten mit Schwimmgurt‘ war.
Drei Wochen waren bereits um und ja, es brachte etwas. Aber verflucht, es machte ihn fertig. Zwischen den Einheiten war es einfach nur – einsam, anstrengend, öde.
Eine dumme Idee.
„So trübsinnig?“, quatschte ihn ein dünnes Stimmchen von der Seite an.
Überrascht, überhaupt wahrgenommen zu werden, drehte Jo sich herum. Das Mädchen musste etwa in seinem Alter sein. Höchstens zwanzig. Sie war zierlich. Zu zart, um gesund zu sein. Aber das tat ihrer Eleganz mit der Porzellanhaut und den großen braunen Rehaugen keinen Abbruch, wenn auch die tiefen Schatten darunter das Bild der Perfektion etwas schmälerten.
„Mo, Schlafapnoe“, stellte sie sich auf die hier übliche Weise mit ihrer Erkrankung vor.
Jo schmunzelte.
„Johannes, Asthma“, grinste er sie an.
Sie schüttelten sich die Hände.
„Nun, Jojo, da wir hier die einzigen unter achtzig sind, scheint eine heiße Affäre unvermeidbar“, sagte das Mädchen bierernst, „ich hatte schon befürchtet, ich ende ohne Kurschatten.“
„Nicht auszudenken!“, empörte sich Jo lachend.
Eine Reha war doch eine gute Idee gewesen.