Klatsch und Tratsch im Treppenhaus
„Feierabend“, dachte sich Monika, während sie die Stufen zu ihrer Wohnung erklomm. Der Tag war anstrengend und sie war froh, endlich zu Hause zu sein. Doch sie hatte die Rechnung ohne ihre Nachbarin Annegret gemacht, die eine Etage unter ihr wohnte.
Annegret stand bereits an ihrer Wohnungstür und erwartete Monika, die sofort die Augen verdrehte, als sie der Klatschbase ansichtig wurde. Hatte die Jagd einmal begonnen, war ein Entkommen unmöglich. So traf es an diesem Tag die erschöpfte Monika.
„Tach Monika“, wurde die Ankommende von Annegret begrüßt.
„Tag auch“, grüßte Monika höflich zurück. Es gehörte für sie zum Anstand einen Gruß zu erwidern. Ohne groß auf die Nachbarin zu achten, stieg sie weiter die Treppen empor.
„Warte mal“, rief ihr Annegret hinterher. „Du hast bestimmt die Neuigkeiten noch nicht gehört.“
Monika verdrehte nochmals die Augen, ehe sie sich ergeben umdrehte. „Was gibt es denn so wichtiges?“, tat sie neugierig.
„Es geht um die Neue in Parterre“, plapperte Annegret drauf los.
„Ach ja“, Monika war nicht besonders erpicht darauf, sich Annegrets Tratsch anzuhören.
„Das soll eine ganz Gewiefte sein, habe ich gehört“, schnatterte Annegret drauflos, ohne nachzudenken.
„Ah ja. Was hat sie denn getan?“
„Die soll ein Verhältnis haben mit dem Vermieter“, gab die Nachbarin preis.
„Ja und… was geht´s mich an?“
„Außerdem soll die die Miete in Naturalien bezahlen! Das geht doch gar nicht!“, echauffierte sich Annegret.
„Was redest du für einen Unsinn?“, entgegnete Monika.
„Nein, nein… das ist alles wahr. Die Hildebrandt aus dem Nachbareingang hat´s erzählt“, erklärte Annegret.
Monika wusste, die alte Hildebrandt war genauso eine Klatschbase wie Annegret. Es verging kein Tag, an dem sie nicht irgendwelche Gerüchte ohne Hand und Fuß in die Welt setzte. „Annegret, lass mich bitte mit deinem Geschwafel in Ruhe. Ich komme eben von der Arbeit und brauche etwas Entspannung. Mein Tag war hart“, sagte Monika. „Schönen Abend noch“, verabschiedete sie sich und ging in ihre Wohnung.
Das Gespräch mit Annegret ging Monika nicht aus dem Kopf. Sie überlegte die halbe Nacht, wer diese Frau wohl sein könnte, von der die Nachbarin sprach. Außerdem fiel ihr niemand ein, der den Namen Schmitz trug und im gleichen Hauseingang lebte. Eingezogen war nur eine Bekannte. Doch deren Name war Dietz. Ein kurzes Telefonat im Laufe des nächsten Tages mit der Freundin brachte Klarheit.
Am Abend schaute sich Monika die Klingelschilder an. Doch den genannten Namen Schmitz konnte sie nirgends entdecken. Das musste sie unbedingt klarstellen und klingelte bei Annegret.
„Sag mal, wegen gestern. Wer ist die Schmitz?“, fragte sie die Nachbarin.
„Na die von ganz unten, aus Parterre“, bekam sie als Antwort.
„Ach ja… sehr interessant. Die meinst du. Doch sie heißt weder Schmitz noch hat sie ein Verhältnis mit unserem Vermieter, oder macht irgendwelche ungebührlichen Dinge mit diesem!“, blaffte Monika sie an. „Wenn du das nächste Mal wild Gerüchte verbreitest, sieh wenigstens zu, dass die Namen richtig sind. Außerdem ist die Mieterin unten meine Freundin und heißt Dietz.“
„Aber…“, stotterte Annegret. „Die Hildebrandt meinte doch…“
„Die Hildebrandt ist nicht besser als du. Und nun lass mich mit deiner üblen Nachrede in Ruhe“, knurrte Monika die Frau an und ließ sie einfach stehen.
© Milly B. / 23.10.2022