„Sag mal, hast du Lust, noch mit nach oben zu kommen?“
„Jetzt noch? Ist es nicht ein wenig zu spät?“
„Sei kein Spielverderber.“
„Aber ich muss morgen früh wieder zeitig raus. Mein Chef köpft mich, wenn ich schon wieder zu spät komme.“
„Du wirst doch wohl keine Angst vor deinem Boss haben?“
„Er kann sehr grantig werden, wenn jemand nicht rechtzeitig zum Dienst erscheint. Das mag er nämlich gar nicht.“
„Der steht wohl mit der Stoppuhr an der Tür, oder was?“
„So könnte man es sagen.“
„Ach komm, sei kein Hasenfuß.“
„Bin ich nicht!“
„Doch bist du! Schiss vor dem Boss haben. Außerdem will ich doch nur einen kleinen Schlummertrunk mit dir nehmen. So zum Abschluss unseres schönen Abends. Oder hat es dir nicht gefallen?“
„Doch, es war sehr schön. Ich habe nur Angst, wieder zu versacken und früh nicht rechtzeitig aus den Federn zu kommen.“
„Also doch ein Hasenfuß. Ich würde jetzt grinsen, wenn es nicht so ernst wäre.“
„Du bist gemein, mich hier zu foppen. Du musst nicht schon kurz nach Mitternacht aufstehen, um zur Arbeit zu gehen.“
„Dafür stehen die Kinder früh auf der Matte und verlangen meine Aufmerksamkeit. Ist das nichts?“
„Hm, da hast du auch wieder Recht.“
„Na was ist nun?“
„Hm…“
„Weißt du was? Vergiss es einfach!“
„Sei doch nicht so!“
„Bin ich gar nicht. Ich finde es nur Mist, dass der Abend schon zu Ende sein soll. Es ist gerade mal 22 Uhr und du tust so, als wäre es schon früh 5 Uhr. Dabei hätte ich gerne mit dir bei einem Glas Prosecco noch ein wenig geredet.“
„Über was denn?“
„Das ist nun auch nicht mehr wichtig.“
„Nun sag schon und lass mich nicht dumm sterben.“
„Dafür müsstest du schon mit nach oben kommen. Die Kinder schlafen schon und meine Mutter geht auch gleich nach Hause. Wir sind also allein und niemand stört uns.“
„Ach, deine Mutter ist auch da?“
„Na denkst du, ich gehe aus und lasse die Kinder allein?“
„Hm…“
„Was ist nun? Ich bin langsam ein wenig genervt. Ich beiße dich nicht und tu dir auch nichts schlimmes an.“
„Ich weiß wirklich nicht.“
„Lassen wir es einfach. Meine Geduld hat ein Ende. Mach´s gut und einen schönen Abend noch. Vergiss nicht, deinen Wecker zu stellen, damit du ja nicht verschläfst.“
„So warte doch! Wo willst du denn hin?“
„Wohin schon? Nach oben, damit meine Mutter nach Hause gehen kann. Du willst nicht mitkommen, also gehe ich alleine.“
„Und du willst wirklich nur reden?“
„Klar! Oder was denkst du von mir? Dass ich schüchterne junge Männer überfalle und sie vergewaltige?“
„Nein, das nicht… nur bin ich noch nie einfach so zu einem Schlummertrunk eingeladen worden.“
„Prosecco, nicht Schlummertrunk. Immerhin will ich nicht mit dir ins Bett, sondern nur reden.“
„Reden nennt man das also heutzutage.“
„Mein Gott, ja oder nein? Stell dich doch nicht so an wie eine Prinzessin auf der Erbse!“
„Also nur reden?“
„Ja doch!“
„Hm…“
„Du und dein ewiges „Hm“, das geht mir auf den Zeiger!“
„Na gut… du hast gewonnen.“
© Milly B. / 27.11.2022