„Sag mal, mein lieber Jung! Hast du einen Schuss?“
„Mama, was ist denn nun schon wieder?“
„Schau dir doch mal das Fenster an!“
„Was soll damit sein?“
„Schau mal genauer hin! Fällt dir da nichts auf?“
„Nein, gar nichts.“
„Oh Mann! Verdammt noch mal! Setze die Brille auf!“
„Ich verstehe wirklich nicht, was du meinst.“
„Oh je, wie kann man nur so von Blindheit beseelt sein?“
„Na aber hallo. Sag doch einfach, was du meinst.“
„Nein, du kannst das selbst sehen. Also schaue gefälligst richtig! Was siehst du dort?“
„Hm, Plastikblumen auf dem Fensterstock, Fliegengitter am Fenster, damit die Biester nicht reinkommen und mich beim Zocken nerven.“
„Was noch?“
„Ist doch alles so wie immer. Da gibt es nichts. Lass mich endlich gehen, ich habe noch zu tun. Außerdem warten meine Freunde auf mich. Wir wollen noch zusammen abhängen.“
„Halt, hiergeblieben. Hier spielt die Musik! Ehe du nicht alles ordentlich geputzt hast, gehst du nirgendwo hin.“
„Putzen? Du hast wohl ´nen Schuss? Ich putze doch nicht, dafür bist du zuständig.“
„Ja klar, bin ich vielleicht deine Putzfrau oder Sklavin? Das hättest du wohl gerne!“
„Oh ja, das wäre geil!“
„Vergiss es! Putze gefälligst selbst!“
„Oh Mann! Muss das sein?“
„Natürlich! Hier sieht es aus wie in einem Saustall. Vor allem am Fenster. Obwohl, wenn ich recht überlege, die Schweine sind noch ordentlicher als du.“
„Ach, so schlimm ist das gar nicht.“
„So schlimm ist das nicht? Das sehe ich aber anders. Am Fliegengitter sind schon Bommeln von Staub… aber warte mal! Sind diese komischen Dinger hier vielleicht Katzenhaare? Oh mein Gott! Ja natürlich. Da haben sich die Haare deiner Fellnase drin verheddert. So was musst du doch sehen! Von den Fusseln kann man schon fast einen Teppich weben.“
„Ach, solange noch das Abendrot durchkommt, ist alles gut. Wenn´s zu dunkel wird, mache ich halt das Licht an. Aber zum Zocken oder Schlafen brauche ich keins, das geht auch im Dunkeln.“
„Ich glaub, ich spinne! Werde mal nicht frech! Das Leben ist kein Ponyhof! Auch du musst lernen, Ordnung zu halten und Sauberkeit sollte auch kein Fremdwort sein. Außerdem stinkt es hier wie im Pumakäfig. Ich frage mich, was du wieder in den Ecken liegen hast. Nein, ich möchte es lieber nicht wissen.“
„Ich glaube, ich habe die Käsebemmen von letztens…“
„Halt, nicht weiter! Das ist ja eklig!“
„Willst du mal kosten?“
„Du spinnst wohl. Auf keinen Fall, igitt!“
„Ach komm schon, die schmecken bestimmt noch. Sind vielleicht nur etwas trocken geworden.“
„Hau bloß ab. Ich sehe gleich mein Mittagessen von vorgestern wieder.“
„Ach Mama, das war doch nur Spaß.“
„Für mich ist das kein Spaß. Putze jetzt dein Zimmer, aber dalli!“
„Ich mache das heute Abend… versprochen.“
„Nix da. Das machst du jetzt!“
„Muss ich wirklich?“
„Natürlich. Eher setzt du keinen Fuß vor die Tür. Machst du es nicht, bekommst du Hausarrest und ich schalte dir das Internet ab.“
„Meinst du das ernst?“
„Natürlich!“
„Na dann muss ich wohl… und was soll ich mit den vergessenen Käsebemmen machen?“
„Lass es dir schmecken!“
© Milly B. / 10.02.2023