»Herzlich willkommen, mein Name ist Pete Willms!«, hörte Hildegrad und wandte ihre Aufmerksamkeit den Neuankömmlingen zu.
»Mein Name ist Niallan von den Lichtvampiren, ich bin verantwortlicher Krankenpfleger für Gary Willms. Diese beiden sind die Eltern von Gary, Elsbeth und Werner Willms. Dieser Herr ist Dr. Ralf Talfon leitender Chefarzt des Schlosshospitals für Menschen und magische Wesen. Diese beiden sind Krankenschwester Bessi Lochner und Krankenpfleger Javier Hannig und diese beiden Herren gehören der Bruderschaft an«, stellte Niallan sich selbst und die anderen die, die Trage auf der Gary lag, hielten vor.
»Vampir? ... Chefarzt des Schlosshospitals? ... Bruderschaft?«, fragte sich Hildegrad und wieder war es für sie ein Schock. Sie war bereits schockiert, dass Werner mit dem königlichen Privatjet angereist kam, nun kam die Krönung, dass er, seine Frau und sein Sohn, von Soldaten der Bruderschaft eskortiert wurden und nicht nur dass, der Chefarzt vom Schlosshospital höchstpersönlich war mit angereist und ein Vampir war auch mit dabei ... »Wie bitteschön bringt Werner es zustande, mit solchen Persönlichkeiten in Kontakt zu kommen? Er war und er ist nach wie vor ein Nichtsnutz, der in seinem Leben nie vorangekommen war. Außerdem wollte er nie mit magischen Wesen, was zutun haben ... Also wie ist das zustande gekommen?«
»Hilde mein Beileid. Benny war immer ein guter Mann!«, sagte Elsbeth und umarmte ihre Schwiegermutter.
»Danke Elli. Es ist wirklich ein schrecklicher Verlust!«, sagte Hildegrad.
»Mama! Lange nicht gesehen«, sagte Werner und nahm seine Mutter in die Arme. Sicher war der Kontakt in den letzten Jahren etwas eingerostet, aber er liebte seine Mutter dennoch. Sie hatte ihm nie etwas Böses getan und schon gar nicht gewollt. Aber er wusste auch, dass er ihre Erwartungen nicht erfüllt hatte. Deshalb ging er auf Abstand.
»Werner, schön dich zu sehen!«
***
Gary wurde in die Höhle gebracht und Elsbeth erklärte, wie es vonstattenging und was passierte.
»Im Normalfall geht das Erwachen im wachen Zustand vonstatten. Ich kann Ihnen also nicht sagen, wie es bei Gary sein wird, da er ja bewusstlos ist ...«
»Das ist kein Problem!«, mischte sich eine neue männliche Stimme ein und fuchtelte wild mit seinen Händen. »Wie lange haben wir noch?«, fragte dieser und Hildegrad schüttelte fassungslos den Kopf.
»Das der noch lebt und woher hat der es erfahren, dass Benny gestorben ist? Ich habe es ihm nicht mitgeteilt ...«
»Vater ist vorletzte Nacht gestorben!«, gab Werner die Antwort und der Mann nickte lächelnd.
»Also noch genügend Zeit ...«
»Darf ich fragen, wer Sie sind?«, fragte Werner, den wirklich sehr alt aussehenden Mann, der wohl zu faul war umzufallen ...
»Natürlich, ich bin der Clanzeremonienmeister und überwache das Erwachen des neuen Feuervogels. Mein Name ist Til Willms.«
»Und Sie sagen, dass es nichts ausmacht, wenn Gary nicht wach ist?«
»In keiner Weise ... es ist sogar besser, wenn die jungen Kerle dies nicht miterleben. Eigentlich ist es meine Aufgabe, die Burschen zum Schlafen zu bringen!«, sagte er augenzwinkernd. »Aber das hat sich ja erledigt – Nun gut, bringt das Gedöns her, damit wir anfangen können!«, wandte er sich zu einem seiner Leute, die mit ihm hierhergekommen waren.
Plötzlich betraten eine Schar Menschen die Höhle und alle bis auf die Eltern, Ralf und Niallan wurden aus der Höhle geschickt.
Der alte Mann scheuchte seine Leute herum und aus der kahlen, kalten Höhle wurde, wie es ihr Namen schon sagte, der Tempel des Feuervogels. Selbst Gary wurde eine festliche Robe angezogen und danach auf den aufgebauten ‚Altar‘ gelegt.
Nachdem alles fertig war, wandte sich Til zu Ralf.
»Ist er stabil?«
»Soweit ja!«
»Gut! Der Werwolf?«
»Noch keine nennenswerten Anzeichen!«, antwortete Ralf und Til nickte.
»Es macht wirklich nichts aus, dass Gary zur gleichen Zeit von einem Werwolf gebissen wurde?«, fragte Niallan nach.
»Nein, solange der Mensch die Wandlung durchmacht, ist es nicht schlimm. Verheerend würde es sein, wenn die Verwandlung abgeschlossen ist. Da braucht es eine Blutzeremonie. Nun gut. Ich erkläre jetzt, wie es abläuft. Wir brauchen den Sonnenuntergang und während dieser Zeit, rufe ich die Macht des Feuervogels, die im Moment noch in Gary schlummert. Gary wird mit der zunehmenden Dunkelheit immer heller zu leuchten anfangen, bis er komplett mit der Macht des Feuervogels umhüllt ist ...«
»Warum ständig Feuervogel? Phönix ist viel kürzer und verständlicher. Vielleicht sollten sie sich Phönixclan nennen, da werden sie bestimmt mehr Bekanntheit erringen. Unter Clan des Feuervogels konnte ich mir bis gestern nichts darunter vorstellen«, sinnierte Niallan und Til kicherte.
»Das stimmt, aber es gibt noch alte, wirklich sehr alte im Clan, die den Namen Phönix nicht leiden können, obwohl ich auch lieber dem Phönixclan angehören möchte als dem Clan des Feuervogels!«, sagte er zwinkernd. »Nun gut, weiter im Takt. Wie gesagt, das ‚Phönixfeuer‘ umhüllt Gary und frisst sozusagen, alles menschliche von Gary auf. Von innen und von außen. Wenn diese Prozedur abgeschlossen ist, festigt sich die Macht des Phönix in Gary. Und ‚et voilà‘ Gary erwacht wie der Phönix aus der Asche ... Mit einem Kabum! Deshalb sind wir auch hier in dieser Höhle, weil diese Steine, das Phönixfeuer aufhalten können. Nun ich muss auch dazu sagen, dass die Kraft, des neu erwachten Phönix nicht einmal 1% ausmacht.«
»Und wo sind wir, wenn Gary erwacht?«, fragte Elsbeth, der es langsam angst und bange wurde. Ihr armer Gary.
»Vor der Höhle ... aber Sie können, gerne drinnen bleiben, wenn sie möchten ... allerdings werden Sie dann wie ein durchgegartes gebratenes Hünchen ausschauen!«
»Die Artefakte sind aufgebaut und es sind nur noch ein paar Minuten bis zum Sonnenuntergang!«, warnte ein Helfer.
»Da dann, sputen wir uns ... alle Mann raus!«, rief Til.
***
Vor der Höhle klatschte Til in die Hände und machte sein Ding. Die Artefakte fingen zu leuchten an und es schien, als ob sich ein Schleier vor der Höhle bildete. Dennoch hatte man einen guten Blick in die Höhle und konnte Gary, der auf dem Altar lag, sehen.
»Das wird ein Schauspiel. Es ist immer wieder schön, zu sehen, wie ein neuer Phönix erwacht!«, sagte Til und Niallan fragte sich, wie alt wohl der alte Mann war.
Es war kein Schauspiel, wie es Til gesagt hatte, es war der pure Wahnsinn. So ein sagenhaftes, schönes Feuer, in diesem Orange-Rot-Gelb hatten sie noch nie gesehen.
Selbst Til, der schon einige junge Männer beim Erwachen begleitet hatte, auch Benny gehörte dazu, war von Garys Feuer fasziniert und überaus angetan.
»Das ist das wahre Phönixfeuer in seiner ganzen Pracht ...«
Und wie Til erklärt hatte, erwachte Garys Phönix mit einem wirklichen lauten und donnernden Knall, dass der ganze Berg erzitterte.
»... so eine Macht habe ich noch nie erlebt ... «, dachte Til und dennoch musste er lächeln. »Ob es mit der Prophezeiung zusammenhängt?«
Vor vielen Generationen erschien ihm eine geisterhafte Frau, die ihm offenbarte, dass er derjenige sei, der dem wahren Feuervogel zum Erwecken verhalf, der nicht nur Tod und Zerstörung brachte, sondern Hoffnung und neues Leben.
Seitdem war es ihm nicht erlaubt gewesen zu sterben, bis er seine Aufgabe erfüllte, denn nur Til war der Aufgabe gewachsen, die Macht des neu erwachten Feuervogels ... NEIN Phönix einzudämmen, denn dieser Phönix würde der Letzte sein. Er würde seine ganze Macht verbrauchen, um die Menschen und ganz besonders seine Liebsten zu beschützen. Diese Macht, die sogar einen ganzen Planeten zerstören könnte ...
***
Garys Phönix war erwacht und der Zeremoniar verabschiedete sich. Ralf, Niallan und die Helfer machten sich dran, Gary der immer noch schlief und von seinem Erwachen nichts mitbekommen hatte, transportfähig zu machen, und Hildegrad hatte alles mit zugekniffenen Augen beobachtet. Ihr erster Gedanke, dass die Macht des Feuervogels außer Kontrolle geriet, weil Gary kein reiner Mensch war, wurde zerstört. Den zweiten Gedanken, den sie gehegt hatte, war, dass Mathias die Nachfolge antrat, wurde auch zunichtegemacht, nun kam ihr ein weiterer Gedanken in den Sinn und Hildegrad trat auf Werner zu.
»Wo willst du deinen Sohn hinbringen lassen?«, fragte sie mit leichten scharfen Ton.
»Zurück ins Schlosshospital. Laut Ralf ist er noch nicht aus dem Gröbsten heraußen!«
»Das kannst du vergessen, Werner. Wir, der Clan des Feuervogels werden sich nun um ihn kümmern!«
»Mutter, Ralf sagt, dass es noch eine Zeremonie braucht, um den Feuervogel sowie den Werwolf in Einklang zu bringen!«
»Nichts wird da in Einklang gebracht, wir werden einen Weg finden, um das dreckige Blut von einem Bastardwerwolf aus unserem Feuervogel herauszubringen.«
»Das geht nicht, die Verwandlung hat bereits begonnen und sie schreitet jetzt normal voran. Der Biss ist verheilt und Ralf ...«
»Hör mir mit dem Quacksalber auf. Ich bringe Gary zu unserem Clanarzt, der wird schon wissen, was zu tun ist!«, sagte sie, aber ihr Blick sagte was anderes. »Der Bastard muss sterben!« Das erkannte Werner, denn er hatte noch nie so einen angewiderten Blick von seiner Mutter gesehen.
Und auch wenn der Clan keinen bedeutenden Namen aufweisen konnte, so kannte der Clan doch Mittel und Wege, um Störenfriede ungesehen aus der Welt zu schaffen.
»Also Werner du und deine Familie, kommt in den Clan zurück. Wenn du es nicht tust, denk an die Regel der Verbannung ...«, sagte sie und zum ersten Mal in seinem Leben, hatte er das Gefühl ausbrechen zu müssen ... und das tat er.
»Mutter, wie du weißt, oder vielleicht hast du es schon vergessen. Ich habe dem Clan bereits den Rücken zugekehrt. Mit der Kastration brauchst du mir nicht zu drohen, aus dem Alter um Kinder zu zeugen, bin ich heraußen. Allerdings sehe ich es als Bedrohung an, wenn du Gary drohst ...«, sagte Werner und die Soldaten der Bruderschaft wurden hellhörig. Sofort traten sie imposant vor Hildegrad.
»Im Namen eurer Majestät dem Vampirkönig, spreche ich eine Warnung aus. Sollte der Clan des Feuervogels Hand an Gary Willms oder seinen Eltern legen, so wird das Konsequenzen nach sich ziehen!«, sagte einer, der andere hatte sein Handy gezückt und meldete dies.
Hildegrad wich erschrocken zurück. Sie hatte doch eigentlich leise mit ihrem Sohn gesprochen, wie konnten die Soldaten dies gehört haben und außerdem ging es denen gar nichts an. Das waren claninterne Sachen.
»Herr Werner Willms, bitte ...«, sagte der Soldat und zeigte zum Weg, der den Berg hinabführte. »Wir müssen los. Wir haben noch einen Fußmarsch von zwei Stunden vor uns ...«
»Werner, los wir gehen! Laut Wetterapp fängt es bald zu Regnen an, und da will ich schon im Gasthaus sein!«, grinste Ralf und machte eine Handbewegung, als ob er eine Flasche Bier aufmachen wollte. Werner grinste zurück und dachte, wie und wo hatte er die letzten 20 Jahre verbracht. Er hatte es nicht einmal bemerkt, dass in seiner unmittelbaren Umgebung jemand war, der ihn helfen hätte können.
Er verbrachte wirklich zusammengerollt in einem kleinen Schneckenhaus und hatte jeden Tag gebetet, dass es Gary nicht erwischte. Aber es hatte ihn erwischt. Gary war der Feuervogel ... echt jetzt? Plötzlich fing Werner zu lachen an.
»Feuervogel ist so ein Scheiß Ausdruck ... Phönix ... Verdammt noch mal mein Sohn ist der Phönix! Das mächtigste magische Wesen, was es auf der Welt gibt!«, lachte er plötzlich laut auf und seine Mutter schien vergessen zu sein.
»Ähm Werner, zur Korrektur ... dein Sohn ist ein Phönix-Werwolf-Mischling... seine Aura ... er ist nicht das mächtigste ...«, versuchte Ralf Werner die Situation zu erklären und wurde unterbrochen.
»Mir egal, er ist mein Sohn ... los gehen wir, das Halbe wartet ... Ralf ich habe das Gefühl, dass nicht mein Sohn erwacht ist, sondern ich ...«, sagte Werner und Ralf nickte.
Als Elsbeth diese kurze Szene zwischen Ralf und ihrem Werner sah, kamen ihr die Tränen. »Hier ist er wieder ... Mein Werner ... Mein Ehemann!« Dennoch lächelte sie leicht. »So alt bin ich ja nicht ... sicher ich werde verstärkte Begleitung während der Schwangerschaft brauchen ... aber mit Mitte 40 ... sollte das kein so großes Problem sein ... Miri ich werde deine Hilfe brauchen ... Aber was wird Gary dazu sagen?«
Plötzlich fröstelte es Werner und er drehte sich zu seiner Frau um. Sie lächelte ihn nur leicht an und nun fröstelte es ihm stärker.
»Was heckt sie jetzt schon wieder aus?«, dachte er aber dieser Gedanke verschwand, weil Ralf, der schon ein paar Meter weiter weg war, ihnen zurief.
»Wo bleibt ihr denn ... Das Halbe wird sonst warm!«