Die Prozedur bei einem Vampir, der aus seinem Schlaf erwachte, war immer gleich. Er bekam Blut zu trinken, damit er halbwegs wieder zu Kräften kam und wenn er kräftig genug war, wurde ein Donar zu ihm geschickt. Dies geschah gerade bei Shay und Lan war bei seinen Eltern.
»Shay ist ziemlich schnell aus seinem Schlaf erwacht!«, sagte Kendrick, der es sich nicht nehmen ließ, sein Lieblingsschwager zu besuchen, und Lan starrte ihn sprachlos an.
»Ziemlich schnell? Das waren fast zwei Monate!«
»Natürlich ziemlich schnell. Im Normalfall dauert es Monate, wenn nicht sogar Jahre ins Ur-alt einzutreten!«, erklärte er.
»Nun ich denke, dass Shay die gewissen Umstände von Lan gespürt hat und hat sich selbst aus dem Schlaf gezwungen!«, sagte Miriam beiläufig.
»Welche Umstände?«, fragte Kendrick und Lan gleichzeitig und Miriam blickte die beiden an, als ob sie die Schnellchecker von der Firma Langsam wären.
»Lan ... deine Hitze ist dabei wieder auszubrechen, oder sehe ich da etwas falsch? Deine Temperatur erhöht sich seit einigen Tagen wieder und die Tabletten können es nicht mehr so regulieren, wie sie es sonst tun«, sagte sie und Lan strich sich mit der Hand durch die Haare und nickte leicht.
»Och nöööö!«, jammerte Kendrick. »Ach da fällt mir ein, ich muss auf eine Auslandsmission. Es war schön bei euch und ich komme wieder, wenn das vorbei ist. Bis dann!« Und weg war er.
»Feigling!«, murmelte Miriam.
»Nun ich gehe mal rüber. Das Nähren von einem Donar dauert nicht all zu lange. Shay müsste schon fertig sein!«, sagte Lan.
»Mach das! Ich rufe dich, wenn das Abendessen fertig ist!«, antwortete Miriam und Lan nickte.
»Kommt Cavon heute?«, fragte Lan.
»Ja und Papa hat sich extra für morgen freigenommen«, grinste Miriam.
»Findet es heute hier statt oder gehen sie wieder in die Schenke?« Miriam grinste immer noch und öffnete ihren Kühlschrank.
»Zum Abendessen gibt es heute Hot Dogs in allmöglichen Varianten. Hot Dogs–spicy, Hot Dogs-onions, Hot Dogs-cheese und mit vielem, vielem Extras!« Nun kicherte Lan.
»Okay, okay. Das Spektakel will ich heute auf keinem Fall verpassen!«, sagte Lan und verabschiedete sich.
Ohne anzuklopfen, betrat er das Zimmer und wie immer war das Licht gedämpft. Shay saß auf dem Sessel und las in einem Buch, weil die Couch vom Donar beschlagnahmt worden war. Er blickte auf und ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen.
»Schläft er?«, fragte Lan leise.
»Nein ... ich schlafe nicht!«, kam es von der Couch, der Donar drehte sich um und öffnete seine Augen.
»Darius was für eine Überraschung!«, rief Lan aus, ging zur Couch und reichte ihm die Hand. Darius grinste etwas und erwiderte den Gruß.
»Ich freue mich auch, wieder hier zu sein. Ich hoffe nur, dass du nicht so schnell mein Blut brauchst. Du weißt ja bestimmt, dass wir immer so eine ›dreimonatige Erholungsphase‹ durchmachen müssen.«
»Und das aus guten Grund!«, sagte Shay streng und Darius grinste frech.
»Nun ich hoffe wirklich, dass du mich erst in drei Monaten beanspruchen musst. Ich will dich nämlich nicht teilen!«, sagte Darius und Lan zuckte etwas zusammen.
»Teilen?«, fragte sich Lan.
»Donars!«, zischte Shay. »Sind sehr egoistisch, was Vampire betrifft!«
»Natürlich sind wir das und andersherum verhält es sich genauso oder warum wurde ich wieder zu euch bestellt? Hmmm?«, fragte Darius und Shay blickte zur Terrassentür.
»Was für ein herrlicher Tag heute!«, murmelte Shay, obwohl die Jalousien heruntergelassen waren, und Lan verstand gar nichts. Darius kicherte etwas und drehte sich wieder um.
»Lan du hast einen lieben- und rücksichtsvollen Gefährten!«
»Das Wetter wird in den nächsten Tagen auch noch schön bleiben!« Verdattert blickte Lan von Shay zu Darius und wieder zurück. Er gab auf und stieg die Treppe zum offenen Bereich hoch.
Lan kramte etwas in den Schränken herum, bis er das gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. Mit frischen Klamotten und Handtuch ging er wieder runter und schlug die Richtung zum Bad ein. Shay blickte ihm hinterher und leckte sich über die Lippen. Wie gerne würde er jetzt seinen jungen Gefährten etwas verwöhnen. Dennoch atmete er verdrossen ein und kontrollierte Darius Verfassung.
»Warum habe ich nach ihm verlangt und nicht nach Gabi?«, fragte Shay sich und schüttelte den Kopf. »Sie wäre gleich nach der Sitzung wieder gegangen ... Hach!«
Lan war mit dem Duschen fertig und kam vollständig angezogen aus dem Bad wieder heraus.
»Hast du noch etwas vor?«, fragte Shay und Lan grinste ihn an.
»Japp ... Cavon kommt übers Wochenende heim und nach Talfons Tradition gibts da immer zwischen Papa und Cav das Hot Dog-Wettessen und diesmal findet es drüben statt!«
Shay erinnerte sich zurück, als die V-Teni Ralf angegriffen hatten. An diesem Tag hatten die beiden auch ein Wettessen und Shay gab sich da selbst ein Versprechen.
»Dann wünsche ich euch viel Spaß ...«, sagte Shay und wurde von Darius unterbrochen.
»Geh ruhig mit. Ich komme schon zurecht«, sagte Darius und machte eine Handbewegung.
»Vergiss ...« Wieder wurde er unterbrochen.
»Geh ... du hast gerade mein Blut gesaugt, wenn was passieren sollte, bist du der Erste, der es mitbekommt!«, sagte Darius und Shay blickte ihn fassungslos an.
»Was redest du ...«, versuchte Shay das dritte Mal sich zu verteidigen und Darius blickte ihn herausfordernd an.
»Für mich ist das kein Geheimnis. Sicher ihr Vampire hält es geheim, weil sonst die Donar abspringen würden. Wer würde sich schon beißen lassen, wenn danach der Vampir alles über einen weiß und kurzzeitig eine sogenannte Resonanz herrscht, die einen Menschen willenlos machen kann« diesmal gab Shay auf und atmete tief ein. »Das ist auch eins der Gründe mit, warum ein Donar immer über Nacht bleibt«, erklärte Darius weiter.
»Wie meinst du das?«, fragte Lan.
»Es ist, wie Darius sagt. Es ist eins der Gründe mit. Aber der Hauptgrund ist, dass der Donar nicht in eine Art Sucht fällt und das nichts Lebensgefährliches passiert. Zum Beispiel, wenn der Vampir zu viel getrunken hat und der Donar dann einen Blutmangel bekommt oder der Biss den Donar überwältigt, dass dieser in die Bissstarre fällt. Wie gesagt, sind das die Hauptgründe. Dennoch passiert es immer ... bei älteren Vampiren, die die Fähigkeit entwickelt haben Blut zu lesen, dass sie die tiefsten Geheimnis, die Vergangenheit und alles was den Menschen ausmacht herausfinden und dabei entsteht auch die Resonanz. Solange das menschliche Blut in dem Vampirkörper zirkuliert, kann der Vampir den Menschen unterwerfen und damit das so bleibt, müsste der Vampir und es funktioniert auch bei einem anderen Vampir, innerhalb von drei Monaten, wieder von dem Menschen trinken, damit dieser Zustand bleibt. Deshalb entstand auch die Regelung, dass ein Donar erst nach der ›dreimonatigen Ruhepause‹ sein Blut wieder zur Verfügung stellen darf. Ein Vampir, der das nicht einhält, muss mit einer sehr harten Strafe rechnen. Sogar mit dem Tod muss er rechnen. Ein Mensch, der die Regel nicht einhält, dem wird die Lizenz entzogen!«
»Das nicht Lebensbedrohliches passiert, das verstehe ich, dass der Donar über Nacht bleibt, aber was ist mir Resonanz gemeint?«
»Ganz einfach. Die Resonanz ist eine Art Echo oder ein Rufen, welches nach dem Biss am stärksten ist und lässt von Stunde zu Stunde nach. In dieser Zeit ist der Donar sehr anfällig und labil und wie gesagt, können auch andere Vampire sich den Zustand zunutze machen. Damit das nicht passiert, was in der Vergangenheit oft passiert ist, bleibt der Donar zu seiner eigenen Sicherheit bei dem Vampir, bis der menschliche Geist so halbwegs selbst dagegen ankämpfen kann. Sicherlich ist das nur eine vorübergehende Schutzmaßnahme, was allerdings danach passiert, wenn der Donar den Vampir verlässt, dafür ist der Vampir nicht mehr haftbar. Aber das wissen die Donars nicht, wenn dann wissen es nur wenige und die Vampire halten diese Tatsache geheim.«
»Aber der Donar ist dann noch in Gefahr ...«
»Das ist, womit wir leben müssen. Aber du brauchst dir deswegen keine Sorgen zu machen. Wenn ein Vampir einen Menschen angreift, was verboten ist oder innerhalb der Dreimonatsfrist einen Donar beißt, kann man das immer nachvollziehen und der Vampir wird sein Leben nicht mehr froh! Schau selbst danach sind wir geschützt. Die Vampire werden sehr hat bestraft, wenn sie sich nicht daran halten! Aber wie Shay es schon sagte, die meisten Donars wissen darüber nichts und es ist auch besser, wenn sie es nicht erfahren. Sonst stehen die Vampire in naher Zukunft ohne Nahrung da!«
»Okay!«, sagte Lan und Darius lächelte etwas.
»So ihr beiden ... ich will etwas schlafen und ihr stört mich nur!«
»Tzz!«, machte Shay. »Was für eine Arroganz!«
»Dito!«, winkte Darius und Lan kicherte, dennoch machte sich Lan Gedanken darüber, beziehungsweis er fragte sich, wie es sich zwischen ihm und Shay verhielt? Shay biss ihn öfters als nur alle drei Monate und er nahm sogar ab und zu wahr, dass Shay sich dabei etwas ernährte.
***
Shay schloss die Tür hinter sich und sie liefen ein paar Schritte zur nächsten Tür, als Lan seinen Gefährten am Arm packte, seinen Kopf nach unten zog und mit leichter brutaler Gewalt die Zunge in seinen Mund schob. Die Reaktion blieb bei Shay nicht aus und er drückte Lan gegen die Wand. Wild und zärtlich zugleich fochten ihre Zungen einen Kampf aus und keiner war gewillt dem anderen nachzugeben.
Nach einigen Sekunden als die Luft der beiden knapp wurde.
»Eis ... sehr dünnes Eis!«, keuchte Shay.
»Ja ... ich weiß ...!«, schnappte Lan nach Luft und spürte, wie seine Hitze auszubrechen drohte.
Beide keuchten und blickte sich herausfordernd an. Sie wollten beide ihre Liebe zeigen, doch in Lans Zimmer lag der Donar auf der Couch und würde auch noch die ganze Nacht über bleiben, und bei den Talfons fand das Wettessen statt ... und Lans Hitze stieg weiter an.
»Beschissene Situation!«, kam es gleichzeitig aus ihren Mündern und hielten sich den Bauch. Sie wussten nicht, ob sie lachen oder ihrem Verlangen nachgeben sollten.