Der Flug ging reibungslos über die Bühne und schon landeten die Helikopter. Aus dem ersten Helikopter stiegen die Insassen aus und die königliche Prinzessin blickte sich um.
Wie es die AMN handhabte, wurde die königliche Prinzessin nicht mit dem roten Teppich empfangen. Eigentlich stand niemand da, der so eine hohe Persönlichkeit begrüßte, nur ein paar ältere Schüler, der Akademie, die die Neuankömmlinge den Weg zur Aula zeigten. Kayleigh empfand es nicht als empörend. Im Gegenteil, sie war endlich von ihren Pflichten als Prinzessin für ein paar Jahre befreit und sie drehte sich zu ihrer Mutter um, die sie bei dem heutigen Anlass begleitete. Ihr Vater kam nicht mit. Seine Arbeit im Schloss verlangte seine Anwesenheit. Nicht einmal bei der Königin wurde Aufhebens gemacht und ein Schüler trat vor.
»Herzlich willkommen in der AMN ... M ... mein Name ...«, weiter kam Cavon nicht, zwei hellblaue Augen, die sich langsam rötlich färbten, hatten ihn in den Bann gezogen.
Die Königin und alle anderen starrten die beiden fassungslos an. Noch nie kam es in der Geschichte vor, bei zwei schicksalhaften Begegnungen und vor allem so kurz hintereinander dabei zu sein und bevor Cavon, der durch die starke magische Einwirkung des geknüpften Gefährtenbandes zusammenklappte, fing Shay ihn auf. Auch Egan, Cavons Zimmerkollege fing ihn mit auf.
Lan ging zu seinen Bruder und schaute seinen Gefährten fragend an.
»Was ist mit ihm los?«, fragte Lan.
»Ja das würde ich auch gerne wissen? Ist das ein Angriff gewesen? Wenn ja, ist das nicht witzig!«, knurrte Egan.
»Er und Prinzessin Kayleigh haben soeben das Gefährtenband geknüpft und wie soll es bei einem Talfon auch sein, hatte er die gleiche Reaktion wie du«, sagte Shay. »Er ist bald wieder in Ordnung!« Kaum ausgesprochen, erwachte Cavon wieder. Shay und Egan halfen ihn auf die Beine. Kurz fasste er sich an sein Herz und blickte zu der lächelnden Prinzessin.
»Wie ist dein Name, mein Gefährte?«, fragte sie und es sah aus, als ob Feuer sie umgab.
»Na himmel Herrgott, wenn das so weitergeht, dann kommen wir wirklich zu spät! Können die Teenager ihre Hormone unter Kontrolle bringen!«, schimpfte Elsbeth, doch jeder ignorierte sie. Nur Miriam ging auf sie zu.
»Elli, was soeben passiert ist, ist weit mehr wert als pünktlich zur Willkommensrede zu erscheinen. Weißt du eigentlich, wie selten es ist, bei einer Knüpfung eines Gefährtenbandes dabei zu sein, und wir waren innerhalb von einer Stunde, bei zwei dabei. Das ist ein einmaliges Wunder! So etwas gab´s noch nie!«
»Nun gut, nachdem wir uns alles wieder beruhigt haben, würde ich sagen, dass wir weitermachen!«, sagte die Königin. »Ihr lasst euch von den Schülern führen. Ich werde mich mit dem Direktor kurzschließen!«, sagte sie und weg war sie.
Während Cavon wieder voll da war und die Neuankömmlinge mit Egan zur Aula führte und ihnen ihren Platz zeigte, klopfte Alicia die Königin an der Tür des Direktors.
»Komm rein!« Sie trat ein und der Direktor stand von seinem Stuhl auf. Er ging auf sie zu und nahm sie in die Arme. »Schön dich zu sehen, Mama. Aber warum bist jetzt schon hier? Ich dachte, wir sehen uns, wenn alles vorbei ist?«
»Deine Schwester ...«
»Kaylie? Was hat sie denn jetzt schon wieder angestellt?«, fragte er und atmete genervt ein. Seine Schwester war alles, aber keine Prinzessin ...
»Sie nichts, aber das Schicksal. Vor ein paar Minuten hat das Schicksal entschieden, sie mit einem deiner Schüler das Gefährtenband knüpfen zu lassen!«
»Ich dachte, Aithne und Gary haben das Band geknüpft ... Ich bin gerade dabei, ihnen ein Zimmer zuzuteilen.«
»Die beiden auch und jetzt gerade Kaylie mit einem Schüler, der uns mit begrüßt hatte, so wie ich es herausgehört habe, heißt er Talfon!«
»Cavon Talfon?«, fragte er überrascht nach.
»Ich denke, das er so heißt. Was ist das für ein Junge? Ist er in Ordnung? Ist er stark? Nun ich habe schon viel von dieser Familie Talfon gehört, aber ich kenne sie kaum ...«
»Was die Familie betrifft, da kann ich dir nichts sagen, aber Cavon, er ist einer der besten Schüler, der die Akademie mit hat und er ist freundlich und zuvorkommend!«
»Einer der besten Schüler? Aber wie kann das sein, dass er bei der Knüpfung in Ohnmacht gefallen ist, wenn er einer der besten Schüler mit ist. Der Ohnmachtsanfall zeugt eigentlich von einem schwachen Menschen ...«, sagte sie mit etwas skeptisch in der Stimme. Sie war nicht von dem Band abgeneigt, im Gegenteil sie freute sich für ihre Tochter, dennoch wollte sie, wie jede Mutter das beste für ihre Kinder.
»Das kommt wahrscheinlich von seinem menschlichen Teil her, aber er ist keineswegs schwach! Seine Affinität zu Wasser hat bereits Level 6 erreicht, das ist weit mehr, was ein mittelstarker Vampir erreichen kann!«
»Verstehe und besteht die Möglichkeit, dass diese beiden ein Zimmer zusammen bekommen? Ich weiß nicht, was das Zeitlimit von Kaylie ist. Sie hat noch nicht ihre Volljährigkeitszeremonie hinter sich!«
»Kein Problem. Ich war eh gerade dabei, ein Zimmer für Aithne und Gary herrichten zu lassen! Dann werde ich ihnen ein Zimmer ihm gleichen Wohnhaus auf dem gleichen Gang zukommen lassen!«, sagte er und die Königin nickte.
»Danke!«
»Wenns weiter nichts ist!«, sagte er und seine Mutter verabschiedete sich. Als die Tür ins Schloss fiel, lehnte er sich zurück und rieb sich die Augen.
»Zwei Gefährtenknüpfungen in so kurzer Zeit? Nein, allein in den letzten Monaten, gab es, mit denen von heute, insgesamt fünf Knüpfungen. Was passiert hier nur, wenn man bedenkt, dass eine Knüpfung alle fünf bis zehn Jahre, wenn überhaupt stattfand ...«, dachte Gael.
Nun es gab weit mehr Gefährtenbandknüpfungen, aber der Direktor hatte die Bindungen mit einem Vampir gemeint und diese fanden sehr selten statt. Doch weiter konnte er nicht darüber überlegen, denn ihm lief es siedendheiß den Rücken runter.
»Verflucht ... ich habe vergessen, Mutter nach ihrem Wohlbefinden zu fragen ... oh weh, sie wird mir vorhalten, dass ich kein Interesse an das kleine Geschwisterchen habe, was in ihrem Bauch heranwächst! Ich bin am Arsch!«, schnell richtete er sich auf und widmete sich dem Rest seiner Arbeit, bevor er auf das Podium musste, um die Rede zu halten. »Also gut! Shay und Lans Zimmer ist bereits eingerichtet, Aithne und Gary ... Kaylie und Cavon ... Okay! Wenn ich das so mache, dann ... müssen die ›Wächter‹ in unmittelbarer Nähe einquartiert werden. Eigentlich war es geplant das Cavon und Egan, welche die Wächter für den Omega sind ins Zimmer E-75 einquartiert werden, aber jetzt muss ich das Zimmer ... wohl für Aithne und Gary herrichten lassen ... Wie viele Wächter hat der Omega eigentlich? Shay der Gefährte, Cavon der große Bruder, Eckwin der Germane, Egan der Werwolf, Grazia Medina aus dem Königshaus Medina, Nachkomme von der griechischen Göttin Athene. Das sind im Moment die, die bereits auserwählt sind und ihre zukünftige Aufgabe kennen und die, die in der näheren Wahl stehen. Shay, Cavon und Eckwin sind bereits eingeweiht die anderen ... Nun ich muss mich fertigmachen ...«
Somit und mit unverrichteter Dinge, ging der Direktor aus seinem Büro in Richtung Aula und trat aufs Podium. Sofort wurde es mucksmäuschenstill.
»Herzlich willkommen in der Akademie für magisches Naturell. Mein Name ist eure Königliche Hoheit Prinz Gael Leaffall, aber hier bin ich nur Direktor Leaffall. Meine Herkunft hat hier nichts zu sagen, nur allein mein Verdienst als Direktor steht hier im Vordergrund. Alle neuen Schüler, die ihren Fuß in diese Akademie setzen, verabschieden sich für die nächsten fünf Jahre, von ihrer Herkunft und von ihrem Titel. Hier gilt, allein nur euer Lernfleiß und euer Verdienst. Es ist egal, welche Herkunft ihr habt oder was ihr seid. Menschen, Mischlinge oder magische Wesen. Hier auf dieser Akademie seid ihr alle Kadetten des ersten Lernjahrs. Nicht mehr und nicht weniger und wer gegen diese Regel verstößt, der fliegt ohne eine weitere Chance aus der Akademie. Wir brauchen niemanden, der mit seinem Status, der Meinung ist, alles erreichen zu können oder im schlimmsten Fall, alles erzwingen will ...«, fing der Direktor seine Rede an.
Heute war nur die Willkommenszeremonie für die neuen Schüler angesagt und die Ankündigung, die bereits jeder schon wusste, dass ab dem nächsten Semester Vampire mit in der Akademie unterrichtet wurden und die Begrüßung neuer Dozenten und Verabschiedung, die in den ruhestandgehenden Professoren und Lehrer, sowie eine Führung durch die Akademie. Danach fingen die vierwöchigen Sommerferien an.
Die Verabschiedung der Schüler, die den Abschluss geschafft hatten, war am Nachmittag und sie hatten bereits ihre Zimmer geräumt, damit die neuen Schüler einziehen konnten.
Während Aithne und Gary, Kayleigh und Cavon sich näher kennenlernten, schlenderten Shay und Lan nach der Rede zum Büfett.
»Ich hoffe nur, dass wir ein Zimmer zusammen bekommen!«, hoffte Lan und entschied sich für ein belegtes Brötchen.
»Werden wir sehen!«, meinte Shay. »Ich denke, dass Vampire, durch des das sie Nachtwesen sind, ihren eigenen Schlafbereich bekommen. Du hast ja gehört, wann unser Unterricht stattfindet. Immer eine Stunde nach Sonnenuntergang. Im Sommer, wenn die Nächte kürzer sind, haben wir nur vier Stunden unterricht und im Winter, wenn die Nächte länger sind, acht Stunden!«, sagte Shay und griff nach einer Karaffe. Den roten Inhalt goss er sich in ein Glas und nippte daran.
»Lan ...!«, hörte er seinen Namen in dem Moment, in dem er in das Brötchen biss und drehte sich um. Schnell wischte er sich seinen Mund ab. »Hast du kurz Zeit!«, fragte Cavon und er nickte.
»Ja ...!«, antwortete er mit vollem Mund. »Sorry!«, entschuldigte er sich, weil Kayleigh neben seinen Bruder stand. Sie winkte ab.
»Kaylie das ist mein Bruder, Phelan«, stellte er ihn vor und die Prinzessin reichte ihm die Hand.
»Hi!«, sagte er und lächelte freundlich.
»Hi, sehr erfreut dich kennenzulernen.«
»Und das ist Lans Gefährte Shay N ...!«
»Shay Leaffall, sehr erfreut!«
»Ja ich habe mich schon gewundert, warum Ihr den königlichen Nachnamen trägt. Wer seid Ihr?«
»Kaylie auch wenn es schwer ist, bitte vermeide die höfische Umgangsform ...«, ging Cavon dazwischen und Shay nickte ihm zu.
»Miss. Leaffall, es hat sich herausgestellte, dass ich ein Nachkomme aus dem Hauptzweig der Leaffall bin. Meine Mutter, die von meinem Erzeuger nicht anerkannt und verbannt wurde, hat mir nie etwas darüber erzählt. Wir lebten in Abgeschiedenheit. Wir wurden aufgegriffen und ich wurde einem Gene-Scan unterzogen, und der König war so freundlich und hat mir meinen eigentlichen Nachnamen erlaubt anzunehmen!«, log Shay und Cavon starrte Lan fragend an, der wiederum wie ein Unschuldslamm dastand und lächelte. »Deshalb wurde ich auf die Akademie geschickt um mich besser integrieren zu können und mir Wissen anzueignen ...«
»Verstehe!«, sagte sie freundlich lächelnd. Sie bemerkte nicht, dass bei jedem Satz den Shay, ohne Rot zu werden, log, die Herzschläge von Lan und Cavon aufschlugen.
»Ach Cav ...!«, sagte Lan plötzlich und auch auf ein anderes Thema zu lenken. »Herzlichen Glückwunsch zu eurem Gefährtenband und was willst du mal werden, wenn du die Akademie abgeschlossen hast? Hmmm ... Anwärter für die Bruderschaft oder ein königlicher Prinz ... dir stehen ja jetzt die Türen offen. Oh sorry Kaylie nichts für ungut, aber du weißt ja, dass wir hier keinen Stand haben. Ich habe ja sowieso keinen ... also warum nicht gleich damit anfangen ... und Cav hat ja jetzt vier Wochen Sommerferien und da wir ja eh im Schloss wohnen ...«
»LAN ...!«, rief Cavon aus. Shay grinste und Lan prustete kurz auf.
»Was denn? Ihr seid jetzt Gefährten und es ist besser für Kaylie, sich gleich mit unseren Gewohnheiten anzufreunden, so ganz unköniglich und schau ... da kommt Mama schon und sie hat Papa im Schlepptau und wie es aussieht den Direktor auch noch!«
»Nun ich denke, der Direktor kommt wegen dir, Lan!«, sagte Cav und die Prinzessin blickte Lan fragend überrascht an.
»Wegen ihm? Warum das denn?« Nicht nur die Prinzessin war überrascht, Lan ebenfalls.
»Was will den der Direktor von mir?«, fragte er seinen Bruder und dieser lächelte nur wissend.