"Bitte, Sol! Sagen Sie mir, woher wir uns kennen! Ich WEISS, dass wir uns schon einmal begegnet sind. Und ich meine damit nicht den unbeabsichtigten Rempler, als Sie mit dem Vorbesitzer des Ladens hier im Gespräch waren. Es war … anders … wie anderswo … und … es hat mit den gelben Blumen zu tun …"
Sol nickte.
Sie wusste, dass sie ihm die Wahrheit schuldete.
Ausführlich erzählte sie ihm von ihrem Wirken als Erdenfee und wie sie ihm, da er seufzend sein neues Erdenkleid übergestreift hatte, eine gelbe Blume mitgegeben hatte. In ihr dann der Wunsch erwacht war, sich einmal selbst ein Bild vom Leben der Menschen zu machen, da ihr dieser Einblick immer verwehrt geblieben war.
Und ganz offen fügte sie hinzu:
"Als Sie mit Ihrem Sohn in den Laden kamen, erkannte ich Sie natürlich sofort. Und erinnerte mich an die früheren Zeiten. Sah mich wieder Seelenkleider herstellen. Da stieg eine tiefe Sehnsucht in mir auf, wieder zurückzukehren.
Aber dann … "
"Aber dann?"
Der Vater des Jungen beugte sich vor.
"Ich kann jetzt nicht einfach gehen."
Sols Stimme war leise geworden. Wirkte zerbrechlich.
Er musterte sie aufmerksam.
Sie hob die Augen.
"Ihr Sohn ist in mein Leben … getreten … am Anfang förmlich gerannt.
Und damit Sie und Ihre Familie. Ihr zweiter Sohn. Ohne sie zu kennen, auch Ihre Frau."
Er nickte.
"Philip liebt sie. Sie öffnen ihm neue Welten, zu denen weder meine Frau noch ich, noch sonstwer aus seinem Umfeld Zugang hat."
"Er ist sehr empfänglich und offen. Und hat wunderbare Gaben, die es nur zu entdecken gilt."
Bewegt sassen beide eine Weile still da.
Er räusperte sich.
"Es ist ehrlich gesagt ein eigenartiges Gefühl, mit einer Frau dazusitzen und Kakao zu trinken, die von sich sagt, sie sei eigentlich ein … eine Art Engel gewesen und hätte unter anderen auch mein Seelenkleid hergestellt. Mein Verstand wehrt sich vehement gegen diesen Gedanken. Mein Gefühl aber sagt, dass alles an Ihrer Erzählung stimmt."
Sol lächelte, nickte verstehend.
"Ich erzähle dies eigentlich kaum jemandem. Sally und ihre Tochter wissen es. Wir lernten uns gleich an meinem ersten Tag hier auf der Erde kennen. Sie halfen mir, mich zurechtzufinden. Ich hatte ja so keine Ahnung!"
"Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen!
Und jetzt möchte ich Ihnen noch einmal von ganzem Herzen danken. Dank Ihnen geht es Philip wieder so gut. Und dank Ihren gelben Blumen durfte sich der kleine Loris von seiner Frühgeburt erholen, so dass man ihn heute als gesunden Säugling bezeichnen kann.
Bitte … wenn Sie können … bleiben Sie noch. Kehren Sie noch nicht dorthin zurück, woher Sie kamen. Sie … werden … hier gebraucht!"
Lange sahen sich die beiden an.
Dann nickte Sol.
"Abgemacht.
Zum Menschsein gehört scheinbar auch das Durchhalten. Da gibt es ja immer noch Dinge, die ich lernen darf.
Und … ich mag Sie und Ihre Familie …"
Wortlos stand Philips Vater auf und nahm Sol in seine Arme.
Dann wandte er sich zum Gehen.
Unter der Tür blieb er noch einmal stehen.
"Ich heisse übrigens Eli. Meine Frau Mara und ich würden uns sehr freuen, dich bald einmal bei uns zuhause begrüssen zu dürfen!"
Sorgfältig schloss er hinter sich die Tür.