Als dann nahmen wir Lager am Fuße der Berge, um sie am nächsten Tage mit frischen Kräften überwinden zu können, so die Nacht zum Schöpfen von Kraft denn geeignet wäre. Nach einem guten Frühstück bestiegen wir unsere Pferde, um den Pfad ins Gebirge zu nehmen. Doch schon bald waren wir gezwungen abzusteigen und die Pferde am Zügel zu führen, da sich der Weg als steil und steinig entpuppte. Derart kamen wir weitaus langsamer voran, als wir uns erhofft hatten.
Die Sonne stand schon tief, als wir doch noch die Passhöhe erreichten. Mit einem Schmunzeln gedachte ich des Ausspruchs „von nun an geht es nur noch bergab“ und ob sich dieser als doch eher positiv für uns herausstellte. Von meinen Begleitern blieb dies natürlich nicht unbemerkt und wurde gewiss falsch, als Vorfreude auf den bevorstehenden Kampf, gedeutet. Ein zu erwartendes Missverständnis, das ich auch nicht aufzuklären gedachte.
Beständig stiegen wir hinab und erreichten alsbald eine geschützte Stelle, da wir unser Nachtlager errichten konnten. Als ringsum ein seltsames Heulen anhub, boten sich der Dicke und der Kleine an, die Nachtwachen zu übernehmen, um ein Ungemach von uns fernzuhalten, weil sie doch so sehr dem Kampfe zugetan waren. Somit fand ich mich in den Armen meines Prinzen wieder, der es sich nicht nehmen ließ, über meinen Schlaf zu wachen. Aber was sollte mir auch passieren, da ich doch immer magische Vorsichtsmaßregeln für das Lager traf. Gewiss, die Kämpfer trauten diesem Brimborium nicht, was sie nicht sahen, konnte unmöglich so gut wie blanker Stahl wirken.
Natürlich vergewisserte sich mein Prinz persönlich und mit sanfter Hand, dass ich keinerlei Beeinträchtigung am Körper durch die beschwerliche Reise davon trug. Dementsprechend genoss ich auch die liebevolle Salbung mit duftendem Öl, dass er eigens für mich bei sich trug.
Natürlich hatte ich es erwartet, aber wurde von unseren gallischen Helden mit Missmut bedauert, dass die Nacht ereignislos verlaufen war. Wie von Zauberhand war das Lager abgebaut und verstaut, so dass wir alsbald weiter gen die Mysterien des entvölkerten Dorfes ziehen konnten. Und wahrlich, zum Abend hin erreichten wir die unheilvolle Stätte.
Als wir in das Dorf einritten, war es uns, als wenn die Bewohner einfach verschwunden wären. Dort stand ein halb gefüllter Krug, etwas weiter war ein Topf, der vormals wohl Suppe, nun nur noch eine übel riechende Masse enthielt. Wäsche, die auf eine Leine sollte, lag noch in einem Korb, ein anderer Teil davon wehte zerfetzt im Winde. Es war eine gar gespenstische Situation, als wir das beständige Gewimmel gewahr wurden. Unmengen an Mäusen huschten hin und her. Sie rotteten sich in Gruppen, um dann wieder in alle Richtungen davonzurennen. Was war hier nur geschehen? Wer konnte für diese Tat verantwortlich sein?
Wie aus heiterem Himmel, so als wenn ein unseliger Gedanke in sie gefahren wäre, rannte das ungleiche Heldenpaar in wilder Hast von dannen.
„Was seid ihr für traurige Wichte“, rief der Prinz ihnen in seiner Wut hinterher, da er glaubte, sie nimmer wieder zu sehen. Doch kaum waren sie unseren Augen entschwunden, als wir in der Ferne des Waldes einen Tumult bemerken. Unsere Hände zuckten zu den Waffen, da wir einen tückischen Angriff erwarteten, als unsere zwei Hinfortgeeilten schwer beladen zurückkamen, wie es ihre Art war, mit erlegten Wildschweinen im Arm. Mich wunderte es nur, dass es hier ein solches Wild gab, aber vermutlich lag es an diesen Zweien, dass sie ihre Leib- und Magenspeise überall jagen konnten, so war es gewiss ihre ganz besondere Fähigkeit. Alsbald brannte ein lustiges Feuerlein in einem der Küchenherde und das köstliche Wildbret schmorte in seinem Safte. Nun, dies war etwas für unsere Helden, meine Wenigkeit begnügte sich mit den köstlichen Pilzen, Kastanien und Nüssen, die ich mit dem Reis aus unserem Vorrat zu einem mir angemessenen Mahl zubereitete.
Diese üppigen Speisen sorgten alsbald dafür, dass wir uns in ein wohliges Suppenkoma, obwohl gar keine Suppe im Spiel war, fallen ließen. Da uns ein Dach über dem Kopfe zur Verfügung stand, wurden heute keine Zelte errichtet. So lobte ich mir die Abenteuer. Wie schon in den vergangenen Nächten glaubten wir, dass wir in genötigter Muße würden ruhen können. Doch als es gerade Mitternacht war, erscholl ein Getöse, und ein gar grausiges Lachen, dass uns das Mark in den Beinen gefror, zerriss die Stille.
„Kommt her, meine kleinen Mäuse“, krächzte eine alte Vettel.
Die kleinen Mäuse stoben in wilder Flucht umher.
„Ah, ich rieche Menschenfleisch“, schrie die Alte dann. „Auch euch werde ich wandeln, kommt her, sonst finde ich euch.“
Der Dicke und der Kleine sprangen auf, um die Hexe mit ihren Fäusten zu attackieren. Doch diese schwang ihren Zauberstab und ihr Angriff verpuffte wirkungslos. Der Prinz ergriff sein Schwert und stürmte auf sie zu, doch die magische Klinge glitt nutzlos an der zerbrechlichen Gestalt ab.
„Expelliamus“, rief ich, doch nicht geschah.
„Vingadium Liviosa“, war mein zweiter Versuch, doch auch dieser zeigte keinerlei Reaktion. Die kämpfenden Männer trauten ihren Augen nicht, da nichts, was sie taten, etwas gegen diese Feindin ausrichten konnte. Nun denn, ich wäre nicht umsonst Meisterin der magischen Künste. So kramte ich in meiner Tasche und griff nach dem Fächer. Dann eben so, wie ich es seit jeher getan hatte.
„Aera Elementum Movo Discrim“, tönte ich und wedelte mit meinem Fächer in Richtung der Hexe, die kichernd keinerlei Gegenwehr unsererseits mehr erwartete. Doch dann weiteten sich ihre Augen vor Entsetzen, denn ein starker Wind kam auf, der Blätter, Unrat und alsbald auch größere Äste in ihre Richtung blies. Sie hatte nun ihre liebe Not, dass sie nicht von den umherwirbelnden Gegenständen erschlagen würde. Oh, was freute ich mich, dass diese Zauber wirkten, dann sollte auch der nächste seine Bestimmung nicht verfehlen.
„Balisto Fulumbar Vas Perdo Magia Mortis“, sprach ich deutlich aus, dass sich in meiner Hand eine feurige Kugel formte, die schnell größer wurde. Mit gehöriger Wucht warf ich sie der Unholdin entgegen, dass der fliegende Unrat und auch ihre Kleidung Feuer fingen.
„Ihr elende Wichte“, keifte sie und rief einen Wirbel, der das Feuer löschte.
„Nex Magia Perdo Ignitia“, rief ich aus.
Die Vettel geriet in Wut, als ihre Augen weiß wurden, ein sicheres Zeichen, dass die magische Blindheit, die ich über sie gelegt hatte, nun wirkte.
„Balisto Fulumbar Vas Perdo Magia Mortis Creo Galad Vas Mortis“, intoniere ich, eingedenk, dass ein größerer Feuerball gewiss mehr von Nutzen wäre. Die Feuersbrunst war schon beträchtlich, als die alte Hexe einen riesigen Dämon beschwor. Wirklich wunderbar, dachte ich so bei mir, darauf hatte ich gewartet.
„Vas Daemoni Kal Elementum Muto Tym Des Creaturo Mani Movo“, sprach ich die magischen Worte, dass der Dämon nun unter meiner Kontrolle stand, und seine verdutzte Schöpferin angriff. Mit vereinten Kräften war die unselige Hexe alsbald besiegt und der Dämon riss sie mit sich in den finsteren Schlund der Hölle.
Kaum, dass die Hexe vom Antlitz der Erde getilgt war, liefen von überall die kleinen Mäuse herbei und umringten uns.
„Hex, Hex“, rief der Kleine, was mir nur ein müdes Lächeln entlockte.
„Ganz gewiss nicht so“, tadelte ich ihn. So griff ich nach dem nächstbesten Tierlein und setzte es auf den Tisch.
„Carzum An“, versuchte ich es mit dem einfachsten Lösezauber, doch dieser zeigte bedauerlicherweise keinen Effekt, außer natürlich, dass sich der Kleine und vor allem der Dicke vor Lachen die Bäuche hielten.
„Vas Magia Perdo Magia“, nahm ich den nächststärkeren Zauber, um Magie aufzuheben. Doch auch hier wurde die Verwandlung nicht rückgängig gemacht. Nun denn, dann werde ich eben mit Kanonen auf Spatzen oder auch Mäuse schießen, dann sollte es eben der stärkste Zauber sein, den ich für derlei Dinge im Repertoire hatte.
„Creo Magia Opprimo Magia Muto Magia Perdo Magia“, kamen mir die magischen Worte wie selbstverständlich über die Lippen. Zuerst tat sich nichts, doch dann verwandelte sich das kleine Mäuslein in einen Menschen. Da ich nun den Zauber identifiziert hatte, mit dem sich die Dorfbewohner zurückverwandeln ließen, wäre es bis zur Rückwandlung aller Mäuse in Personen nur noch eine Frage der Zeit. So machte ich mich an das magische Werk und es artete irgendwie in Arbeit, wie ich jener zu Hause entkommen war, aus, aber diese war doch sehr angenehm, zu sehen, wie sich die Dorfbewohner wieder in den Armen lagen.
Alsbald war die frohe Kunde zur Burg gelangt und Herolde des Königs kamen herbei, um uns zur Feste zum Feste zu geleiten. Jedoch waren wir es nicht alleine, auch die geretteten Bewohner des Dorfes wurden zum König geladen, da ihr Dorf ja noch ein recht unwirklicher Ort war und so nicht zum Leben taugte.
Ermattet vom Kampfe wollte mir keine rechte Feierstimmung zuteilwerden, dass ich mich meinen Begleitern und auch Gastgeber empfahl und gedachte mich zur Ruhe zu begeben. Als ich müde mein Haupt in die weichen Kissen bettete, war es mir, das noch jemand in meine Kemenate gekommen wäre. Traun für wahr, mein Prinz legte sich zu mir, um über meinen Schlaf zu wachen. Es waren gar liebliche Träume, die mir zuteilwurden, aber diese gehören nicht hier her und sollen an anderer Stelle erzählt werden.
Das leise Maunzen kündete vom Morgen und teilte mir schmerzlich mit, dass ich auch wieder in heimatlichen Gefilden wäre. Als ich mich verschlafen umblickte, lag meine Ausrüstung feinsäuberlich auf dem Stuhl neben meinem Bett. Das Vibrieren meiner Uhr zeigte eine Nachricht an. Ah, meine Mitbewohnerin verlangte nach einem Kaffee im Sommerwohnzimmer. So schälte ich mich aus der Decke und schlüpfte in die Pantoffeln, um Richtung Küche zu wanken.
„Guten Morgen“, grüßte ich sie. „Welchen Tag haben wir?“
Sie schaute mich verwirrt an.
„Heute?“ Stellte sie mir ungewohnt geistreich zur frühen Stunde die Gegenfragen.
„Oh, das ist mein Lieblingstag“, gab ich lächelnd zur Antwort und fühlte mich wie Pu der Bär.
Für alle jene, die ein solches Abenteuer noch nie erlebt haben, sei dieses Lied mit bildhafter Ausschmückung als Beispiel vorgestellt.
https://www.youtube.com/watch?v=KX2wGENVzIs