Da stand ich nun, ein köstlich duftendes Gebäck, natürlich ein Fuchsförmiges, in Händen und grinste die Kerle frech an.
„Seid ihr Männer oder Weicheier?“
Fred schnaubte verächtlich, nahm sich jedoch keines der angebotenen Plätzchen. Vermutlich hatte er das Wort schon ewig nicht mehr gehört.
„Weichei? Du musst es ja wissen.“
„Alles klar, dann gehe ich eben alleine. Wünscht mir Glück oder auch Erfolg.“
Herzhaft biss ich hinein. Mhm, war das lecker. Eine wahre Geschmacksexplosion. Na ja, die Magie explodierte auf eine seltsame Weise natürlich auch. Es zog mich förmlich von den Füßen und hinein in einen Wirbel aus Licht, Farbe und Glitter. Eine Kakofonie aus sämtlichen mir bekannten Jul-Liedern dröhnte in meinen Ohren. Hoffentlich legte sich das irgendwann, denn es ging mir schon ganz schön auf die Nerven.
https://www.youtube.com/watch?v=jzsSpsJimPw
Es wirbelte mich noch reichlich durcheinander. Das Unterste war zuoberst und umgekehrt. Es dauerte eine kleine Weile bis ich dann doch wieder die Füße auf etwas ähnliches wie festen Boden setzen konnte. Es war gleißend hell und die Luft, die ich atmete, wirkte kühl und klar. Es dauerte eine Zeit, bis sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten und ich meine Umgebung erkennen konnte.
Es sah genau so aus, wie man sich ein Winter-Wunderland gemeinhin vorstellte. Dennoch wirkte es auf mich seltsam vertraut. In der Nähe war ein Lagerfeuer, um das einige Satyre oder Faune tanzten. Etwas abseits standen einige Verkaufsstände, die allerhand Tand und Klimbim feilboten. Waren die Verkäufer etwa Goblins oder genauer gesagt Kichergibbergoblins? Aber das war doch zu verrückt. So ging ich weiter und kam an eine Klippe, dass ich über eine riesige Eisfläche, auf der unermüdlich von Eisläufern Pirouetten gedreht wurden, blicken konnte, aus der kleiner Inseln herausragten, die über Regenbogenbrücken miteinander verbunden waren. Überall herrschte geschäftiges Treiben. Elfen, Feen und Kobolde wuselten hin und her, verteilten Päckchen und Geschenke, die alsbald von anderen seltsamen Gestalten wieder eingesammelt wurden.
Patsch, schon hatte ich einen Schneeball im Nacken. Na warte, dachte ich nur. Schon wollte ich mich zum Boden bücken, um einen Schneeball zu formen, als ich die Körbe bemerkte, die überall herumstanden. Waren dort schon Schneebälle herinnen? So bediente ich mich eben daraus, um dem Übeltäter meinerseits einen Schneeball hinterherzuwerfen. Hier machten Abenteuer wirklich Spaß. Wo auch immer hier sein sollte. Schneeballwerfend lief ich hinter der Gestalt her, es schien ein Elf zu sein, und rutsche die große Regenbogenbrücke hinab. Doch schon hatte ich ihn im Gewimmel verloren. Es war wirklich ein buntes Treiben und ich vernahm viele unterschiedliche Sprachen, meist jedoch englisch. Äußerst seltsam. Was mich jedoch total verrückt machte, war diese Musik, die irgendwo in Dauerschleife lief.
https://www.youtube.com/watch?v=dsnfxnMdsME
Oh, da war er wieder, dieser unwiderstehliche Duft nach frischen Jul-Plätzchen. So hielt ich meine Nase in den Wind, ok, ins laue Lüftchen, und folgte dem Duft. Wie hieß es doch so schön, immer der Nase nach. Schon bald hatte ich die Quelle des fantastischen Geruchs erreicht, eine kleine Bäckerei in einem festlich geschmückten Gebäude. Davor stand allerlei Volk, natürlich ein Gedränge von Schaulustigen. Aber hoppla. Es ging hier nun einiges durcheinander. Meine Gedanken und mein sprachlicher Ausdruck sowieso. Fehlte eigentlich nur noch...
„Tanuky, meine Prinzessin“, rief mich eine mir äußerst bekannte Stimme, die ich hier nie und nimmer vermutet hätte. Suchend blickte ich mich um und erblickte ihn. Fröhlich winkend und ein Julfest oder Frostfall? Gebäck mampfend. Er schien wirklich einen außerordentlichen Spaß zu haben.
„Sanfte Grüße. Was machst du hier?“ Fragte ich nach dem Offensichtlichen. „Wie kommst du hierher.“
„Wo auch immer hier ist“, er grinste mich an. „Ich aß das erste Weihnachtsgebäck bereits Anfang September, denn ich habe eine gar stille Schwäche dafür, und fand mich alsbald hier wieder. Und – Er machte eine Pause. – es gibt kein entkommen. Egal, was ich bisher unternahm oder versuchte. Aber nun bist du ja da, gemeinsam werden wir des Rätsels Lösung gewiss vollbringen.“
Redete ich auch so geschwollen, wenn ich auf Aventüren war. Argh. Ja, in der Tat. Ich tat es ihm wahrlich gleich.
„Ich buk nach einem Plex ein Plätzchenrezept und nachdem ich es verzehrte, war ich hier.“ Erklärte ich mein Erscheinen. Fieberhaft überlegte ich, wo ich diesen Sprachmodus abschalten oder immerhin verändern könnte, denn langsam wurde es doch zu absonderlich. Unvermittelt vernahm ich ein zaghaftes Zupfen. Doch als ich mich umwandte, war dort niemand. Da war es wieder, wie mir schien auch etwas stärker.
Noch ehe ich wusste, wie mir geschah, riss es mich von den Füßen, die Umgebung verschwamm vor meinen Augen. Ein widerlicher Geruch um nicht zu sagen Gestank stach mir in die Nase und ich glaubte, mich übergeben zu müssen. Wie durch Watte hörte ich Stimmen. Oh ja, und diese nervige Musik war endlich verstummt.
„Du hast uns aber schön erschreckt.“ Es war mein Kumpel und er schien sich wirklich Sorgen zu machen.
„Alles halb so wild“, lallte ich und es klang nur halb so zuversichtlich, wie ich gehofft hatte. Langsam wurde ich wieder klarer. Eigentlich sollte ich doch in der Küche sein? Nun lag ich auf der Couch in dem Büro. Freds Augen hatten wieder dieses Rot angenommen. Vermutlich war er superstinkig. Was mir herzlich egal war.
„Wie lange war ich weg?“ Wollte ich dann aber doch wissen.
„Ne halbe Stunde vielleicht“, antwortete meine Kumpel.
„Was ist es nun?“ Fragte natürlich Fred. Wie sollte es auch anders sein.
„Es ist ein geiler Trip ins Winter-Wunderland. Echt niedlich. So mit Schneeballschlachten, Schlittschuh laufen, Geschenken und Päckchen“, erklärte ich meine Eindrücke, „wenn die nervige Musik nicht wäre, könnte man es dort gut aushalten.“
„Nervige Musik? Schlimmer als diese Carol Singers?“ Mein Kumpel schaute entsetzt.
„Oh ja, es geht noch schlimmer. Irgendein Gedudel in Dauerschleife.“ Bestätigte ich ihm.
„Wenn ihr mich hierher gebracht habt, ist es scheinbar nur etwas Mentales und weniger etwas Körperliches. Schade eigentlich.“
„Warum?“ Mischte sich Fred ein. Er hatte wirklich keine Ahnung, aber ich hatte auch keine Absicht, auf seine Frage einzugehen.
„Bei meinem Trip traf ich jemanden, der auch in diese Welt gezogen wurde. Wenn das nur mental ist, wird sein Körper irgendwo in der realen Welt liegen. Mich wundert nur, dass er schon so lange dort ist. Es muss da etwas geben, dass den Trip aufrecht erhält.“ Während meiner Ausführungen war ich aufgesprungen und lief im Raum hin und her. Irgendwie redete ich nur noch mit mir selbst, es half mir beim Denken.
„Wenn ich durch ein Gebäck dort hingelangte, dann könnte ein Gebäck in dieser Welt den Zauber aufrecht erhalten“, sprach ich mehr zu mir als zu den anderen. Fieberhaft überlegte ich, kramte meine Erinnerungen hervor.
„Genau, da war eine Bäckerei. Dort gab es herrlich duftendes Backwerk.“
„Backwerk?“ Echote Fred.
„Für dich Kekse“, grinste ich ihn an. „Wahrscheinlich wird so der Zustand quasi im Trip verlängert. Aber warum will man das?“
Fortsetzung folgt...