Ungeduldig lief ich von einer Zimmerwand zur anderen. Michael war nach zehn Minuten immer noch nicht zurück. Ungeduld macht sich in mir breit. Es war definitiv Kastians Geruch im Büro.
„Vielleicht gibt es für alles eine Erklärung“, dachte ich und sah aus dem Fenster. „Ich traue Kastian nicht, er kam mir schon bei unserem Ersten treffen komisch vor, aber würde er wirklich Michael schaden?“, grübelte ich weiter. „Die Polizei hat hier drin auch keine Spuren genommen, weil alle davon ausgegangen sind, dass der Einbrecher nicht ins Büro kam. Wenn Kastian aber einen Schlüssel hat, musste ja niemand einbrechen“, überlegte ich weiter und seufzte. Die Tür ging auf und Michael trat ein. „Kastian sagt dass er nach dem Einbruch im Büro war, um zusehen ob etwas fehlt“, sagte er und klang wenig überzeugt davon. „Du glaubst ihm nicht“, schlussfolgerte ich.
„Ja, nur kann ich nicht beweisen dass er lügt“, „Ich versteh auch gar nicht, warum er so ein Chaos angerichtet hat. Er hatte doch einen Schlüssel“, „Vielleicht, um von sich abzulenken. Was mich mehr beschäftigt ist das warum. Es wurde nur das Dokument geöffnet, in dem meine Lieferanten aufgelistet sind und das Dokument mit meinen Lieferscheinen. Heißt, derjenige der die Dokumente gesehen hat, kennt die Einkaufspreise meiner Rohstoffe und von wem ich diese beziehe. Nur was fängt man mit diesem Wissen an?“, erklärte Michael.
„Hat einer der Händler seine Bedingungen geändert seit dem Einbruch?“
Michael setzte sich auf sein Bett und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Nach einer Weile blickte er auf: „Mein Bruder. Er meinte die Produkte wären teurer geworden, die er zur Produktion braucht. Ich habe noch einen zweiten Lieferanten, weil mein Bruder meine Nachfrage nicht decken kann. Mein Bruder war immer günstiger als der andere jetzt sind sie fast gleich teuer“, „Das kann doch kein Zufall sein“, sagte ich leise.
„Du meinst mein Bruder hat Kastian bezahlt? Aber du hast noch eine andere Person gerochen. Kastian hätte in mein Büro gehen und die Sachen an meinen Bruder weitergeben können, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. So ist es aufgefallen, wegen der dritten Person und dem kaputten Glas“, antwortete er.
„Das macht für mich auch keinen Sinn“, stimmte ich ihm zu. Michael seufzte. „Meiner Firma ist bis jetzt kein Schaden entstanden. Das mein Bruder mehr Geld verlangt ist auch in Ordnung. Seine Waren waren sowieso viel zu günstig“, sagte er und fuhr sich durch die Haare. „Lassen wir es einfach gut sein. Sollte Kastian aber nochmal einen Fehltritt machen werde ich ihm kündigen müssen“, beschloss Michael und streckte sich auf seinem Bett aus.
„Haben dir die Bücher gefallen die ich dir bestellt habe?“, wechselte er das Thema. „Ja ich habe das Märchenbuch gelesen“,
„Ließ mir bitte eines der Märchen vor. Ich höre dir gern zu und ich brauche ein wenig Ablenkung“, bat er mich und rutschte auf seine Betthälfte.
Ich nahm das Buch und setzte mich auf die Bettkante und fing an vorzulesen. Michael hörte mir zu und unterbrach mich nicht. Nach dem dritten Märchen sah ich auf. Michael betrachtete mich mit halb geschlossenen Augen an. „Danke dir Shiro. Komm, wir sollten mal nachsehen was wir heute zum Abendessen bekommen“, sagte er und stand ächzend auf. Zusammen gingen wir in die Küche.
In einem der Töpfen roch es herrlich nach Gemüse. „Ich koche Hühnersuppe“, erklärte die Köchin und warf Blätter in den Topf. „Mit einer großen Portion Nudeln?“, fragte Michael und schaute in die anderen Töpfe. Der Geruch von geschmorten Zwiebeln, Paprika und Fleisch. „Das wird Gulasch“, sagte Tanja und goss Wasser auf das Fleisch. „Für morgen“, fügte sie hinzu und nahm Michael den Deckel ab, um den Topf wieder zu schliefen. „Finger weg“ mahnte sie und schüttete noch mehr Gemüse in den großen Topf. „Möchtet ihr was bestimmtes?“, fragte sie gestresst und gab Gewürze in die Suppe. „Wir wollten einfach nur wissen was es zum essen gibt“, sagte Michael.
„Das habt ihr ja jetzt gesehen also lasst mich bitte weiter kochen. Bevor mir hier noch etwas anbrennt“, sagte sie und öffnete die Küchentür. „Das war wohl ihre Art uns zusagen das wir gehen sollen“, dachte ich und zog Michael in den Korridor hinaus. „Wir sollten sie nicht weiter stören“, erklärte ich und schloss die Küchentür. „Es tut mir leid. Ich versuche, mich die ganze Zeit abzulenken, aber mich beschäftigt das alles immer noch sehr“, erklärte er. „Es ist nur verständlich, dass dich das alles aufwühlt“, sagte ich und umarmte ihn. „Es ist kein sichtbarer Schaden entstanden vielleicht hat Kastian auch gar nichts weiter erzählt oder ich habe mich geirrt“, versuche ich ihn aufzumuntern. „Ja vermutlich hast du recht. Ich werde morgen mal meinen Bruder anrufen“, sagte er und erwiderte meine Umarmung. „Wo fahren wir morgen eigentlich hin?“, möchte ich wissen. „Das wird eine Überraschung“, sagte er und gab mir einen schnellen Kuss auf die Lippen. Michael ließ die Arme sinken und ich lehnte mich an ihn.
„Seit wir wieder hier sind, fühlt es sich an als hätte ich zu viel Zeit. Ich habe Langeweile“, erzähle ich ihm. „Vor unserem Urlaub hat es mir nichts ausgemacht, aber jetzt hätte ich gern eine richtige Aufgabe“, bat ich ihm. „Ich habe nur keine Aufgabe für dich, ich habe auch bedenken dich irgendwo arbeiten zu schicken“,
„Ich verstehe“,
„Weißt du viele Menschen haben ein Hobby deines ist das Lesen und die Musik. Vielleicht solltest du eigene Stücke oder Bücher schreiben“, schlug Michael vor. „Ich habe noch nie versucht eigene Sachen zu schreiben. Ich sollte es versuchen“, nahm ich seinen Vorschlag an.
„Abends höre ich mir dann an was du so gemacht hast“, ermutigte er mich.
„Das klingt gut“, antwortete ich ihm.
Wir beschließen, die Zeit bis zum Abendessen, mit einem Spaziergang zu verbringen. Michael öffnet das Tor zum Grundstück mit seinem Schlüssel. Zusammen schlenderten wir runter in die Stadt. Die tatsächlich nur eine halbe Stunde entfernt war. „Warum fahren wir eigentlich immer so weit weg, wenn wir etwas unternehmen, wenn diese Stadt so nah ist?“
„Damit du nicht so viel Zeit auf dem Grundstück verbringen musst. Es tut mir leid, währen die Gesetze anders, könntest du jeden Tag ohne Sorgen hier bummeln, aber ich habe zu viel Angst das dir etwas passiert. Ich weiß das Nekos mit Halsband für Botengänge auch alleine unterwegs sein dürfen nur möchte ich es nicht riskieren“,
„Es ist wirklich frustrierend“,
„Ja das ist es. Ich werde wohl jetzt öfter mit dir in die Stadt laufen und ich werde die Anni und Suse frage, ob sie dich, für die Einkäufe mitnehmen. Was hälst du davon?“,
„Das wird sicher lustig. Die beiden haben immer Flausen im Kopft“, sagte ich und lachte.
„Dann ist es beschlossene Sache“, verkündete Michael. Wir kamen an einer Eisdiele vorbei und Michael kaufte uns beiden zwei Kugeln Fruchteis. Ohne Eile schleckten wir unser Eis und schlenderten durch die Gasse. Einige der Schaufenster zeigten schon die ersten Herbstdekorationen. „Magst du den Herbst?“, fragte mich Michael plötzlich, als wir wieder an einem herbstlich geschmückten Schaufenster vorübergingen. „Nicht wirklich im Herbst regnet es viel und dann durfte ich nicht raus. Es war schrecklich langweilig. Die Herrin war dann auch immer so niedergeschlagen“, erzählte ich. „Den Winter mag ich noch weniger. Viel zu kalt“, fügte ich hinzu. „Ich mag den Winter und den Schnee. Mir ist der Sommer oft zu warm“,
„Ich schwitze lieber als zu frieren“,
Michael lachte bei dieser Aussage. „Dann werde ich dafür Sorgen, dass du nicht frieren musst“, meinte er.
Ich lächelte ihn an und sah auf die große Turmuhr. „Wir sollten langsam zurückgehen“, sagte ich und deutete auf die Turmuhr.
„Du hast recht. Wir sollten nicht zu spät kommen nachdem wir Tanja so gestört haben“,
„Ja sonst versalzt sie uns noch das Essen“, scherzte ich und machte mich mit Michael auf den Rückweg.
Überpünktlich kamen wir zuhause an und wuschen uns die Hände. Manuela kam uns auf dem Weg zum Esszimmer entgegen. „Ihr habt ja einen langen Spaziergang gemacht wo wart ihr den?“, möchte sie wissen.
„Wir sind zur Stadt gelaufen und haben dort die Schaufenster betrachtet“, erwiderte ich.
„So weit seid ihr gelaufen. Da habt ihr ja einen ordentlichen Fußmarsch hinter euch“,
„Ich fand es nicht anstrengend“,
„Shiro hat wohl eine Menge Ausdauer. Ich bin froh gleich zu sitzen“, meinte Michael.
„Ja ich halte euch nur auf. Lasst es euch schmecken“, sagte sie und lief in entgegensetzte Richtung weiter.
„Komm es nur mir vor oder läuft sie uns öfter über den Weg als früher?“, merkte Michael an und ging weiter Richtung Esszimmer. „Ich glaube du hast recht“, stimmte ich zu und schnupperte. Ich konnte die Hühnersuppe schon riechen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. „Wenn die Suppe so schmeckt wie sie riecht, himmlisch“, schwärmte ich und öffnete die Tür zum Esszimmer. Eine große Schüssel mit Suppe, zwei Teller und eine Kanne Tee standen auf dem Tisch und. Michael füllte uns reichlich Suppe mit Nudeln auf die Teller.
Ich aß viel zu viel, aber es schmeckte einfach zu gut.
„Du hast heute zu wenig getrunken, deshalb isst du heute sicherlich mehr als sonst“, sagte Michael, als ich mir den dritten Teller Suppe nahm. Er füllte meine Teetasse und mahnte mich zum Trinken. Der Früchtetee war nur noch lauwarm und ich trank sie mit wenigen Schlucken leer. Michael tat es mir gleich. „Morgen werde ich wieder mehr darauf achten“, sagte ich und schenkte mir Tee nach.
Nach dem Essen fühlte ich mich übersättigt und schläfrig. „Wir haben wohl beide zu viel gegessen“, fiel Michael auf und lockerte seinen Gürtel. Seine Hose war wohl zu eng geworden. „Möchtest du ins Bett gehen oder noch einen Film sehen“, fragte Michael und stellte das Geschirr in den Essensaufzug.
„Ich würde mich gerne hinlegen“, murmelte ich und gähnte.
Michael nickte nur und schoss den Aufzug.
Wenig später lag ich bettfertig in Michaels Armen meinen Kopf auf seiner Brust. Er hatte Musik angemacht und streichelt meinen Rücken. Ich schloss die Augen und genoss Michaels Zärtlichkeiten. „Gute Nacht“, nuschelte ich verschlafen, ehe ich immer mehr in den Schlaf glitt. Das letzte, was ich hörte, war Michael, der mir süße Träume wünschte.