Bemerkung des Autors: sibuna97: Gut, dann schmeiß ich ein Federvieh in die Runde ;) GANS! Was könnte ich dir für eine Aufgabe geben ...? Ich weiß zwar nicht, ob wir das schon mal hatten, aber schreibe etwas über den Frühling, die von der Gans verflucht wurde, weshalb der Winter so andauernd war und wir jetzt noch bibbern müssen *** Ich hätte gerne für die Dinner-Szene dieses Lied: http://www.youtube.com/watch?v=PXAdHDLL_Gc (Air on a G-String, J.S. Bach) Und ansonsten: Selbst schuld, wenn ihr mit Gänsen um euch schmeißt und die falschen Spieler trefft! ***
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Es war einer jener wunderbaren Frühlingstage, die wie aus einem Bilderbuch entnommen schienen. Die Sonne strahlte vom Himmel und weckte mit angenehmen Temperaturen selbst die muffeligsten Blümchen aus dem Winterschlaf. Diese streckten ihre Köpfe in Richtung Himmel und verwandelten die grüne Wiese in einen bunten Teppich. Bienen summten über die Blüten. Vögel sangen ihr Lied. Schmetterlinge gondelten leichtflügelig über die Wiesen und schienen wie Amor Liebe zu verteilen.
Überall sah man glückliche Pärchen: Till und Bom von Shanghai Pension schmusten wie die Verrückten unter einem Lindenbaum, ein Bieber verfolgte Mario Gomez, da er sich in der Zielperson seines Herzens geirrt hatte, und unzählige Olga Christines warfen sich mehr oder minder bekannten Sternchen an den Hals. Selbst das blaue Pony war von dem lustigen Treiben angesteckt worden und trabte mit einem großen, goldenen Hengst über die Weide. Sie schien ihn wirklich zu mögen. Ab und an ließ sie ihn von ihren Lieblingsblumen naschen, ohne ihn wegzubeißen.
Wirklich niemand in myfflonia war von den Frühlingsgefühlen verschont geblieben. Sogar die Gans war verliebt. Stundenlang hatte sie heute vor dem Spiegel gestanden und ihre Federn zurecht gezupft. Zudem hatte sie ihre Augen betont und sich „Cat-Eyes“ geschminkt. Auch wenn sie es diskriminierend fand, eigentlich hätten es doch „Goose-Eyes“ sein müssen. Wer sonst hatte so brillant klare Kulleraugen und lange Klimperwimpern? Die Stylisten hatten auch keine Ahnung!
Ein Spritzer „Eau d’Oie“ und fertig. Schon stolzierte sie los, um das Objekt ihrer Begierde zu überraschen. Doch auf ihren hübschen Watschelfüßen zu gehen war ihr zu langsam, denn ihr Herz zog sie zu ihrem Angebeteten hin. Also breitete sie die Flügel aus und schwebte auf Freiersschwingen zu ihm.
Vor ihrem inneren Auge sah sie sein missmutig-faltiges, schlechtgelaunt-grummeliges Antlitz, die leidenschaftlich-lodernde Flamme der Gerechtigkeit auf seinem Haupt und das stechende Feuer in seinen Augen. Dazu die männlich breiten Schultern, die gefährliche Nagelkeule, die er mit festem Griff gegen die Trolle schwang. Kurz: Ein Bild von einem Unterweltgott.
Dummerweise war sie so in ihren Traum versunken, dass sie das Objekt ihrer Begierde glatt übersah und ihm unfreiwillig gegen den Kopf flog. Wie jeder, der plötzlich einen sechs Kilogramm schweren Vogel im Gesicht hat, fiel auch Hades hinten über, was für den unbeteiligten Beobachter absolut komisch aussah.
Anstatt sich zu freuen, dass sie ihren Angebeteten wie ein Blitz getroffen und zu Boden gestreckt hatte, wodurch sie ihm zum ersten Mal richtig nah war, oder sonst eine kesse Reaktion zu zeigen, flüchtete die Gans. Wie unendlich peinlich! Sie würde ihm nie wieder unter die Augen treten können! Was mochte er nun von ihr denken?
Diese Frage sollte nur Sekunden später beantwortet werden. Zu ihrem gebrochenen Herzen gesellte sich ein schmerzender Hintern, als eine Nagelkeule ihr einstreichelte, dass es sich nicht gehörte, den Herrn der Unterwelt über den Haufen zu fliegen.
Welch ein desaströser Tag! Ihr blieb nichts, als sich zu verstecken und sich dort ihrer Schusseligkeit zu schämen.
Es dauerte lange, bis sie diese Schmach überwunden hatte und sich wieder aus ihrem kuscheligen Nest im Seeufer heraustraute. Der ganze Sommer war vergangen und es wurde Herbst. Noch immer hoffte sie, ihren Angebeteten nicht zu treffen. Der Vorfall war ihr so unendlich peinlich! Wie sollte sie je wieder eine Chance bei ihm haben? Natürlich würde sie sich für ihre Ungeschicklichkeit entschuldigen, aber ob er ihr glaubte? Ob er sie jemals mögen konnte?
Bald wurde ihr bewusst, wie erfolglos ihre Hoffnungen war. Immer, wenn sie sich dem Mod-Gott auch nur auf Sichtweite näherte, war er wachsam und funkelte sie aus wütenden Augen an.
„Wenn du es noch einmal wagst …“, knurrte er bei einer dieser Gelegenheiten und die Androhung unendlicher Seelenqualen schwang in seinen Worten mit.
Doch nicht nur das. Auch schienen alle, aber auch alle von ihrem Missgeschick zu wissen.
Das blaue Pony, das den goldenen Hengst mittlerweile auch in die Wüste geschickt hatte (‚Das hatte ja doch keine Zukunft.’), ertappte sie einmal dabei, wie sie Hades aus einem Versteck heraus beobachtete.
Freundschaftlich klopfte Bluey der Gans auf die Schulter. „Na, willst ihn wieder angreifen? Das würd’ ich an deiner Stelle lassen!“
„Ich hab ihn nie angegriffen.“
Das Pony grinste. „Würde ich auch behaupten!“
„Aber …“
„Jetzt erzähl mir nicht, dass du ihn anhimmeln wolltest und nur versehentlich umgeflogen hast.“ Wie so oft erkannte sie nicht, dass sie sich gerade mitten im Fettnapf herumwälzte. Deshalb legte sie auch noch eine Schüppe drauf: Sie flauschte die Gans mit ironischem Gesichtsausdruck durch. „Und jetzt ist dein Herz für immer gebrochen. Wie das der Eisprinzessin.“ Sie schnippte der Gans leicht unter den Schnabel. „Kopf hoch. Andere Mütter haben auch hübsche Unterweltgötter.“ Lachend über ihren vermeintlich gelungenen Scherz ließ sie die Gans stehen und trabte davon.
Diese erkannte, wie aussichtslos ihre Lage war. Und wie jeder Teenager, dem das Herz gebrochen wurde, schwor auch sie, sich nie wieder zu verlieben. In ihrem ganzen Leben nicht mehr. Und niemand sonst sollte das Glück auf einen warmen Frühlingstag mit seinem Liebsten haben. Denn es würde keinen Frühling mehr geben. Eisprinzessin hatte Bluey gesagt. Und sie sollte Recht behalten:
„Ich verfluche den Frühling! Im Schnee und Eis sollt ihr leben! Möge es Winter sein, bis eure Taten euch reuen“, quakte die Gans trotzig. „So lange sollt ihr bibbern und frieren und keine Sonne mehr sehen!“
Ihren Worten sollte tatsächlich ein bitterer Winter folgen. Schnee und Eis beutelten die Bewohner von myfflonia Tag und Nacht. Nicht selten fielen die Heizungen in den Hütten und Ställen, Höhlen und Badewannen aus oder die Feuer brannten nieder, so dass niemand mehr der beißenden Kälte trotzen konnte. Man rückte näher zusammen und „Roomsharing“ gewann an völlig neuer Bedeutung, gerade des Nachts. Doch auch die Tage waren nicht besser, denn die Sonne war fortwährend hinter einer dichten Wand aus grauen Wolken verborgen. Sie sorgten für ein trübes, nebeliges Licht, fast so, als wären die Ausläufer der Dunstschwaden auch auf dem Fußboden unterwegs. An manchen Tagen war der Nebel so dicht, dass man die Hand nicht mehr vor Augen sehen konnte. Ganz myfflonia war in einheitliches Weiß getaucht.
Bald wurde allen klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zu ging. Irgendetwas war ganz und gar falsch. Doch was?
Wie so oft trafen sich die Mods, ausnahmsweise in Hades’ Wohnhöhle, kuschelten sich ums Feuer und berieten.
„Ich glaub, der alte Zauberer Admorix ist schuld!“, schimpfte Saki. „Immer diese Schafe im Nebel!“
„Eisbären im Schneesturm“, warf katjuschka ein, wurde aber ignoriert.
„ Wenn er mal regelmäßig die Übrigbleibsel seiner Zauberei entfernen würde ...“
„Oder wenn er uns wenigstens Bescheid gäbe, bevor er wieder eins seiner Experimente vollführt“, ergänzte das Pony und rückte noch etwas näher ans Feuer.
„Verbrenn dich nicht wieder“, warnte Hades.
„Das passiert eigentlich nur, wenn du mir wieder einen boshaft-flammenden Blick zuwirfst“, schnappte Bluey zurück. Sie wurde immer ganz unleidlich, wenn sie nicht genug Sonne abbekam.
„Friede, meine Freunde.“ Das Sirenchen hasste es, wenn sich das Team stritt. „Es reicht schon, dass Ro in den Süden ausgewandert ist. Und Nana zieht ebenfalls Gefilde mit höherer Nestwärme vor!“
„Gut, dass mein Fell schon blau ist“, brummte Bluey. „Ansonsten wäre ich bereits blau gefroren. Ich hätte nicht übel Lust …“
„Aber dafür ist Clape wieder da“, fuhr das Sirenchen unbeirrt fort und beachtete das quengelnde Pony gar nicht, worauf dieses ihr die kalte Schulter zeigte.
Der Superheld winkte etwas schüchtern in die Runde. „Gotham City ist vom Bösen befreit. War echt ’ne Erholung nach myfflonia. Aber jetzt will ich mich wieder der ultimativen Herausforderung stellen.“
Er bekam einen Gruppenflauscher zur Antwort und sogar Hades ließ sich vor Freude zu einem kumpelhaften Schulterklopfen hinreißen. Was für ein ungewohnter Gefühlsausbruch!
„Können wir zurück zum Thema kommen?“, beendete das Eulchen schließlich die Willkommensparty. „Immerhin rennen unzählige Trolle unbeobachtet im Nebel herum und wir frieren uns hier den Hintern ab. Was tun gegen diese Kälte?“
„Irgendwer müsste Admorix aufsuchen“, erklärte das Seifenbläschen. „Er kennt bestimmt den Grund.“
„Wenn er es nicht sogar selbst war“, knurrte Hades. „Also, wer geht?“
„Ich war schon mal“, riefen fast alle.
Das Eulchen plusterte sich zu seiner vollen Größe auf, was nicht sonderlich bedrohlich wirkte, aber dennoch von allen als Warnung verstanden wurde. „Das kann doch nicht euer Ernst sein. Ich würde es ja tun, doch gegen mich gibt es extrastarke Bannkreise. Es muss daher einer von euch sein.“ Sie musterte die Anwesenden streng. „Also, wer geht zum Magier?“, fragte Saki.
Betretenes Schweigen antwortete ihr. Alle wussten, welche Konsequenzen eine Unterredung mit dem Herrscher von myfflonia hatte: Man wurde mittels Bannzauber aus dem Elfenbeinturm geworfen. Wenn man sich nicht schon vorher beim Versuch, das Gebäude zu betreten, den Schädel an den Zaubern eingerannt hatte.
„Entscheiden wir es mit dem Sperrwürfel“, schlug Hades schließlich vor.
Die anderen nickten und Saki kramte das Lieblingsobjekt der Mods hervor. Sie betrachtete es von allen Seiten und ersetzte schließlich das Symbol von „Purer Neid“ durch das Bild des Turms. Dann begannen sie zu würfeln.
Es traf natürlich Bluey. Diese hatte schon damit gerechnet. „Immer ich“, schimpfte sie, nahm aber brav ihre Mörderaxt auf und trabte aus der Wohnhöhle zum weit entfernten Turm. Sie kämpfte sich durch Schnee und Eis, über rutschige Berge und schlüpfrige Prono-Failsen, bis sie endlich ihr Ziel erreichte: Die große Freitreppe.
Bluey wusste, genau dort lauerte der Bannzauber. Heroisch beschloss sie, die Treppe im Sturm zu nehmen. Sie wackelte zweimal mit dem Hintern, zielte, schloss die Augen und galoppierte die Stufen hinauf.
Erst, als der Boden unter ihren Füßen wieder eben wurde, erkannte sie, dass sie im Turm war. Zu überrascht, um anzuhalten, begann sie die schmale Wendeltreppe hochzusprinten. Immer im Kreis, rund herum. Eine Stufe nach der anderen. „Admorix, ich komme“, wieherte sie übermütig. „Nieder mit dem Jahrhundertwinter!“
„Zweitausendsiebenhundertdreißig. Zweitausendsiebenhunderteinunddreißig.“ Das Pony lehnte sich keuchend an die kühle Steinwand. Wie weit war es denn noch? Irgendwann musste sie doch mal im Magiezimmer angelangt sein! Immerhin lief sie schon eine gefühlte Stunde immer nur rum um den Pudding. „Runter ist weiter als rauf. Also los, kleines Pony, nicht so faul“, seufzte sie und setzte sich wieder in Bewegung. „Du bist bestimmt schon fast da.“
Sie sollte Recht behalten. Bald betrat sie den klischeehaft mit Fackeln ausgeleuchteten und auf Mittelalter getrimmten Raum im Dachgeschoss des Turms. An der ihr gegenüber liegenden Wand war eine Feuerstelle, über der ein Kessel hing. In ihm blubberte eine geheimnisvolle, lila-weiße Flüssigkeit.
„Das ist die wichtigste Zutat für das neue myfflonia“, erklärte Admorix.
Bluey fuhr erschrocken herum, konnte aber nichts erkennen. „Verzeiht, dass ich Euch so ungebeten aufsuche, großer Meister!“
In dem Kessel tauchte ein großer Löffel auf, der den Trank langsam umrührte. Das Pony wusste, dass Admorix sich so oft unsichtbar gemacht hatte, dass auch dann, wenn er es wollte, lediglich ein Stück seines Körpers zu sehen war. Meistens tauchte es nur für Sekunden auf, so dass man meinte, man hätte sich getäuscht. Und doch war er da gewesen und hatte, je nach Erfolg seines Zaubers, das Problem behoben, oder was häufiger vorkam, unendlichen Unsinn angerichtet, den die Mods mühsam beseitigen mussten.
Es war eine Zeit lang still. Bluey hörte nur gelegentlich das leise Klong, wenn der Löffel gegen den Rand des Kessels stieß. „Es scheint ein großer Zauber zu sein, den Ihr da versucht“, führte sie schließlich die Konversation fort.
„Ein sehr großer Zauber. Er bindet alle meine Energien. Aber er wird myfflonia schöner und besser machen.“
‚Das will ich erleben‘, dachte das Pony bei sich. Doch die aufblitzenden Bilder, die sich im Trank zeigten, lenkten sie ab. „Es sieht … vielversprechend aus“, log sie, auch wenn sie ahnte, welch Katastrophe sich dort sprichwörtlich zusammenbraute.
„Im April oder Mai ist es fertig.“
„Diesen Jahres?“, entfuhr es dem Pony überrascht.
Admorix antwortete nicht. „Ich weiß, was dich herführt. Der lange Winter hat auch mir Sorgen bereitet. Die Energie, die ich aus myfflonia für meine Zauber ziehe, droht zu versiegen. Aber es ist nicht meine Magie, die dort wirkt.“
„Nicht?“
Eine kleine Kristallkugel schwebte durch den Raum und hielt genau vor Blueys Nase an. In blitzschnellen Bildern zeigte sie, was passiert war.
„Die Gans muss ihren Fluch zurücknehmen“, erklärte Admorix und ließ den Glasball verschwinden.
„Aber wie?“
„Das muss ich euch überlassen. Jetzt geh.“
Bevor Bluey widersprechen konnte, spürte sie, wie eine unsichtbare Macht sie aus dem Raum und die Treppen hinabtrug. „Etwas rüde, aber immer noch besser als laufen“, brummte sie. Sekundenbruchteile später bereute sie ihre Worte, denn statt getragen zu werden, fiel sie auf einmal. „Dummer, nicht funktionierender Zauber“; fluchte sie und beschränkte sich dann darauf, zu schreien und Schmerzenslaute von sich zu geben, während sie mehr als zweitausend Treppenstufen hinunter und aus dem Schloss kugelte.
Sie landete direkt vor den Füßen des Modgotts, der schon sehnsüchtig darauf wartete, dass das Wetter besser wurde und er seine Bermudashorts aus dem Schrank holen konnte (natürlich heimlich, schließlich konnte er nicht riskieren, dass sein schlechter Ruf litt). Nur deshalb hatte er sich dem verhassten Turm soweit genährt.
Bluey blickte – immer noch alle Viere von sich gestreckt – zu ihm hoch. „Du hast ein Date“, verkündete sie ihm brüsk. „Und wehe, du bist dabei nicht romantisch.“
Niemand wusste, was die Mods getan oder versprochen hatten, um Hades zu diesem drastischen Schritt zu überreden. Doch es sprach sich schneller herum, als jemand „myff“ sagen konnte: Der Mod-Gott und die Gans würden ein romantisches Rendez-vous miteinander verbringen. Dreigängiges Candlelight-Dinner inklusive!
Dafür hatten die Mods Hades in seinen besten – und einzigen – Anzug gesteckt. Clape reinigte diesen noch eifrig mit der Fusselbürste von dem jahrhundertealten Staub, der sich darauf niedergelassen hatte, während Siren die Schuhe des Myff-Polizisten auf Hochglanz polierte. Seifenblase zupfte immer wieder die Flammen auf dem Haupt ihres Chefchens zurecht und katjuschka versuchte, ihm eine Krawatte umzubinden, ohne ihn zu erwürgen. Saki hatte den Tisch vorbereitet und gemeinsam mit Tuli den Raum dekoriert.
Viel zu früh erklang Hufgetrappel. „Alle weg“, rief Bluey. „Sie kommt.“ Dann wandte sie sich an Hades. „Jetzt hängt alles von dir ab. Be overly romantic!“
Bevor er ihr einen seiner berühmten flammenden Blicke zuwerfen und ihren Schweif ansengen konnte, war sie wieder verschwunden, um den Gast hereinzuführen.
Die anderen Mods zogen sich diskret in den Hintergrund zurück. Tuli und katjuschka griffen ihre Instrumente und taten so, als würden sie romantische Musik spielen. Sie hatten extra "Air on a G-String" von Johann Sebastian Bach ausgewählt. In Wirklichkeit kam das Lied vom CD-Player, den Saki bediente. Clape dekantierte den Rotwein, während das Sirenchen in die Küche eilte, um dem Koch Bescheid zu sagen, dass er auftragen konnte.
Dann war die Gans da. Wie eine Königin kam sie hinter Bluey hereingewatschelt. „Hades, endlich“, versuchte sie betont erotisch zu quaken.
Nur ein schnell auf seinen Zehen platzierter Huf verhinderte eine passende Antwort. „Hallo, Gans.“ Es störte nicht, dass sich der Mod-Gott leicht atemlos anhörte, denn es erweckte den Eindruck, als sei er wegen des Dates aufgeregt.
Da er sich nicht rührte, rückte Bluey dem Gast den Stuhl zurecht, so dass diese sich setzen konnte. Auch Hades ließ sich unwillig nieder.
„Wein?“, fragte Clape und stellte schnell zwei gefüllte Gläser auf den Tisch.
Der Mod-Gott griff haltsuchend danach. „Auf einen schönen Abend“, brachte er hervor.
Die beiden stießen an, tranken aber nicht. Peinliches Schweigen, das auch nicht durch die von Saki lauter gestellte Musik überbrückt werden konnte, breitete sich in der Wohnhöhle aus.
„Zigarette?“, bot Hades seinem Gast an.
„Ich rauche nicht“, antwortete diese abweisend.
Der Herr der Unterwelt nickte knapp und schob sich selbst einen Glimmstängel zwischen die Lippen. Er kam nicht dazu, diesen anzuzünden, bevor Tuli ihm diesen abnahm.
„Ich glaube nicht, dass das deine Sorte ist“, erklärte der Wichtel.
Es kostete Hades alle erdenkliche Mühe, ihm nicht einen Klaps mit der Nagelkeule zu verpassen. Um sich abzulenken, beschränkte er sich darauf, die Gans anzulächeln und die Blumendeko zwischen seinen langen Fingern zu zerfleddern.
„Möchte jemand Brot?“, fragte das Sirenchen, das zurückgekommen war. Sie platzierte einen Korb vor der Gans. „Ich habe auch Butter dazu und Aioli-Creme.“ Scheinbar ungeschickt stieß sie gegen den Tisch und musste sich, um ein drohendes Malheur zu verhindern, zu Hades beugen. „Sag ihr, dass sie gut aussieht“, zischte sie ihm zu. „Mach gefälligst den Mund auf und denk an deine Aufgabe.“
Die Flammen auf Hades‘ Haupt züngelten drohend, doch er beherrschte seinen Zorn. Ihm war dieses Theater gar zuwider und am liebsten hätte er sich einfach verkrümelt. „Du siehst verdammt gut aus“, knurrte er ungehalten.
Die Gans errötete bis in die Federspitzen. „Ach, das war doch nichts. Nur ein bisschen hiervon und ein bisschen davon …“ Es folgte eine lange Aufzählung des Stylingmarathons, dem sich das Federvieh unterzogen hatte. Der Mod-Gott war dankbar, dass er nicht reden musste. Er schaltete die Ohren auf Durchzug und beschränkte sich auf ein gelegentliches „Jo.“
Als die Vorspeise, ein leichter Salat, aufgetragen werden sollte, klopfte es am Eingang der Wohnhöhle. „Ist Hades da?“, fragte eine unbekannte Stimme. „Ich bräuchte mal dringend seine Hilfe …“
Der Gesuchte wollte erleichtert aufspringen, doch Clape drückte ihn auf den Stuhl zurück. „Er hat keine Zeit, aber ich werde ihn vertreten.“ Eilig lief er hinaus.
„Das hatte mir gerade noch gefehlt“, brummte Hades missmutig.
„Was?“ Die Gans war sichtlich irritiert.
Saki, die gerade Wein nachschenkte, schlug ihren Flügel versehentlich in den Nacken des myff-Polizisten.
„Es hatte mir gerade noch gefehlt, dass dieser wunderschöne Abend so rüde gestört wird. Dabei habe ich mich so darauf gefreut“, antwortete Hades brav. ‚Insbesondere darauf, dass er vorbei ist‘, dachte er bei sich und hoffte, dass man es ihm nicht allzu deutlich ansah.
Bluey hatte vorsorglich die Musik lauter gedreht und beschloss, die Konversation an sich zu reißen. „Spielen die beiden nicht ausgezeichnet?“, rief sie der Gans über den ohrenbetäubenden Lärm zu. „So ein Forte muss man erst einmal hinbekommen.“
„Ein zartes Piano wäre mir lieber“, antwortete die Angesprochene.
Das Pony gehorchte und drehte die Musik herunter. „Was auch immer du wünschst, liebe Freundin.“ Sie beschränkte sich erst einmal darauf, die beiden vermeintlichen Musikanten zu dirigieren.
Währenddessen sorgte die Schwatzhaftigkeit der Gans dafür, dass keine peinliche Stille mehr eintrat. Clape und Sirene trugen abwechselnd Speis und Trank auf und so gelangten sie ohne weitere Zwischenfälle zum Dessert.
Es war ein rosa Eisherz, das für Hades mit Haferkeksen und für die Gans mit weißen Schokostreuseln garniert worden war. Es sah furchtbar romantisch-flauschig aus und würde hervorragend schmecken.
Leider hatten die Köche die sagenumwobene Pink-Allergie des Mod-Gotts vergessen. Wie von der Tarantel gestochen schnellte dieser auf die Füße. Nur ein wahrer Hechtsprung von Bluey verhinderte, dass er das garstige Dessert mit seinem Blick zum Verdampfen brachte. Stattdessen grillte der Mod-Gott den Fußboden. Das Pony packte den Kopf ihres Kollegen und zog ihn so geschickt an den Ohren, dass er ein Herz in den Stein brannte. Es dampfte fürchterlich.
„Er brennt vor Liebe“, kommentierte Bluey trocken, blieb aber vorsichtshalber auf Hades Brust sitzen, bis sie sicher sein konnte, dass er sich beruhigt hatte. „Wer könnte das nicht an seiner Stelle? Ich mein, bei dem Anblick.“ Sie warf dem Federvieh einen bezeichnenden Blick zu.
Die Gans schmolz zum Glück nur sprichwörtlich dahin und übersah dabei, dass es Blueys ganzes Gewicht benötigte, um ein weiteres Missgeschick zu verhindern. Diese wusste, dass Hades sie nachher für die rüde Behandlung büßen lassen würde, aber was war ein angesengter Schweif gegen Axtball im Sonnenschein?
Das Sirenchen schob das Pony schließlich zur Seite und half dem gefällten Myff-Polizisten zurück auf seinen Stuhl. Er machte einen reichlich derangierten Eindruck, so dass sie ihn vorsichtshalber mit dem Eis fütterte. Zumindest sah es für die Gans so aus. Tatsächlich ließ sie es unauffällig zu Boden fallen.
Damit war das Dessertproblem gelöst. Eigentlich. Denn die Gans kam plötzlich auf die Idee, dass es doch nett wäre, wenn Hades sich auch von ihr füttern ließe und so hielt sie ihm einen Löffel voll rosa Eis hin.
Der Mod-Gott hatte keine Wahl. Mit wahrem Heldenmut – und sei es, weil Bluey im Hintergrund betont unauffällig die Mörderaxt schliff – nahm er einen großen Bissen und versuchte dann, zu grinsen. Es war genau jenes fiese Lächeln, dass den meisten Bewohnern von myfflonia das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Glücklicherweise war die Gans sehr verliebt. „Ach, Hasihadi“, säuselte sie. „Mein Schnuckiputzi. Mein Hasimausipupsibärchen.“
Wie auf Kommando hatten die anderen Mods ihre Übelkübel hervorgeholt und untermalten diese Worte mit den würgenden Geräuschen, die sie verdienten.
Nur Hades musste – wie so oft heute- stark sein. Doch er wusste, dass er es beinahe geschafft hatte. In wenigen Minuten wäre es vorbei.
Zum großen Finale „durfte“ er noch ein Duett von Sirenengesang und Ponyquergeflöte über sich ergehen lassen. Eine Qual für einen Musiker wie ihn. Andererseits musste er der Gans nicht zuhören, was auch seine Vorteile hatte.
Schließlich war auch das vorbei, der Tisch abgeräumt und das Date endlich vor dem Abschluss. Jetzt musste er die Dame nur noch zur Tür bringen und er hätte seinen Teil der Abmachung erfüllt.
Hades erhob sich und half der Gans galant von ihrem Stuhl. „Es war ein unvergesslicher Abend“, sagte er wahrheitsgemäß, während er sie am Flügel zum Ausgang führte.
„Weißt du, was ihn noch unvergesslicher machen würde?“
„Wenn du den Fluch aufhebst?“
„Ach nein, Dummerle.“ Die Gans kicherte kokett und schloss die Augen. „Küss mich“, forderte sie ihn auf und spitzte den Schnabel.
Wie aus dem Nichts hielt Hades die Nagelkeule in der Hand. Die anderen Mods waren zu weit weg, um ihn aufzuhalten. Das war es dann mit dem Sommer …
… beziehungsweise das wäre es gewesen, wenn nicht Clape genau in diesem Moment hereingekommen wäre und den Mod-Gott über den Haufen gerannt hätte. Dieser strauchelte, konnte sich durch die Nagelkeule nicht halten und fiel genau passend mit seinen Lippen auf den Schnabel der Gans.
Bluey nutzte die Gunst der Stunde, um süßlich-romantische Musik einzuspielen, auch wenn sie wusste, dass Hades sie dafür mit ihrer Flöte verhauen würde.
Doch genau diese kitschige Stimmung schien es zu sein, die die Gans endlich bewegte, ihren Fluch aufzuheben. Obwohl es noch finstere Nacht war, wurde es merklich wärmer in der Höhle.
„Der Frühling kommt“, rief Siren begeistert. „Gut gemacht, alle miteinander!“
Hades löste sich von der Gans und funkelte den Unhold böse an. „Gut gemacht, Clape“, knurrte er wütend. „Wirklich gut gemacht.“ Mit einem nachlässigen Klaps mit der Keule beförderte er die Gans nach draußen. „Liebe kann verdammt wehtun“; rief er ihr gehässig nach. Dann wandte er sich an seine Kollegen. „Und nun wird abgerechnet, meine Hasimausis.“ Dabei zeigte er alle seine Zähne. Es erinnerte deutlich mehr an ein Fletschen, als an ein Lächeln.
„Abrechnen? Ich war schon immer schlecht in Mathe“, rief Saki und sauste an ihm vorbei.
„Und ich erst“, fielen die anderen ein und folgten ihr so schnell sie konnten.
Keiner sah, wie der Mod-Gott triumphierend grinste. „Ihr seid immer noch so leicht einzuschüchtern.“ Dann schnippte er mit den Fingern und trug endlich, endlich seine heiß geliebten Bermudashorts. „Jetzt kann der Sommer kommen!“