ANNA
Wir sind nach einer Weile wieder zurück ins Haus, um auf die Jungs zu warten. Es war nervenaufreibend. Bei jedem Geräusch bin ich aufgesprungen und habe nachgesehen, ob die Jungs nun endlich zurück sind. Doch sie waren es nicht. Es hat lange gedauert. Zu lange. Und dann waren sie zurück. Ihre Mienen als sie aus dem Wagen stiegen, haben mir mein Herz gebrochen. Sie sind ohne Alex zurückgekommen.
Sie haben ihn nicht gefunden. Nur eine Menge Blut. Alex’s Blut. Mit glänzenden Augen haben sie uns wissen lassen, dass es keinen Zweifel gibt. Es hat nach Tod gerochen und die Menge an Blut, Alex’s Blut, die sie vorgefunden haben, war einfach zu viel. Er hätte es nicht überleben können. Wir alle sind am Ende. Wir alle fühlen den Schmerz. Den Verlust. Was noch einen weiteren Stich in mein Herz verursacht ist, dass sie uns nicht einmal seinen Körper gelassen haben. Sie haben einfach alles von ihm genommen. Sie haben alles von uns genommen. Und haben mir damit erneut mein Herz gebrochen. Dem Rudel haben sie ihre Tradition genommen. Eine traditionelle Beerdigung eines Rudelmitglieds. Der Gedanke, dass Alex’s Körper durch Feuer eingenommen wird und dadurch zu Staub zerfällt, macht mir zu schaffen.
Doch wir alle müssen den Schmerz verdrängen, der durch diesen Verlust verursacht wurde. Die Leere wächst von Minute zu Minute und ich kann kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Es ist, als würde alles um mich herum zerbrechen. Es gibt Momente, in denen ich mir die Frage stelle, ob ich daran schuld bin. Schuld daran, dass alle Menschen die ich liebe vom Tod geholt werden und ich den Schmerz spüren muss. Vielleicht hat es das Schicksal mit mir nicht gut gemeint oder vielleicht will mich mein Schicksal nur abhärten. Wenn das letztere der Fall ist, dann ist es eine grausame Methode mich damit stärker zu machen.
Die Stimmung ist getrübt und kaum einer spricht es laut aus. Jeder scheint auf seine eigene Weise damit klar zu kommen. David hingegen ist hier der Erwachsene. Er versucht alle zu beruhigen. Er hat uns sofort eine Flasche Bier vor die Nase gestellt. Irgendwie eine komische Geste um jemanden die Trauer zu nehmen. Doch es hat keiner auch nur daran gedacht, seine Geste abzulehnen. Jeder hält nun eine Flasche in seiner Hand und versucht sich irgendwie für die bevorstehende Schlacht zu wappnen.
Wir stehen alle an der Kücheninsel und ich kann kaum in die Augen der anderen Blicken. Denn ich kann die Trauer in jedem Augenpaar sehen. Doch in Mike’s Augen erkenne ich trotz dieser ganzen Scheiße noch etwas anderes. Denn er und Lexa versuchen sich ständig mit ihren Blicken auszuweichen. Man kann spüren, dass etwas zwischen ihnen ist. Irgendwie muss ich bei diesem Anblick automatisch an Alex denken und eine weitere Träne fließt über meine Wange. Ich dachte nicht, dass ich heute noch dazu fähig bin eine weitere Träne zu vergießen. Vor allem, da Lexa und ich uns die letzten Stunden die Seele aus dem Leib geheult haben und ich nicht dachte, dass ich überhaupt noch Tränenflüssigkeit übrig habe.
Dann ohne Vorwarnung. Wie ein lautes Geräusch in einer Schweigeminute, spricht David und alle schrecken ein klein wenig hoch.
„Ich weiß, vielleicht denkt ihr, dass ich kein Recht habe, mich einzumischen. Aber ich muss. Denn nur ich habe etwas Abstand zu diesen Gefühlen. Ich kannte ihn nicht so gut, wie ihr ihn alle gekannt habt. Aber es hat mir diese kurze Zeit gereicht, um zu wissen, dass er gewollt hätte, dass wir das jetzt durchziehen. Wir müssen es aufhalten und ich würde mir wünschen, dass ihr euch jetzt einfach alle darauf konzentriert. Es ist hart, seine Trauer hinten anzustellen, aber ich verspreche euch, in ein paar Wochen oder Monaten werdet ihr froh sein. Ihr werdet froh sein und Alex würde mit verdammt viel Stolz auf uns herabblicken.“
Es schmerzt seine Worte zu hören. Es schmerzt, da es sich so endgültig anhört. Er spricht davon, dass Alex Stolz wäre und er auf uns herabblicken würde. Mein Herz würde hoffen, dass er jetzt einfach bei dieser Tür hereinkommt und mir sagt, dass es falscher Alarm war. Ich würde so gerne seine Umarmung spüren und die Liebe, die mich dabei jedes Mal dabei durchflutet. Doch mir wird klar, dass ich diese Umarmung niemals wieder spüren werde. Jetzt will ich einfach nur noch, dass dieser Schmerz und diese Leere verschwindet, denn ich halte es kaum noch aus. Ich brauche etwas, das mich ablenkt und genau das ist es, was David von uns verlangt. Noch bevor ich etwas sagen kann. Bevor ich sagen kann, dass ich einverstanden bin und alles dafür tun möchte, Alex zu rächen, meldet sich Peter zu Wort und spricht mir damit aus der Seele.
„Verdammt nochmal. Er hätte es gewollt. Ich will, dass Alex’s Tod nicht umsonst war. Ich will, dass sie dafür bezahlen und ich will auch, dass Alex nicht enttäuscht von uns ist. Du hast recht David. Er würde nicht wollen, dass wir hier in Traurigkeit versinken. Er würde wollen, dass wir dafür kämpfen. Dass, wir uns das Gute wieder zurückholen. Ich bin dabei.“
Mike und Lexa nicken ebenfalls zustimmend und als alle ihre Blicke auf mich richten, sehe ich sie an und nicke mit meinem Kopf.
„Ihr habt recht. Wir werden sie aufhalten. Wir müssen. Für Alex.“
Lexa meldet sich nun zu Wort.
„Okay. Wo sollen wir anfangen? Wir müssen in diese verdammte Gruft, um sie aufzuhalten.“
David nickt und sieht wieder zu mir.
„Ich weiß nicht, wie wir das anstellen sollen. Die Gruft ist vollkommen gesichert. Nathan hat mir davon erzählt. Er hat gesagt, dass er Maßnahmen dafür getroffen hat, dass niemand so einfach diese Gruft betreten kann.“
Es herrscht einige Sekunden Stille und keiner von ihnen scheint einen Plan zu haben. Keinen Plan, wie wir in diese Gruft kommen sollen. Doch dann schaltet sich David wieder ein.
„Das ist es. Nathan hat die Fallen gestellt und er wird uns auch helfen, sie zu finden und sie zu entschärfen.“
Alle blicken mich verwirrt an, als ein bitteres Lachen über meine Lippen kommt.
„Das wird niemals passieren. Hilfe und Nathan in einem Satz sind nicht wirklich realistisch. Er ist ein Arsch und wird auch immer einer bleiben.“
„Anna, ich weiß der Kontrollierte Nathan hat dir verdammt viel Scheiße angetan, aber der eigentliche Nathan. Der echte Nathan. Er ist nicht so übel wie du glaubst. Wir können ihn wenigstens fragen. Mehr als ein Nein kann es nicht sein.“
Und wieder ist es David, der versucht alles zu überdenken und uns davon zu überzeugen. Und er hat ja recht. Ich kenne den echten Nathan nicht. Also besteht vielleicht eine kleine Chance, dass er uns helfen wird. Ich nicke und weiß, was ich tun muss.
„Okay. Ich werde zu ihm fahren und ihn fragen. Aber seid nicht überrascht, wenn ich mit einem Nein als Antwort, wieder fahren werde.“
Peter scheint nun seinen Beschützerinstinkt wieder zu aktivieren.
„Du fährst auf keinen Fall alleine.“
„Wenn jemand will, dann soll jemand mitkommen. Aber trotzdem werde ich ihn fragen. Ich kenne ihn am besten von uns allen, auch wenn er kontrolliert wurde, seine Charakterzüge scheinen immer noch dieselben zu sein.“
Peter nickt und schenkt mir ein schwaches Lächeln. Doch dann meldet sich Mike wieder zu Wort.
„Um ehrlich zu sein, halte ich es für besser, wenn du hier bleibst, Peter. Da Alex nicht mehr hier ist, müssen wir seine Aufgabe übernehmen und uns für Plan B vorbereiten. Lexa, dich würden wir dazu ebenfalls brauchen.“
David, Lexa und ich sehen die Beiden verwirrt an und ich muss gestehen, dass ich überrascht bin, dass sie einen Plan B haben. Zu gern möchte ich wissen, wie dieser aussieht. Aber so geheimnisvoll wie Mike darüber gerade gesprochen hat, denke ich, dass sie es mir noch nicht sagen werden.
„Ist in Ordnung. Ich werde alleine fahren. Er wird mir nichts tun. Er kann mir nichts tun. Nicht als Mensch. Ich habe ihn schon zweimal als Vampir überlebt, also werde ich den Menschlichen Nathan schon überleben. Denke ich.“
Die Zweifel in meinen Worten sind kaum zu überhören und dennoch glaube ich, dass es besser ist, wenn ich alleine fahre. Ich muss ihn davon überzeugen und wenn David dabei ist, kann ich sicherlich nicht so sprechen, wie ich gerne möchte. Ich muss Nathan wissen lassen, was er alles in seiner dunklen Phase gemacht hat. Vielleicht ist er jetzt tatsächlich besser und denkt darüber nach, uns zu helfen. Ich schnappe meine Jacke, in der noch immer der Schlüssel von Alex’s Aston ist, als David nach meinem Arm greift.
„Ich werde mitkommen.“
Ich schüttle den Kopf und will ihn davon überzeugen, dass ich alleine fahren werde. Sie haben alle genug zu tun und ich denke, sie werden seine Hilfe brauchen.
„David, ich schaffe das schon. Mach dir nicht so viele Sorgen um mich. Versucht, dass ihr alles vorbereitet und wir, wenn ich wieder zurück bin, gewappnet sind. Ich will sie aufhalten. Wir alle wollen das. Also bereitet alles vor und ich verspreche dir, dass ich bald wieder hier bin.“
Auf seine Züge legt sich Sorge. Ich kann sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitet, als er seine Brauen zusammenzieht und dazwischen eine Falte erscheint. Er scheint mit sich zu ringen. Doch dann lässt er mich los und legt seine warme Hand auf meine Schulter.
„Du wirst auf dich aufpassen und keine Dummheiten machen. Versprich mir das?“
Ich nicke und lege meine Hand ebenfalls auf seine Schulter, um damit meiner Geste Nachdruck zu verleihen. Er flüstert ein leises „Okay“ und nimmt seine Hand wieder von meiner Schulter.
Ich drehe mich nochmals zu allen um und verabschiede mich, bevor ich, in die bereits dunkle Nachtluft hinausgehe. Es ist nur mehr eine Nacht bis zu ihrem geplanten Ritual und ich würde jetzt am liebsten in Alex’s Armen liegen und ihm darüber erzählen, welche Angst ich habe. Angst alles zu versauen. Angst noch mehr geliebte Menschen zu verlieren. Doch er ist nicht da. Er wird nie wieder da sein. Und schon kullern wieder Tränen über meine Wangen, als ich in den Wagen einsteige.
Es fühlte sich an wie Stunden. Der Weg zu Nathan’s Haus ist mir noch niemals so lange vorgekommen wie heute. Während der ganzen Fahrt sind immer wieder Tränen über meine Wange gelaufen und haben auf meiner Jacke und meiner Jeans Flecken verursacht. Und trotz meiner Trauer über Alex, scheine ich nervös zu sein. Ich bin ängstlich und weiß nicht, was mich in diesem Haus erwartet. Doch ich weiß auch, dass es die Erinnerungen sind, die mich erschaudern lassen. Hier sind so viele hässliche Sachen passiert. Hier wäre ich beinahe zweimal gestorben. Wenn ich jetzt daran denke, dann möchte ein kleiner Teil von mir Tod sein. Dieser Teil wäre dann für immer mit Alex vereint und ich wäre nicht hier. Nicht alleine ohne Alex.
Ich halte an und stelle den Wagen vor dem Haus ab, dass sich seit meinem letzten Besuch nicht verändert hat. Bevor ich jedoch bereit bin, mich Nathan zu stellen, bleibe ich noch einige Sekunden im Wagen sitzen. Ich starre auf das alte Scheunentor und irgendwie, ohne es wirklich zu wollen, muss ich an die Ducati denken. Wird er deswegen sauer sein? Vielleicht ist er schon völlig ausgerastet, als er es bemerkt hat? Meine Hände liegen noch immer auf dem Lenkrad und mein Kopf ist gegen die Kopfstütze gedrückt. Ich weiß, ich muss zu Nathan. Muss mit ihm sprechen. Muss versuchen ihn zu überreden. Aber dennoch schmerzen die Erinnerungen und Alex’s Tod so sehr, dass ich kaum weiß, wie ich noch Worte über meine Lippen bringen soll, ohne dabei in Tränen auszubrechen.
Nach weiteren Minuten die vergehen, fasse ich die wenige Energie, die mir noch geblieben ist zusammen und steige aus dem Wagen. Als ich mich zu dem Haus drehe, macht sich Übelkeit in mir breit. Aber ich versuche es zu unterdrücken, indem ich meine Hand auf meinen Bauch lege. Ich muss das jetzt durchziehen. Ich muss versuchen meine Tränen zu unterdrücken. Also setze ich einen Fuß vor den anderen und gehe langsam die Treppe zur Veranda hoch. Der Boden bewegt sich unter meinen Füßen und gibt ein leises knarrendes Geräusch von sich. Als ich vor der Tür stehe, versuche ich noch einmal tief durchzuatmen und stoße meine ganze Angst von mir. Jetzt oder nie.
Meine Hand hebt sich, um an die alte Holztür zu klopfen und nach nochmaligem zögern, treffen meine Knöchel auf das Holz und verursachen ein dumpfes Klopfgeräusch. Ich warte einige Sekunden und hoffe darauf, dass sich die Tür öffnet.
Als ich Schritte höre, fängt mein Herz an, seinen Rhythmus zu erhöhen. Jemand macht sich am Schloss zu schaffen und die Tür öffnet sich langsam vor mir. Zu meiner Überraschung ist es aber nicht Nathan, der mir die Tür öffnet. Es ist eine große, braunhaarige, gutaussehende Melina, die in der Tür steht und mich mit großen überraschten Augen ansieht. Ich weiß, dass ich vielleicht Angst haben sollte vor ihr. Aber nach diesem Vorfall mit Nathan, wo sie mir mein Leben gerettet hat, bin ich irgendwie von dieser Angst befreit. Irgendwie scheine ich meine Angst vor ihr, an diesem Tag vollkommen abgelegt zu haben. Auch, wenn sie mich nicht gerade mit Freundlichkeit überfällt.
„Was machst du hier?“
„Ich brauche seine Hilfe.“
Sie schüttelt ungläubig den Kopf und sieht mich mit einem verständnislosen Blick an.
„Hat es dir nicht gereicht, dass er dich fast umgebracht hätte? Stehst du darauf?“
Okay, ich habe zwar keine Angst mehr vor ihr aber sie nervt mich immer noch.
„Ich weiß, er ist kein Vampir mehr und glaub mir, ich würde jetzt auch lieber woanders sein als hier. Aber wir brauchen seine Hilfe. Also kann ich bitte mit ihm sprechen?“
Sie scheint noch ein paar Sekunden zu überlegen, als sie dann zur Seite tritt und mir somit gewährt einzutreten. Auch, wenn sie nicht gerade glücklich ist über meinen Besuch.
Ich warte, bis sie die Tür geschlossen hat und folge ihr durch den langen sterilen Gang in die Küche. Dort sitzt er. Mit einem Glas in der Hand und seinen zerwühlten schwarzen Haaren. Mittlerweile sieht er nicht mehr so geschafft aus und scheint seinen üblichen Stil wieder gefunden zu haben. Die graue Jeans und ein langes schwarzes Shirt lassen ihn irgendwie noch dunkler wirken. Sein Gesichtsausdruck wirkt ebenfalls nicht erfreut, als er mich erblickt. Und auch von ihm, kommen fast dieselben Begrüßungsworte, wie von Melina, die jetzt durch die Tür wieder verschwindet.
„Was machst du hier?“
„Ihr gebt einem ja wirklich das Gefühl, herzlich willkommen zu sein.“
Ich kann meinen Sarkasmus in diesem Moment nicht abschalten. Doch was ich nicht erwartet habe, dass sich Nathan bewegt und einen Schritt auf mich zu kommt.
„Tut mir leid. Ich habe dich nur nicht erwartet. Nachdem was ich dir alles angetan habe.“
Er wirkt traurig. Verletzt. Betrübt. So habe ich ihn noch nie gesehen. So ehrlich. Doch ich kann schwer erkennen, was wirklich dahinter steckt. Hinter dieser Fassade, die mich schon so oft versucht hat zu täuschen.
„Du kannst dich erinnern?“
Erwartungsvoll blicke ich zu ihm auf, obwohl ich nicht einmal weiß, ob ich wirklich möchte, dass er sich an unsere Vergangenheit erinnert. Er hält noch immer das Glas in seiner Hand und ich kann den Whiskeygeruch wahrnehmen. Nach meiner Frage dreht er sich jedoch wieder von mir und geht zum hohen Tresen in der Küche um sich noch etwas nachzuschenken. Ich kann hören, wie der Whiskey in das Glas fließt, um danach wieder von Nathan getrunken zu werden.
„Ich kann mich nicht erinnern. Melina hat nur meinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen. Sie hat mir erzählt, was ich gemacht habe. Sie hat mir von dieser Einen Nacht erzählt. In der ich dich fast umgebracht habe. Das wäre dann das zweite Mal, von dem ich jetzt weiß.“
Ich nicke traurig und irgendwie bin ich überrascht, dass sich in seinen Augen etwas spiegelt, dass wie Reue aussieht. Er kommt auf mich zu und sieht mich an. Mit diesen außergewöhnlichen Augen. Und ohne es zu wollen, muss ich an Luna denken. Sie und Nathan sind die einzigen zwei Menschen, die ich kenne, die solche Augenfarben haben.
„Ich möchte ja glauben, dass du nicht du selbst warst. Aber trotzdem kann ich dir nicht vertrauen. Du bist sozusagen ein Fremder für mich. Also bitte ich dich jetzt, als Fremde Person um einen Gefallen. Deswegen bin ich auch hierhergekommen. Nicht um deine Entschuldigung zu hören, sondern um dich zu bitten, uns zu helfen.“
„Aber wie soll ich euch denn helfen? Ich bin ein Mensch, falls du es nicht vergessen hast. Ich denke nicht, dass ich eine große Hilfe bin.“
„Diese Hilfe bedarf nur deiner Erinnerung und ich meine nicht die Erinnerung an deine Zeit unter Salivana’s Kontrolle. Ich meine deine alte Zeit. Deine Zeit mit Elisabeth.“
Entsetzt sieht er mich an. Ich weiß nicht, was der Grund ist, dass er mich so anstarrt, aber ich werde langsam ungeduldig.
„Woher weißt du davon? Ich habe es niemals Jemanden erzählt.“
„Doch das hast du. Du hast es mir erzählt. Also ich hoffe, dass dies die Wahrheit war und du mir nicht noch eine weitere Lüge aufgetischt hast.“
Noch immer werde ich von seinem ungläubigen Gesichtsausdruck verwirrt, als er mit seinen Fingern durch sein schwarzes Haar fährt und einen leisen Seufzer von sich gibt.
„Dann muss es eine Nebenwirkung von Salivana’s Zauber gewesen sein. Ich habe keine Ahnung. Aber ich habe versucht es über Jahrhunderte lang für mich zu bewahren, aber die Jungs haben mir auf dem Rückweg alles über Salivana’s Plan erzählt. David, er hat gesagt, er würde mir glauben, dass ich jetzt nicht mehr unter ihrer Kontrolle stehe. Also um auf den Punkt zu kommen. Wofür wollt ihr meine Hilfe?“
„Wir müssen Salivana aufhalten und der einzige Weg das zu tun, ist, in diese Gruft zu gelangen. Da du mir aber auch erzählt hast, dass es durch Fallen gesichert ist und man nicht so einfach hinein spazieren kann, brauchen wir dich, um uns vor den Fallen zu schützen. Du musst uns helfen, da durchzukommen.“
Verärgerung spiegelt sich in seinem Blick, während er seinen Kopf schüttelt.
„Falls ich dir wirklich davon erzählt habe, dann weißt du auch, dass ich diese Gruft nie wieder betreten werde. Ich kann das nicht tun.“
Und die Gefühle sind schon wieder da. Die Gefühle, von ihm verletzt zu werden und ohne es zu wollen, werde ich wütend. Wütend auf ihn. Wütend auf mich und wütend darauf, dass Alex nicht mehr hier ist.
„Hab ich mir ja schon gedacht. Ich habe den Jungs gleich gesagt, dass du noch dieses egoistische Arschloch bist. Das könnte kein Zauber der Welt ändern.“
Wütend drehe ich mich um und will zur Tür, um wieder zu den anderen zu fahren, als seine Finger mein Handgelenk umfassen, um mich zurückzuziehen. Nun stehe ich Nathan so nah, dass ich kaum noch Luft zum Atmen habe. Ich will es nicht, aber er hat diese Wirkung. Diese tragische, traurige Wirkung, die mich zur Verzweiflung bringt.
„Okay.“
Ich sehe ihn fragend an und will mich von seiner Berührung lösen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Aber er lässt nicht locker. Hält mich weiterhin dicht an sich gedrängt. Sein Atem streift meine Lippen und seine Augen sehen mich an, als wüssten sie, was sich in meinen Gedanken abspielt.
„Ich werde euch helfen.“
Mein Blick verändert sich und ich starre ihn ungläubig an. Ich kann nicht glauben, was er hier gerade gesagt hat. Er wird uns helfen? Um nochmals sicher zu gehen, frage ich ihn erneut.
„Du willst uns wirklich helfen? Es ist nicht wieder irgendeine Falle?“
Er schüttelt den Kopf und lässt mich los. Dabei streicheln seine Finger über mein Handgelenk und danach über meine Handfläche. Diese Berührung ist verdammt verwirrend für mich und löst ein schlechtes Gewissen aus. Ein schlechtes Gewissen gegenüber Alex.
„Es ist keine Falle. Ich denke, es ist das Mindeste was ich tun kann, um den ganzen Scheiß wieder gut zu machen.“
„Gut. Dann lass uns anfangen und wieder zurückfahren.“
Ohne ein weiteres Wort folgt er mir und ich kann es kaum glauben, dass er uns wirklich helfen wird. Wir haben vielleicht doch noch eine Chance.