Kapitel 8
Es ging noch einige Stunden so weiter. Ich erwachte, humpelte ein paar Meter bis mich der Schmerz wieder in die Bewusstlosigkeit drängte. Die Sonne zog an mir vorbei und es begann schon zu dämmern. Würden sie mich bereits suchen? Baltik musste es doch auffallen,dass ich auf meinem Posten fehlte, um ihm seine lächerlichen Wünsche zu erfüllen. Und erst recht musste es doch Agate und Sera aufgefallen sein. Doch weit und breit war niemand zu sehen. Bekam ich es einfach nicht mit, weil mich diese endlose Schwärze immer wieder in den Abgrund zog? Übermüdung zerrte an mir. Nervlich und körperlich erschöpft und durch den Blutverlust kaum mehr bei Bewusstsein humpelte ich weiter,doch irgendwann ging es einfach nicht mehr. Ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten und mich nur noch kriechend fortbewegen, bis es mir schließlich schwarz vor Augen wurde. Zuletzt bekam ich noch mit, wie sich Arme unter meine schlaffen Glieder schoben. Mit einem Ruck wurde ich an eine harte, warme Brust gedrückt, dann driftete ich hinüber in einen dunklen, Traumlosen Schlaf.Als ich erwachte, lag ich wieder in meinem Bett. Die Schmerzen im Fuß hatten nachgelassen. Die Nachttischlampe leuchtete, doch es war niemand im Zimmer. Ich wollte mich aufsetzen,doch war noch immer zu schwach. Ich versuchte, mich leicht im Bett aufzurichten und stützte mich auf die Ellbogen,um nach dem verletzten Fuß zu sehen.Es war nicht viel zu erkennen, denn er war inzwischen verbunden worden.Ich lag nur in Unterhose und T-Shirt im Bett. Jemand musste mich entkleidet haben, wahrscheinlich Agate oder eine der Sklavinnen. Ich sank zurück aufs Kopfkissen.Plötzlich ging die Tür auf und ein ziemlich zerzauster Baltik schneite herein. Er trug Sportkleidung. Seine Haare waren verwuschelt,als ob jemand mit den Händen mehrfach hin durchgefahren wäre. Als sich unsere Blicke trafen, wechselte seine zunächst besorgt scheinende Miene urplötzlich in den für ihn typischen reglosen Gesichtsausdruck. Hatte er sich etwa Sorgen um mich gemacht? Das war kaum vorstellbar, denn ich war nur eine einfache Sklavin. In seinen Augen war ich jederzeit ersetzbar. Vielleicht würde er mich an den nächstbesten Sklavenhändler verkaufen und gegen eine nützlichere Magd eintauschen, die keine Anstalten machte wegzulaufen.Es mochte vielleicht sogar glücklich enden, wenn ich so Anne wieder finden könnte. Genauso gut konnte es aber eine Hölle auf Erden sein, wenn der neue Meister mich am Ende vergewaltigen und foltern würde.Vielleicht sollte ich mich besser bei Baltik entschuldigen? Ich wusste ja noch nicht einmal,ob er es war, der mich gefunden und gerettet hatte, oder ob es eine der Wachen war. Baltik kam mit langsamen Schritten auf mein Bett zu und fixierte mich mit eisigem Blick. Er nahm einen Stuhl,zog ihn vors Bett und setzte sich vor mich hin, ohne auch nur eine Miene zu verziehen.„Also,was hattest Du, verdammt noch mal,vor?“ fragte er mich in fast sachlichem Ton.„Was meinen Sie?“ stellte ich mich zunächst dumm. Ahnte Baltik womöglich, dass ich sein großzügiges Anwesen und die umliegende Gegend auskundschaften wollte?„Ich denke mal,Du hast bei deinem Ausflug herausgefunden, dass wir uns auf einer Insel befinden. Eine Flucht ist unmöglich! Zumindest,wenn man nicht über ein Motorboot oder ein Flugzeug verfügt. Von hier gibt es kein Entkommen!“„Ich wollte doch nur vor der Arbeit ein wenig Joggen gehen. Das war in meinem früheren Leben meine tägliche Routine. Ich lege Wert auf körperliche Fitness und die gute Figur ist ein schöner Nebeneffekt.“„Lenora,ich bin zwar Dein Meister,aber das heißt nicht,dass ich dich permanent einsperre. Du kannst dich auf der Insel frei bewegen. Wir haben auch ein Fitness-Studio, dass du außerhalb der Arbeitszeiten gern benutzen kannst. Die Wachen trainieren dort auch regelmäßig .Du musst jedoch das Headset tragen, wann immer du das Haus verlässt.Damit können wir dich jederzeit orten!“Baltik sprach ruhig und sanft, ohne jeden Anflug von Arroganz, die ich bislang seinen Kommandos zu entnehmen geglaubt hatte.„Das ist in Ordnung für mich.Ich würde mich gern bei dem Wachmann bedanken,der mich gefunden und zurückgebracht hat.Würden sie ihn mir bitte vorstellen?“Baltik lachte kurz auf,als hätte ich etwas Dummes gesagt.„Lenora, es war kein Wachmann,der dich gefunden hat, sondern ich selbst!Nachdem du nicht
zum Dienst angetreten warst,fragte ich Agate,wo du bist. Sie sagte, du seist nicht zum Dienst erschienen .Die Wachender Morgenschicht berichteten mir, dass sie dich in Sportkleidung haben rausgehen sehen. Ich suchte eine ganze Weilte nach dir und fand dich schließlich bewusstlos in einer Blutlache auf dem Waldweg liegen.“„Ich danke dir für die Rettung,mein Herr!“schlüpfte es mir heraus. Baltik erhob sich, ging zur Tür, die Hand schon am Tür griff drehte er sich zu mir um und sagte:„Ich gebe dir ein paar Tage frei und werde ab und an nach dir sehen. Wenn du etwas benötigst,wende dich an Agate. Sie ist über ihr Headset erreichbar.“ Dann verschwand er durch die Tür.Meine Schmerzen hatten zwar nachgelassen, doch ich war hundemüde. Schon bald schlief ich wieder ein. Ich erwachte kurz, als zwischendurch jemand ins Zimmer kam und meinen Fuß frisch verband. Ich war einige Tage ans Bett gefesselt und wurde rundum versorgt. Als ich endlich wieder aufstehen konnte, musste ich mich noch einige Zeit mit Krücken durch den Palastbewegen. Baltik tauchte hin und wieder auf,um nach mir zu sehen.Heute Morgen traf ich ihn in der Empfangshalle und er führte mich in die große Bibliothek.Hier gab es einige Zeitungen, etliche Zeitschriften, daneben CDs, DVDs und BluRays so wie unzählige Bücher über alle nur erdenklichen Themen. Hier würde ich jede Menge Zeit verbringen, denn ich liebte Bücher. Eine Buchhandlung oder Bibliothek war das reinste Paradies für mich.Ich suchte mir ein Buch aus einem der vielen Regale heraus. Es war „Romeo und Julia“von Shakespeare. Es war eine wertvolle Ausgabe,daher war ich beim Umblättern der Seiten äußerst vorsichtig.Schon der Geruch dieses alten Buches und die Druckerfarbe auf den Seiten begeisterten mich. Ich vertiefte mich in die Story und die Zeit verging wie im Fluge.Solange ich noch nicht wieder voll einsatzfähig war, würde ich einen Großteil der Zeit in der Bibliothek verbringen, fern ab von Baltik. Der hatte ohnehin kaum Zeit,sich hier auf zuhalten. Für ihn war sein Büro der wichtigste Ort in diesem großen Palast. Dort hielt er sich bis zu zehn Stunden am Tag auf. Ich konnte ihn nicht verstehen. Wenn man so wundervolle Einrichtungen besitzt wie diese Bibliothek, dann möchte man sie doch normalerweise auch nutzen.Es dämmerte schon zu Abend, als ich die Lektüre unterbrach, um mir einen kleinen Happen aus der Küche zu holen. Sera,die Küchenchefin,saß mit ihren Kochbüchern am Tresen. Als sie mich sah,lächelte sie mir freundlich zu.„Guten Abend,Lenora, warum bist du noch nicht im Bett?“.„Sera,ich war den ganzen Tag in der Bibliothek und so ins Lesen versunken,dass ich die Zeit vergaß. Jetzt habe ich Hunger und wollte mir noch einen Happen aus der Küche holen.Aber warum bist du denn noch hier?“„Ich nutze die Stunden nach Feierabend, um die Küchenarbeit und Essenspläne der nächsten Tage zu planen!“„Ich verstehe. Dann störe ich nicht weiter,nehme mir nur schnell ein Stück Brot mit aufs Zimmer!“„Ich wünsche dir eine gute Nacht,Lenora!“Auf meinem Zimmer angekommen,kuschelte ich mich ins Bett und schlief rasch ein.