Nach der Besichtigung der Rückzugswege und der entsprechenden Fallen begaben sich die beiden Herren zum Mittagsmahl. Es gab wie fast immer eine Gemüsesuppe mit Schinkenwürfeln. Dazu gab es Brotscheiben mit Käse. Die Gespräche richteten sich sofort auf den bevorstehenden Krieg. Die Meinungen wann und ob ein Angriff erfolgen würde bestimmten das Schlürfen der Suppe. Das Bild änderte sich als vier Melder in den Raum stürmten. Sie stellten sich hinter Leondur und überreichten ihm die Schreiben. Leondur schaute auf. "Tragt es laut vor, damit alle es mitbekommen. Ich muss es den Offizieren sowieso verkünden. So kann ich nebenher noch die Suppe genießen."
"Die Gegner haben sich offenbar entschieden, welche Ziele sie angreifen wollen. Die Haupttruppe marschiert direkt auf Ranak zu. Eine kleinere Truppe zieht auf uns oder die Alte Festung zu. Die Truppe, die uns bedrohen kann hat nur eine schwere Waffe dabei. Von Süden her ist bereits eine weitere Truppe unterwegs. Die Stärke lässt sich noch nicht ermitteln." Der zweite Melder nickte zuerst. "Ich hatte eine ähnliche Meldung. Nur mit dem Unterschied, dass sich noch eine Dritte Armee uns nähert. Die Stärke ist ebenfalls unbekannt." Der dritte Melder sah in die Runde. "Ein riesiger Versorgungszug mit Kamelen folgt der ersten Armee. Es sind etwa fünfhundert Tiere, die von Männern geführt werden." Der nächste Melder nahm Aufstellung. "In der Nacht wird ein erster Angriff auf die Gegner erfolgen. Zweihundert leichte Reiter wollen, wenn die Gegner an der passenden Stelle ihr Lager aufschlagen einen Überfall verüben. Sie wollen das Lager mit ihren Bögen beschießen und sie wollen auch versuchen, ob sich deren Pferdeherde mit Lärm vertreiben lässt. Sie können nicht verfolgt werden, weil zwei tiefe Karren zwischen ihnen und unseren Truppen liegen. Ihre Stellung für den Angriff ist gut gedeckt und ausgebaut." Erneut bekam Leondur einen Brief überreicht. "Nehmen sie sich zuerst eine Käsestulle und Äpfel. Das stillt den gröbsten Hunger. Warten sie auf meine Antworten und lassen sie ihre Pferde bestens versorgen. Danke."
Nachdem die Melder sich zurückgezogen hatten, studierte Leondur die Meldungen. Mehrfach nickte er und bat die Offiziere danach sich im Besprechungsraum zu versammeln. Einen Melder, der vor der Tür stand beauftragte er, Männer auf dem Turm zu befragen, wie weit entfernt und wo genau die Gegner derzeit standen. Erst danach ging er in den Besprechungsraum, um sich mit der Karte zu beschäftigen. Zum Glück waren inzwischen sämtliche Kastentäler in der Karte verzeichnet. Sorgsam prüfte er alle Möglichkeiten. Erst danach wandte er sich an die Offiziere, die sich inzwischen vollständig versammelt hatten. "Kennt sich einer in dieser Region fast blind oder sehr gut aus? Ich möchte in Erfahrung bringen, wo sich die Angreifer befinden und wo sie nächtigen werden. Erst dann können wir überlegen, ob oder was wir unternehmen können oder wollen. "
Drei Offiziere meldeten sich und der Melder brachte ihm eine Nachricht. Mit einem Stein markierte er die Stelle, wo die Gegner jetzt standen und mit einem zweiten Stein markierte er den Bereich, wo die Gegner ihren Lagerplatz einrichten würden. "Kommen sie bitte her und korrigieren sie mich, wenn ich die Steine falsch platziert habe." Die drei Offiziere korrigierten leicht die Lage der Steine. "So dürfte es hinkommen, dort in der Senke dürfte nach dem Regen noch ein größerer Tümpel sein, der für ihre Bedürfnisse ausreicht." "Wie weit ist es bis zu dem Tümpel? Also wie lange dauert ein Marsch dorthin?" Die Offiziere waren sich rasch einig. "Einen halben Tagesmarsch, wenn wir die Pferde ausreichend lange führen." Leondur grübelte. "Ich vermute, dass unsere Kameraden Nachts einen Überfall auf die Gegner planen. Sie werden hinter diesem breiten Kastental Aufstellung nehmen. Ich stelle mir den Angriff gerade vor. Zweihundert Männer entlassen eintausend Pfeile in das Lager und beschießen sie mit den Geschossen aus Bambus. Im Lager sterben Gegner und die Pferde werden möglicherweise von dem Lärm erschreckt werden. Einige Hundert Pferde brechen aus. Die Gegner sind überrascht und brauchen Zeit um die Toten und Verwundeten zu bergen. Im Anschluss kümmern sie sich um ihre Pferde und räumen das Lager auf. Später begeben sie sich wieder zur Nachtruhe. Die Frage ist, wie sie ihr Lager gegen Angriffe schützen und ob es Möglichkeiten gibt sich den Gegnern ungesehen zu nähern?"
Der Oberleutnant von den Spähern nickte und grübelte kurz. "Ja, man kann sich dem Lagerplatz von unserer Seite aus gut nähern. Der Lagerplatz befindet sich in einer weiten Senke östlich und nördlich befinden sich kleine Dünen und zum Kastental hin kleine Abbrüche, die sich nach jedem Regenguss verändern." "Wie groß wäre das Risiko einen zweiten Angriff vor der Morgendämmerung durchzuführen. Was schlagt ihr vor?" Die drei Offiziere berieten sich kurz. "Das Risiko wäre nicht all zu hoch. Wenn wir den Rückweg decken verringern wir das Risiko noch einmal bedeutend. Wir müssen nur den Ansturm der Verfolger zerschlagen. Mit den schweren Reitern und vierhundert Lanzenreitern reiben wir eintausend leichte Reiter binnen weniger Momente auf." "Nun drehte er sich zu dem Obristen. "Es liegt in ihrer Hand den Ansturm bedeutsam zu schwächen. Ich bitte, dass ihr eure Entscheidung trefft. Immerhin werfen wir einen Köder aus, der die Gegner arg dezimiert." Die Entscheidung wurde abgewogen, dann nickte der Obrist. "Wir unterstützen unsere Kameraden. Die leichten Reiter ziehen mit dreihundert Männern los unterstützt von zehn Spähern. Für den langen Rückmarsch, der Späher und leichten Reiter nehmen wir unsere beliebten Schwefeltöpfe mit, um die Verfolger abzubremsen. Mit einem Vorsprung von einer halben Meile besteht keine Gefahr, dass sie zu uns aufschließen. An den zwei Engstellen übernehmen die schweren Reiter und dreihundert Lanzenreiter den Kampf. Als Reserve stehen zweihundert Lanzenreiter und zweihundert leichte Reiter bereit, um den Ansturm zu unterbinden. Major Stiller, sie bereiten die Truppeneinteilung vor. Ich gebe die Befehle und gebe zwanzig Geschosse und die restlichen Waffen frei. Ich vermute, dass sie uns mit etwa eintausend Reitern verfolgen werden. Ich begründe diese Annahme mit drei Argumenten. Die Gegner hatten erste Verluste, die sie nicht erwartet hatten. Wenn es zehntausend Gegner sind, dann werden sich eintausend Männer um die Toten und verwundeten kümmern. Eintausend werden aufräumen und das schwere Kriegsgerät bewachen. Falls sie bereits fünfhundert Männer zur Verfolgung der Kameraden von der Alten Festung auf den Weg gebracht haben, dann benötigen sie zur Sicherung des Lagers etwa viertausend Männer. Sollten Pferde ausgebrochen sein, dann verfolgen eintausend Männer noch die verloren gegangenen Pferde. Der Rest muss ruhen und sich vom Ritt und dem Kampf erholen."
Leondur nickte die Entscheidung ab. "Es freut mich, dass sie dieses Wagnis eingehen. So können wir jeglichen Ansturm auf diese und unsere zweite Festung bereits im Ansatz ersticken. Dabei müssen wir bedenken, dass der Gegner weitere Truppen auf den Weg gebracht hat. Alle Gegner zusammen können uns von den Mauern fegen. Daher müssen wir jede Chance nutzen, um die Angreifer stetig zu schwächen. Einen besseren Weg sehe ich nicht. Wir müssen die Gegner aus dem Süden dazu bringen, dass sie sich mit ihren Angriffen verzetteln und in unnötigen Kämpfen hohe Verluste einfangen. So sehe ich diese Lage." Es wurde noch eine Weile diskutiert, bis die endgültige Entscheidung stand.
XXX
Leondur schloss sich der Truppe der Lanzenreiter mit einhundert seiner Männer an. Die leichten Reiter waren längst schon unterwegs, um ihren Angriff durchzuführen. Die schwere Infanterie wurde informiert, dass vierhundert Männer hier gebraucht wurden. Der Meldereiter schwang sich auf sein Ross und ritt los. Geduldig warteten sie, bis die schweren Reiter und die Lanzenreiter aufgesattelt hatten und ihre Pferde zum Tor führten. In aller Gelassenheit marschierten sie ab. Sie folgten kurz danach. Ruhig führten sie ihre Pferde, durch das Tor und und danach durch die weiteren Tore. Die halbe Meile bis zu der ersten sanften Erhöhung war schnell zurückgelegt. Sorgsam begutachtete Leondur den Untergrund und die breite des Durchlasses. Die schweren Reiter marschierten noch ein Stück weiter. Auch diesen Ort besichtigte Leondur mit kritischen Augen. Knapp gab er seine Order. "Wir brauche zweihundert Männer hier, die vor den Dünen Gräben ziehen. Wir wollen doch nicht, dass sie über die kleinen Dünen reiten. In dem Moment wären wir deren Beute. Und wir hätten keine Chance uns zu verteidigen. Mit dem Graben vor der Erhöhung lenken wir sie genau dahin, wo wir sie haben wollen. Dazu kommen noch vier Laternen, um unseren Kameraden den Weg zu weisen. Für den zweiten Durchlass benötigen wir auch noch zwei Laternen." Einer seiner Männer ritt los, um die Meldung zum Obristen in der Festung bringen zu lassen.
Danach begann er mit seinem Schild mit dem Graben zu beginnen. Alle anderen Männer folgten seinem Beispiel. Eifrig wurde der Graben ausgehoben und der Sand auf die Düne geworfen. Mit der Verstärkung ging die Arbeit schneller von der Hand und der Graben gewann an Tiefe und Breite. Zugleich wurde die Düne geringfügig erhöht. Über eine Spanne Breite betrug das Maß und die Tiefe betrug nur eine halbe Spanne. Nach der Fertigstellung beorderte er die Verstärkung zur anderen Seite der Düne. Hier wurde ebenfalls ein Graben ausgehoben und die Erde wurde zu einem Wall, dahinter aufgeworfen. Auf der gegenüberliegenden Seite wurde die Arbeit wiederholt. Darauf setzten sie Schilde, um vor einem Beschuss besser geschützt zu sein. Er ließ einen Reiter durch die Öffnung reiten, um zu sehen, ob dieser Wall mit Schilden reichte. Es musste noch an dem Wall und dem Graben nachgearbeitet werden, damit die Höhe vom Wall und die Auffüllung dahinter ausreichte um dort einige Bogenschützen zu postieren. Zufrieden beendete er die Arbeit und entließ die Männer zur Festung.
Er drehte sich zu den wartenden Männern. "So stellen wir sicher, dass die Gegner, falls sie kommen nicht zu rasch zur Seite ausweichen. Zudem kommt kein Narr mehr auf die Idee, über die Düne zu reiten. Stürzen die ersten Pferde, so sorgen wir für ein klein wenig Chaos unter den Verfolgern, was uns die Arbeit deutlich erleichtert. Das gehört zu den kleinen Tricks, die man anwendet, wenn man lange genug auf Schlachtfeldern überlebte und dabei stetig neue Details über die Taktik lernte. Bedenken sie auch, die Pferde sind nach dem Ritt müde und die Reiter immer noch durch den Zorn angetrieben." Der Oberleutnant nahm den Faden auf. "Danke Oberst, wir werden es uns merken. Es mag nicht Kriegsentscheidend sein, aber solche Finessen helfen unsere Leben zu bewahren und die Gegner zu schwächen."
Der Oberleutnant schwelgte Kurz in seinen Erinnerungen. "Als ich jung war träumte ich, wie vermutlich viele Junker, von kühnen Schlachten, Heldenmut und Ruhm. Jetzt bin ich schon froh, wenn ich einen Kampf gewinne und überlebe. Ja, der Kopf steckte voll mit diesen Heldengeschichten und man übersah dabei, dass jeder Krieg seine Opfer fordert. Erst danach, also nach der ersten Schlacht oder dem ersten Gefecht erkennt man, dass Helden zu früh sterben um ihren Ruhm zu ernten. Zudem, viele Offiziere denken oft nicht weit genug, um die Konsequenzen von Verlusten zu verstehen. Ohne Kämpfer bleibt ein Offizier, falls er überlebt, ein einsamer Mann. So sehe ich es inzwischen. Inzwischen kann ich weiter denken, als mein erster und zweiter Hauptmann. Ich versuche zu ergründen, was das Beste für die Truppe ist und wann Vorsicht geboten ist. So gelang es mir eine Frau zu finden und eine Familie zu gründen. Auch das sind kleine Ruhmestaten über die nie in den netten Epen berichtet wird." Leondur klopfte dem Mann auf die Schulter. "Das ist die richtige Einstellung. Auch viele kleine Siege können einen Krieg entscheiden. Die großen Schlachten sind nur eine perfide Form der Vernichtung von Leben. Und die Sieger, die gibt es nicht, weil es keine Truppen oder jungen Männer mehr gibt. Familien verarmen und noch mehr Lebensträume zerplatzen. Ich nahm Kämpfe nur an, wenn ich genau wusste, dass meine Männer mit mir gute Chancen auf einen Sieg besaßen. Chancen für kleine und große Siege gibt es viele, aber leider auch immer das Gegenteil. Ich sah zu viele stolze Lanzenreiter sterben, weil sie dachten, sie seien die beste Truppe. Lassen wir es damit bewenden. Die Hälfte der Männer ruht. Nach dieser Wachzeit ruht die andere Hälfte. So sind alle im entscheidenden Moment ausgeruhter. Gebt den Befehl an die Truppe. Die Männer werden es ihnen danken."
Leondurs Männer hatten es sich längst bequem gemacht und ruhten. Andere schoben sich noch ein Stück Käse oder einen Apfel in den Mund. Nur ein Viertel der Männer hielt Wache und einige versorgten noch ihre Pferde. Die Sonne ging unter und es wurde kühler. Die Zeit, wollte nicht verrinnen und manche Seele schob bereits unnütze Gedanken durch seinen Kopf. Dabei sollt jeder Soldat wissen, dass Schlaf ein viel besserer Verbündeter war, als wirre Gedankengänge. Leondur setzte sich einfach in den Sand und lehnte sich zurück. Die Sterne zu beobachten beruhigte und vertrieb dunkle Gedanken. Stück für Stück ging er den Plan durch, um zu jeder Zeit die entscheidenden Befehle geben zu können. Danach entspannte er sich. Die Zügel seines Pferdes hielt er in der Hand, um jederzeit schnell reagieren zu können. Im Schlaf verging die Zeit zudem bedeutend schneller und entspannter.
XXX
Leondur wurde fröstelnd von einem seiner Männer geweckt. "Herr, der Tanz geht bald los. Die Späher und einige Melder sind eingetroffen. Sie würden gerne Bericht erstatten." Leondur erhob sich und rieb sich die klammen Knochen. "Wo sind die Jungs?" Der Mann wies auf fünf Männer. "Danke." Eilig bewegte er sich auf die Gruppe zu. "Was gibt es zu berichten?" Ein schmaler Junker begann. "Der erste Angriff hat die Südländer kalt erwischt. Hunderte Gegner wurden zusammengeschossen. Dann folgten diese Feuergeschossen. Sie trafen mitten in die Herde. Hunderte oder sogar über weit über tausend Pferde flohen gen Süden und andere Pferde mitten durch das Lager. Sie trampelten alles nieder, was ihnen im Weg stand. Also Zelte und die eigenen Krieger. Das Chaos war perfekt. Und nach einer Weile begann der zweite Beschuss und wieder starben Gegner. Wie viele es waren bleibt unbekannt, aber es wurden auch viele verwundet und durch die Pferde verletzt. Fünf Männer haben gut zweihundert Pferde eingefangen und haben sie bereits zur Festung gebracht. Einzelne Krieger haben wir weit ab vom Lager zu ihren Göttern geschickt. Danach habe ich die Truppe mit den Pferden begleitet."
Ein etwas älterer Meldereiter gab seinen Bericht. Weit abseits von deren Lager haben wir den Kriegern aus dem Süden aufgelauert. etwa fünfzig Gegner konnten wir erschlagen. Einige haben wir auch mitgebracht. Nach langer Zeit, als der Mond bereits wieder zu sinken begann beruhigte sich die Lage in deren Lager wieder. Einzelne Krieger gingen jetzt Wache. Vier von denen haben wir noch mitgenommen, obwohl wir deren Sprache nicht verstanden. Sie hocken bereits in der Festung." Die drei letzten Männer trugen nun ihre Meldungen vor. Die Gegner waren recht aufgebracht und entsprechend unvorsichtig. Wir haben sechs von den Gespannpferden entführt, nachdem wir deren Wachen übermannt hatten. Wir waren etwa eine halbe Meile entfernt, als uns acht Männer verfolgten. Einer hatte eine Fackel dabei. An einer günstigen Stelle positionierten wir die Pferde. Rasch hatten wir auch diese Männer erledigt. Gero hat die Pferde von mir übernommen nachdem wir den Männer die Waffen und andere Teile der Ausrüstung genommen hatten. Er hat sie hierher gebracht. Gut gepflegt haben sie ihre Pferde nicht. Wir haben sie mit Feigen und Datteln gefüttert, um sie unbeschadet hier her bringen zu können. Wir zwei haben danach unsere Truppen aufgenommen und ihnen die besten Plätze für einen zweiten Überfall gezeigt. Wir nutzten deren Bögen, um mehr Pfeile auf sie schießen zu können. Da sie Dicht beieinander pennten, haben wir zuerst diese Leute mit Pfeilen gespickt. Danach kam Tumult im Lager auf. Viele Gegner wurden dabei getötet und verwundet. Die genaue Anzahl der Opfer ist unbekannt. Unsere Reiter haben sich danach gezeigt und tatsächlich gingen uns viele hundert Gegner auf den Leim. Sie sattelten ihre Pferde und verfolgten uns. Aber deren Pferde haben nicht genügend Kraft um uns zu folgen, also ritten wir immer wieder etwas langsamer, damit die ihr Ziel nicht aus den Augen verloren. Unsere Truppe dürfte bald hier eintreffen. Wir hoffen natürlich dass sie uns weiterhin verfolgen."
Die eigene Truppe passierte ihre Position. Die Dämmerung hatte noch nicht begonnen. Die Verfolger waren gut zu hören. Im Galopp verfolgten sie die leichten Reiter Es mussten viele hundert Gegner sein, die offenbar nicht ahnten, dass sie in eine Falle ritten. Es dauerte und dann tauchten hunderte Gegner auf, die die eigene Truppe blindwütig verfolgte. Erst als der Strom der Verfolger dünner wurde begannen die eigenen Bogner die Gegner mit Pfeilen aus den Sätteln zu schießen. Schwer war es nicht, die Gegner auf fünf Spannen zu verfehlen. Hunderte Gegner starben und danach setzten die Lanzenreiter und die schweren Reiter den Gegner nach. Mit brachialer Gewalt drangen sie von hinten in die Formation der Gegner ein und fegten mit ihren Lanzen hunderte Gegner aus den Sätteln. Im Selben Moment griffen die Männer hinter der zweiten Erhebung in das geschehen ein. Mit ihren Lanzen und Bögen dezimierten sie die Gegner an der Front. Schneller als erwartet hatten sie alle Gegner aus den Sätteln geholt und einen Sieg gegen eine Übermacht errungen. Im Prinzip war es ein rüdes Gemetzel gewesen, denn deren Lederjacken schützen weder vor Pfeilen noch vor Lanzenstichen. Und die nachfolgenden Schwerthiebe durchdrangen die Lederkleidung ebenfalls mit Leichtigkeit. Nur gut einhundert Gegner überlebten den Angriff mehr oder minder schwer verwundet.
In der ersten Morgensonne begann das Aufräumen. Pferde wurden zusammen getrieben. Die Herden wurden zur Bastion geführt. Danach wurden die Toten eingesammelt und ihnen die Waffen abgenommen. Alles von Wert wurde eingesammelt, selbst die kleinsten Kupfermünzen und die Pfeile. Auch die guten Lederteile wurden den Toten entrissen, um daraus Riemen und Lederschützer für die Bogner oder Gamaschen für die Infanteristen herzustellen. Die Satteltaschen und Sättel sollten in der Festung gesichtet werden. Als die ersten Meldungen eintrafen war Leondur erstaunt. Vor ihnen waren elfhundertacht Gegner erschlagen worden. Zweihundertzehn Gegner hatten sie verwundet geborgen. Grob geschätzt hatten die Angreifer etwa dreitausend Männer in dieser Nacht verloren. Es blieb abzuwarten, wie die Südländer auf diesen Schlag reagierten. Pferde fehlten ihnen jetzt und das schwere Belagerungsgerät ließ sich nur noch mit Muskelkraft bewegen. Die Verwundeten bedurften Versorgung und der stetige Siegesrausch der Angreifer hatte ein Ende gefunden. Es war schon früher Morgen, als die eigenen Verlustzahlen eintrafen. Vierundzwanzig eigene Männer hatten ihr Leben gelassen und zweiundneunzig Junker waren verwundet. Nach diesen Meldung sammelte Leondur seine Truppe und ritt zur Festung. Müdigkeit und Hunger waren ein gutes Argument, um in die Festung zu reiten. Zudem fehlte eine Mütze voll Schlaf und es galt den Kampf gründlich zu analysieren, um die Gegner besser einschätzen zu können. Erste Sachverhalte lagen offen auf der Hand. Die Pferde der Gegner waren nicht gut gepflegt. Die Pferde mochten zäh sein, aber ihnen fehlte es an Kraft und Schnelligkeit. Die Ausrüstung der Gegner war mangelhaft. Als Massenheer mochten sie Eindruck schinden, aber im Nahkampf waren sie ihnen deutlich unterlegen. In der Festung wurde immer noch die Beute sortiert. Die Feigen und Datteln aus den Satteltaschen wurden sofort an die geschwächten Pferde verfüttert, die diese Leckereien gerne annahmen. Die stabilen Pferde wurden auf eine abseits gelegene Weide getrieben und die guten Pferde sammelten sie auf einer zweiten Koppel. Einzelne Junker befreiten die Tiere bereits von Zecken und anderen Parasiten. Gründlich musterten sie die Tiere dabei.
Die Bögen besaßen höchst unterschiedlicher Bauarten. Viele waren alt und eigentlich unbrauchbar. Die Pfeile waren halbwegs brauchbar und die Messer und Kurzwaffen wurden zum größten Teil aussortiert, um daraus bessere Waffen zu schmieden. Die wenigen guten Waffen landeten auf einem kleinen Haufen. Das Geld war kein echter Gewinn, aber immerhin besaßen die Silbermünzen einen gewissen wert und ganze sieben Goldmünzen hatten sich angesammelt. Erst später stellten sie fest, dass viele Gefangene und Verstorbenen manch Silbernes Kleinod an ihren Körpern trugen. Sogar an den Stiefeln und Sätteln fanden sie kleine Silberverzierungen. Dafür fanden sie nur elf Kettenhemden und vier gute Lederrüstungen mit Metallverstärkungen. Helme und Lanzen waren ebenso rar. Nur ein Schwert und ein Dolch stachen aus der Beute heraus. Es galt also den Besitzer dieser Teile ausfindig zu machen. Möglicherweise war es eine Art Offizier, den sie gefangen genommen hatten.
Müde wandte sich Leondur von der Schatzsuche ab. Er hatte Hunger und wollte diesen stillen. Der Oberst wurde auf ihn aufmerksam. "Offenbar haben wir einen feinen Sieg errungen. Was machen wir mit der Beute?" Leondur zögerte keinen Moment mit seiner Antwort. "Vierhundert brauchbare Pferde geben wir sofort an die schwere Infanterie ab. Der Rest der Pferde wird weiter nördlich auf die Weide geschickt, damit eure Futtervorräte nicht zu schnell aufgebraucht werden. Die Schrottwaffen gehen in die Schmiede und die besseren Waffen werden eingelagert. Der Rest der Beute, also das Silber und die paar Goldmünzen spenden wir den Familien der gefallenen Kameraden. Wichtig ist vorerst nur, dass wir die Gegner von nun an ständig im Auge behalten. Ich möchte nicht, dass sie die Hauptarmee verstärken. damit erweisen wir Ranak keinen Dienst. Späher und Melder werden ausgesandt, um möglicherweise noch mehr Pferde einzufangen. Die Gegner werden unablässig beobachtet und mit kleinen Angriffen beschäftigt. Genau jetzt müssen wir am Gegner dran bleiben, um sie weiter zu schwächen. Genau dann werden sie Fehler begehen, die wir knallhart ausnützen müssen. Aber zuerst möchte ich mir etwas warmes zwischen die Zähne schieben. Verzeiht, ich bin auch nur ein Mensch und ein wenig vom Kampf erschöpft." "Verzeiht, das habe ich wohl übersehen. Heute ist Eiertag, lasst euch die Spiegeleier mit Schinken schmecken. Meine Männer bekommen auch ihre Rationen."
XXX
Am Nachmittag wurden sämtliche Ergebnisse dieses ersten Gefechts ausgiebig analysiert und die ersten Schlussfolgerungen getroffen. Listen mit der Beute wurden vorgetragen. Es wurde eifrig diskutiert, welches die nächsten Schritte sein könnten und sein mussten. Unterdessen öffnete der Himmel wieder die Schleusen. Dichter Regen zog über das Land und nahm ihnen die Sicht. Das erschwerte zwar das Ausspähen der Gegner aber zugleich lähmte es auch den Elan der Steppenreiter. Sie mussten sich zuerst die Wunden lecken und Verbindung mit der Hauptstreitmacht aufnehmen, um von ihrer Niederlagen zu berichten. Sie mussten ihre Verwundeten versorgen und versuchen Pferde einzufangen. Zumindest würden sie nicht verdursten, dieser Fakt war unbestritten. Auch in der Nacht ließ der heftige Regen nicht nach. Die zwei nachfolgenden Armeen der Gegner hatten vermutlich auch mit dem Sturzregen zu kämpfen und es war fraglich, wie sie sie auf dieses Wetter reagierten. Ein Marsch ohne richtige Orientierung machte keinen Sinn. Bis zum Abend wurden noch einhundertfünfzig Pferde eingesammelt, die im Regen ruhig Grashalme zupften. Mehr gab es vorerst nicht zu berichten.
Die eigenen Verwundeten wurden gut versorgt und die eingesetzten Pferde ebenfalls. Erst gegen Abend trudelte ein Melder aus Ranak ein, der knapp berichtete, dass die Südländer offenbar vorerst nicht vorrückten. Laut der Nachricht steckten die schweren Belagerungswaffen im Schlamm fest. Einzelne kleine Gruppen von Gegnern waren aufgebracht worden. Es waren nicht einmal dreihundert Krieger, samt deren Rösser. Zugleich war die erste Verstärkung in der Festung eingetroffen. Vierhundert Männer, die die eigenen Reihen verstärkten. Der Meldereiter war sichtlich froh, dass er dem Unwetter entkommen war. Dementsprechend wurde der Junker gut versorgt und bekam ein warmes Bett. Leondur schrieb eine Meldung an den Truppenführer der Festung. "Wir haben einen ersten kleinen Erfolg zu vermelden. Wir haben dem Gegner erste Verluste zugefügt. Wir gehen von etwa zweitausend gefallenen Männern und etwa fünfhundert Verwundeten aus. Die Beute ist lächerlich, abgesehen von den Pferden und paar brauchbaren Waffen. Mehr lässt sich vorerst nicht berichten. Außer, dass die Gegner leicht zu bezwingen sind, weil sie keine Rüstungen tragen und jeder Treffer zu schweren Verwundungen führt. Ich setze als bekannt voraus, dass dieser Armee zwei weitere Armeen unbekannter Stärke folgen und ein Versorgungszug mit etwa fünfhundert Kamelen die Truppe vor eurer Festung vermutlich versorgen wird. Gerne würden wir euch mehr Informationen senden, aber die Erkenntnisse sind noch zu dürftig."