ie Reise war anstrengender gewesen als erwartet. Die zunehmende Hitze machte sich bei den Pferden und den Männern bemerkbar. Insgesamt war die Reise dennoch ein ansehnlicher Erfolg gewesen. Die Handwerker würden sich freuen, wenn sie hunderte oder tausende Schilffmatten herstellen durften, um den Pferden und den Truppen in den Festungen Schutz vor der Sonne spenden konnten. Zum Glück waren immerhin acht der geplanten sechzehn Wasserspeicher fertig geworden und der Regen hatte diese Wasserspeicher gut gefüllt. Treidurs Festung und die Vertiefung der Flussrinne erweiterten den Schutz weit nach Osten hin. In der ehemaligen Syndikatsfestung fanden seine Männer noch acht Zentner Goldmünzen und vierzig Zentner Silber in allen Münzgattungen und in Barrenform vor. So füllte er das Schatzhaus weiter auf. Noch nicht einmal richtig angekommen stürzten die Stutmeister auf ihn zu. "Herr, wir haben bis jetzt fast sechstausend Fohlen. Und es werden noch mehr. Besonders diese Steppenpferde haben viele Fohlen geworfen. Wir hoffen, dass ihre Nachkommen mehr Rasse besitzen, als ihre Mütter. Zumindest die Fellfarbe ist fast braun. Offenbar übernahmen sie vieles von den Zeltern, die allesamt eine gute Erbmasse besitzen. Die Zelter haben bisher siebenhundert Fohlen, die Truppen Vollblüter sechshundert und die Vollblüter vierhundert Fohlen. Das ist die positive Meldung. Die Gatter bei Talin reichen längst nicht mehr. Wir dachten weiter südlich bei den Bastionen neue Gatter anzulegen. Bei Bleiberg steht auch noch ein ungenutztes Gatter neben einer Domäne. Nun noch zu einem Vorfall. Ein Hengst von den Steppenpferden hat sich einem Hengst der Kaltblüter angelegt und den kürzeren gezogen. Dago hat nur leichte Schrammen davon getragen und wird sich erholen. Die Kaltblüter haben stand heute zweihundertvier trächtige Stuten und die neuen Kaltblüter immerhin zweiundsechzig trächtige Stuten. Nehmen wir alles zusammen, dann werden wir dieses Jahr auf etwa neun bis zehntausend Fohlen kommen. An die Truppe abgeben müssen wir etwa zweitausend Tiere der letzten drei Jahre. Sechshundert Bürger dieses Landes haben sich eingetragen um Pferde für sich zu erwerben. Und dann werden sicherlich bald auch unsere Freunde Wünsche an uns richten. Wir gehen von etwa zweitausend Pferden aus. Bleiben also noch sechstausend Pferde, die wir verkaufen könnten. Eine Übersicht habe ich angefertigt." Leondur nickte und bedankte sich bei jedem Stutmeister mit einem festen Händedruck. Für eure gute und umsichtige Arbeit erhaltet ihr dieses Jahr erstmals wieder eine finanzielle Unterstützung. Noch kann ich nicht sagen, wie hoch sie ausfallen wird, aber bei diesen opulenten Zahlen wird es mehr als ein Silberling sein. Zudem müssen noch zwei neue Gestüte aufgebaut werden, damit wir die Pferdezucht weiter ausbauen können. Überlegt euch bitte, welche Rittmeister bereit sein könnten, um so eine Aufgabe zu schultern. Und natürlich brauchen die neuen Gestüte auch Genügend anderes Personal und Ausstattung. Schaut euch das Hinterland von den Festungen an. Möglicherweise können wir dort noch weitere Gatter und kleine Zuchtstationen aufbauen." Die Herren freuten sich, denn diese guten Nachrichten ließen auf ein gutes Jahr hoffen.
Nur wenige Schritte weiter nahm ihn Rediet in Empfang. "Breithaupt hat mir erzählt, dass er meine Missetaten aufgedeckt hat. Ich verbürge mich dafür, dass alles ordnungsgemäß abgelaufen ist. Natürlich konnte ich nicht bei jedem Münzfund in den Ratsstuben dabei sein. Aber ich vertraue diesen Männern und verbürge mich für deren Loyalität." "Rediet, deine Entscheidungen zweifel ich nicht an und die Integrität der Männer auch nicht. Damit ist das Thema gegessen." "Warte noch einen Moment. König Temelos ist hier erschienen und möchte dringend mit dir sprechen. Er wirkte etwas ungehalten, da er nicht weiß, was er von der Errichtung der vielen Festungen und Bastionen halten soll." Leondur zuckte mit den Schultern. "Ich werde es herausfinden."
Zuerst führte ihn sein Weg jedoch zu Asja und dem Kind. "Verzeih, ich bin noch nicht gebadet, aber ich hole es nachher nach. Wie geht es dir und unserem Sohn?" "Uns geht es gut, da wir ständig von den Meldern informiert wurden. Ich nahm noch zwei junge Zofen auf, die von meinem Onkel stammen. Sie litten in ihrer Heimat Hunger und da nahm ich sie einfach auf." "In Ordnung, dein Bruder wird uns demnächst viel Volk schicken und er sah ein, dass mein Weg der richtige Weg ist. Natürlich habe ich auch für ihn einige gute Nachrichten, aber das erkläre ich erst heute Abend, wenn wir gemütlich zusammen sitzen. Ich muss mich vorerst noch um König Temelos kümmern, der offenbar etwas unwirsch ist. Begleitest du mich zu diesem Essen?"
Gemeinsam gingen sie in den großen Saal, wo bereits der König auf Leondur wartete. Die Anspannung war dem König deutlich anzumerken. "Verzeiht, ich hörte, dass ihr eben erst von einem Ausritt zurückgekehrt seid. Dennoch drängt mich eine Frage. Überall in der Steppe wachsen Bastionen und Siedlungen aus dem Boden. Was hat das zu bedeuten?" Leondur antwortete entspannt. "Ihr habt euch vor Monaten unserer Allianz angeschlossen. Darin steht, dass wir dem Großkahn oder jeder anderen Streitmacht gemeinsam entgegentreten werden. Dazu stand in dem Schreiben, dass ich und die anderen Herren entlang der Talmitte Festungen und Bastionen errichten werden, um die Gegner frühzeitig in Kämpfe zu verwickeln. Zugleich siedeln wir dort Volk an, um die Truppen ernähren zu können. Und ihr habt euch verpflichtet am Westende des kleinen Sees eine Festung oder Bastion zu errichten. Einen anderen Teil von Einnahmen entnehmen wir der Gewinnung von Gold. Plaudert es nicht aus, ansonsten besiedeln Vagabunden das Tal des Emitos, so hieß der Fluss früher. Ich habe in alten Karten nachgeforscht und fand diesen Namen."
Diese Mitteilung traf den König unvermittelt. "In dem Tal liegen Gold und möglicherweise noch andere Bodenschätze. Warum habt ihr mir das nicht früher in einem Schreiben zukommen lassen?" "So ein Schreiben geht durch viele Hände und manch einer dieser Herren mag neugierig sein. Ihr wisst doch, dass solche Geheimnisse am nächsten Tag im gesamten Land die Runde machen. Hätte ich euch damit einen Dienst erwiesen?" Temelos schüttelte den Kopf. "Ich verstehe. Solche Nachrichten müssen möglichst lange gehütet werden. Aber, wie baut man so eine Bastion oder Festung. Was wird noch benötigt und wie erhalte ich die Besatzung am Leben? Ihr seht es ergeben sich viele Fragen für mich." Leondur plagte der Hunger. "Lasst es uns nach dem Mahl besprechen, dann können wir alle Gedanken und Fragen in Ruhe und gesättigt austauschen."
Zur Feier des Tages gab es ein Opulentes Mahl. Zuerst eine Vorsuppe mit Graupen und einem Hauch Fisch. Danach wurde Reis mit Gemüse und gebratenem Geflügel serviert und den Abschluss bildete eine Apfelkuchen mit Mandeln. Gerne genossen alle dieses seltene Festmahl. Rediet steckte ihrem Bruder, dass die Geflügelzucht gewaltige Früchte trägt und es demnächst mindestens einmal in der Woche so ein aufwendiges Essen geben wird. Zufrieden nickte Leondur. "Hast du das bewirkt Schwester?" "Nein, Anna hatte die Idee und wir haben zwei ungenutzte Grundstücke für diese Zwecke umfunktioniert. Vier Mägde kümmern sich um das Geflügel. Warte erst einmal ab, bis es Ente, Gänsebraten oder sogar Putenbraten gibt. Die Damen haben auch einen Teich für die Gänse und Enten anlegen lassen, damit sich das Federvieh richtig wohl fühlt. Breithaupt hat für die Ställe und Gatter gesorgt, damit wir diesen Plan rasch umsetzen konnten. Aber verrate ihm bitte nichts, denn er hatte arge Bedenken."
Leondur freute sich bereits jetzt auf das nächste Gespräch mit dem Baurat. Dieses sagte er jedoch nicht seiner Schwester. Danach plauderte er mit Asja, die mit Sicherheit auch hunderte Dinge auf dem Herz hatte. Nach dem Mahl zog sich Leondur mit Temelos in einen kleinen Raum zurück. Tee und Kekse standen bereit. Klar erklärte Leondur sein Vorgehen, damit Temelos seinen Plan zumindest halbwegs verstand. Schritt für Schritt legte er auf einer Karte kleine und größere Holztäfelchen aus, damit der König endlich verstehen konnte. Erst, wenn sie alle Festungen und Bastionen errichtet hatten konnte der Großkahn keinen schnellen Angriff mehr gegen sie unternehmen. Einfühlsamer erklärte Leondur auch noch, von welcher Stelle die Gegner anrücken würden und welche Truppen er noch aufbauen musste, um die Festungen und Bastionen optimal verteidigen zu können. Erst danach schaute ihn Temelos fragend an. "Welche Truppen werde ich brauchen, um mein Land zu verteidigen?"
Auf diese Frage hatte Leondur gewartet, da es jetzt um geschäftliche Dinge ging. "Ich braucht ungefähr eintausend Pferde und ausgerüstete Männer auf den Pferden. Dazu noch achthundert schwere Infanteristen und zweihundert leichte Infanteristen. Noch besser wäre es, wenn ihr noch einhundert Späher und einhundert Meldereiter besitzen würdet. So gelangten alle wesentlichen Informationen rasch zu euch. Ihr habt gesehen, dass wir eure Männer gut ausgebildet haben. Nun ist es an der Zeit, noch mehr Männer auszubilden und auszurüsten. Aber es liegt in eurer Entscheidung einen vernünftigen Weg für euer Land zu finden. Bedenkt nur, was es bedeuten würde wenn zwanzigtausend Reiter in euer Land einfallen." Temelos musste grübeln. "Ich weiß nicht, ob mein Land so viel Geld besitzt, um diese Lasten tragen zu können. Wir leben vom Handel und der stagniert derzeit leider. Dennoch, wenn ich mir vorstelle, was passiert, wenn die Gegner mein Land plündern, das möchte ich mir nicht ausmalen. Also, was soll oder kann ich tun?"
Leondur versuchte bei dieser Antwort neutral zu bleiben. "Ich könnte euch zig Angebote unterbreiten. Ich weiß, dass alles Geld kostet und die Mittel immer begrenzt sind. Aber zuerst verratet ihr mir, was ein Geschirr für zweihundert Personen kosten würde. Also Teller, tiefe Teller, Kuchenteller, Terrinen und Schüsseln und was man sonst noch so braucht. Ich habe davon leider keine Ahnung." Temelos schaute auf. Ein gutes Gedeck mit allen Teilen, vom Eierbecher bis zu den Terinen und Tellern aller Art, samt Kerzenhaltern und Messerbänken aus Kristall kostet etwa einen Goldheller. Alle Teile mit Wappen und Anrichteplatten, dem richtigen Besteck und Kristallkaraffen für Wein einen Golddukaten, wenn auch noch das Wappen darauf prangen soll." Leondur nickte entspannt. "Dann machen wir das so. Für einen kleinen Nachlass übergebe ich euch zweihundert Pferde zu einem günstigen Preis. Dazu gebrauchte Waffen und Rüstungen für zweihundert Männer. Zum vollen Preis kann ich euch derzeit vierhundert Zelter und sechzig Gespannpferde verkaufen. Wenn ich euch noch einen Rat geben darf, dann Reist nach Ranak und in die Nordlande, um dort Waren zu handeln. Auf diese Weise erschließt ihr euch genügend neue Handelspartner, um euch mehr als eine minimale Verteidigung leisten zu können. Mehr kann ich nicht sagen. Natürlich ist es auch möglich, dass wir die Bastion errichten und die Gewinne aus der Goldwäscherei einstreichen. Es bleibt alles eure Entscheidung, in die ich mich nicht hineindrängen darf. Denkt über alle Varianten nach und morgen in der Frühe sprechen wir weiter."
XXX
Nachgeschrieben nach der Zeit
Die Gespräche mit Asja ließen Leondur erkennen, dass er eine wunderbare Frau an seiner Seite wusste. Es war das erste Mal seit Monaten, dass sie das Bett teilten. Asja plauderte nebenher einige Geheimnisse aus. "Mein Bruder wird uns bald mehrere Familienmitglieder übersenden, damit sie bei und binnen kurzer Zeit bestmöglich ausgebildet werden. Noch hat er sich nicht getraut es dir zu sagen, weil er immer wieder zweifelt, ob seine Entscheidungen die richtigen sind. Oft wünscht er sich deine klare Sichtweise. In dir sieht er so etwas, wie eine Vater, der ihm und meinen Geschwistern fehlt. Sie haben noch nicht gelernt rasch Entscheidungen zu treffen." "Daher helfe ich ihm jederzeit, weil ich hoffe, dass irgendwann der Funke überspringen wird." Die Nacht wurde kürzer als gedacht. Erst sehr spät ließen sie voneinander ab, da sie beide zu erschöpft waren.
Erst etwas verspätet erschien er zum Frühstück. Temelos saß schon auf seinem Platz und erwartete ihn. "Eure Gedanken verwirren mich zu jeder Zeit. Nie sagt ihr mir genau, was ich tun muss, um mein Volk zu schützen. Auf so einer Basis könnte ich leichter Entscheidungen treffen." Leondur schlug gerade ein Ei auf. "Stellt euch zuerst eine Frage. Was will ich erreichen. Danach folgt die Analyse, was dafür notwendig ist. Im nächsten Schritt trefft ihr eine Entscheidung, was euch das Wohl des Volkes Wert ist. Und dann trefft ihr eine Entscheidung, die alle Fakten und Möglichkeiten berücksichtigt. Ihr entscheidet ja auch, ob ihr ein Ei essen wollt oder ob ihr lieber ein Brot mit Käse oder Schinken frühstücken wollt. Die Entscheidung müsst ihr allein treffen. Ich sehe mich nur in der Rolle eines Beraters. Mehr darf ich nicht für euch sein. Ihr tragt die Krone eures Landes und nur der König muss die Entscheidungen treffen. Wenn ihr mögt, dann besucht unseren Tempel oder macht einen Spaziergang durch meinen Garten. Versteht bitte, dass ich keinen Druck auf euch ausüben darf, weil ich ansonsten unser Vertrauensverhältnis zerstören würde. So sehe ich es und so steht es in unserem Vertrag."
Leondur ahnte, dass diese Worte wenig hilfreich für den zaudernden König waren, aber mehr wollte er nicht unternehmen, um den Regenten zu einer einvernehmlichen Entscheidung zu führen. Noch einmal nahm Temelos einen Anlauf. "Bei euch wirkt alles so einfach. Könnt ihr mir sagen, warum euch Entscheidungen leichter fallen als mir." "Ich habe ein festgefügtes Weltbild. Das Volk steht für mich an erster Stelle. Ich, der König muss über die Zukunft meines Volkes entscheiden. Zudem weiß ich, dass alles auf dieser Welt seinen Preis hat. Und ich habe gelernt, dass man nur überlebt, wenn man sich wehrt. So simpel sieht meine Welt aus und darauf baue ich meine Entscheidungen auf. Ich Treffe immer zuerst die Entscheidung für das Volk und erst danach denke ich über andere Kleinigkeiten nach. Aber, ihr könnt es euch einfacher machen und mir sagen, dass ich das Land einnehmen soll, und zugleich alle Risiken trage. Dann braucht ihr euch keine Gedanken mehr zu machen. Ich akzeptiere alle Entscheidungen von euch."
Die Entscheidung brachte ein Vorstoß von einhundert Gegnern, die erst an der Grenze von Purnis gestoppt werden konnten. Der Melder berichtete dezidiert von den Verlusten und der kargen Beute. Offenbar hatte der Großkahn seine Expansionsträume noch nicht aufgegeben, das wurde in diesem Moment deutlich. Dieser Tatsache konnte sich Temelos nicht entziehen. "Da ich keine Wahl habe muss ich mich für das volle Programm entscheiden. Wenn noch mehr Gegner vor meinen Grenzen auftauchen, verliert das Volk die Hoffnung und möglicherweise wenden sie sich von mir ab. Ja, meine Aufgabe ist es meinem Volk eine Zukunft zu geben. Sagt mir einfach, was es mein Land kosten wird, dann kann ich zurück reiten und meinem Volk meine Entscheidung verkünden."
"Nein, so einfach werde ich es euch nicht machen. Schätzt einfach eine Summe und ich werde nicken oder den Kopf schütteln. So erkennt ihr, dass die Truppe und deren Aufbau günstiger ist, als das gesamte Land bei einem Angriff zu verlieren. Stellt euch einfach vor, euch greifen zehntausend Gegner an?" Temelos schaute überrascht zu Leondur. "Ich schätze etwa dreihunderttausend Golddukaten. So viel hat mich der Ausbau der Grenzfestungen bisher gekostet." Leondur schüttelte den Kopf. "Mehr?" Erneut schüttelte Leondur seinen Kopf. Zweihunderttausend Dukaten aus Gold?" Leondur griff ein. "Die Ausbildung eines schweren Infanteristen kostet euch einen Golddukaten, dazu der Lohn für meine Ausbilder und die die Männer. Das Rüstzeug und die Waffen kosten noch einmal etwa zwei Golddukaten. Sollen sie besseres Rüstzeug erhalten, dann steigt der Preis an. Die zweihundert leichten Infanteristen kosten ähnlich viel. Also rechnen wir eintausend mal acht Golddukaten. Was etwa achttausend Golddukaten entspricht. Dazu nehmt ihr noch schwere Waffen, wie schwere Armbrüste, Armbrüste und Katapulte, was etwa zweitausend Golddukaten sind. Damit hättet ihr etwa die Hälfte der Truppe aufgestellt."
Temelos nickte zufrieden. "Mit solchen Angaben kann ich etwas anfangen. Aber die Sache hat sicherlich einen Pferdefuß, oder irre ich mich?" "Fast richtig, denn die Pferde, die Ausrüstung und die Waffen kosten in der günstigsten Variante und inklusive der Kosten für die Ausbilder zwanzig Golddukaten pro Mann. Dazu braucht ihr Stallungen, Gatter und Weideland. Die Kosten fallen auf jeden Fall an. Rechnet für zweihundert leichte Reiter etwa zwölf Golddukaten, und für die notwendigen vierzig Gespanne samt Pferden für die leichten Reiter zehn Golddukaten. Bedenkt dabei bitte auch, dass ihr auch noch Ersatzpferde für die Gespanne braucht. Denn die Tiere können nicht unermüdlich schwere Arbeit verrichten. Nun kennt ihr die Kosten für eine Erstausstattung. Dazu kommen für einhundert Pferde ein Hufschmied mit zwei Gesellen und einem leichten Wagen. Und für jeweils zweihundert Pferde ein Tierarzt."
Temelos schüttelte verwirrt den Kopf. "Das sind mir zu viele Zahlen. Könnt ihr mir nicht einfach eine Summe nennen?" "Ich gebe zu, dass es viele Beträge sind, die sich rasch zu einer Summe aufaddieren lassen. Aber im ersten Schritt muss ich noch verschiedene Fakten mit ins Spiel bringen. Ihr verfügt über etwa eintausend fünfhundert Reiter. Diese Zahl hattet ihr genannt. Zudem weiß ich nicht, wie viele Pferde und welche Ausrüstung ihr benötigt. Ich weiß auch nicht, über wie viele Gespanne und Transportwagen ihr verfügt. Ich habe gesagt, dass der Großkahn vorerst abgezogen ist. Das bedeutet, dass er frühestens in sechs Monaten erneut angreifen kann. Mit relativ geringen Mitteln könnt ihr in Eigenleistung den Bau der Bastion und der Wegestationen errichten. Dazu ist es notwendig, dass ihr das Land erkundet und geeignete Plätze für diese Stationen findet. Dabei müsst ihr etwa alle fünf Meilen eine Wasserstelle finden, die auch noch im Sommer Wasser spendet. Natürlich kann man auch große Wasserbecken anlegen, die neben den Flüssen oder Bächen angelegt werden können. Damit könnt ihr das Land erschließen. Einfach nur Pferde kaufen reicht nicht. In diesem Jahr können wir die Infanteristen ausbilden. Und wir beginnen einhundert leichte Reiter und vierhundert Lanzenreiter ausbilden. Aber, das sind auch nur abstrakte Zahlen."
"Fangen wir also am Anfang an. Was wollt ihr tatsächlich. Wollt ihr so ein Bollwerk ja oder nein? Wie viele Truppen kann sich das Land leisten? Oder reicht euch ein Bollwerk fünf Meilen vor dem Hauptzugang?" Jetzt taute Temelos auf. "Eine so große Expansion strebe ich nicht an. Mir reicht ein Bollwerk vor dem Hauptzugang zu meinem Land. Auf das Gold verzichte ich gerne, weil mir die Taktiker, Strategen und Planer fehlen, die so ein großes Vorhaben in die Hand nehmen könnten. Ich weiß nicht einmal, wie viele Truppen dafür erforderlich sind und welche Truppen ich brauche. Sagt es mir, dann kann ich eine Antwort geben." "Ihr braucht für den Bau etwa zweihundert Fuhrwerke, eintausend Arbeiter und einige Bauleiter und zwei Architekten. Für so eine Bastion braucht ihr fünfhundert Bogenschützen und fünfhundert schwere Infanteristen. Dazu Reseveeinheiten, die diese Truppen im Notfall verstärken können. Dazu kommen noch etwa vierhundert Lanzenreiter und einhundert leichte Reiter. Um Kosten zu sparen sendet ihr Reiter aus, die die Pferde auf eurem Land einfangen. Es dürften sich dort noch mehrere kleine Herden aufhalten. Beginnt eine eigene Pferdezucht. Dafür braucht ihr etwa zehn Hengste, um die Rasse zu veredeln. Über die Jahre braucht ihr dann keine Pferde mehr zu kaufen, sondern könnt sogar Pferde verkaufen. Und ihr könnt aus eigener Kraft jedes Jahr einhundert Männer ausbilden, die als leichte Reiter oder als Lanzenreiter benötigt werden. Ich lasse euch eine Aufstellung der Kosten zusammenstellen, damit ihr dem Volk handfeste zahlen sagen könnt. So einfach ist es, an ein Ziel zu gelangen, mit dem ihr leben könnt."
XXX
Zwei Tage später traf eine fremdartige Delegation ein. Die zweihundert Reiter trugen allesamt eine Rüstung mit einem Wappen. Von guten Vollblütern stiegen acht Männer ab, die überaus wertvoll Brigantinen und Helme trugen. An der Seite hingen wertvolle Schwerter und acht Knappen übernahmen die Pferde. Leondur schaute zu den acht Herren. "Willkommen in meinem bescheidenen Land. Mein Name lautet König Leondur. Bitte stellt euch vor, damit wir entspannter miteinander sprechen können." Ein junger Mann übernahm die Pflicht der Vorstellung. "Das ist Lordherzog Lester aus dem Königreich Talmos. Daneben stehen seine Vertrauten in den Rängen von Grafen und Baronen. Die Namen lauten Sorema, Kromos, Talgart, Baron Gertenfurt, Wislar, Langard, Heumert und ich bin Graf Hart." Jetzt verneigte sich der Lordherzog und erklärte sein erscheinen. "König Leondur, wir hörten, dass in diesen Ländern ein frischer Wind weht. König Temelos erzählte uns von einem König, der ungewöhnliches zu leisten vermag. Wir hörten von der Niederschlagung des Syndikats und dem Sieg von etwa dreißigtausend Männern vom Großkahn. Dazu entging uns nicht, dass ihr zahlreiche Bastionen und Festungen im alten Land errichtet. Nicht, dass es uns stört, aber wir hörten noch viel mehr. Möglicherweise überraschen wir euch mit unserer Visite, aber mein Bruder der König von Talmos ist ein neugieriger Herr, der gerne friedliche Kontakte pflegt. Nur zur Information. Talmos besteht aus vier großen Provinzen, die größer als euer Land sein dürften. Unser Reich liegt westlich von Purnis und erstreckt sich bis zur Küste und dem Golf vom Rorig. Im Norden grenzt unser Land an das Königreich der Nordmänner. Somit zählen wir wohl nicht zu den unbedeutenden Ländern in dieser Region."
Leondur schmunzelte dezent. "Nun gut, ihr habt viele Informationen übermittelt, was interessant klingt. Aber ich kenne eure Absichten, weil ich eine besondere Gabe besitze. Ich kann in die Herzen von Menschen schauen und erkenne ihre Anliegen. Ihr besitzt gut gepflegte Vollblüter und eine gut ausgestattete Truppe. Meine Truppe ist nicht so reich ausgestattet, aber ich glaube meine Truppen gehören nicht zu den schlechtesten Truppen." Jetzt schmunzelte Lordherzog Lester. "Ihr bringt alles rasch auf den Punkt. Als Delegation werden wir euch gleich unsere Gastgeschenke präsentieren, wie es seit langer Zeit Brauch ist."
Mit einem Wink rief er die Männer auf. Sie trugen Kisten und andere Dinge heran. Die Männer öffneten die Kisten und Leondur sah Tafelsilber, schwere Silberleuchter, Karten, Bücher und viel Gold. Dazu noch Teppiche und Wandbehänge aus Seide. "Das sind zu kostbare Geschenke, die ich kaum annehmen kann, ohne euch auch ein Geschenk machen zu dürfen. Aber das Geschenk habe ich nicht bei mir. Natürlich weiß ich, dass ich bald sehr viel Besuch aus eurem Land erwarten darf. Tretet bitte in meinen bescheidenen Palast ein. Eure Truppe werden wir in einer Kaserne unterbringen, denn so viele Männer können wir in dem Palast noch nicht beherbergen." Der Lordherzog nickte. "Meine Begleiter reichen mir als Schutz." Mit einem Nicken rief er seine Soldaten auf, die Kisten in den Palast zu befördern. In diesem Moment erschienen Asja und Rediet. Beide verneigten sich knapp.
"Darf ich ihnen meine Frau Asja und meine Schwester Rediet vorstellen." Der Lordherzog verbeugte sich angemessen. "Danke, an die Damen, ich bin erfreut ihre Bekanntschaft zu machen." Noch bevor er noch ein Wort sagen konnte begann Rediet zu sprechen. "Ich erfuhr von eurem überraschenden Besuch und ließ daher die Küche ein angemessenes Mahl vorbereiten. Ich kenne eure Absichten, weil auch ich die Gabe meines Bruders besitze. Da ich in euer Herz geschaut habe, kenne ich eure redlichen Absichten." Der Lordherzog verzog kurz den Mund. "Wenn es so ist, dann kann ich mir weitere Worte sparen. Aber meine Gastgeschenke werde ich dennoch übergeben. Ihr Rediet bekommt von mir einen heiligen Anhänger und Asja eine Perlenkette, die eure Schönheit unterstreichen wird. Ein Knappe trug zwei Holzschatullen herbei. Beiden Damen überreichte er die Gaben. Asja und Rediet bedankten sich.
Im Saal angekommen eröffnete der Lordherzog das Gespräch. "Wir suchen nach Verbündeten, denen wir trauen können. Die Südländer und der König von Purnis erscheinen uns etwas Unstet und schwach in ihren Entscheidungen, um es angemessen auszudrücken. Über euch hingegen wissen wir nur weniges und diese außerordentlichen Leistungen bewogen meinen Bruder mich auf die Reise zu schicken. Wir wissen, dass der Großkahn in einer gewaltigen Zwickmühle steckt, weil seine Truppen Land nach Land plündern und in einem desolaten Zustand zurück lassen. Derzeit hungert seine riesige Armee, weil er sich selbst durch sein Vorgehen die Lebensgrundlage genommen hat. Von seinen etwa vierhunderttausend Männern haben wir und ihr jeweils über dreißigtausend Krieger vernichtet. Dreißigtausend sind mit Sicherheit verhungert und zehntausend Männer sind bereits geflohen. Somit bleiben ihnen noch etwa dreihunderttausend Krieger. Wir haben dreißigtausend Männer unter Waffen und davon etwa die Hälfte Reiter. Wir besitzen nicht so massive Bollwerke und Festungen, daher halt die hohe Anzahl an Infanteristen. Das ist immer noch eine riesige Armee. Nun wollten wir fragen, gegen wie viele Gegner ihr Antreten könntet?"
"Wer verfügen etwa über gleich viele Reiter, also Panzerreiter, schwere Reiter und leichte Reiter. Die eintausend Späher und Meldereiter sind darin nicht eingerechnet. Dazu etwa viertausend Reiter in Reserve. Dazu kommen etwa dreißigtausend Infanteristen aller Arten. An Reserven können wir derzeit etwa fünftausend Bogenschützen und fünftausend schwere Infanteristen mobilisieren. Jeden Monat bilden wir etwa fünfhundert bis eintausend Männer aus, um uns weitere Reserven zu schaffen und die neuen Bastionen und Festungen zu bemannen." "Woher nehmt ihr die Männer, wir hatten eure vier Länder bedeutend schwächer eingeschätzt. Die Vasken und die Nordmänner haben einen Überschuss an Volk. Wir nehmen das Volk auf und sie stellen uns Truppen. So einfach geht es, wenn man klug verhandelt und einen Vertrag geschlossen hat. Vor kurzem haben wir das Syndikat vernichtet und die Männer arbeiten jetzt für uns, indem sie schwere Arbeiten ohne Lohn verrichten. Mit Sicherheit habt ihr die langen Gräben gesehen. Mit vielen günstigen Arbeitskräften geht es recht Flott die Verteidigung aufzubauen. Und auch der Bau der Festungen und Bastionen wird so deutlich günstiger. Zudem haben wir eine einfache Bauweise für Mauern und Festungen gewählt, die rasche Baufortschritte garantiert. Erst im zweiten Schritt werden diese Festungen weiter verstärkt, um sie auch gegen Angriffe mit schwerem Kriegsgerät zu rüsten. Zudem bauen wir auch schweres Kriegsgerät, wie Katapulte und schwere Armbrüste, um Angreifer lange Zeit auf Distanz zu halten. Auch neue Waffen haben wir übernommen und verbessert, um uns erfolgreicher verteidigen zu können. Das wäre es im Groben.“
Erstaunte Blicke reflektierten seine Aussagen. „Ihr seid damit vermutlich kriegstüchtiger als wir es sind. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann gelten die Zahlen nur für euer Land. Damit seid ihr besser gerüstet als Talmos. Verzeiht, das haben wir nicht erwartet. So gesehen haben wir damit wohl den bestmöglichen Ansprechpartner getroffen, um uns mit euch zu beraten. Natürlich würde ich mehr über die anderen Länder und deren Truppen erfahren. Aber ich denke, darüber werdet ihr kein Wort verlieren. Da es den Gepflogenheiten der Diplomatie widerspräche.“ „Richtig, dennoch kann ich sagen, dass Ranak derzeit auch kräftig aufrüstet und die Nordmänner und die Vasken auch. Ich bilde für sie gute Truppen aus, damit sie erstmals ein stehendes Heer bekommen. Zugleich können sie meine Truppen oder eben die von Ranak jederzeit verstärken. Fast alle Truppen werden von mir bei Talin ausgebildet, damit alle Truppen gut zusammenarbeiten können und in etwa die gleiche Kampfkraft besitzen.“ Auch diese Aussage überraschte den jungen Lordherzog. „Dann seid ihr somit der Mann, der die Verteidigung der vier Länder aufbaut. Natürlich bringen wir Fragen und Ideen mit, weil wir gemerkt haben, dass unsere Truppen auch eine gewisse Aufwertung bedürfen.“Leondur nickte nur. „lasst es uns nach dem Mittagsmahl besprechen. Ich denke, dann seht ihr noch klarer.“
Im Speisesaal wartete bereits König Temelos, der erstaunt war die Delegation aus Talmos zu erblicken. Ohne großes Tamtam umging er die gegenseitige Vorstellung. „Nehmen sie bitte Platz. Danach können wir mit dem Essen beginnen.“ Die Distanz zwischen den beiden Völkern war deutlich spürbar. Zur Entspannung der Lage sagte Leondur einige Worte. „ König Temelos, unerwartet traf heute eine Delegation aus Talmos ein. Bisher erfolgte eigentlich nur die Vorstellung und nach dem Essen wollen wir uns alle gemeinsam besprechen. Ihr seid herzlich zu dieser Runde eingeladen.“ Das essen wurde fast schweigend eingenommen. Das gab Asja die Gelegenheit von den wunderbaren Pferden dieses Landes zu schwärmen und auf das liebenswerte Volk hinzuweisen. Gerne hörten die Gäste Asja zu, die als funkelnder Juwel die Männerrunde überstrahlte. Speise nach Speise wurde eingenommen und dazu gab es einen leichten Rotwein. Alle Gäste ließen sich Zeit, um offenbar Zeit für sich und ihre Gedanken zu gewinnen. Zum Schluss des Essens machte Leondur einen ersten Vorstoß. „Die Vasken, die Nordmänner Ranak und ich haben den Stützpunkt vom Syndikat ausgeräuchert. Dieses diente nicht der der Erweiterung von Ranak, sondern einzig im Interesse aller Länder der Umgebung. Wie sie alle wissen, verkaufte das Syndikat Informationen an den Großkahn. Um dieses zu unterbinden mussten wir diese Räuberhöhle vollständig ausräuchern. Der Großkahn kann somit keine weiteren Informationen über die Länder nördlich der ehemaligen großen Ödnis erlangen. Damit haben Ranak und ich die Verteidigung des Nordens auf einer Strecke von über zweihundert Meilen übernommen. Würden sich Purnis und Talmos uns anschließen, dann wäre die gesamte Grenze zum Süden hin vollständig gedeckt. Der Großkahn würde sich in diesem Fall einen erneuten Vorstoß sicher genau überlegen.“
Mit diesen Worten lud er seine Gäste zu einem Gespräch ein. Sein Ziel war somit klar ausgesprochen. Talmos Neugier war geweckt und König Temelos erfuhr aus erster Hand, was Leondur plante. Ob dieses bereits einen gewissen Druck auf ihn ausübte war im ersten Moment nicht zu erkennen. Dennoch erhoben sich alle Gäste und Leondur führte sie in den Besprechungsraum. In der Mitte von dem Raum stand ein Kartentisch und daneben bequeme Stühle und kleine Tische, auf denen Gebäck und Tee bereit stand. Forsch übernahm Leondur die Platzverteilung. „Meine Gäste mögen sich bitte auf der anderen Seite niederlassen, damit ich ihnen die Lage, wie sie derzeit ist bestmöglich erklären kann.“
Nach einer Pause begann Leondur. „Wo der Großkahn sich derzeit befindet wissen wir nicht genau. Wir können jedoch sagen, dass er sich nicht mehr in den Ländern südlich von uns befindet. Meine Späher haben dieses herausgefunden. Es wurde den Spähern nur berichtet, dass der Großkahn nach Osten abgezogen sei, da die Armee extremen Hunger litt. Somit hält sich seine Truppe also außerhalb unseres Einflussbereichs auf. Jüngst haben wir zurückgelassene Truppenteile vom Großkahn angegriffen und ihnen die Basis für die Rückkehr genommen. Dabei haben wir weitere vierhundert Männer gefangen genommen und dreihundert Gegner getötet. Ein Übersetzer erklärte uns, dass dort bereits mehrere hundert Gegner verhungert waren. Einige hundert Reiter haben sich in unbekannte Gegenden abgesetzt.“ Mit einem langen Stock wies er auf die Stadt. „Wir nennen diese Region den mittleren Bereich. Weiter Östlich befindet sich noch ein Zugang in das ehemalige Ödland. Dort fanden meine Späher keine Truppen vom Großkahn mehr vor. Nun zu den derzeitigen Entwicklungen. Ranak baut am Ostende vom großen See eine Festung. Um seine Grenzen besser schützen zu können hob er mit seinen Männern das Bachbett östlich vom großen See auf einer Länge von fünfzehn Meilen aus, so dass kein Gegner ohne Vorbereitung den Fluss überschreiten kann. Weiter östlich befindet sich ein weiterer See. Den Übergang werden wir mit einem massiven Vorwerk und einer starken Bastion sichern. Ich errichte gerade am Westende des Großen Sees eine Festung mit zwei Vorwerken. Die Nordmänner werden weiter westlich eine Bastion errichten. Die Lage wird sich am Ostende des Kleinen Sees befinden. Stände am Westende dieses Sees noch eine Festung, dann könnte der Großkahn über hunderte Meilen keinen einfachen Übergang finden. Das würde die Sicherheit aller Länder nördlich der ehemaligen Ödnis deutlich erhöhen. Des weiteren wissen wir inzwischen, dass die Reiter des Großkahns bei Regenwetter nicht kämpfen können, weil sie Kompositbögen verwenden, deren Verleimung sich bei Feuchtigkeit und Nässe auflöst. Die Männer mögen zähe Reiter sein, die Kälte ertragen können. Aber bei Regen sterben sie wie die Fliegen. Im Kampf sind sie uns weit unterlegen, da sie nur Lederkleidung tragen, die keinen Schutz vor Pfeilen, Klingen oder anderen Waffen bieten. Deren Klingen können uns kaum gefährlich werden, weil sie zumeist aus schlechtem Stahl gefertigt wurden. Zudem sahen wir, dass sie ihre Pferde nicht gut versorgen und offenbar nur höchst selten Pflegen.“
Leondur schaute in die Runde. „Das sind die Fakten, die ich beisteuern kann. Wenn sie über weitere Informationen verfügen, dann dürfen sie diese Informationen gerne jetzt und hier Präsentieren. Falls das nicht der Fall ist, dann erkläre ich ihnen jetzt unser Schutzkonzept. Vor jeder Bastion und Festung graben wir tiefe und breite Gräben, die kein Reiter überwinden kann. Dieses verschafft uns einen Mindestabstand zu den Angreifern von mindestens zwanzig bis dreißig Spannen. Durch weitere Gräben im Vorfeld und an bestimmten Positionen engen wir den Raum ein und zwingen sie immer wieder zu weiten Umwegen. Damit hoffen wir die Gegner zu erschöpfen. Alle Bastionen und Festungen verfügen über Signalanlagen. Mit Feuerzeichen verständigen sich die Bastionen und Festungen untereinander. Ferner besitzen wir eine vielzahl schwerer Waffen, wie schwere Armbrüste, Katapulte und andere Feuerpfeile, mit denen wir deren Pferde erschrecken können. Nun noch eine Information. Im Sommer können die Gegner nicht angreifen, weil sie zu der Zeit kein Wasser finden werden. Ross und Reiter werden verdursten. Während des Winters mit viel Regen werden sie auch keinen Krieg führen können, weil sie dafür weder über Zelte noch Regenkleidung verfügen. Ferner besitzen sie keine Transportwagen mit denen sie die Truppe versorgen könnten. Da sie die südlich gelegenen Länder geplündert und gebrandschatzt haben gibt es dort faktisch kein Holz mehr. Nur dürfen sie sich überlegen, was man noch unternehmen könnte, um den Großkahn von unseren Grenzen fern zu halten.“
Auf der Karte platzierte Leondur noch große und kleine Holztäfelchen, um die Positionen der Festungen und Bastionen anzuzeigen. Daneben stellte er kleine Fahnen, um die Grenzen von Ranak, den Vasken den Nordmännern und von Ethymien aufzuzeigen. „Der Fluss zwischen den Seen nennt sich übrigens Emitos. Zwischen den Bastionen und rings um die Bastionen müssen übrigens große Wasserspeicher angelegt werden, um die Pferde und die Truppen mit Wasser versorgen zu können. Ohne Wasser kann kein Gegner uns jemals angreifen. Selbst wenn die Pferde Futter finden, brauchen sie immer noch zwei Eimer Wasser pro Tag und jeder Reiter braucht etwa einen Eimer Wasser. Bringen sie sich kein Holz mit, dann können sie auch nicht kochen. Somit müssen sie von getrockneten Früchten, Obst und anderen Dingen leben, die bei diesem Klima über Tage frisch bleiben.“ Knapp beobachtete Leondur, dass das Gesicht von Temelos sich verfärbte. Die Männer aus Talmos schrieben jedes Wort mit.
„Nun zu den Festungen. Jede Festung soll dem Angriff von mindestens dreißigtausend Gegnern mit schwerem Kriegsgerät dauerhaft standhalten. Für die kleinen Festungen gehen wir von zehntausend Angreifern aus. Und die Bastionen sollen Angriffen von dreitausend Gegner dauerhaft standhalten. Natürlich können wir einzelne Bastionen noch ausbauen, damit sie länger die Truppen der Gegner binden. Insbesondere in den Bereichen, die wir für die Besiedlung vorgesehen haben werden die Bastionen deutlich verstärkt. Sie sollen zehntausend Angreifern mindestens zehn Tagen widerstand leisten können. In dieser Zeit können wir eigene Truppen an den Standort verlegen und die Truppen der Angreifer aus verschiedenen Richtungen angreifen und vernichten. Das ist mein Plan. Die Vasken, die Nordmänner, Ranak und ich denken, dass uns sicherlich zweihunderttausend Gegner angreifen werden. Aus diesem Grund bauen wir diese Festungen, die unsere Gebiete schützen können. Wie es bei ihnen aussieht müssen sie selbst bewerten, da ich weder das Vorfeld noch ihre Truppen kenne. Nebenan liegen Waffen der Gegner aus, die sie sich gerne anschauen können. Meine Männer werden ihnen alles erklären und die verschiedenen Truppengattungen der Gegner vorstellen. Sie kennen jedes Detail der verschiedenen Völker, die für den Großkahn in den Krieg ziehen. Sie müssen mich jetzt für einen Moment entschuldigen, denn ich habe noch andere Pflichten.“
Er grüßte ab und verließ den Besprechungsraum. Die Zeit widmete er seiner Frau, mit der er einen Spaziergang machte. Asja fragte neugierig nach. „Was denken die Herren von dir? Was sagen sie?“ Ich habe zuerst nur einen Vortrag gehalten. Ich hoffe Temelos wacht endlich auf und was die anderen Herren denken weiß ich nicht.“ Sanft küsste er sie. „Die Besprechung nachher werde ich kurz halten, damit die Herren Zeit zum Nachdenken bekommen. Morgen früh zeige ich den Herren aus Talmos meine Pferde und danach folgt die nächste Besprechung. Die Zeit verstrich und erst recht spät kehrte er zurück. Seine Gäste sahen ihn fragend an. Temelos sprach ihn direkt an. „Reichen meine Festungen? Und was sollte ich unternehmen, um fünfzigtausend Gegner abwehren zu können?“ „Vor jede Mauer gehört ein starkes Vorwerk mit starken Mauern und breiten Gräben davor. Der Graben wird mit einer Zugbrücke verbunden und das Torhaus muss so stark sein, dass es fünftausend Gegner abweisen kann. So habe ich es gemacht. Im Prinzip braucht ihr zweitausend Krieger mehr, also eintausend Bogenschützen und eintausend schwere Infanteristen mit den entsprechenden Waffen. Dennoch, es bleibt jederzeit eure Entscheidung.“
Lordherzog Lester fragte ebenfalls. „Ihr seid ein kleines Land. Wie schafft ihr es so eine große Armee zu finanzieren? Und dann noch, welche Vorschläge würdet ihr mir unterbreiten?“ „Im Prinzip das gleiche, wie Temelos, nur mit dem Unterschied, dass ich euch raten würde eine Festung an dem Fluss zu bauen. Gelangt der Gegner nicht ungeschoren über den Fluss, dann habt ihr schon gewonnen und euer Land bliebe verschont. Gerne können wir es später besprechen und genauere Überlegungen anstellen, wie und wo so eine Festung stehen könnte. Zudem ist darüber nachzudenken, eure Truppenstärke zu erhöhen und die Wege von eurem Land bis zu der Festung durch Bastionen decken zu lassen. Wenn ihr Karten dabei habt wäre es hilfreich, damit ich mir eine Vorstellung machen kann. Versteht bitte, dass ich nur ein einfacher Kriegsmann bin. Ihr müsst über eure Zukunft selbst entscheiden. Beratet euch mit euren Begleitern. Erst danach solltet ihr Fragen an mich richten.“
Am Morgen überraschte er Lordherzog Lester. Vor dem Palast stand ein Vollblüter. Es ist eigentlich nur ein Pferd, um euch zu zeigen, was ihr in Kürze zu sehen bekommt. Wir reiten zu meinen Gestüten. Dort seht ihr die besten Pferde, die es in dieser Region gibt. Diese Vollblüter besitzen alles, was man von einem Pferd für einen König erwartet. Aber zuerst muss ich sehen, wie gut ihr reiten könnt. Nehmt eure Begleiter mit, damit sie ebenfalls sehen, was richtige Pferde sind. Ach nur zur Beruhigung. Temelos hat das volle Programm gebucht. Er wird seine Verteidigung deutlich verbessern und will jetzt auch noch eine Festung als Vorposten. Er wird seine Armee deutlich aufstocken und kauft sehr viele schwere Waffen. Damit dürfen sich die Nachbarländer auch bedeutend sicherer fühlen. Ich hoffe, dass er seine Nachbarn mit in die Verteidigung einbindet, dann dürfte es schneller gelingen.“