In diesem Kapitel ein paar Einblicke in Michaels Gedankenwelt. Ich persönlich finde es einfacher und interessanter, aus Danielas Sicht zu schreiben, da so einiges im Dunkeln bleibt. Andererseits ist ein Perspektivenwechsel ganz gut zur Abwechslung. Auch erfährt man so einiges über die Welt der Vampire.
Das Kapitel ist etwas kürzer, aber ich wollte das Kommende danach nicht aus der etwas berechnenden Sicht von Michael schreiben.
Michael führte Daniela auf die Tanzfläche. Es wurden gerade ruhigere Lieder gespielt, und das kam seinem Plan entgegen. Vielleicht hätte er ja auch den DJ dazu bringen können, aber ihm was es lieber, wenn er es von sich aus tat. Es war anstrengend genug, sich auf die Frau zu konzentrieren.
So war das Leben manchmal. Er hatte wirklich nicht vorgehabt, sich durch Gedankenbeeinflussung attraktiv zu machen.
Aber er hatte ja nicht damit gerechnet, sie zu treffen.
Daniela war, wie oft in dieser modernen Zeit, nicht wirklich weiblich angezogen. Damit meinte er, dass sie keinen Rock oder Kleid, sondern eine enge schwarze Stretch- Jeans angezogen hatte, die jedoch jede Rundung ihres Hinterteils klar erkennen ließ. Dies machte es für ihn als Mann natürlich auch nicht gerade einfach. Ihre Füße steckten ihn schwarzen Schuhen mit leicht erhöhten Absätzen. Dazu trug sie ein knallrotes Top und hatte eine dazu passende Halskette und Ohrringe. Ihre Augen waren gekonnt geschminkt. Ein wenig hatte es ihn überrascht, dass sie ihre Lippen nicht farblich betont hatte, aber das tat ihrer Schönheit keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Sie wirkte dadurch auf seltsame Weise unschuldig, obwohl es klar war, dass sie das nicht war. Vielleicht auch pure Absicht, um die Männer zu verführen, wer wusste das schon?
Auf jeden Fall hatte er sie sofort gerochen, als er das Lokal betreten hatte. Ihr Duft war geradewegs in seine Nase gekrochen, kaum hatte er die Türe geöffnet. Dass sie kein Parfum aufgetragen hatte, verstärkte ihre Attraktivität nur noch mehr.
Er selbst hatte das in den vielen, vielen Jahren, in denen er unter den Menschen weilte, bisher noch nie erlebt, und dass, obwohl er regelmäßig mit ihnen verkehrte. Bisher hatte er nur davon gehört, aber er hätte nie damit gerechnet, es selbst zu erleben.
Er konnte menschliches Blut immer riechen, schließlich diente es seiner Lebensgrundlage. Aber er roch es eben nur, es machte ihn bestenfalls hungrig. Aber nie geriet er durch diesen Geruch dermaßen außer Kontrolle. Davon abgesehen, hatte die Firma ein weitreichendes Netz von Blutkonserven aufgebaut, die, teilweise getarnt, im ganzen Land verteilt wurden. Zwar nicht ganz so gesund wie frische Ware, aber durchaus annehmbar. Er durfte gar nicht an die schrecklichen Jahre denken, als er gezwungen war, jegliche Art von Blut zu konsumieren, nur um zu überleben. Alkoholikerblut war da noch einer der harmloseren Varianten gewesen. Aber auch das hatte er irgendwie überlebt.
Dass dieses Blut so verführerisch für ihn duftete bedeutete, dass es perfekt zu ihm passte. Es aufzunehmen, würde ihn nicht nur am Leben erhalten, sondern ihn stärken, in jeder Hinsicht. All die großen Meister seiner Art hatten mit Glück oder durch systematisches Suchen ihr Blutmädchen gefunden, wodurch sie erst zu dem wurden, was sie am Ende waren. Genau das passende Gegenstück zu finden war jedoch äußerst selten. Unzählige genetische Faktoren mussten zusammenkommen und passen. Dinge, die ihre Wissenschaftler selbst noch nicht alle aufgedeckt hatten und noch sehr im Dunkeln tappten. Vermutlich war die Wahrscheinlichkeit, sein Gegenstück zu finden, so unwahrscheinlich wie der berühmte Sechser im Lotto.
Michael rümpfte ein wenig verächtlich die Nase, als er darüber nachdachte. Menschliches Glückspiel. Pah“
Er wollte auch lieber nicht weiter darüber nachdenken.
Vor lauter Gier hatte er ganz zu Beginn zu überhastet reagiert und sie zu sehr erregt, so dass sie gleich auf die Toilette geflüchtet war.
Er hätte sich ohrfeigen können.
Aber er hatte mit allen Mitteln sicherstellen wollen, dass sie blieb, ihm nicht davonlief. Und sie zu beeinflussen, war so einfach. Es machte ihn keine große Mühe.
Auch dies war selten. Meist war es zwar kein großes Problem, in die Gedanken der Menschen einzudringen und sie ein wenig in die gewünschte Richtung zu lenken. Und es gab auch einige, bei denen funktionierte es gar nicht. Aber so leicht war es ihm noch nie gefallen, in den Kopf des anderen einzudringen.
Leider ließ diese Macht über einen Menschen mit der Zeit meist nach. Warum, auch das wusste keiner. Man vermutete, dass die Natur es so eingerichtet hatte und es anfangs daher meist leicht war, um den ersten Biss zu gewährleisten. Dann war zumindest die Grundversorgung gesichert, wenn man so wollte.
Dass diese Fähigkeit nachließ, könnte ein natürlicher Schutzmechanismus des menschlichen Körpers sein, der sicherstellen musste, dass er nicht ständig angesaugt wurde und seine Art gesund blieb.
Allerdings nahmen die meisten Vampire stets eh nur wenig Blut. Das war ausreichend und schadete den Menschen nicht wirklich. Mysteriöse Todesfälle würden nur auf sie aufmerksam machen und deshalb ging eigentlich keiner so weit, das Leben ihrer Opfer zu gefährden.
Leider gab es immer genug unvernünftige und zu gierige Personen, auch unter seinesgleichen. Dies hatte dazu geführt, dass die Menschen schließlich doch auf ihre Spur gekommen waren. Glücklicherweise wussten sie aber praktisch nichts über Vampire und hielten sie für Ausgeburt der Fantasie. Davon abgesehen, hatte man wirklich lächerliche und alberne Vorstellungen und jede Menge Aberglauben, welcher mit der Realität nichts gemeinsam hatte. Vielleicht war das alles auch der Tatsache geschuldet, dass die auffälligen Vampire oft auch selbst ein wenig verrückt waren. Die Menschen hatten keine Ahnung, und das war ein Glück.
Genauso wenig hatte Daniela eine Ahnung, was er mit ihr trieb. Bisher hatte er nur sichergestellt, dass sie ihn attraktiv fand. Nun musste er dies noch festigen, quasi ihr Beuteschema dauerhaft verändern.
Er wusste nicht, wie lange er so ungeniert Einfluss nehmen konnte. Er konnte die Gedanken leider auch nicht lesen, sondern nur Impulse setzen und sie so in die gewünschte Richtung lenken. Daneben war er aber zusätzlich in der Lage, ihren Körper in Erregung zu setzen, was er äußerst praktisch fand.
Wenn er auch nicht wieder über das Ziel herausschießen durfte.
Er zog sie noch ein wenig an sich und streichelte ihren Rücken. Gleichzeitig sorgte er dafür, dass sie unten wieder ein wenig feuchter wurde.
Nur ein wenig, diesmal würde er langsam vorgehen.
Er pflanzte ihr den Gedanken ein, dass bisher alle ihre Beziehungen zu Männern daran gescheitert waren, dass sie zu jung gewesen waren. Nur ein Mann über dreißig war dazu fähig, eine ernsthafte und gute Beziehung mit ihr zu führen.
Natürlich war das ausgemachter Blödsinn, das wusste er selber.
Aber das passte doch auch zu den Menschen, oder? Diese hatten nur zu oft fragwürdige Glaubenssätze und furchtbare Vorurteile.
Und er musste nun dafür sorgen, dass sie ihm sicher war, dass keiner in ihrer normalen Umgebung eine Gefahr für ihn darstellte, wenn er wieder weg war.
Er ließ den Gedanken bewusst langsam in ihr wachsen, die Veränderung umschwirrte ihren Geist zaghaft, ehe er sich festsetzte. Gleichzeitig bewegte er sie sanft zum Rhythmus der Musik und lächelte sie freundlich an.
Daniela seufzte und schloss die Augen.
Michael grinste zufrieden und fachte ihre Erregung noch ein wenig an. Nun schmiegte sie ihren Kopf zaghaft an seine Brust. Erst zog ihren Körper noch etwas näher zu sich ran. Er wusste, dass sie nun Schmetterlinge im Bauch hatte.
„Michael?“ murmelte sie gedankenverloren in sein Hemd.
„Ja, was ist?“ fragte er und versuchte, einen ruhigen Ton beizubehalten.
„Ich ... ich bin froh, dass ich die Jacke vergessen hatte“. Sie lächelte selig und hielt nach wie vor die Augen geschlossen.
„Ja, ich auch. Du bist einfach wundervoll, Daniela“.
„Hm… du auch. Weißt du, ich bin wirklich erleichtert, dass du schon etwas älter bist. Da fühle ich mich einfach sicherer“.
Na also. Wie es schien, wirkte alles wie gewünscht. Trotzdem wollte er sichergehen und fragte deshalb scheinheilig: „Und es stört dich gar nicht, dass ich so viel älter bin?“
„Nein. Weißt du, so junge Männer in meinem Alter sind einfach nichts für mich. Sie sind auch nicht reif für eine Freundschaft oder Beziehung“.
„Da könntest du recht haben“.
Nun schlug Daniela doch die Augen auf und schaute Michael unsicher an. „Das ist jetzt auch noch viel zu früh, aber… Ich bin dir doch nicht zu jung, oder?“ wisperte sie ängstlich.
„Nein, mach dir keine Sorgen. Sonst hätte ich dich wohl nicht angesprochen, oder?“ versicherte er und gab seiner Stimme einen wohligen Klang. Gleichzeitig musste er sich sehr zusammennehmen, um nicht laut loszulachen. Oh, das war gewiss nicht zu früh. Sie beide würden heute noch in einem Bett landen und gewiss nicht, um einfach die Augen zu schließen und zu schlafen.
Es kostete ihm alle Selbstbeherrschung, ruhig zu bleiben und dem Impuls, die Zähne herauskommen zu lassen, zu unterdrücken. Bald schon, bald würde es soweit sein.
Stattdessen bewegte er sich weiter und sorgte dafür, dass ihr Herzklopfen und ihre Feuchte ständig, aber auch langsam zunahmen. Es musste natürlich für sie wirken.
Er hätte sie auch in ihrem jetzigen Zustand schon abschleppen können. Da er sie aber an sich binden wollte, musste er dafür sorgen, dass sie es schier nicht mehr aushielt. Sie würde sich so verliebt fühlen wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Und als Clou würde er sich wie ein Gentleman benehmen und sie würde ihn um ein Schäferstündlein bitten. Dafür würde er sorgen.
Weiter hatte er aber auch nicht vergessen, dass sie studierte. Auch hier musste er vorbeugen. Sie würde zwar nur noch Männer jenseits der Dreißig attraktiv finden, aber gegenüber Dozenten oder sonstige Beschäftigten an der Universität würde sie ab sofort eine Abneigung empfinden.
Höchst zufrieden war er mit sich, als er diese Einstellung in sie hineinpflanzte. Er glaubte zwar nicht, dass all seine Sicherheitsvorkehrungen wirklich notwendig waren, aber es beruhigte ihn einfach, wenn er hier einen doppelten Boden einbaute.
Und wie lange er dieses Spiel so einfach treiben konnte, wusste er nicht.
Wobei es nicht wirklich klar war, wer hier wen beherrschte. Ihr Duft war so betörend, dass er immer wieder schlucken musste. Er wusste, dass auch er nicht mehr von ihr loskommen würde. Er selbst begehrte sie ohne irgendwelche Tricks. Und das beinhaltete bei seiner Rasse immer beide Aspekte: der Durst nach Blut und das sexuelle Verlagen.
Mit den Jahren hatte er jedoch gelernt, beides notfalls auch unterdrücken zu können. Aber Daniela machte es ihm sehr so schwer – nicht nur bei den Fangzähnen, auch bei seinem besten Teil musste er sich konzentrieren, um es in Schach zu halten. Und der enge Körperkontakt half ihm dabei auch nicht wirklich.
Er mochte sie mental beherrschen, sie jedoch hatte ihn ebenso in seiner Gewalt, ohne dass sie irgendwelche Tricks anwenden musste.
So wiegte sie noch einige Takte mit der Musik. Sie schmiegte sich an sich und er spürte ihren schnellen, aufgeregten Herzschlag. Was dazu führte, dass sich seiner ebenfalls beschleunigte.
Ja, auch seine Spezies hatte durchaus ein Herz und andere innere Organe, wenn auch das in den Geschichten oft anders dargestellt wurde. Überhaupt waren sie den Menschen sehr ähnlich. Sonst hätten sie ja wohl auch kaum unerkannt unter ihnen leben können.
Die Musik verebbte langsam und der DJ legte nun wieder etwas Schwungvolleres auf. Kurz überlegte er sich, ob er hier ebenfalls eingreifen sollte, verwarf es dann aber. Die arme Frau war schon durcheinander genug.
Daher ergriff er ihre Hand und führte sie langsam zu ihrem Platz zurück. Auch ohne sein Zutun bemerkte er erfreut, wie sich ihre Aufregung weiter vergrößert hatte. Sie hatte glühende rote Bäckchen, als sie wieder an ihrem Platz saß.
„Ist dir nicht gut?“ fragte er mitfühlend.
Sie schüttelte etwas verlegen den Kopf. „Nein, alles in Ordnung. Ich bin nur etwas durcheinander“.
Natürlich war sie das. Und als kleine Zugabe sorgte er nun nochmals für etwas mehr Erregung und Durcheinander.
Daniela war jetzt an einem Punkt, dass sie es nicht mehr aushielt, ruhig zu sitzen. Unruhig rutschte sie auf dem Stuhlpolster hin und her.
Gut, dass er schon gezahlt hatte, daher konnte er folgenden Vorschlag machen: „Was meinst du, sollen wir kurz nach draußen gehen? Hier ist es doch etwas stickig“.
Strenggenommen war es das nicht wirklich. Die Belüftung war ausgesprochen gut. Aber darauf kam es ja auch nicht an. Beide benötigten dringend etwas frische Luft, um sich abzukühlen.
Statt direkt zu antworten, sprang sie geradezu vom Stuhl hoch. Michael beeilte sich und trat an ihre Seite. Höflich half er ihr, in ihre Jacke zu schlüpfen und reichte ihr auch die Handtasche. Wahrscheinlich hätte sie sie in all ihrer Aufregung doch tatsächlich vergessen.
Er setzte bewusst ein freundliches Lächeln aus und begleitete sie galant zur Türe, die er selbstverständlich aufhielt.
„Nach dir, Daniela“.
Sie lächelte ihn etwas unsicher an, ehe sie vor ihn trat und mit unsicheren Schritten ins Freie trat. Michael folgte ihr stehenden Fußes.
Draußen wehte ein leichter Wind, aber es war trotzdem angenehm war. Die Türe fiel schwer ins Schloss.
Die Frau war mittlerweile dermaßen erregt, dass er es durchaus für möglich hielt, dass auch eine menschliche Nase dies durchaus hätte riechen können, durch den Stoff ihrer Hose hindurch.
Der Mann trat dicht hinter sie, legte beide Hände auf ihre Schultern und drehte sie langsam um.