nachgeschrieben am 12.12.19 von 8:00 bis 9:00
Die Reifen drehten bereits die letzten zehn Minuten dauerhaft durch, aber mein Vater ließ nicht locker. Immer wieder gab er Gas, bis der Motor aufjaulte. Der Wagen bewegte sich trotzdem keinen Zentimeter auf den mit Schnee bedeckten Straßen.
»Dad, lass es endlich gut sein!«
Ich hatte das Ganze satt. Moms Weihnachtsbaum in einer Nacht- und Nebelaktion zu klauen, damit sie ohne dastand ... ihr Rosenkrieg brachte keinen Sieger hervor, nur Verlierer. Den größten Schaden trug mein kleiner Bruder Simon davon, der immer noch an den dicken, rotgekleideten Typen im Schlitten glaubte und sich so sehr auf die Geschenke unter dem funkelnden Baum freute.
Das Teil war bald bis in die Spitzen tiefgefroren, weil die Äste aus dem Dach und den Fenstern des roten Käfers herausbaumelten. Mein Vater hatte in seinem spontanen Einfall nicht an ein geeignetes Gefährt gedacht. Was zu erwarten war ...
Ich gab mir einen Ruck und schlitterte auf die Straße zum heruntergelassenen Fahrerfenster. Dad klammerte sich mit verzweifelter Miene an das Lenkrad, dass er mir schon irgendwie leidtat. Er wusste es nie besser. Versuchte es nie mit einem normalen Gespräch und bevor er sich eingestand, wie sehr ihn der Neue an Moms Seite zusetzte, sprang er wohl von der nächsten Brücke.
»Weißt du, Noah ist gar nicht so übel, wie du glaubst.«
Kaum zu glauben, dass ich mal für ihn in die Bresche sprang. Wir standen uns nicht nahe. Ich wusste nur, dass Simon ihn mochte und ihn in dieser Situation brauchte. Auf Mom und Dad, nicht einmal auf mich, war da Verlass.
Jetzt stand ich hier im Schnee und sah ins Gesicht meines Erzeugers, das er schwer atmend ans Lenkrad drückte. Ich kam mir in der Sekunde nicht vor wie sein Sohn. Ich fühlte mich auch ihm nicht nahe. Eher wie ein Fremder, was ich bereits die letzten zehn Jahre über von mir dachte. Ich sah diesem Theater schon lange zu.
Zu lange.
»Ruiniere Simon das Fest nicht genauso, wie du es mir vermiest hast.«
Ich machte auf dem Absatz kehrt, um nach Hause zu gehen, ehe es kein Zurück mehr gab. Diese Büchse der Pandora öffnete ich nicht mehr. Mir blieb nur zu hoffen, dass Dad diesmal die richtige Entscheidung traf.