nachgeschrieben am 23.01.20 von 9:40 bis 10:40
»Sion ist also verheiratet.«
Das war nicht unbedingt das Erste, was Féan an diesem Morgen hören wollte, als er das Portal zur Menschenwelt hinter sich ließ. Ein Mitglied der Kirche wartete bereits mit einem Becher auf ihn, in dem sich vermutlich das scheußlichste Getränk befand, das es gab.
»Es ist mehr Alkohol als Kaffee enthalten«, bemerkte sein Gegenüber mit einem Lächeln und Féan fand, dass sie einander inzwischen zu gut kannten. Er nahm das Getränk entgegen und nippte daran. Als ihn Stephans erwartungsvoller Blick begegnete, rang er sich ein Urteil ab, weil auch Reden nicht nach seinem Sinn stand.
»Annehmbar.«
Im Grunde versuchte der Paladin nur, ihn milde zu stimmen, weil er um seine schlechte Laune wusste. Die Kirche entsandte immer nur Stephan. Er hatte den Jungen schon gekannt, als dieser noch in den Windeln steckte. Jetzt stand vor ihm ein erwachsener Mann, der leider Gottes genauso einer wie sein Vater geworden war. Ein Paladin ... er verzog das Gesicht nicht nur wegen des grässlichen Geschmacks in seinem Mund.
»Mein Bruder wusste schon immer, wie er mich ärgern kann. Zugegeben, er hat mich mit seiner Entscheidung überrascht. Ich hätte nie gedacht, dass dieser Hexenmeister ihm eine neue Chance gibt, geschweige denn eine Hochzeit anstrebt.«
Es wagten nicht viele, seine Autorität in der Familie zu untergraben und er hatte begonnen, den Mann zu mögen. Bei passender Gelegenheit besuchte er sie, um sich ein besseres Bild von ihm zu machen.
Doch zuerst gab es Wichtigeres zu tun, was ihm noch weniger schmeckte als dieses Gesöff in der Hand.
»Ich verstehe nicht, warum dein alter Herr mich um ein Treffen bittet. Die jüngsten Überfälle gehen nicht auf Lasten meiner Familie.«
Die Baltairres hielten sich an die vor Jahrhunderten getroffenen Abmachungen mit dem Rat und der Kirche. Bis auf Sion und sein Vater, von dem ihm nur Letzterer Kopfzerbrechen bereitete.
»Vater erhofft sich neue Erkenntnisse. Außerdem will er dich fragen, ob du Pate meiner Schwester sein möchtest, aber das hast du nicht von mir gehört.«
Stephan zwinkerte ihm mit einem breiten Grinsen zu, dass ihm vor lauter Verblüffung der Mund offen stehen blieb. Dann jedoch lachte er leise.
Er wurde wohl zu alt, wenn es einem Menschen gelang, ihn hereinzulegen. Darüber konnte er sich nicht einmal ärgern. Im Gegenteil er freute sich auf ein Wiedersehen mit seinem alten Freund.
»Ich sollte mich wohl überrascht geben«, murmelte er mit Blick in seinem Becher, ehe er ihn in den nächsten Busch warf. Der junge Paladin beobachtete ihn derweil amüsiert.
»Wenn du mich nicht in Teufels Küche bringen magst, ja.«
Das wäre das Letzte, was er mit Stephan anstellen wollte, aber das blieb sein Geheimnis.