nachgeschrieben am 06.02.20 von 18:05 bis 19:05
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sich die Haustür öffnete und ihm der wohlbekannte Geruch nach ungewaschenem Körper und Gras in die Nase kroch.
»Wundert mich, dass Sandra dich noch zu mir lässt.«
Er trat ohne ein Wort der Begrüßung in das Loch ein, das sein Vater Wohnung nannte und stellte die Einkäufe auf den Küchentisch. Er zwang sich, nicht genau auf seine Umgebung zu achten. Den bewusstlosen Kerl auf dem Sofa ebenso gekonnt zu ignorieren, wie die Nadel, die noch in dessen Arm steckte. Bekannte seines Vaters schliefen hier immer mal wieder ihren Rausch aus, doch bis vor ein paar Wochen, hatte der noch drauf geachtet, dass er keinen von denen hier bei den Besuchen vorfand.
Sandra wollte zurecht nicht, dass er hierher kam. Manchmal wünschte er sich, er könnte einfach wegbleiben, doch ohne den wöchentlichen Einkauf ...
»Sie ist nicht begeistert«, erklärte er, ehe er sich zu seinem Vater umdrehte. Blutunterlaufene Augen und wie eh und je frische Einstiche auf dem gesamten Arm verteilt. Er wandte den Blick ab.
»Wie ich höre, spielst du immer noch dieses bescheuerte Lied von Krijo Stalka ab.«
Weißer Nebel – ein Lied, das er zu hassen gelernt hatte. Beschrieb den Zustand wohl am besten, in dem sich sein Vater rund um die Uhr befand.
»Ja, weißt du ...«
»Du musst dich mir gegenüber nicht rechtfertigen«, unterbrach er den älteren Mann, der sich gerade so aufrecht auf den Beinen halten konnte. Der sich gegen den Türrahmen lehnte, weil er eine Stütze brauchte. »Ich hab nächste Woche ein Spiel, falls du kommen magst.«
Instinktiv wusste er, dass sein Vater nicht kommen würde. Es gelang ihm nie, sich an Verabredungen zu halten, weil er dafür viel zu high war. Den Vorschlag machte er trotzdem wieder und wieder, in der Hoffnung, dass er diesen Mann mal auf der kleinen Tribüne entdeckte.
»Ja, mal sehen«, kam die Antwort, mit der er gerechnet hatte und ihn ebenso verletzte wie verärgerte. Er schluckte eine bissige Bemerkung hinunter, während er sich aus der Einkaufstüte eine Flasche Mineralwasser nahm.
»Ist ein Angebot. Ich muss jetzt zum Training.«
Er hielt keine Minute länger in dieser Wohnung aus. Auf dem Weg zur Haustür blieb er nicht einmal stehen, als sein Vater die Hand nach ihm ausstreckte.