Er hatte seine Augen schon eine Weile geschlossen. Seine Augenlider waren entspannt und auch in seinen den Brauen war keine Spannung mehr zu spüren. Sein Atem ging langsam, tief und ruhig. War er eingeschlafen? Ein stilles Lächeln legte sich über ihre Lippen.
Ein letztes Mal fuhr sie an seinen Wangen entlang. Verharrte für einen Moment mit den Fingerspitzen über seiner warmen Haut. Wenn er tatsächlich schlief, wie sollte sie dann aufstehen? Sie unterdrückte ein Seufzen. Sah wieder auf sein Gesicht. Ihre Hände unwillkürlich wieder um seine Wangen gelegt.
Er sah so… friedvoll aus. So harmlos. Ungefährlich.
Ein absurder Gedanke stahl sich in ihren Kopf. Doch so sehr sie es auch versuchte, er ließ sich nicht vertreiben.
Vorsichtig schob sie ihre Hände an seinem Gesicht herunter, die Fingerspitzen unter seinem Unterkiefer, ließ ihre Daumen über seine Oberlippe gleiten. Und schob sie langsam nach oben.
Eine Reihe gerader, perlweiser und frustrierend menschlicher Zähne blitzten ihr entgegen. Kurz darauf auch ein Blick aus müden, irritiert dreinblickenden Augen.
„Was soll das werden?“, fragte er und wirkte etwas lächerlich dabei, klemmte seine Oberlippe doch noch immer unter ihren Daumen.
„Huh“, meinte sie nur mit einem Seufzen und einem Schulterzucken. Sie nahm ihre Daumen endlich aus seinem Gesicht und blickte unbeeindruckt in seine zusammengekniffenen Augen zurück. „Keine Reißzähne.“
„Natürlich nicht“, brummte er, ohne seinen Blick von ihr zu lösen.
„Aber nicht immer, oder?“
Seine Brauen rückten etwas tiefer zusammen. „Nein.“
„Zeig mal.“
„Was?“
„Deine Reißzähne.“ Sie wusste zwar, dass seine Frage nicht wirklich dem Was, sondern mehr dem Warum gegolten hatte. Dennoch. Breit grinsend wartete sie auf seine Antwort.
„Nein.“
„Warum?“
„Was ist los mit dir?“
„Wo liegt das Problem?“
Eine kurze Pause entstand. Die Brauen gehoben, die Mundwinkel kaum merklich zuckend, überlegte er. „Du bist ziemlich frech geworden.“
Nun hob sie die Brauen.
„Zeig mir dein zweites Gesicht. Los.“
„Mein was?“
„Dein anderes Gesicht. Zeig es mir. Ich will es sehen.“
„Ich habe kein ‚zweites Gesicht‘.“
„Du bist doch ein Dämon, richtig? Du kannst deine Gestalt verändern, ja?“
Wortlos sah er sie immer noch mit gehobenen Brauen an.
„Bitte.“
„Nein.“
„Warum nicht?“
Die Hände immer noch um sein Gesicht gelegt, spürte sie die deutliche Anspannung in seinem Kiefer. Sah, wie seine Lippen immer schmaler aufeinanderpressten, während seine Augen immer weiter wurden. Ein beinahe gefährliches Funkeln lag darin. Doch sie erkannte mehr Irritation, als Ärger.
„Tut es weh?“
„Was?“
„So eine Verwandlung?“
Seufzend – oder war es ein Schnauben? – verdrehte er die Augen.
„Was ist los mit dir?“, fragte er. Mit Ernst in der Stimme. Aber sanft. Aber ernst.
„Mir… ist langweilig“, meinte sie nach einem langen Seufzen und tiefen Durchatmen.
„Ja…“, meinte er und seufzte ebenfalls. „Es macht dich wahnsinnig.“
„Ja, es mach einen…- Moment. Wie bitte?“
Nun war er es, der ihr schmal grinsend und mit einem frechen Funkeln in den Augen entgegenblickte.
„Ha-ha“, knurrte sie leise und verschränkte ihre Arme vor der Brust.