Es wurde eng im Rüstungsraum, als alle gleichzeitig ihre Alltagskleidung gegen die Kampfausrüstung tauschten und ihre Waffen vorbereiteten.
Araz mied den Blick zu Rove. Nach ihrer vorigen Reaktion, wollte er sie nicht unter Druck setzen. Es beschäftigte ihn immer noch, wie sie ihn zuletzt angesehen hatte. Er spürte ihren Blick auf sich, bemerkte ihn immer wieder aus den Augenwinkeln. Kurz und heimlich, doch ihm entging es nicht. Und auch wenn er sie nie direkt betrachtete, war die Anspannung in ihrem Körper nur zu deutlich zu erkennen. Wenn er wollte, konnte er sogar ihren erhöhten Herzschlag hören, das Rauschen in ihren Adern. Rückblickend betrachtet hätte er den Mund halten sollen. Hätte er gewusst, was es in ihr auslöste… Er schob den Gedanken beiseite. Nicht nur das. Er war wahrscheinlich ihr geringstes Problem, nachdem, was sie eben erfahren hatten.
Er schloss seinen Spind und bewegte sich aus dem Raum.
„Es tut mir leid, falls ich dich vorhin erschreckt habe.“
„Araz, jetzt ist kein guter Zeitpunkt.“
„Ich wollte mich nur entschuldigen, falls ich dich…“
„Schon gut. Wir haben eine Mission. Konzentrieren wir uns darauf.“
Mit einem kühlen Seitenblick aus den Augenwinkeln beendete Rove das Gespräch und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder in die Mitte des Raumes. Sie saßen in zwei Reihen im Shuttle, eine gegenüber der anderen. Beim Einsteigen hatte es sich so ergeben, dass er und Rove nebeneinander saßen, was unter anderen Umständen sicherlich kein Problem gewesen wäre, nun aber... für zusätzliche Spannungen sorgte.
„Alles in Ordnung bei euch beiden?“, fragte William, der Roves bissigen Unterton bemerkt haben musste. Sein Blick wanderte zwischen Araz und Rove umher, eine Braue Fragend erhoben.
„Bestens“, schnaubte Rove und straffte ihre Schultern.
William wartete einen Moment, ob noch mehr kommen würde, doch weder Araz, noch Rove hatten das Bedürfnis, zu sprechen.
„Ich möchte, dass du mich begleitest, Araz“, beschloss William einen Augenblick später. „Ashley und Raveen bilden das zweite Team. Rove und James das dritte.“
Er ließ eine Abbildung des Einsatzortes in ihrer Mitte einblenden und erklärte anhand dessen, wo welches Team seinen Einsatz beginnen würde.
William würde sich mit Araz auf die dortige Einsatzzentrale konzentrieren, während Ashley mit Raveen die Baracken absuchen sollte. Rove und James sollten sich zum Bunker aufmachen.
„Dieser Außenposten ist beinahe so groß, wie der Hauptstützpunkt. Auch sie haben hier Zivilisten aufgefangen. Mit etwas Glück, finden wir sie in den Bunkereinrichtungen wohlbehalten vor“, erklärte William und ließ den entsprechenden Bereich der 3D-Abbildung vergrößert erscheinen. „Rayya und Jonathan halten sich auf der Yarita bereit, Überlebende in Empfang zu nehmen.“ Damit verschwand die Kartierung der Bunkereinrichtungen, ein neuer Bereich wurde eingeblendet. „Laut Informationen, die das Hauptquartier übermittelt hat, haben sie hier Leitsysteme für eine Rakete.“
„Eine Rakete?“, fragte Ashley und hob dabei beide Brauen.
„Eine der letzten, die noch gebaut wurden, bevor Luftschiffe sie ersetzt haben.“
„Mhm…“, drang es aus James.
„Aber, was könnten sie damit wollen?“
William zuckte die Schultern. „Noch wissen wir ja nicht, wer den Angriff getätigt hat und worum es ging. Das hier sind nur ein paar Anhaltspunkte, einige Dinge, in denen sich dieser Stützpunkt von anderen unterscheidet. Aber ob irgendwas davon ausschlaggebend war, bleibt abzuwarten.“
Der restliche Flug mit dem Shuttle verlief schweigsam. Die einzigen Worte, die noch gewechselt wurden, kamen wieder von William, der die Gruppen noch einmal in ihren jeweiligen Einzelheiten briefte, bevor sie sich am Boden aufteilen würden. Ashley und Raveen verließen zuerst das Shuttle, an der nächsten Station setzten sie Rove und James ab und an der letzten stiegen William und Araz aus.
Was sie im Außenposten vorfanden war… verheerend. Wie William es angekündigt hatte. Nachdem sie sich aus einiger Entfernung zu Fuß genähert hatten, um mögliche Überwachungen des Feindes zu umgehen, war das, was sie nun vorfanden, niederschmetternd.
So musste es William und den anderen ergehen, während sie das Gelände abgingen. William gab sich alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Doch seine sonst so stramme Haltung wirkte eingefallen und angespannt zugleich. Araz folgte ihm in geringem Abstand über das Gelände und schließlich durch die Räume, in denen es an jedem Winkel von Gewalt zeugte. Beinahe überall waren Blutspuren zu finden und nicht einer der vielen Soldaten, die sie vorfanden, war noch am Leben. Obwohl Araz‘ Empathie für diese Leute nicht besonders weit reichte, spürte auch er die Bedrückung, die die Situation mit sich brachte.
„Alles sauber, keine Überlebenden“, waren auch die Ansagen, die sie von den anderen beiden Gruppen erhalten hatten.
Auffällig war, dass sie nur Überreste der hiesigen Besatzung vorfanden – und nicht eine Leiche eines Feindes. Dabei musste es Kämpfe gegeben haben, nach all den Spuren, die die Räume zeichneten.
William machte sich daran, die Systeme wieder hochzufahren um zu überprüfen, ob und was der Feind hier gesucht haben könnte und vielleicht doch noch über Überwachungskameras ein Bild des Feindes zu bekommen.
„Ich glaube nicht, dass jemand hier war…“, setzte Araz an, während William sich in das System hinein arbeitete.
„Wie kommst du darauf?“
Araz straffte die Schultern und kniete sich zu einer der Leichen im Raum hinunter, musterte sie eingehend, während er antwortete. „Ich rieche nichts, außer den Leuten, die sich hier befinden.“
William musterte ihn nur kurz mit erhobener Braue, schüttelte schließlich den Kopf. „Für einen Moment habe ich vergessen, dass du nur aussiehst, wie ein Mensch.“
Nur wenige Augenblicke später hatte er die Systemfunktionen wiederhergestellt. „Yarita und Teams, ich öffne einen Übertragungslink auf eure Monitore. Wir sehen die letzten Aufnahmen der Einrichtung“, kündigte William an.
Araz trat zu ihm und William ließ die letzten Aufzeichnungen des Außenpostens durchspielen.
„Q’ulai failas“, erklang Rayyas gebrochene Stimme durch die Kommunikatoren.