Es war kein Ungetüm, was nach Tiibwi gegriffen hatte. Es war ein Seil, was an einer Tanne festgebunden gewesen war. Jemand war wohl auf der Jagd gewesen. Dhunya zögerte nicht lange und machte dem armen Baum schnell mit ihrer Axt den Garaus - mit Tiiwbi dran. Die war dann zwar mal zur Abwechslung auf den Kopf gefallen, aber das hat zumindest die zeitweise auftretenden Schlafmonnen wieder verschreckt. Als Rheeji nur ein paar Schritte weiter in eine ähnliche Falle tappte, erwies sich Dhunya als äußerst lernfähig und - hakte die Tanne wieder kurz und klein. Natürlich mit gleichem Effekt.
Meine fast schon reflexartige Predigt blieb mir aber im Hals stecken, als sich Geräusche näherten. "Tak-tak" machte es. Irgendwer vermutete einen Vogel. Und was für einer das war. Aber eins nach dem anderen. Erstmal wollte ich die Dunkelheit vertreiben. Meine tolle Fackel war durch den Steinschlag ja leider abhanden gekommen, aber neben mir lag ja noch die von Dhunya geköpfte Tanne mit haufenweise Nadeln. Rheeji war inzwischen schon raus aus dem Nadelhaufen, also schnappte ich mir meinen Feuerstein, brüllte eine kurze Warnung und fackelte ihn an. Das Licht offenbarte uns Fußspuren, die um die Tanne herum weiter weg vom Steinschlag führten. Offensichtlich war wirklich ein menschliches Wesen für das Abrutschen der Geröllmassen verantwortlich gewesen. Natürlich wollten alle derdiedas Verantwortlichenees finden und stürmten voran. Eigentlich alle soweit vorsichtig, weil wir ja nun die Fallen kannten - bis auf Dhunya. Die hopste im "Herausforderungstanz" voran und fand zielsicher eine Bärenfalle, die ihr Bein umkrallte. Glücklicherweise zückte Rheeji sofort den Schlüssel zum Öffnen der Falle und widerstandsfähig, wie Dhunya nun mal ist, humpelte sie auch sofort weiter...
...zu einer Hütte auf der Lichtung, die wir in dem Moment entdeckt hatten. Wie von der Gefangennahme von Pfret gelernt, verschaffte sich Dhunya Zutritt über das Fenster an der Rückseite der dunklen Hütte, während Tiibwi an einem ausgestopften Qutrub vorbei die Tür wählte. Offensichtlich fanden beide sich in der Hütte wieder. Dhunya legte sich ins Bett auf einem Haufen Speeren für ein kurzes Nickerchen hin. Tiibwi durchsuchte die Hütte und fand ausgestopfte Ziegen und allerlei Waffen und Fallen. Und einen Kochtopf mit einem halbgar gekochtem Fuß. Gewürzt. Mit Socken und Schuh. Von einem Zwerg. Lecker.
Gleichzeitig stand der Rest draußen etwas unentschlossen am Waldrand. Die Entschlossenheit tauchte sofort wieder auf, als ein "Tak-tak" uns umrundete und schließlich im Wald verschwand. Rheeji stürmte sofort hinterher, Njola im Schlepptau, um (wie sie betonte) zusammenzubleiben. Dummerweise konnte ich mich nicht so recht entscheiden, bei welchen Verrückten ich zusammenbleiben wollte und blieb allein stehen. Okay, mit Rikhon. Aber der war in seinem Geistzustand ja auch nicht wirklich kampffähig. Meine Entscheidungsnot legte sich bald, als Dhunya und Tiibwi nun ebenfalls in den Wald stürmten, weil das Taktak anscheinend gerade Rheeji und Njola attackierte. Das war nämlich kein Vogel, sondern ein Zwerg. Oder sowas ähnliches. Ein Trapper, der... ein bisschen irre geworden war und alles verspeiste, was er kriegen konnte.
Es entbrannte ein wilder Kampf, in dem ich mehr als verloren mittendrin stand. Glücklicherweise war ich für Taktak nicht appetitlich genug, sodass ich geflissentlich ignoriert wurde. Der Typ war einfach zu gruselig. Und seine Fallen waren überall. Rheeji fiel in eine Fallgrube mit Speeren hinein, konnte sich aber gerade noch so an der Wand abfangen. Die Felle, die der dürre Zwerg sich umgehangen hatte, fingen viele Attacken ab. Aber irgendwann war der Typ tatsächlich tot.
Nach einem Durchatmen holten wir die letzte Tonvase von Amari und sperrten den Geist von Taktak darin ein. Natürlich musste Dhunya noch looten und fand ein Fläschen mit einer schwarzen, dickflüssigen Substanz drin. Unser Lieblingsdämon Steppenbrand erschien und riet uns, vorsichtig damit umzugehen, weil das Gift den "eisernen Zahn" in den Wahnsinn getrieben hatte. Da wir nun alle Gefahren der Nunya erledigt hatten, gab uns Azika unseren Lohn für die Mühen. Für jeden von uns ein Shadhavar, ein elegantes Reittier mit einem verzweigten Horn. Die sind in der Wüste sehr schnell und trittsicher, aber reiten nur ohne Sattel und Taschen. Und dazu reichte der Dämon noch das Amulett von Wajbaqwinat. Das soll sich angeblich nach und nach mit Energie des Landes aufladen und kann dann eine mächtige Waffe hervorbringen. Sehr geheimnisvoll.
Schließlich spürte Rikhon, wie seine Energie sich langsam erschöpfte. Dhunya, immer noch im Rausch der Erlebnisse, tat das, was sie wahrscheinlich schon lange erträumte: sie ging vor Rikhon auf die Knie! Und der sagte natürlich auch noch ja! Im Schein der drei vollen Monde tauchte Kalaris, der Entdecker von Wajbaqwinat auf, und bot sich eher ungefragt als Vollstrecker der Ehe an. Im naheliegenden wäldlichen Thema stieg Kalaris auf eine umgefallene Tanne für seine salbungsvollen Worte und Rheeji suchte eifrig Tannennadeln als Wurfmaterial. Währenddessen tauschten Dhunya und Rikhon einen Gegenstand, der die Liebe zueinander ausdrücken sollte. Rikhon wählte das Amulett der Verbundenheit und schwor Dhunya ewige Treue. Dhunya wählte das "Amulett der Verbundenheit und den Gordischen Igittseilknoten in Erinnerung an jene ersten Abenteuer, wo dieses Seil so wie ihre Liebe entstand und wo diese Liebe über all die Zeit wuchs, sich verschlang bis sie wie dieser Knoten unlösbar, unzerstörbar und unzertrennbar wurde" [das kann man nicht besser umschreiben, deswegen zitiere ich mal]. Sie besiegelten ihre Ehe im letzten Moment mit einem Kuss voller Inbrunst, bevor Rikhon sich nicht mehr an diese Welt binden konnte. Mit Tränen in den Augen nahm Dhunya Abschied von ihrem Wabawi, der sich in seiner typischen Art auf sein Geister-Shadhavar schwang und in die Wolken ritt.
Eine Gedenksekunde später schlug Tiibwi die typische Tradition des Hochzeitsabfackelns vor. Sie rette noch eine ausgestopfte Ziege als Hochzeitsgeschenk für Dhunya und legte in der Hütte des wahnsinnigen Trappers Feuer. Der Leichnam wurde so auch ein für allemal von der Erde getilgt. Rheeji stieß (etwas hochzeitstypischer) mit Qbak auf die Ehe an. Und so war der Anfang auch gleichzeitig das Ende.