Es war Freitagmittag und die erste Studienwoche neigte sich dem Ende entgegen. Ich hatte mich sehr auf Annie und die Tutorengruppe an diesem Tag gefreut. Denn die Gruppe erschien wir so etwas wie ein sicherer Hafen. Dort würden wir Hilfe bekommen. Dort würden wir über alle die Fragen sprechen können, die uns in den Vorlesungen gekommen waren. Denn eines war mir schnell klar geworden: Das Jurastudium ist eine zumindest anfangs extrem trockene Angelegenheit. Viel Theorie und wenig Lebensnähe, das war meine Befürchtung.
Als Annie die Sitzung der Tutorengruppe geschlossen und uns pünktlich um 15:45 Uhr verabschiedet hatte, packte ich meine Tasche und wollte gerade den Seminarraum verlassen. Da stand plötzlich Paula neben mir und sprach mich an: „Ein tss-o schöner warmer Herb-tss-ttag heute!“ Ja, da hatte Paula Recht. Es hatte 22 Grad und die Sonne hatte den ganzen Tag geschienen. Für das Wochenende war allerdings schon wieder Eintrübung und am Sonntag kühles Wetter mit Regen vorhergesagt. „Da-tss i-tss-t bestimmt da-tss let-tss-te Mal in die-tss-em Jahr, da-tss wir nochmal drau-tss-en tss-it-tss-en können. Da gibt e-tss doch die-tss-en Biergarten an der Neckarwie-tss-e. Ha-sst Du Lu-tss-t, noch etwa-tss trinken und ve-tss-pern tss-u gehen?“
Ich war überrascht, dass Paula mich ansprach. Ich war nicht darauf eingestellt. Andererseits: Was sprach dagegen, noch ein bisschen mit der Kommilitonin abzuhängen? Eigentlich gar nichts. Ich hatte in diesem Moment ja auch nichts Besseres vor.
„Du mu-tss-t nicht, Marcu-tss! Fühle Dich nicht verpflichtet! Bestimmt ha-tss-t Du ja schon etwa-tss vor. Aber ich dachte halt, wenn wir nun schon tss-u-tssa-mmen studieren und in der-tss-elben Tutorengruppe tss-ind… Ich dachte, e-tss wäre schön, wenn wir un-tss etwa-tss kennenlernen würden!“
„Ja, gute Idee“, sagte ich spontan, ohne groß nachzudenken. „Spricht nichts dagegen! Habe gerade eh nichts geplant. Und es ist echt schön draußen! Lass uns gehen und die Zeit nutzen, bis es kalt und dunkel wird.“
Paula strahlte: „Okay! Ich freue mich, da-tss Du mitgeh-tss-t. Dann bin ich nicht tss-o alleine!“ Auf dem Weg zum Biergarten sprachen wir über unsere erste Studienwoche, über die nicht vorhandenen pädagogischen Fähigkeiten der Professoren und dass es Annie in unserem Tutorat gar nicht schlecht anstellte.
„Ein Pils und einmal SchniPoSa für mich bitte“, bestellte ich bei der Bedienung. Paula wollte ein Cola light und einen großen Salatteller haben.
„Mit meinem Diabete-tss tss-oll ich kein Bier trinken“, sagte Paula entschuldigend. „Aber ich mag da-tss eh nicht tss-o. Cola i-tss-t mein Liebling-tss-getränk. Und beim E-tss-en bin ich auch eingeschränkt. Wenig Kohlenhydrate, dafür viel Tss-alat und Gemü-tss-e. Bevor der Diabete-tss bei mir au-tss-brach, habe ich die Pomme-tss geliebt. Ich beneide Dich drum!“ „Kannst Dir welche bei mir stibitzen, wenn Du möchtest“, bot ich Paula großzügig an.
„Ein oder tss-wei tss-um Probieren, aber nicht mehr“, sagte Paula entschlossen. „Ich brauche viel Di-tss-tss-iplin mit die-tss-er Krankheit. Gro-tss-e Schwankungen im Blut-tss-uckerspiegel mu-tss ich nach Möglichkeit vermeiden.“
Paula schob den rechten Ärmel ihres Shirts nach oben und zeigte auf ein münzgroßes kleines Plättchen, das an ihrem Arm klebte. „Da-tss i-tss-t der Me-tss-tss-en-tss-or, der laufend meinen Blut-tss-uckerspiegel überwacht. Er steuert auch, wie viel In-tss-ulin ich brauche und tss-orgt dafür, da-tss die In-tss-ulinpumpe jeder-tss-eit die richtige Menge in meine Bauchdecke inji-tss-iert.“
Ich hörte aufmerksam zu, schien aber einen ungläubigen Eindruck zu machen. „Ich kann e-tss Dir tss-eigen“, fuhr Paula fort. „Schau hier“, sagte sie und schob ihr Shirt am Bauch ein Stück nach oben, fast bis zu ihrem BH und den üppigen Brüsten. „Da tss-iehst Du die In-tss-ulinpumpe mit der Steuerung in dem Kä-tss-tchen an meinem Gürtel und da-tss i-tss-t die Kanüle in meinem Bauch.“ Paula deutete auf eine Art Pflaster, das oberhalb ihres Bauchnabels klebte und durch einen dünnen Katheterschlauch mit dem Kästchen verbunden war.
„Stört Dich das nicht? Und tut das nicht weh?“ wollte ich neugierig wissen. „Nein, da-tss i-tss-t in-tss-wischen tss-o tss-elb-tss-tverständlich für mich, da-tss ich nicht-tss mehr davon spüre und e-tss auch nicht wirklich stört. Und tss-elb-tss-t wenn, ich brauche da-tss In-tss-ulin in der richtigen Menge tss-um Leben – und damit ba-tss-ta!“
Paula hatte mich neugierig gemacht. Also fragte ich sie: „Und wie ist es mit dem Hören bei Dir? Bei Deiner Vorstellung im Tutorat hast Du erzählt, dass Du schwerhörig bist.“ Paula verzog den Mund. „Einfach nur schlecht! Ohne meine Hörgeräte verstehe ich leider viel -tss-u wenig. Ich bin, wie der Doc tss-agt, mittelgradig schwerhörig. Ich habe eine Hörminderung von vier-tss-ig Pro-tss-ent. Ohne Hörgeräte kann ich nur unter grö-tss-ter Anstrengung ein Gespräch verfolgen. Ich bin tss-o dankbar, da-tss ich die beiden Dinger habe und damit tss-o halbweg-tss da-tss mei-tss-te verstehen kann.“
Paula bemerkte, dass ich interessiert auf eines ihrer Hörgeräte schaute. Sie griff hinter ihre Ohrmuschel und zog es behutsam aus ihrem Gehörgang heraus. „Schau, da-tss i-tss-t da-tss kleine Teil, da-tss die Töne verstärkt“, sagte Paula und zeigte auf das kleine pinke Gerät, das sich hinter ihrer Ohrmuschel befunden hatte. „E-tss i-tss-t ein tss-ogenanntes Hinterdemohrgerät. Und da dran hängt der dünne Schallschlauch, der in-tss Innere de-tss Ohre-tss führt. Und gan-tss am Ende i-tss-t ein kleine-tss Schirmchen, da-tss im Ohr am Trommelfell anliegt und die verstärkten Töne überträgt“.
Nachdem ich das Teil gemustert hatte, setzte Paula mit einer schnellen Handbewegung das Hörgerät wieder in ihr Ohr ein. „Mit fünf Jahren hatte ich mehrere schwere Mittelohrent-tss-ündungen hintereinander. Und davon wurde ich schwerhörig. Tss-eitdem habe ich die-tss-e Dinger da.“
Paula zog ihre Lippen auseinander, so dass ich überdeutlich ihre Zahnspangen sehen konnte. „Ein Unglück kommt tss-elten allein. Ich habe eine starke Fehlstellung meiner Tss-ähne. Meine Tss-ähne tss-ind tss-u gro-tss und mein Mund i-tss-t -tss-u klein. Daher hat man mir vier Tssähne ge-tss-ogen. Und jet-tss-t trage ich für minde-tss-ten-tss vier Jahre die-tss-e Tss-ahnspangen. Tss-o lange, bi-tss alle-tss in meinem Mund wieder gerade und schön i-tss-t.“
Paula strich mit der Zunge über ihre Lippen. „Leider li-tss-pele ich beim Sprechen stark. Da-tss kommt bei mir von der Fehlstellung der Tss-ähne und natürlich auch von den Tss-ahnspangen. Meine Kieferorthopädin meint aber, da-tss ich nach Abschlu-tss der Tss-ahnkorrektur wahrscheinlich nicht mehr li-tss-peln mu-tss.“
Nach einer kurzen Pause setzt Paula fort: „Du tss-iehst, ich habe schwer zu tragen. Und da-tss nicht nur an meinen Krankheiten, sondern auch tss-u allem Überflu-tss noch daran.“ Dann zeigte sie auf ihre Brüste. „Die beiden tss-ind für meinen Körper viel tss-u gro-tss geraten.“
Paula seufzte, schaute mich mit leicht zugekniffenen Augen an und sagte: „Ich bin leider ein Montag-tss-auto!“