Trotz intensiver Suche nach Hunter Jones blieb dieser wie vom Erdboden verschluckt. Chief Inspektor Harrison wütete deshalb wie ein Orkan in seinem Büro, während Inspektor Andrews und Constable Williams vor ihm standen und versuchten, den Chief zu beruhigen.
„Wie stehen wir denn vor Richter Finnigan da?“, brüllte er Harrison seine beiden Untergebenen an. „Er will Ergebnisse sehen und nicht hören, was wir nicht können.“
„Aber Sir“, unterbrach Andrews den Chief. „Die Morde sind trotz Allem geklärt, die Täter überführt. Dieser Jones wird uns früher oder später auch noch in die Falle gehen. Dann bekommt er, was er verdient.“ Er trat auf den Chief Inspektor zu und fasst ihn am Ellbogen. „Beruhigen sie sich erst einmal, Sir. Aufregung ist nicht gut fürs Herz.“
„Sie haben gut reden, Inspektor. Wie stehe ich vor dem Richter da?“, wiederholte der Chief. Er lief schon wieder rot an. Sein Herz raste, der Puls beschleunigte sich.
„Chef, der Fall ist gelöst. Die Ermittlungen sind beendet“, sagte Andrews beschwichtigend. „Vergessen sie Hunter Jones, der ist nur ein kleines Rädchen, das nichts zu bedeuten hat. Die wichtigste Person ist Stanley Brown. Ihm konnten wir den Mord an Rowan Clark eindeutig nachweisen. Alle weiteren Zeugen, die wir befragten, sagten das Gleiche aus. Brown ist eindeutig schuldig. Auch die Morde an Freddy Taylor und Henry Allister gehen auf sein Konto, auch wenn er diese nicht mit eigener Hand ausgeführt hat. Er ist der Rädelsführer und wird seine gerechte Strafe bekommen. Laut Finnigan wird er baumeln.“
„Und was ist mit diesem Carter Thompson?“, fragte der Chief ein wenig beruhigt. Doch noch war er nicht gänzlich zufrieden.
Andrews lachte. „Finnigan wird ihn zur Deportation nach Australien verurteilen. Wenn er seine Strafe dort abgesessen hat, darf er England nie wieder betreten. Den sind wir also ein für alle Mal los.“
„Woher wissen sie das eigentlich alles?“, wurde Harrison auf einmal hellhörig.
Andrews lachte erneut. „Ich war mit Finnigan im Herrenclub einen trinken. Da kommt man halt so ins Gespräch“, erwiderte er.
„So ist das also“, meinte der Chief daraufhin grinsend. „Warum nur bin ich nicht selbst auf diese Idee gekommen?“
Drei Wochen später fand die Gerichtsverhandlung gegen Stanley Brown und Carter Thompson statt. Der Gerichtssaal war bis auf den letzten Platz besetzt. Die Männer, Frauen, sogar Kinder drängten sich Schulter an Schulter in den Sitzbänken. Sogar die Empore war voll besetzt. Gespannt harrte die Menge der Dinge, die kommen sollten.
Hunter Jones glänzte immer noch mit Abwesenheit, was Richter Finnigan nicht davon anhielt, eine Hassrede auf den Handlanger zu halten und ihn in Abwesenheit zum Tode zu verurteilen. Der Mann wurde zur weiteren Fahndung ausgeschrieben. Jeder, der Hinweise auf den Aufenthalt geben konnte, oder zur Festnahme beitragen konnte, sollte eine hohe Belohnung erhalten.
Carter Thompson erwartete mit bangem Herzen sein Urteil. Er wusste bis zu diesem Tage nicht, ob Inspektor Andrews sein Wort gehalten und bei Richter Finnigan für ihn gesprochen hatte. Als der Richter ihn vor seinen Tisch bat, rutschte ihm beinahe das Herz in die Hose. Aber dann, nachdem Finnigan zu Ende gesprochen hatte, war er heilfroh. Deportation nach Australien in die Strafkolonie und danach lebenslange Verbannung aus England, war mehr als er erwartet hatte. Er musste nur die zehn Jahre Kolonie durchstehen, danach wäre er ein freier Mann. Zwar durfte er nie zurück in die Heimat, aber er war frei.
„Verräter“, zischte Stanley Brown seinem ehemaligen Handlanger und Freund Carter zu, als er aufgerufen wurde, sein Urteil entgegenzunehmen. Obwohl Ermittler, wie auch Zuschauer, damit rechneten, dass der Drahtzieher aller Morde am Ende am Galgen baumelt, kam dieser mit einem recht milden Urteil davon. Auch er wurde zur Strafkolonie nach Australien verurteilt. Anders als Carter Thompson würde er diese erst als toter Mann verlassen.
Wie Brown dieser Coup gelingen konnte, war für den Inspektor, den Constable und für ebenso Carter Thompson ein großes Rätsel. Hinter vorgehaltener Hand wurde gemunkelt, es wäre viel Geld geflossen, das in Richter Finnigans Tasche gelandet sein soll. Lola Wilkins, die Bordellbesitzerin, hätte ihre Beziehungen spielen lassen. War da ein Fünkchen Wahrheit daran? Niemand wusste es.
Schon einen Tag nach der Verhandlung und den Urteilen gegen Brown und Thompson legte im Hafen ein Segler in Richtung Australien ab. An Bord, die beiden verurteilten Straftäter – allerdings penibel voneinander getrennt. Auch wurden sie verschiedenen Kolonien zugeteilt, der Vorsicht halber.
Mit an Bord des Schiffes war Lola Wilkins. Sie hatte sich auf eine Parzelle Land weit entfernt von Browns Kolonie beworben. Den Zuschlag dafür erhielt sie ohne Umschweife… ein Schelm, der sich dabei Böses denkt.
Ende