Kapitel 8 – Unangemessene Blicke
„Oh ... Entschuldige bitte! Das wusste ich nicht!“
Es klang noch immer so überraschend ehrlich. Paul nickte langsam. Damit war die gute Stimmung trotzdem dahin.
‚Toll, gemachte‘, dachte Paul und sank weiter in sich zusammen.
Genau deshalb hatte er nicht ausgehen wollen. Es war eine dämliche Idee gewesen. Seine Behinderung sorgte nicht nur dafür, dass er im Grunde keine Ahnung hatte, mit wem er sich überhaupt unterhielt, sie konnte sogar allen um ihn herum die gute Stimmung versauen.
‚Echt klasse von dir!‘, schalt Paul sich selbst. ‚Wärst du nur nie mitgekommen.‘
„Sag einfach ‚ja‘ und glaub’s mir. André sieht zum Fürchten aus, wenn er wütend wird. Dabei traut man ihm das normalerweise gar nicht zu. Zum Glück wird er bei mir nicht sauer, sonst wäre ich längst weg. Bei mir ist er ein zahmes Hündchen.“
Paul hob den Kopf und traute seinen Ohren nicht. Rick lachte. Er witzelte munter weiter. Plapperte wie ein Wasserfall, während André auf der anderen Seite des Tisches immer wieder protestierte, dass er weder verrückt noch ein Hund oder sonst irgendein Haustier wäre. Sogar von Alan war von Zeit zu Zeit ein verhaltenes Lachen zu hören.
Die Wut verebbte, wurde stattdessen von Neugier überrannt. Diesen Rick hätte Paul jetzt echt zu gern gesehen. Wie alt war der? Wie sah er aus? Und wie André? Einen Schläger, den stellte Paul sich gefährlich, groß, mit breiten Schultern vor. Scheinbar war er ja doch eher ein zahmes Hündchen.
Wenn er mit Alan studiert hatte, waren die zwei vermutlich in einem ähnlichen Alter – und beide Ärzte. Was war mit diesem Rick? War der auch Arzt?
Doch bevor Paul näher darüber nachdenken konnte, stupste Rick ihn von der Seite an.
„Also dein Alan ist eher eine Katze. Nein, das trifft es nicht ganz“, murmelte Rick mit einem unterdrückten Lachen.
Plötzlich lag da ein Arm über Pauls Schulter. Allerdings nicht von der Seite, auf der Alan saß. Erschrocken zuckte Paul zusammen. Das hielt Rick aber nicht davon ab, seinen Kopf schon wieder so nah zu ihm herüber zu lehnen, dass dessen Atem über Pauls Halsansatz strich.
„Nein, also wenn ich mir Alan gerade so ansehe – und da kannst Du mir echt total vertrauen – eher was Ausgefalleneres. Ein Löwe!“
„Rick!“, hörte Paul André. Diesmal klang dessen Stimme ernst und streng. Doch das brachte Rick erst recht zum Lachen.
„Schon gut. Keine Sorge, ich bin eher der Hundetyp.“
Der Arm auf seiner Schulter wirkte schwer, aber nicht unangenehm. Trotzdem war es merkwürdig, dass Rick ihn noch immer dort liegen ließ, anstatt sich wieder zurückzuziehen. So nah kam ihm sonst nur Alan. Aber das hier war anders. Es fühlte sich nicht so an, wie die große, schwere Hand, die an anderen Tagen auf Pauls Schulter gelegt wurde, um ihn zu beruhigen. Rick machte ihm keine Angst, im Vergleich zu Alan fehlte dennoch etwas, das Paul nicht wirklich beschreiben konnte.
„Ein ... Löwe?“, fragte er verunsichert zurück.
Paul versuchte, sich vorzustellen, was das heißen sollte. Etwa behaart ohne Ende? Alans Hände konnte das jedenfalls nicht betreffen. Die kannte Paul ja. Aber ansonsten? Vollbart schloss er ebenfalls aus. Er hatte schon zu oft Alans Aftershave gerochen. Pelz auf der Brust? Das würde man hier nicht sehen. Es sei denn, es wäre extrem und Alans Hemd nicht geschlossen.
Nachdenklich senkte Paul den kopf und runzelte die Stirn. So ein bisschen Flaum auf der Brust war ja okay, aber auf sonderlich viel Körperbehaarung stand Paul ja so gar nicht. Erschrocken über die eigenen Gedanken fuhr er sich mit der Hand über den Bauch. Da drinnen gärte es schon wieder, diesmal allerdings nicht vor Wut. Er hatte sich Alan bisher völlig anders vorgestellt. Um sich selbst von den Gedanken abzulenken, hob Paul die Hand zum Tisch und tastete nach der Bierflasche. Nachdem er sie gefunden hatte, hob er sie vorsichtig zu seinem Mund.
„Löwe erscheint mir zu gefährlich“, fuhr Ricky unbeirrt und etwas enttäuscht fort. „Bin einfach nicht sicher.“
Auf der anderen Seite des Tisches war genervtes Seufzen zu hören. Unisono von zwei Stimmen, eine davon nur zu vertraut. Erneut ermahnte André seinen Partner, der ignorierte das aber weiterhin, zog stattdessen den Arm, der auf Pauls Schulter lag fester.
„Vielleicht eher ein süßer Stubentiger?“, fügte Ricky feixend hinzu.
Paul meinte zusätzlich so etwas wie ein Schulterzucken an dem Arm auf seiner Schulter zu spüren. Aber vermutlich bildete er sich das nur ein. André setzte an, ihn zu unterbrechen, doch Ricky ließ sich nicht abbringen.
„Also nicht, dass er klein wäre, André ist im Übrigen genauso groß. Er ist eher was zum Knuddeln, oder?“
„Geht’s noch?!“
Diesmal hörte Paul ein empörtes Schnauben, das er eindeutig Alan zuordnete. Und André lachte inzwischen klar und deutlich. Da war ein weiteres Geräusch, das Paul nicht zuordnen konnte. Es klang etwas, wie ein Klopfen, aber nicht auf Holz. Erneut hob Paul nachdenklich seine Flasche zum Mund.
„Wobei wenn er einen so anstarrt, ist da durchaus was Gefährliches. Also vielleicht doch eher der Löwe. Oder ein Tiger? Nein, definitiv nicht!“ Ricky lachte als ein weiteres Schnauben zu hören war. „Nein, ich bleibe beim Schmusekater. Einer, den man sich am besten auf dem Schoß hält.“
Zur Überraschung aller prustete Paul plötzlich lauthals los und verteilte dabei vermutlich die Hälfte seines Bieres über den Tisch. Nur um kurz darauf laut lachend und hustend zu versuchen den Rest aus Nase und Luftröhre zu bekommen.
Ein Schmusekater? Alan?! Auf Paul hatte er immer recht souverän, selbstbewusst und nun ja, extrem ‚männlich‘ gewirkt. War das Rickys Ernst? Ein großer Kerl wie Alan es sein musste? Eine angenommene Muskelmasse, die zumindest in Pauls früherem Bekanntenkreis garantiert ihres Gleichen gesucht hätte – jedenfalls nach dem, was Paul sich einbildete bei den wenigen Gelegenheiten, die er gehabt hatte, erspüren zu können. Das sollte für einen kleinen süßen Schmusekater stehen?
Den würde Paul nur zu gern jetzt sehen. Wobei er eher das Verlangen gehabt hätte, sich bei Alan auf dem Schoß breitzumachen und zu schnurren. Aber in der Hinsicht war Paul seit jeher ausgesprochen flexibel gewesen.
„Ent ... entschuldigt“, brachte Paul nach einigen Sekunden zwischen zwei Lachern heraus. „Das ... die Vorstellung war einfach zu komisch. Entschuldige, Alan!“
Erst als er sich wieder aufrichtete, wurde Paul bewusst, dass Ricks Arm weiterhin auf seiner Schulter lag. Komischerweise fühlte es sich nicht mehr so merkwürdig an, wie noch vor ein paar Minuten. Nicht wirklich ‚richtig‘, aber eben auch nicht ‚falsch‘. Der Arm zog sich für einen Moment fester. Das Lachen um Paul herum wurde leiser.
Plötzlich flüsterte Ricky in Pauls Ohr: „Fauch!“
Damit war der Arm schlagartig verschwunden. Ein schabendes Geräusch war zu hören, als Rick scheinbar seinen Stuhl von Paul wegschob. Verwirrt runzelte dieser die Stirn, bis ihm langsam klar wurde, worauf Rickys Bemerkung wohl abgezielt hatte.
Die Alberei war jedenfalls erst einmal vorbei und das Eis offenbar gebrochen. Trotzdem fiel es Paul weiterhin schwer, sich an den Gesprächen zu beteiligen. Das schien aber auch niemand von ihm zu erwarten. Den Großteil der Unterhaltung führten André und Alan ohnehin allein – einen nicht geringen Anteil hatte dabei scheinbare eine Zeit, die Letzterer in München verbracht hatte.
Von Zeit zu Zeit warf Ricky einen bissigen Kommentar in die Runde, der daran erinnerte, dass er da war und es nicht mochte, wenn er völlig außen vor war. Wann immer die beiden alten Freunde sich zu sehr in ihre eigene Welt zurückzog, rückte Ricky näher an Paul heran und fing an, mit ihm über absolute Belanglosigkeiten zu flüstern, bis André oder Alan protestierend einschritten.
Paul wusste mit allem nicht so wirklich etwas anzufangen. Aber es fühlte sich angenehm ‚normal‘ an. Sowohl André als auch Rick gingen vollkommen frei mit ihm um. Es konnte nicht daran liegen, dass Alan sie vorgewarnt hatte, denn dann hätte Ricky von Pauls Blindheit gewusst. Trotzdem schien sie sein Äußeres nicht abzuschrecken.
‚Hat Alan am Ende doch die Wahrheit gesagt?‘
Nein, sie sahen nur zum Glück nicht alle seine Narben. Da war nur die Hand, die Paul wohlweislich die meiste Zeit unter dem Tisch versteckte und natürlich die Narbe an der Schläfe, von der er hoffte, dass die Haare sie einigermaßen verdeckten. Die ganzen anderen sah man glücklicherweise nicht, wenn er etwas anhatte.
Paul taute dennoch langsam aber sicher auf. Er fing an, sich mehr am Gespräch zu beteiligen, wenn er die Gelegenheit hatte. Hob sogar ab und an mal den Kopf, als wolle er aufblicken. Keiner sprach ihn auf sein Auge hin an, niemand schien sich überhaupt daran zu stören.
Sahen sie es? Ignorierten sie es? Bemerkten sie es gar nicht, so wie Alan immer behauptet hatte? Was dachte der? Er klang fröhlich, glücklich, zufrieden mit sich und der Welt. Weil er seinen alten Kumpel hier traf und mit dem quatschen konnte? Oder vielleicht doch, weil er mit Paul hier war?
In welcher Funktion hatte Alan ihn heute Abend begleitet? Sein Arzt? Sein Betreuer? Aufpasser? Oder war er als ein Freund mit ihm weggegangen? Während sie an diesem Tisch saßen, wurde es immer leichter, sich vorzustellen, es wäre mehr als das alles zusammen. Aber das war am Ende eben nur eine dumme kleine Fantasie. Denn die Realität sah garantiert anders aus.
Im Laufe des Abends rückte Alan näher an seinen Schützling heran. Jedes Mal, wenn er zur Bar lief, um Getränke zu holen, stand sein Stuhl hinterher ein Stück näher an dem von Paul. Zumindest kam dem das so vor. Denn irgendwann saß Alan direkt neben ihm.
Bein an Bein, Arm an Arm. Die Hitze eines anderen Körpers, die Paul selbst durch zwei Stoffschichten hindurch förmlich die Haut zu verbrennen schien. Er bräuchte nur seine Hand ausstrecken und er würde Alan berühren können. Mit jeder verstreichenden Minute, jedem weiteren Schluck Bier, wuchs die Versuchung an.
Nur einmal. Ein kurzer Kontakt, ein winziges Streichen über Alans Bein, seinen Arm, die Hand, irgendwas, das unter seine Finger kam. Es war vollkommen egal. Paul konnte das Aftershave riechen, das er schon so oft gerochen hatte. Herb, durchdringend. Ob die Hitze von Alan ausging oder von Paul selbst, hätte dieser nicht klar definieren können.
Er wusste nur, dass er mehr davon wollte. Mehr Nähe, mehr Wärme, mehr Berührungen. Und egal, wie sehr er sich ermahnte, es war am Ende trotzdem Alan, mit dem er das wollte. Dabei war das in jeder Hinsicht lächerlich.
Wem versuchte er, etwas vormachen? Selbst wenn dieser Unfall nicht passiert wäre, was würde Alan denn dann in ihm sehen? Einen Studenten. Erstsemester. Keine nennenswerten Hobbys oder Besonderheiten. Nicht gerade hässlich, aber auch nicht ausgesprochen hübsch. Für einen Arzt wie Alan, jemanden der mindestens fünf, sechs Jahre älter war als Paul, wäre der doch vollkommen uninteressant.
‚Dann würde er dich nicht einmal ansehen.‘
Paul rieb sich über die Augen und versuchte, sich wieder auf das Tischgespräch zu konzentrieren. Er brauchte einen Einstiegspunkt, damit er auf andere Gedanken kam. Doch Alans Nähe wirkte wie ein Rausch. Es fiel Paul schwer, sich unter Kontrolle zu behalten. Es war schon so verdammt lange her. Ein dreiviertel Jahr, seit …
~
Alan war aufgestanden, um erneut eine Runde Getränke zu holen. Eben hatte er bei einer der Aushilfen bestellt, da spürte er plötzlich eine nur zu vertraute Berührung an seinem unteren Rücken. Er seufzte und rieb sich über seine allmählich müde werdenden Augen.
„Dein Patient?!“, zischte André ihm leise ins Ohr. Der Vorwurf war deutlich zu hören, auch wenn die Stimme seines alten Freundes nicht wirklich wütend klang.
Alan seufzte und zuckte mit den Schultern. „Es ist … kompliziert.“
André schob sich auf den Hocker an der Bar und sah ihn herausfordernd an. Zweifellos erwartete er eine Erklärung. Eine, die Alan aber nicht bereit war zu geben. Denn in dem Fall müsste er es sich ja erst einmal selbst eingestehen. Was augenscheinlich nicht infrage kam.
„Ich will nur, dass er wieder unter Leute kommt“, setzte Alan deshalb zu einer Erklärung an. „Paul ist allein und er denkt, er wäre entstellt oder irgendwas durch den Unfall, dabei sieht man es nicht einmal. Es ist lächerlich.“
Gedankenverloren rieb Alan sich über seine linke Wange. Sofort schnellte Andrés Hand vor, ergriff die seine und hielt sie fest.
„Hör auf, Alan! Du bist Therapeut. Denk nach, was du hier tust!“
Dessen Herz raste, als er seine Linke aus Andrés Griff zerrte. „Ich hab nichts mit Paul. Und ich werde ihn ganz sicher nicht anfassen. Keine Sorge.“
In dem Versuch, einem weiteren Gespräch zu entgehen, wandte Alan sich erneut der Bar zu. Leider waren die Getränke weiterhin in Arbeit und es sah auch so aus, als würde das noch etwas dauern.
Er war seit einer gefühlten Ewigkeit mit André befreundet. Davon, wie viel er seinem alten Freund verdankte, wollte Alan nicht einmal nachdenken. Trotzdem war das hier ein Gespräch, das Alan nicht bereit war zu führen. Und schon gleich gar nicht mit genau diesem Freund. Doch der sah das weiterhin anders.
„Du willst es – du willst ihn“, fuhr André unbarmherzig fort.
Er schwieg.
„Verdammt, Alan! Ich kann es sehen. Ich habe damals gesehen, was du dir nicht eingestehen wolltest. Und genauso ist es heute.“
André seufzte, doch Alan antwortete nicht. Was sollte er dazu auch sagen? Seit Monaten drehte sich sein Leben nur noch um diesen einen Mann, diesen Patienten, der sich nicht wie einer anfühlte. Aber schon bevor er aus München zurückgekehrt war, hätte man Alans Privatleben nicht gerade als ausschweifend bezeichnen können. Er ging nicht aus, hing nicht in Bars oder Klubs ab. Zu viele Leute, zu viele Blicke, zu viele dämliche Bemerkungen, die Alan schon lange nicht mehr ertrug. Für Sex musste man nicht ausgehen. Dafür reichten ein, zwei Apps und eine Nachricht in die Weiten des Netzes. Keine Fragen, keine Probleme.
„Ihr würdet echt gut zusammen passen“, raunte André plötzlich heiser, während er die Hand auf Alans legte. „Aber du weißt sehr gut, dass dich das hier, sollten es die falschen Leute mitbekommen, vor den Ethikrat bringen kann.“
Alan schluckte, erwiderte jedoch weiterhin nichts. Schließlich war genau das seine größte Sorge. Irrwitzigerweise nicht einmal, weil es all das, was er sich so mühsam in den letzten Jahren aufgebaut hatte, mit einem Schlag für immer zerstören könnte. Nein, worüber er sich sorgte, war Paul. Den könnte er dann nicht mehr sehen. Nicht mehr mit ihm sprechen oder arbeiten.
Er warf einen Seitenblick zu ihrem Tisch hinüber, an dem Rick sich vollkommen frei und unbefangen mit Paul unterhielt. Genau das, was Alan sich erhofft hatte. Nicht unbedingt vom Lebensgefährten seines besten Freundes, aber trotzdem war das da drüben doch das, was er Paul wünschte.
Einmal mehr wurde Alan bewusst, wie nah er seinem Patienten schon in den letzten Monaten gekommen war. Viel zu nah. Da war es auch irrelevant, dass er es nie versteckt hatte. Jeden Schritt auf diesem Weg war Alan mit dem Einverständnis des Heimleiters gegangen. Und trotzdem hatte André recht. Egal, wie ehrbar Alans Absicht war und unabhängig davon, dass er im Grunde genommen doch nur Paul zurück ins Leben bringen wollte – ein so privates Treffen wie dieses hier war falsch. Er war zu weit gegangen.
„Keine Sorge. Es war das letzte Mal“, flüsterte Alan mit gebrochener Stimme und wand sich wieder der Bar zu, wo die Aushilfe gerade die ersten zwei ihrer Getränke abstellte. „Ich werde mich von ihm fernhalten.“
Ein unerwartet heftiger Schmerz durchzuckte Alan, als André ihm mit der Hand kräftig eins über den Schädel zog. Verdammt, das hatte echt wehgetan! Wütend funkelte er seinen Freund an.
„Du bist immer noch ein Trottel, Alan!“, fauchte der ebenso sauer zurück.
„Was?! Du hast doch gerade selbst gesagt, dass es falsch ist!“, zischte Alan genauso erbost und rieb sich seinen schmerzenden Hinterkopf.
André seufzte und schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich schwöre, Alan, du bist in deinem Job ein Genie. Aber was deine eigenen Gefühle angeht, warst du schon immer ein absoluter Vollpfosten!“
„Was erwartest Du denn noch?!“
„Ich erwarte, dass Du dort rüber schaust!“, antwortete André und drehte Alan in Richtung ihrer Begleiter. „Dass du wirklich hinsiehst. Da drüben sitzt ein verängstigter und kalter Mann, nein fast noch ein Junge, der dir vertraut. Einer, der sobald du in seiner Nähe bist, auftaut. Und widersprich mir bloß nicht! Es ist nicht Ricky, der ihn auftauen lässt. Das bist du, Alan. Wenn alles, was zwischen dir und diesem Paul steht, dein verdammter Job in dem blöden Heim ist. Dann solltest du darüber nachdenken, was von beiden dir wichtiger ist.“
Alan erstarrte. Bevor er etwas antworten konnte, nahm André ihre Getränke und kehrte mit einem breiten Lachen im Gesicht zu den anderen beiden Männern an den Tisch zurück. Prompt maulte Rick gespielt beleidigt, dass sie zu lange gebraucht hätten, aber als André ihm dafür einen kurzen Kuss auf die Stirn gab, glättete sich diese sofort und stattdessen strahlte der junge Mann André förmlich an.
Ein Stich in seinem Magen erinnerte Alan erneut daran, dass er so ein Strahlen nur zu gern einmal auf Pauls Gesicht sehen wollte. Dabei wäre es ihm auch vollkommen egal, ob es ihm selbst oder einem anderen galt. So lange Paul glücklich werden konnte, würde Alan diesen Preis zahlen.