Vor kurzem sah ich einen Film über das Insektensterben. Dabei wurde gesagt, dass es heute in manchen Gebieten in Deutschland noch ein Viertel der Biomasse der Insekten geben soll, die noch vor 30 oder 40 Jahren existierte und auch viele Einzelarten gefährdet seien. Mir fällt es schon auch auf, dass heute viele Lebensräume "leerer" wirken als früher. Denke ich bloß an das Schwirren um die Straßenlaternen oder die Magerwiesen auf denen die Doldenblütler blüh(t)en. Vor über 30 Jahren waren diese Wiesen ein wahres Paradies für Insektenfreunde. Was auf den Blüten alles kreuchte und fleuchte war eine wahre Pracht. Doldenblütler haben den "Vorteil", dass ihre Nektardrüsen nicht tief verborgen in den Blüten liegen sondern auch für Insekten zugänglich sind, die keinen Saugrüssel besitzen - und so findet man auf ihnen eine große Vielfalt von Käfern, manchen Schmetterlingen und Wanzen (obwohl beide Saugrüssel besitzen), bis hin zu Wespen und Fliegen. Und mit Wespen meine ich keine staatenbildenden Wespen sondern die vielen solitären Arten.
Eine meiner Lieblingsspezies, die ich dort immer wieder einmal fand waren waren Tiere, die schwarz-gelb wie Wepen gefärbt waren, auch deren Taille besaßen - aber nur ein Flügelpaar hatten und auch durch den Kopf mit den riesigen Augen (und den typischen nach vorne stehenden Antennen) eindeutig als "Fliegen", als Zweiflügler zu identifizieren waren. Ähnlich wie beim Wollschwebern strahlten sie eine gewisse Gefährlichkeit aus, weil sie Mundwerkzeuge besaßen, die wie ein kräftiger Stechrüssel wirkten.
Doch weit gefehlt! Die Viecher sind vollkommen harmlose Blütenbesucher, die sich von Nektar ernähren. Sie gehören zur Familie der Dickkopffliegen, die vielen leider unbekannt ist und hören auf den schönen Namen Conops flavipes. Diese Tiere werden auch "Blasenkopffliegen" genannt, weil viele Arten eine charakteristische "Blase" oben am Kopf zwischen den Augen besitzen. Ihre Wespentaille und die schwarz-gelbe Wespenfärbung ist ein schönes Beispiel für Mimikry - der Nachahmung eines wehrhaften Tieres, etwa einer Wespe, um sich vor Fressfeinden wie Vögeln zu schützen.
Conops mit charakteristischer Kopfblase https://insecta.pro/images/1024/56077.jpg
So harmlos und schön die Erwachsenen wirken, ihre Larven ernähren sich parasitisch von den Larven von Hummeln und Mauerbienen. Ich habe schon öfter über parasitische Lebensweise geschrieben und so unsympathisch sie uns erscheint - besonders, wenn sie Sympathieträger wie Hummeln betrifft - so verbreitet und "normal" ist sie in der Biologie. Ich habe mich über diese Insekten immer sehr gefreut, weil ich sie als sehr ästhetisch in ihrer Gestalt und Färbung empfand und sie mit ihrer ungewöhnlichen Gestalt ein durchaus exotisches Element in der heimischen Insektenwelt darstellen.
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Hier ein Exemplar bei dem man den "Stechrüssel" und die Fliegenmerkmale (nur ein Flügelpaar, große Augen) gut erkennt.
Verteufeln wir sie also nicht, sondern sehen wir die Dickkopffliegen als Ausdruck der Vielfalt und Exotik der heimischen Natur. Bedauern wir ihren Rückgang, denn er ist verbunden mit dem Rückgang der Magerwiesen, die landwirtschaftlich zwar unproduktiver sind, aber sovielen Tieren als Lebensraum dienen und dem seltener werden der Wildbienen.
Hier ein Exemplar der Art Physocephala rufipes mit einer ausgeprägten Wespentaille: