Achtung: Dieses Kapitel spielt nach dem Buch „Gefahr in den Ruinen von Aak“. Um dieses Spielbuch richtig zu erleben, folge bitte den Hinweisen am Ende jedes Kapitels. Du solltest die vier ersten Abenteuer der Söldner gespielt haben, bevor du hier weiterliest.
Du stößt die Tür mit einem kraftvollen Schubs auf. Stimmengewirr und Gelächter verstummen, als hätte jemand die Geräusche erwürgt. Die Menschen drehen ihre Köpfe zur Tür, jeder starrt dich an und versucht, einen Blick in den Schatten deiner Kapuze zu werfen.
Hoch erhobenen Hauptes marschierst du zwischen den Tischen hindurch. Im Schankraum riecht es nach Bier, Rauch und Schweiß, nach dem Eintopf, der über dem Feuer brodelt, und nach süßlichem Erbrochenen.
Diese Spelunke ist bei jedem deiner Besuche heruntergekommener.
Falur folgt dir dieses Mal auf den Fuß bis vor die Theke. Der Wirt stellt das Glas ab, das er eben für einen anderen Gast befüllen wollte. Seine Hand gleitet unter den Tresen, sicherlich, um eine Waffe zu ergreifen.
„Ich werde erwartet“, sagst du ruhig und hebst einen Arm. Du lässt die Hand aus dem weiten Ärmel rutschen, sodass der Siegelring aufblitzt. „Eine Gruppe von fünf Söldnern. Wo finde ich sie?“
Die Augen des kräftig gebauten Wirts weiten sich und sein Mund klappt auf. Du lässt den Ärmel wieder über deine Hand und deinen Blick über die Anwesenden gleiten. Alle beobachten euch, die Reaktion des Wirtes ist ihnen nicht entgangen. Aber du entdeckst kein Anzeichen darauf, dass jemand das Siegel erblickt haben könnte. Beschwichtigend berührst du Falur am Arm, der die Hand auf dem Schwertgriff liegen hat.
Der Wirt hat sich inzwischen gefangen. „F-folgt mir, E-euer …“ Er verschluckt die Anrede im letzten Moment. Du neigst den Kopf dankbar. Niemand hier soll erfahren, wer du bist.
Der Wirt geht zum Ende der Theke, öffnet dort eine Schwingtür und tritt hinter dem Tresen hervor. Dann geht er eine Holztreppe hinauf, die unter euren Schritten knarrt. Oben liegen einige Gästezimmer an einem dunklen und recht staubigen Flur.
Falur läuft so dicht hinter dir, dass er dir beinahe in die Hacken tritt. Du musst lächeln über diesen mutigen, starken Hauptmann, der sich vor Angst um dich in die Hose macht. Aber im tiefsten Herzen hast du Mitleid mit ihm. Er will nicht, dass dir etwas geschieht. Nicht wegen deiner Stellung, weil dein Tod in einer solch prekären Zeit Kalynor in den Untergang treiben könnte, sondern vor allem um eurer Freundschaft Willen. Ihr kennt einander von Kindesbeinen an, weshalb du Falur auch zu deinem Leibwächter für diese gefährliche Mission erkoren hast. Du brauchtest jemandem, mit dem du unauffällig reisen kannst, dem du vertraust und der dich im Notfall auch ohne Worte versteht.
Am liebsten hättest du Falur all das erspart und wärst in der Sicherheit des königlichen Palastes geblieben. Doch dein Königreich schwebt in höchster Gefahr und wird von allen Seiten von Feinden bedrängt. Spione der Jenseitsvölker haben sich sogar im Hohen Rat eingenistet, in den Verwaltungsstellen Kalynors, unter euren Soldaten. Sobald dir das klargeworden war, wusstest du, dass du handeln musstest. Von jeder großen Aktion hätten die Jenseitsvölker zwangsläufig erfahren, denn du weißt nicht, wer die Verräter sind, nur, dass es viele sind. Also brauchtest du eine kleine Gruppe von Menschen, von der niemand weiß. Krieger, denen du bedingungslos vertrauen kannst – und wem kann man mehr vertrauen als einem Söldner, dessen Treue sich kaufen lässt? Nun, offenbar war es ein guter Plan, den vor zwei Wochen erhieltest du eine Amsel mit der Botschaft, dass der Auftrag erfüllt wäre. So schnell du konntest, bist du zum Teufelsochs gereist. Nach deinen Schätzungen sind die Söldner erst am gestrigen Tag hier angekommen und erwarten dich jetzt, im Besitz mehrerer Schöpfersteine …
Falur packt deinen Arm und bringt dich zum Stehen. Du warst so sehr in Gedanken versunken, dass du beinahe in den Wirt hineingelaufen wärst, der vor einer der Türen stehen geblieben ist. Nun klopft er an das Holz und öffnet gleich darauf die Tür. „Meine Herren, meine Dame – Ihre königliche Hoheit.“
Du trittst ein und siehst ein nahezu vertrautes Bild: Die fünf Söldner, die sich um einen kleinen Tisch gruppiert haben und deinem Eintreten gelassen entgegensehen. Als wäre keinerlei Zeit vergangen.
Doch schon auf den zweiten Blick fallen dir die Unterschiede auf, noch bevor du frische Risse in der Kleidung, Kratzer und unrasierte Kinne bemerkst. Selbst die veränderte Haarfarbe des Jungen schockiert dich weniger als die offensichtlichste Tatsache: Es sind sechs Leute. Eine zweite Frau sitzt am Tisch. Sie hat dicke, schwarze Haare und blitzende, grüne Augen. Obwohl sie ein Mensch sein könnte, bist du überzeugt, dass sie aus den Jenseitslanden stammt. Unwillkürlich ballst du die Hände zu Fäusten. Du siehst im Augenwinkel, dass Falur den Schwertgriff packt. Der Wirt schließt eilig die Tür, man hört seine hastigen Schritte, die sich über die knarzende Treppe entfernen.
„Verzeiht, wir hätten Euch vorwarnen sollen.“ Der dunkelhäutige Mann ergreift beschwichtigend das Wort. Unter den strahlen weißen Augenbrauen ist sein Blick beruhigend. „Bitte habt keine Angst vor Karja. Sie schloss sich uns auf der Mondsee an. Ihr verdanken wir es, den Ammoniten gefunden zu haben. Ihre Treue steht gleichfalls außer Zweifel, denn aufgrund ihrer Taten ist sie geächtet im eigenen Land und in jedem Jenseitsland.“
Du atmest auf. Ein leichtes Lächeln umspielt deine Lippen. „Ich sehe, ihr seid ein Quell stetiger Überraschungen. Wie waren Eure Worte, Meister Allyster? Ihr habt den Ammoniten?“
„Und nicht nur ihn!“ Der kahlköpfige Magier greift unter seine Robe und zieht vier große Steine hervor. Ein jeder ist etwa halb so groß wie eine geballte Faust. Der erste ist sandfarben und erinnert an ein großes, geriffeltes Schneckenhaus. Dann gibt es einen in der Farbe von erdigem Bernstein, nur weniger klar, einen blassgrünen Stein und schließlich einen von violetter Farbe mit einem leicht goldenen Schimmer. Jeder der Steine ist an einer Kette oder einem dünnen Lederstreifen befestigt.
Andächtig beugst du dich vor, als Allyster die Steine auf der Tischplatte verteilt. Dir ist, als würden sie leuchten und du vermeinst, zarte Klänge zu hören. Mit aller Willenskraft bekämpfst du den Drang, die Finger nach den kostbaren Schöpfersteinen auszustrecken.
Da liegen sie vor dir: Vier der mächtigsten Artefakte dieser Welt. Eine Kraft, die ganze Welten bewegen könnte. Die tödliche Waffe eurer Feinde.
„Gleich vier! Wie habt ihr sie erlangt?“, fragst du ehrfürchtig. Dein Respekt vor diesen einfachen Söldnern ist soeben ins Unermessliche gestiegen.
„Nun – die Steine selbst sind es zum Teil, die unsere Leben im letzten Moment retteten“, sagt der Elf.
Nur Falur runzelt die Stirn. „Vier Steine. Sieben sind noch in den Jenseitslanden verstreut. Auf diese Weise erringen wir keinen Sieg.“
Du siehst in die Gesichter der Söldner. Deren Mienen verfinstern sich leicht, denn sie ahnen, was nun folgt.
Du seufzt unglücklich. „Da muss ich meinem Hauptmann zustimmen. Ich weiß, ich kann das nicht von euch verlangen, doch … Wenn wir hoffen wollen, die Welt der Menschen zu retten, brauchen wir mehr. Wie gut habt ihr eure bisherigen Abenteuer überstanden? Werdet ihr erneut losziehen?“
Du erhältst die Antwort …
- … „Nein! Auf keinen Fall!“ [Spielbuch beenden] Lies weiter bei Kapitel 1.
[https://belletristica.com/de/books/9708/chapter/116587]
- … „Wir werden es schon schaffen.“ [Zum nächsten Bereich springen] Lies weiter bei Kapitel 2.
[https://belletristica.com/de/books/9708/chapter/122387]
- … „Wir werden es schon schaffen!“ Dabei musterst du die von ihren Abenteuern – insbesondere der letzten Nacht – gezeichneten Söldner. [Optionale Rückblende spielen]. Lies weiter bei Kapitel 3.