„Wir werden es schon schaffen.“ Das Söldnerkind klingt nicht sonderlich beeindruckt von der Aussicht, in die gefährliche Wildnis außerhalb Kalynors zurückzugehen. Ajis Blick ist fest und emotionslos.
Du streckst die Hand nach den Schöpfersteinen aus, als die Piratin Karja sich räuspert.
„Verzeiht bitte vielmals … aber ich halte es für besser, wenn die Steine im Besitz dieser Söldner verbleiben.“
Du siehst die Frau überrascht an und kannst nicht verhindern, dass neuerliches Misstrauen in dir aufsteigt.
„Wir Jenseitsvölker, wie ihr uns nennt, wissen ein paar Dinge über diese Artefakte“, erklärt Karja ruhig. „Unter anderem wissen wir, dass diese Steine Träger erwählen können. Sie tun es nur äußerst selten, aber wie das Schicksal spielt, befinden sich einige Träger in den Reihen dieser mutigen Söldner. Sie konnten die Kräfte der Schöpfersteine entfesseln und sich damit mehr als einer Gefahr entziehen. Ihr müsst verstehen, wie selten es geschieht, dass ein lebendes Wesen wahrhaft Macht über die Steine gewinnt – dass ein Wesen nicht nur ihr magisches Potenzial nutzen, sondern die tief im Stein verborgene Essenz atmen darf.“ Die Piratin sieht dich bittend an. „Majestät, ich halte es nicht für Zufall, dass ausgerechnet diese Söldner den Auftrag erhielten und annahmen. Es muss Schicksal sein. Die Schöpfersteine sind untrennbar mit dem Wesen dieser Krieger verknüpft. Jeder Stein findet in einem der Gruppe einen Träger, wie wir gestern erfuhren. Aji hier konnte mithilfe des Ametrins Tote erwecken. Elred kontrolliert über das Tigerauge die Zeit. Und Arthrax kann sowohl den Ammoniten als auch den Vesuvian nutzen. Versteht doch – so sicher die Steine in Kalynor wären, sie müssen zurückkehren in die Jenseitslande, nur so können wir den richtigen Pfad auf den Strängen des Zufalls finden.“
„Schon gut, schon gut!“ Abwehrend hebst du die Hände, um ihren Redeschwall zu unterbrechen. „Ihr habt mich überzeugt, Karja von der Mondsee. Die Schöpfersteine bleiben in den Händen dieser tapferen Krieger.“
Karja lächelt scheu und läuft rot an. „Verzeiht. Ich hätte wohl kurz einmal Luft holen sollen.“
„Aye.“ Brenna klopft der Piratin auf den Rücken. „Mit dem Schwert seid Ihr geschickter als mit der Zunge.“
„Erlaube dir kein Urteil über das Geschick meiner Zunge – es würde dich überraschen.“ Karjas Lachen ist anzüglich, ehe sie sich auf deine Anwesenheit besinnt.
„Habt Dank.“ Allyster steckt die Schöpfersteine ein, um die Stille zu durchbrechen. „Wir werden noch heute abreisen. Es ist alles besprochen. Brenna, Karja und Elred begeben sich zum Steinrund, wo wir einen der gefährlichsten aller Schöpfersteine platziert wissen: Den Blutjaspis. Wenn alles glatt geht, ziehen sie weiter zum Graumeer und stehlen den Seleniten. Arthrax, Aji und meine Wenigkeit werden in Galabad den Imperial und im Zwergenreich Barkandor den Obsidianspiegel suchen. Sollte uns das gelingen, befinden sich nur noch drei Schöpfersteine außerhalb unserer Reichweite: Einer im Reich der Illusion, Oylen ja Bereenga. Einer in Flutheim, tief im Süden, zwischen dem Land der Dunkelelfen und jenem der Orks. Von der Existenz des Steins dort haben wir zu spät erfahren. Und zuletzt verbirgt sich der Aventurin im Besitz der Drachenkaiser.“
Du nickst ernst. Der Aventurin ist der mächtigste der Schöpfersteine. Doch einem Drachen stellt man sich nicht in den Weg. Der Aventurin ist unerreichbar für euch.
Der Plan ist gut. Er zielt darauf ab, in kürzester Zeit so viele Steine wie möglich zu gewinnen. Oylen ja Bereenga ist ein Risiko, das man niemandem aufzwingen kann. Flutheim ist eine lange Reise entfernt. Das Reich der Drachenkaiser eine einzige Todesfalle. Doch mit acht Steinen hat Kalynor vielleicht eine Chance.
„Viel Glück, meine tapferen, tapferen Soldaten“, sagst du. Du kannst diesen Kriegern nicht genug danken. Was sie tun, übersteigt Pflicht, Ehre und Mut um ein Vielfaches.
„Wir sind keine Soldaten“, erinnert Brenna dich. „Vergesst das nicht, Majestät. Wir sind Söldner.“
Du hast das Zwischenspiel abgeschlossen!
- Die Sonne brennt schwer auf deine Kapuze. Es ist unerträglich warm. Lies weiter in „Im Bann der dunklen Druiden“, Kapitel 1.
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- Optional: Unter sturmgebeugten Tannen auf einem dunklen Hügel erhebt sich das Heiligtum der Druiden im Herzen ihres Reiches. Lies vorher „Im Bann der dunklen Druiden“, Prolog.