Du bist Elred Aramys Nuvian.
„Immer.“ Du hauchst Arthrax einen Kuss auf die Lippen. Hier draußen, hinter der Taverne, fühlst du dich wie als junger Elf, der sich heimlich vor den Eltern davonstiehlt. Wie in der unbesorgten Zeit deiner Jugend, bevor du dich mit Menschen eingelassen hast, im Gefängnis gelandet bist und deinen jetzigen Geliebten getroffen hast.
Grinsend löst du dich von Arthrax. „Also, was hast du geplant?“
„Jetzt hab doch mal etwas Geduld!“, schimpft der Mensch.
„Kein bisschen.“ Du grinst noch breiter.
„Nachdem ich dir so oft den Hintern gerettet habe!“, klagt Arthrax.
„Du mir?“, wiederholst du ungläubig.
„Oh ja!“, prahlt Arthrax und nimmt deine Hand. „Aber du hast recht, wir haben nicht ewig Zeit!“
Du lässt dich von ihm mitziehen.
Arthrax führt dich einen verwilderten Pfad entlang zu einer verlassenen Wassermühle. Das Mühlrad dreht sich noch leise quietschend im Bach, doch es scheint kurz davor zu stehen, einzurosten. Etwas unsicher folgst du Arthrax über die wackelige Holzbrücke ins Innere.
„Und was ist hier so Tolles, abgesehen von den Spinnweben?“, knurrst du.
„Ein von Geistern verfluchtes Weinlager!“, antwortet Arthrax mit stolzem Grinsen. Er öffnet eine Klappe im Boden und steigt eine knirschende Leiter hinunter.
Du folgst langsamer. Als du dich über die Öffnung beugst, hält dir Arthrax grinsend eine Flasche Wein entgegen.
„Woher weißt du hiervon?“, fragst du und nimmst den Alkohol entgegen. Ein Blick auf das Etikett offenbart deinem Blick elfische Runen. Ein erstklassiger Wein!
„Das Getratsche der Bauern“, antwortet Arthrax und klettert nach oben. „Ich dachte, das sagt dir mehr zu als gepantschtes Bier.“
„Ich … danke.“ Staunend siehst du den Krieger an. Damit hast du nun wirklich nicht gerechnet.
Arthrax lächelt schief. „Ich kann dich doch nicht in der Taverne leiden lassen.“ Zu deinem Erstaunen geht Arthrax an dir vorbei und beginnt, die morsche Treppe hinaufzusteigen, die zum Obergeschoss der Mühle führt.
„Was machst du da?“, fragst du besorgt, als die Stufen knarzen.
„Komm schon!“, ruft Arthrax. „Das ist komplett sicher.“
Zögerlich folgst du. Aber wenn die Treppen sogar Arthrax‘ Gewicht halten …
Das Dach der Mühle fehlt und so erreichst du eine offene Plattform unter dem Sternenhimmel. Arthrax sitzt bereits an der Kante, wo auch die Wände weggebrochen sind, und lässt die Beine baumeln.
Du lässt dich neben ihn sinken. „Solche Romantik hätte ich von dir nicht erwartet.“
„Du scheinst mich gelegentlich zu unterschätzen“, kontert Arthrax und legt sich auf den Rücken, die Hände hinter dem Kopf. Du entkorkst den Wein, schnupperst das fruchtige Aroma und nimmst einen Schluck. Der Weißwein ist sanft gewürzt, prickelnd und süß. Mit geschlossenen Augen genießt du den Geschmack, dann reichst du die Flasche an Arthrax weiter.
„Na gut, wie macht ihr Spitzohren das? Schnuppern … Minischluck … Gurgeln …“
Du lachst, als Arthrax versucht, einen Wein zu verköstigen.
Grimmig schluckt er und gibt die Flasche zurück. „Viel zu süß, das Zeug.“
„Das ist der Sinn dahinter. Aber ich gebe dir recht, ein Roter würde besser schmecken.“
„Magst du keinen Weißwein?“, fragt Arthrax alarmiert.
„Immer noch sehr viel lieber als Bier“, beruhigst du ihn und nimmst wie zum Beweis einen weiteren Schluck. „So eine Vielfalt an Aromen hat nur echter Elfenwein. Hier welchen zu finden hätte ich niemals erwartet. Aber ich glaube, es ist was Älteres, das hierhergeschafft wurde. Schmeckt nicht wie die ganz teuren Jahrgänge, also vielleicht ein Geschenk von einem Bauern an seine Frau …“
„Das Jahr am Geschmack erkennen? Du spinnst doch.“
Du spürst Arthrax‘ Hand, die über deinen Rücken streicht. Als du dich umdrehst, betrachtet er dich gedankenverloren.
Du stellst den Wein ab und legst dich neben ihn. „Jeder Wein schmeckt anders. Ein wahrer Kenner könnte Jahr, Ernte und Sorte mühelos erkennen, sogar den Mann, der es gekeltert hat.“
Arthrax‘ Hand spielt mit deinem Haar. Er rollt sich auf die Seite und küsst dich. „Taschenspielertricks“, behauptet er dann.
„Vielleicht“, murmelst du und zieht ihn zu dir. „Wo wir gerade von Taschen reden, hast du ein Messer auf unseren Ausflug mitgenommen oder …?“ Schelmisch siehst du zu dem Krieger auf.
„Nein.“ Arthrax grinst anzüglich.
°°°
Die ersten Strahlen des Morgens wecken euch. Etwas verfroren stellst du fest, dass du nackt und ihm Arm des Menschen auf dem morschen Holz einer verfallenen Mühle liegst. Die Flasche Weißwein ist leer und du fühlst dich immer noch leicht benebelt, als du aufstehst und deine Kleidung suchst.
„Wie jedes Mal … am Morgen hauen sie ab …“, murmelt der erwachende Krieger schläfrig.
Du wirfst Arthrax seine Hose zu. „Dann sind das Narren.“
Arthrax grinst stolz.
„Komm jetzt!“, drängelst du, als er Anstalten macht, wieder einzuschlafen. „Die Anderen warten sicherlich schon auf uns. Beim Schattentor, ich kann schon ihr dummes Grinsen sehen. Wir werden uns einiges anhören müssen.“
„Scheiße! Ich werd‘ wochenlang nicht reiten können!“ Der Gedanke an die Sticheleien eurer Gruppe treibt auch Arthrax in die Höhe. Eilig sortiert ihr eure Kleidung auseinander, dann verlasst ihr die Mühle und nähert euch der Taverne.
Nicht mehr lange, und der von euch erwartete Besuch wird aufkreuzen. Ihr hört, dass ihr zurück in die Jenseitslande müsst, aber das ist natürlich keine Frage.
Aji antwortet für euch alle:
- „Wir werden es schon schaffen!“ Lies weiter bei Kapitel 2.