Der Strahl der Taschenlampe tastete über feuchte Steinwände, Spinnweben und modrigen, schlammigen Boden. Unzählige Gänge gingen von dem Hauptgang ab.
„Das ist ein Labyrinth!“, flüsterte Jans Mutter. Er konnte ihre Angst hören.
„Die Frau wohnt hier unten“, erklärte er seinen Eltern, in der Hoffnung, ihnen die Angst zu nehmen. Doch er bewirkte das Gegenteil, das konnte er sofort sehen.
Seine Eltern hatten nur zögerlich zugestimmt, selbst in den Keller zu gehen, nachdem die Polizei hier unten absolut nichts gefunden hatte – keine Frau, kein Kleinkind, nichts außer leeren Gängen. Doch Jan hatte nicht locker gelassen. Die Frau würde sich ihnen zeigen, wenn sie zu dritt kämen – als Familie.
Also waren sie jetzt hier. Jan ging mutig voraus und seine Eltern folgten ihm zögernd. Vorsichtig erreichten sie das Ende der Treppe. Ein lauter Knall und plötzliche Dunkelheit: Die Türen waren hinter ihnen zugefallen.
„Verdammte Scheiße!“ Jan hörte seinen Vater zum ersten Mal fluchen. Gregor kletterte die Stufen hinauf und warf sich mit der Schulter gegen die Klappen. Doch die Türen rührten sich nicht. Jan hörte seine Mutter schluchzen. Jetzt schlug auch sein Herz immer höher. Er hatte seine Eltern noch nie so außer sich erlebt wie in den letzten Tagen.
War das hier ein Fehler?
„Wir sitzen fest.“ Ernüchtert kam Jans Vater wieder nach unten.
„Niemand weiß, dass wir hier sind!“, entfuhr es Jans Mutter panisch.
„Ganz ruhig, Liebling.“ Jans Vater strich sich über die Augen. „Wir … wir suchen einen anderen Ausgang. Komm …“
Sie fassten sich alle drei an den Händen und tasteten sich weiter vor. Doch Jans Gedanken rasten.
Es war Wochenende … vor den Ferien … bis jemand sie vermisste, würden Tage vergangen sein. Wochen …
„Das darf doch nicht …!“ Jans Vater blieb sie angewurzelt stehen. Jan drängelte sich nach vorne.
Im Licht der drei Taschenlampen lag ein Karton vor ihnen, ein durchweichter Umzugskarton mit der Aufschrift ‚Werkzeug‘. Der Karton war offen und leer … jemand hatte den Inhalt an sich genommen.