Für den kommenden Samstag hatten Jaqueline und Miriam sich erneut verabredet. Diesmal wollten sie sich bei Jaqueline treffen. Unruhig tigerte Jaqueline schon vor der abgemachten Zeit in ihrem Zimmer auf und ab. Ob ich Miri anrufen soll? Eigentlich wollte sie sich melden, bevor sie los fährt. Wegen meiner Adresse…
Zum gefühlt hundertsten Mal schaute sie auf ihr Handy, um es dann genervt auf ihr Bett zu werfen. Ich benehme mich wie ein vorpubertäres Mädchen, kurz vor ihrem ersten Date. Dabei treffen wir uns doch nur so, als Freunde…, schalt sie sich in Gedanken.
Plötzlich klingelte es. Cupcake, die etwas schreckhaft war, sprang erschrocken vom Kratzbaum und verkroch sich unter dem Bett ihrer Besitzerin. Jaqueline ging neugierig zur Tür, doch ihre kleine Schwester Sonja war schneller. „Erste!“, rief sie triumphierend, und öffnete die Tür.
„Du sollst doch nicht einfach aufmachen…! Oh, hi Miriam.“, ermahnte sie die jüngere, bevor sie sich überrascht ihrer Freundin zuwandte. „Ich dachte du weißt nicht, wo ich wohne?“, fragte sie verblüfft.
Miriam grinste. „Ich hab nach dem Namen Schröder gegoogelt, und deinen Vater gefunden. Du hast mir ja mal gesagt, dass er Frank heißt. Und dann hab ich die Adresse ins Navi eingegeben, und tada, hier bin ich.“ Sie wuschelte dem jüngeren Mädchen durch die Haare.
Sonja sah zu ihr auf. „Dann bist du also die Freundin, von der Jaqueline immer redet?“, rief sie schließlich neugierig, und grinste dann. „Dann pass aber auf wo du hintrittst, bei meiner Schwester ist meistens Chaos!“ Sonja lachte, und flüchtete dann vor ihrer Schwester.
„Sonja, was erzählst du da!“ Jaqueline machte einen Satz auf sie zu, doch das jüngere Mädchen war schneller. Immer noch lachend rannte sie in ihr Zimmer. Jaqueline wurde rot. „Tut mir leid, die erzählt manchmal echt wirres Zeug. Bei mir ist es gar nicht so chaotisch, und außerdem habe ich aufgeräumt, und...“
„Hey, bleib cool.“ Miriam unterbrach ihre Freundin. „Mir macht es nichts aus, wenn nicht alles an seinem Platz ist, in deinem Zimmer. Du brauchst nicht gleich rot zu werden.“, sagte sie grinsend. Sie klopfte Jaqueline auf die Schulter. „Komm, zeig mir dein Zimmer.“
„Ähm ja, okay. Komm mit mir.“ Warum macht sie mich so nervös? Jaqueline war angespannt. Die beiden Mädchen betraten das Zimmer. Sogleich wurden sie von Fortuna und Maya empfangen, die den beiden mit erhobenem Schwanz um die Beine strichen.
„Na, ihr Hübschen?“ Miriam streichelte erst die eine, dann die andere Katze. Jaqueline schnappte sich Fortuna, und nahm sie auf den Arm. Die Katze begann zu schnurren, als die Blonde sie hinter den Ohren kraulte.
„Hattest du nicht drei Katzen?“, fragte sie schließlich.
„Cupcake ist etwas schüchtern. Aber sie wird schon noch unter dem Bett hervor kommen, wenn wir uns ruhig verhalten.“
„Verstehe. Das hier ist also dein Zimmer? Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt.“ Miriam lachte leise, und ließ anerkennend ihren Blick schweifen. Die Wände des Zimmers waren hellgelb gestrichen, dazu gab es einen farblich passenden Teppich. Die Möbel waren aus ebenfalls hellem Holz. Miriams Bett stand in einer Ecke neben dem Schreibtisch, welcher vor dem Fenster stand. In einer anderen Ecke stand ein großer Kratzbaum mit Versteckmöglichkeiten für die Katzen. Außerdem waren noch ihre Schlafkörbchen im Zimmer verteilt, genauso wie Plüschmäuse und kleine Bälle zum spielen. Ansonsten war es aber sehr ordentlich, wie Miriam fand.
„Was machst du so, wenn du hier bist?“, fragte die Blonde schließlich, und setzte sich vorsichtig, um Cupcake nicht zu erschrecken, auf das Bett. Jaqueline setzte sich dazu.
„Ich lese viel, oder spiele mit den Katzen. Manchmal kommen sie auch zu mir, und legen sich neben, oder auf mich. Sie sind am liebsten bei mir im Zimmer. Und wenn es Futter gibt, dann in der Küche.“ Jaqueline lachte, ihre Anspannung löste sich langsam.
„Glaub ich.“ Miriam stimmte in das Lachen ein.
„Ich mach mal etwas Musik an.“, beschloss Jaqueline, und drückte auf ihrem Handy herum, bis sie ihre Musik App geöffnet, und eine Playlist ausgewählt hatte. „Ich hoffe, du magst Coldplay?“ Die ersten Töne des Liedes erklangen.
„Dieser Song klingt gut… Wie heißt er?“
„All i can think about is you.“, antwortete Jaqueline, und bemerkte in diesem Moment, wie dieses Lied zu ihrer Situation passte. Sie hatte in letzter Zeit so häufig an Miriam gedacht… Die Blonde blickte ihr tief in die Augen, doch ihre Gedanken waren unergründlich für Jaqueline. Sie dachte fieberhaft nach was zu tun war, um die, ihrer Meinung nach, unangenehme Situation zu überbrücken.
„Lass uns ein Spiel spielen. Schau mal, im Regal da drüben sind meine Lieblingsbrettspiele. Wenn sich Sonja nicht wieder an ihnen vergriffen hat...“
„Na gut, ich schau mal.“ Miriam erhob sich, nicht ohne ihrer Freundin noch einen tiefen Blick zuzuwerfen. Jaqueline errötete erneut. Täuschte sie sich, oder hatte die Blonde etwas Make Up aufgetragen? Nicht viel, doch sie hatte es bemerkt. Sie hat Eyeliner benutzt. Ihre Haut ist so schön hell, und fühlt sich bestimmt weich an… Ob ich sie mal berühren soll?
„Wie wäre es damit, Jacky? Das verrückte Labyrinth kenne ich. Hab das mal bei einer Freundin gespielt, war ganz lustig.“
Aus ihren Gedanken gerissen nickte Jaqueline einfach nur. Sie fühlte sich wie verzaubert. Ihre Freundin war hier, und sie verbrachten Zeit gemeinsam. Allein! Dass ihre Eltern und Schwester auch da waren, blendete sie in diesem Moment aus. Was jetzt zählte, war nur Miriam. Ihre Freundin Tessa hatte sie in diesen Momenten aus ihren Gedanken verbannt.
Miriam machte es sich im Schneidersitz auf dem Bett bequem, und packte das Labyrinthspiel aus. Jaqueline mischte die Schatzkarten, und sie verteilten gemeinsam die Wege auf dem Spielbrett. Während des Spiels berührten sich ihre Hände immer wieder zufällig. So lange, bis Jaqueline nicht mehr widerstehen konnte, und Miriams Hand in ihre nahm. Sie strich sanft mit dem Daumen über ihre Haut, begutachtete die feinen Finger, mit den kurz geschnittenen Nägeln. Durchsichtiger Nagellack war aufgetragen worden. Scheu blickte Jaqueline in die Augen ihrer Freundin, unsicher, was sie jetzt tun sollte. Und doch hoffte sie, dass dieser für sie magische Moment nie enden würde.
Miriam lehnte sich langsam nach vorn zu ihrer Freundin, und kam ihr immer näher. Jaqueline wagte es kaum zu atmen. Ihre Augen ruhten auf Miriams fein geschwungenen Lippen, so gerne würde sie jetzt…
Kaum zu Ende gedacht, geschah es auch schon. Ihre Lippen berührten sich, zart, und unschuldig. Einen Moment später begann die Blonde, ihre Lippen sanft gegen die ihrer Freundin zu bewegen. Jaqueline dachte in diesem Moment nicht nach, sie tat einfach, was sich gerade so richtig anfühlte, und erwiderte den Kuss. Sie hielten immer noch ihre Hände.
Cupcake kam unter dem Bett hervor, und sprang auf selbiges. Neugierig stupste sie die Neue an. Miriam und Jaqueline waren in den Kuss vertieft gewesen, sodass sie die Katze nicht bemerkt hatten. „Mau“, machte Cupcake, und ließ die beiden Mädchen erschrocken zusammen zucken.
„Ach, Cupcake! Du bist es nur...“ Jaqueline lachte erleichtert, und nervös. Sie schwebte wie auf Wolke Sieben, fühlte immer noch Miriams Lippen auf ihren.
„Na komm mal her, du. Freut mich, dass du mich kennen lernen willst.“, sagte die Blonde mit weicher Stimme zu der nun doch neugierigen Katze, und hielt ihr die Hand zum schnuppern hin. Cupcake kam ihr näher, und ließ sich nach dem beschnuppern streicheln.
Die Blicke der beiden trafen sich. Jaqueline bekam eine wohlige Gänsehaut, und erkannte im Blick ihrer Freundin tiefe Freude, und eventuell sogar Liebe?
Miriam streichelte nun über Jaquelines Hand. „Jacky...“, begann sie mit rauer Stimme.
„Nicht jetzt...“, flüsterte Jaqueline, und beugte sich vor, um ihre Lippen erneut zu verschließen. Sie hoffte, dass ihre Familie jetzt nicht in ihr Zimmer kommen, und stören würde…
Das Spiel war vergessen, und rutschte vom Bett, als sich die beiden Mädchen aneinander kuschelten. Die beiden tauschten immer wieder Küsse aus. Worte waren in diesen innigen Momenten unnötig. Cupcake lag an Jaqueline gekuschelt, und schnurrte zufrieden.