Hinweis:
Diese Erzählung begann mit dem Stichwort "Schmiede"
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Jane fiel auf die Knie. Ein stechender Schmerz schoss ihr Bein hinauf. Mit brennenden Handflächen konnte sie gerade noch verhindern, dass sie mit ihrem Gesicht im Dreck landete. Hinter sich vernahm sie nur, wie die schwere Holztür ins Schloss fiel und ein Riegel vorgeschoben wurde. Es war stockfinster, als sie hörte, wie sich die langsamen Schritte entfernten. Sie versuchte, sich in der Dunkelheit zurechtzufinden und kroch auf allen Vieren vorsichtig vorwärts, bis sie gegen glattes Gemäuer stieß. Sorgfältig verputzt und leicht feucht. Jane hatte Mühe, wieder zu Atem zu kommen, denn die feuchte, stickige und von Fäkalien verseuchte Luft verschnürte ihr den Hals.
Der Auftrag war gehörig schief gelaufen. Eigentlich hätte nur eine Minimalbesetzung an Wachen stationiert sein sollen – ein Kinderspiel. Auch Janes eigene Einschätzung vor Ort hatte ihr gesagt, dass das Hauptgebäude verlassen war. Verdächtig verlassen, wenn man es im Nachhinein betrachtete. Von Rigon hatte sie ebenso wenig ein Warnzeichen erreicht. Rigon... was wohl mit ihm passiert war? Er hätte es niemals sang- und klanglos zugelassen, dass sie festgenommen wurde. Die Unwissenheit versetzte Jane einen leichten Stich, doch sie konnte sich jetzt nicht mit ihrem Mentor beschäftigen. Fokussier dich!
Was war eigentlich genau passiert? Jane musste einen Schlag auf den Kopf bekommen haben, denn ihre Erinnerung setzte in dem Moment aus, als sie das düstere Haus betreten hatte. Verdammt auch! Ihr Gesicht brannte noch von den Schlägen der Wachen, ein dumpfer Schmerz in ihrem Rücken raubte ihr die Luft und eines ihrer Beine wollte kaum Körperlast aufnehmen. Doch an Ausruhen war nicht zu denken. Sie war allein in dieser Zelle, so viel stand fest. Langsam gewöhnten sich Janes Augen an die Finsternis und sie vermochte in dem fahlen Mondschein, der zu einem winzigen, vergitterten Fenster unter der Decke hereinlugte, zumindest ihre eigenen Finger zu erkennen. Vorsichtig legte sie ihre Hände an die Wand hinter sich. Kalter Stein. Sie biss die Zähne zusammen und schaffte es sich aufzurichten. Die Decke war nicht in Reichweite. Also hielt sie sich an das einzige, das sie fassen konnte, und tastete sich Schritt für Schritt an der Wand entlang. Fünf Schritte lang und drei Schritte breit. Die Zelle war eindeutig für mehrere Gefangene ausgelegt. Im Gang herrschte absolute Stille. Keine Wachen direkt vor der Tür und offenbar auch keine anderen Gefangenen. Jane musste schlucken und versuchte, das langsam aufkeimende Gefühl von Panik zu unterdrücken. Fokussier dich!
Noch war sie am Leben und solange das so war, würde sie nicht aufgeben. Es war noch nicht alle Hoffnung verloren. Jane machte sich auf zu einer neuen Runde um ihre Zelle und achtete diesmal sorgfältig darauf, die Wand von oben bis unten abzutasten. Auf jede Unregelmäßigkeit achten. Es war eine trostlose Tätigkeit und es fiel Janes malträtiertem Kopf zunehmend schwerer, sich zu konzentrieren. So entging ihr beinahe, dass sich an einer Stelle in der sorgfältig glatten Wand unter ihren Fingern etwas Putz löste und auf ihre nackten Füße rieselte. Nanu? Sie suchte den Punkt wieder und kratzte vorsichtig. Ein unerwartet großer Brocken fiel zu Boden. Janes Fingerspitzen brannten wie Feuer, doch sie ließ sich nicht beirren.
Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte sie den Stein endlich greifen, der nur noch locker in der Wand lag, und zog ihn vorsichtig heraus. Mit etwas Geschick könnte der eine zwar primitive, aber effiziente Waffe abgeben. Mit ihrer freien Hand fühlte Jane in die entstandene Mulde und stutzte. Dahinter befand sich doch tatsächlich ein Hohlraum! Sie streckte ihren Arm bis zum Ellenbogen in das kalte Gemäuer. Verdammt weit hinein. Mit der Fingerspitze vermochte sie gerade so einen Gegenstand zu greifen, den sie überhaupt nicht zuordnen konnte. Als sie ihn schließlich in den fahlen Mondschein hielt, stahl sich trotz ihres Elends ein Schmunzeln auf Janes Lippen.
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Weiter geht's mit dem Stichwort "Untersuchen"