Clara saß schweigend am Fenster. Wie so oft, denn in diesem ganzen, großen Haus war es ihr Lieblingsplatz. Von hier aus konnte sie die bunte Allee überblicken. Es machte ihr Freude, die vielen verschiedenen Figuren zu beobachten, die dort unten vorbei liefen. Manche bummelten, manche waren in Eile. Mit ihrer blühenden Fantasie fiel es ihr leicht, sich zu jeder eine kleine Geschichte auszudenken. Es war ein abwechslungsreicher Zeitvertreib.
Heute wartete Clara allerdings vergeblich auf die Passanten, die ihren Tag beleben würden. Es regnete schon den ganzen Tag in Strömen, weshalb sich kaum jemand hinaus traute. Die Regentropfen zogen lange Schlieren an der Fensterscheibe hinab, sodass sich das Bild der Straße auf eine surreale Art verzerrte.
Wenn sie doch nur nach draußen könnte... sie würde sich nicht vom Regen vertreiben lassen. Im Gegenteil, sie würde das frische, kühle Nass auf ihrem Gesicht genießen. Das Gefühl, wirklich zu leben.
Seufzend riss sich Clara von dem melancholischen Anblick los. In diesem Zustand vermittelte die Allee eine Trostlosigkeit, die sie nicht ertragen konnte. Sie bewegte die Räder ihres Rollstuhls, um zu ihrem besten Freund zu gelangen, dem Bücherregal. Ohne lange zu überlegen griff sie nach ihrem Lieblingsband und schlug es auf. Es war bereits abgegriffen und die Seiten hatten Eselsohren. Doch das machte nichts, denn diese Makel verliehen diesem wundersamen Retter verregneter Nachmittage einen ganz eigenen Charme.
Auf in ein neues Abenteuer...