Die Tür quietschte unter dem schweren Stoß, den Amron dem Holz versetzte. Vereinzelt Splitter flogen durch die Luft auf den Boden von der Stelle, an welche der Krieger Druck ausgeübt hatte, als die Scharniere ihre hohen Töne ausspuckten und das vermodert riechende Holz gegen einen weiteren am Boden liegen Gegenstand hängen blieb. Sein feines Gehör wurde noch mehr strapaziert, als es seine ohnehin angespannten Nerven ertrugen Der Krieger legte seine angespannten Finger lieber auf den Knauf seiner Waffe, als noch weitere Gegenstände in dieser seltsamen Behausung zu Bruch gehen zu lassen. Der Schlag, der beim Aufprall der Tür gegen den Gegenstand am Boden aufkam, erklang in dem gesamten Haus wider, wobei Amron sich sicher war, dass auch die Gespräche im Nachbarhaus sichtlich verstummten. Somit war er sich der Aufmerksamkeit sicher, denn der Mann hinter der Theke erschrak kurz und sah den Krieger mit zornigem Blick an. Die grünen Haare hingen ihm ins Gesicht und er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch kein Laut erklang aus diesen, mit Metall verzierten, Lippen. Amron fixierte den schwächlich wirkenden jungen Mann, der wiederum sah Amron mit fast bissigem Blick zu, wie dieser den Raum nun betrat und inmitten stehen blieb. Die schweren Stiefel ließen die Bodendielen knarren und während sich der Krieger umsah erkannte er, in welche Art Behausung er sich nun befand. Verächtlich verzog er den Mund, als er Dekoration und weißlich geschmückten Fenster und die Blütenblätter auf dem Boden entdeckte. Die Tische und Stühle wirkten leer und einsam, dennoch standen diese aufgeräumt und sortiert in der Räumlichkeit. Mit Baumwolldecken und Blumen verziert, während die Stühle um mehrere große Tische herumgestellt waren, erkannte Amron eine Festtafel mit allerlei Leckereien. Wobei die Gäste nur noch fehlten. Der Krieger schluckte die geringschätzende Bemerkung hinunter, wenngleich er derjenige war, der einen Wunsch aussprechen wollte.
„Seid gegrüßt, junger Recke. Habt Ihr für zwei Reisende eine Unterkunft frei?“ Sein Gegenüber blinzelte mehrmals und wich zurück. Die Arme beschwichtigend erhoben lugte neben dem Metall an den Lippen auch in seinem gesamten Gesicht verteilt winzige Steinchen und anderer Schmuck. Das war wohl eine Art Statussymbol in dieser Welt, doch Amron interessierte diese Form der Kultur ebenso wenig wie die Tatsache, welche Festlichkeit sich nun bald in diesen Wänden ereignen sollte.
„Hey, man, Alter. Du kannst doch nicht einfach so reinplatzen. Ich hab mir echt Mühe gegeben mit dem Mist hier.“
Er zeigte mit einem dürren Arm in die Räumlichkeit, als Amron hinter ihm eine weitere Tafel voller Essen und Getränken fand. Seine Nase nahm verschiede fremde Düfte wahr und sogleich knurrte sein Magen. Wohl zu laut, denn sein Gegenüber schaut verstört zuerst auf die blutverschmierte Kleidung, als auch auf das Schwert, die der Krieger versuchte durch ein Wegdrehen weitestgehend zu verstecken. Doch dies schien dem Mann nicht zu stören. Vielmehr erbleichte er, als er das Blut auf dem Harnisch entdeckte. Abermals hob er die Hände und trat weiter zurück auf einen Gegenstand an der Wand zu, den Amron nur allzu bekannt war. Schnell wie der Blitz schoss deine Klinge empor, dessen Spitze sich in das Holz rammte und so den Weg zwischen dem Schwächling und dem Gerät, mit den man mit einer anderen Person Kontakt aufnehmen konnte, versperrte. Wie dieses Teufelswerk hieß, wusste Amron nicht, doch es reichte, diese Absicht zu unterbinden. Wenn er seine Launen freien Lauf ließ, würde hier kein Stein mehr auf dem anderen bleiben, und gleichzeitig könnte er diesem Menschen innerhalb weniger Augenblicke den Tod schenken Doch er wollte keinen Trubel. Er versuchte es zumindest zu unterlassen.
„Ich dulde keine solche Tat. Ich fragte Euch höflich nach einem Platz zum Schlafen. Ich wäre Euch sehr verbunden, wenn Ihr eine Bleibe für eine Nacht und ein paar Kleider für mich und meinen…“, er wollte schon fast Anhängsel sagen. „...meinen Mitreisenden habt. Wäre dies möglich?“
Erschrocken weiteten sich die Augen des Mannes, der zitternd anfing zu nicken.
„Welches Zimmer darf es denn sein?“, fragte er, entnahm aus einer Tasche etwas zum Schreiben und schob langsam etwas in Richtung Amron. Dieser rührte sich nicht, sah dem Mann nur tief in die Augen und musste innerlich fluchen.
„Haltet ein und rührt Euch nicht vom Fleck, denn ich werde wieder kommen!“ Damit zerschlug er das Gerät in mehrere Teile und hinterließ an der Wand mehrere Kerben und Narben im Holz.
Wenig Zeit verstrich, als Amron seinen Mitreisenden in die Behausung nahm, dieser wortlos zu den immer noch auf dem Tisch liegenden Gegenständen führte und ihn aufs Holz niederließ. Der Mann starrte auf den zweiten Fremden, sagte keinen Ton und wagte es nicht, sich zu bewegen. Buck sah die Gegenstände an, dann folgte sein verstörter Blick zu dem zerstörten Gegenstand an der Wand und dann weiter in Richtung Amron. Der Krieger hatte beide Arme verschränkt, sah den in Lumpen Gehüllten ernst an und sagte keinen Ton. Buck wiederum musste sich ein Grinsen verkneifen, regelte alles Weitere mit dem mittlerweile vollkommen verstörenden Mann und führte Amron wieder als Packesel in eine Einrichtung, die wohl die versprochene Bleibe war.
Der Krieger erkannte zwei Betten, die ähnlich aussahen wie die Mettallplatten, auf denen er vor seinem Ausbruch geruht hatte. Doch diese hier waren viel weicher und er spürte trotz mehrmaliger Überprüfung keine Gefahr. Also entließ er Buck auf das eine Bett, der sich genüsslich auf die weiche Matte fallen ließ, während Amron dien Raum betrachtete. Dann lachte Buck plötzlich so laut, dass Amron die Ohren klingelten. Bevor die Wut überhandnahm, schnippte Buck wieder bis die Barriere den Raum vollends einschloss.
„Der hat sich ja in die Hose geschissen. Hättest mich ja gleich mitnehmen können. Wahnsinn, nicht mal das kriegst du hin.“
Amron schwieg und sah den Schelm zornig an. Doch Buck war noch nicht fertig.
„Und du hättest mir sagen müssen, dass du weder lesen noch Schreiben kannst. Man könnte meinen, ich hätte es wirklich mit einem Dümmling zu tun.“
Jetzt reichte er ihm. Dort, wo der Krieger zuvor gestanden hatte, fegte nur noch ein eisiger Hauch, bevor sich messerscharfe Klauen an dem dürren Hals des Dürren zu schaffen machten. Bucks Lachen hallte in der Barriere wider, bevor Amron seine Hand um die Haut des Mannes gekrallt hatte. Die Spitzen seiner nun erstandenen Klaue gruben sich leicht hinein, doch nicht soweit, dass das Blut begonnen hatte zu rinnen.
Der Krieger hielt sich wacker, dem Mann nicht zu häuten und seine Eingeweide ins Feuer zu werfen. Am liebsten würde er seinen als Trophäe in seine Höhle hängen und sein Fleisch, wenngleich es nicht viel war, würde er genüsslich verspeisen und sich viel Zeit lassen. Sehr viel Zeit.
„Mal schauen, wie lange du noch leben wirst, wenn ich dich bei lebendigem Leibe fresse“, flüsterte der Krieger mit wenig Abstand zu dem Gesicht, dessen Augen ihn sowohl trotzig als auch wissentlich musterten. Das Grinsen erreichte seine Augen nicht, stattdessen sah Buck ihn mit Hohn an. Macht entlud sich. Amrons Magie sirrte in der Luft und zusammen mit Bucks gewaltiger Kraft hielt die Barriere diesem Druck fast nicht stand. Doch beide wussten nur zu gut, was ihnen drohen würde, wenn sie sich verrieten. Dieses Spektakel da unten war bereits viel zu viel gewesen. Also fuhren beide ihr Temperament wieder herunter, bevor Buck mit tiefer, kehliger Stimme flüsterte:
„Du kannst anstellen mit mir, was du willst, Amron. Du kannst mich fressen, ausspießen, häuten, braten, verbrennen und töten. Und das immer und immer wieder. Tag für Tag. Minute für Minute. Doch ich werde dir leider nicht den Gefallen tun und einfach so abkratzen. Wenngleich deine Gefühle deinen Verstand derart benebelnd, bist und bleibst du ein Dümmling, ein Idiot, eine Marionette. Und genau von dem, der dich in diese Einrichtung gebracht hat. Es gleicht einem Spießrutenlauf, wenn du dich so leicht wieder fangen lässt. Und dann wird man dich nicht mehr gehen lassen.“
Auch wenn Amron diese Worte bewusst waren, dass er sich anpassen musste, konnte er nicht anders als aufzukeuchen. Nicht die Macht verwirrte seine Sinne, nicht diese ernsten Worte, die er zum ersten Mal aus Bucks Mund hörte, nicht dieses Geständnis, was er ihm offenbart hatte.
Sondern das Blut, das aus dem Wunden floss. In dem Trieb des Tötens und Fressens hatte Amron zugedrückt, doch Buck hatte diese Drohung weniger ausgemacht als ein Gähnen am Morgen.
Und nun zierten blauschwarze Flecken die weise Decke und ihnen. Das Blut einer Sagengestalt, eines Monsters, eines Biestes.
Das Blut eines uralten Dämons.