Aiden musterte die Neuankömmling aufmerksam, nachdem alle am Tisch platzgenommen hatten. Die drei Männer waren allesamt großgewachsen und durchtrainiert. Man sah ihnen an, dass sie nicht zimperlich waren und mit Sicherheit einiges an Kampferfahrung mit sich brachten. Die Frau war es allerdings, die Aidens Neugier am meisten geweckt hatte. Sie war nicht besonders groß und der Kapuzenpullover, den sie trug, war so weit und unförmig, dass er wenig von ihrer Figur erahnen ließ. Da sie ihr schwarzes Haar zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden trug, gab sie allerdings den Blick auf einen eleganten Hals frei. Die Linie ihres Kinns war weich, die Wangen leicht gerötet und ihre blauen Augen hätten auf einen ungeübten Betrachter unschuldig wirken können. Doch Aiden erkannte in ihnen ein Funkeln, dass verriet, dass sie den anderen Mitgliedern ihres Teams in nichts nachstand. Er war sich ziemlich sicher, dass sie ihren Mangel an Körpergröße, mit Geschick wett zu machen wusste.
Was Aiden aber am meisten Verwunderte, war die Reaktion, die sie bei Bastian ausgelöst hatte. Aiden kannte den Kerl jetzt schon seit einigen Jahren und er hatte ihn selten so losgelöst erlebt. Zumindest wenn man von den Momenten absah, in denen seine Frau Cam an seiner Seite war.
„Ich wusste nicht, dass es dein Team ist, was an dem Ring dran ist“, sagte Bastian gerade zu ihr.
„Ihr Team.“ Der Kerl, der auf ihrer anderen Seite saß, verdrehte die Augen.
„Jo wollte dich überraschen“, erklärte Duncan und Bastian schüttelte lächelnd den Kopf: „Das ist dir gelungen.“
„Gut.“ Duncans Miene wurde ernster. „Dann stelle ich euch einander kurz vor.“
Aiden hob aufmerksam den Kopf.
„Wie ihr wohl feststellen konntet, ist Jo eine alte Freundin der Familie. Unsere Väter waren befreundet und Bastian und sie sind quasi miteinander aufgewachsen. Ihr vollständiger Name lautet Jofrea Phiney.“
„Jo reicht vollkommen“, ergänzte sie und es klang eher wie ein Befehl als wie eine Bitte, was Aiden zum Schmunzeln brachte.
„Dann haben wir hier Peroy Sutherman.“ Duncan deutete auf den Kerl neben Jo, der sein dunkles Haar militärisch kurz geschoren trug.
„Vellris Asterlow“, fuhr Duncan fort und der Mann mit dem Ziegenbärtchen und dem Ring im Ohr nickte knapp.
„Und Gray Thompson“, kam Duncan zum letzten der vier Neuankömmlinge. Der Mann lächelte breit und fuhr sich mit der Hand durch die blonden Locken.
„Ich weiß nicht, wie viel Duncan schon erzählt hat“, meldete Vellris sich nun zu Wort. „Wir sind an diesen Kerlen jetzt schon seit über einem Jahr dran. Es wird Zeit, dass wir sie endlich festnageln.“
Taye machte einen zustimmenden Laut. „Ganz meine Meinung, mein Freund.“ Die beiden sahen sich an, als besiegelten sie einen Pakt, dann streckte Taye ihm die Hand über den Tisch hinweg entgegen. „Taye Davis“, stellte er sich vor.
Nachdem die beiden Männer sich die Hände geschüttelt hatten, ergänzte Duncan: „Taye wird die Mission leiten. Wir haben ihm die Verantwortung übertragen. Wie ich euch bereits sagte, hat er den Ring während seiner Zeit als Cop verfolgt.“
Zustimmendes Gemurmel erklang, ehe Taye auf Ruby deutete: „Meine Frau Ruby.“
Sie lächelte zaghaft. Etwas, was Aiden bei ihr noch nie gesehen hatte.
„Und das sind die beiden, die euer Team ergänzen werden“, sprach Duncan weiter. „Aiden Colman und Tarun Neyton.“ Er deutete nacheinander auf sie und Aiden hob grüßend die Hand.
„Ihr solltet euch in den nächsten Tagen miteinander bekannt machen. In der Zwischenzeit erarbeitet Taye den genauen Plan.“ Duncan schob Taye die Mappe mit den Unterlagen zu. „Wir haben schon einiges besprochen, aber die Details erfahrt ihr ab sofort nur noch von ihm.“
„Wir haben Zimmer für euch fertig gemacht“, sagte Bastian, ehe er sich an Aiden und Traun wandte: „Für euch beide auch.“
Aiden hob verwundert die Augenbrauen. Sein Apartment lag nur gut zehn Kilometer entfernt und wenn er sich teleportierte, war er in wenigen Sekunden hier. Ehe er seinen Einwänden jedoch Ausdruck verleihen konnte, sprach Bastian schon weiter: „Keine Widerrede. Ihr beide bleibt genauso hier. Ihr sollt euch kennenlernen, Zeit miteinander verbringen. Es ist wichtig, dass ihr sechs zu einer Einheit werdet.“
Aiden rollte mit den Augen, widersprach aber nicht. Er wusste, dass es keinen Sinn machte, darüber zu diskutieren. Wenn Bastian etwas entschieden hatte, dann würde man ihn nicht davon abbringen.
„Mir soll’s recht sein“, erwiderte Gray. „Ich bin froh, wenn ich mir mal eine Nacht lang nicht das Bett mit euch dreien teilen muss.“ Er zwinkerte seinen Freunden zu. „Nichts für ungut, Leute.“
Aiden musterte die Kerle neugierig.
„Du bist derjenige, der am lautesten schnarcht“, konterte Peroy achselzuckend und Jo nickte: „Allerdings.“
Aiden verfolgte die Plänkelei. Schliefen die drei Typen tatsächlich mit Jo in einem Bett?
Sie alle drei? Gleichzeitig?
Aiden fragte sich langsam, wo er da hineingeraten war. Sicher, er hatte nichts gegen einen Dreier, solange er sich mit zwei Frauen vergnügte. Und auch wenn es seinem Interesse nicht entsprach, wusste er, dass sich zwei Männer durchaus eine Frau teilen konnten. Aber drei?