An Aidens Seite betrat Jo wenig später ein Separee, das über eine große verglaste Fensterfront verfügte. Davor waren zwei überaus bequem wirkende Polstersitze in edlem Weinrot positioniert, die an die Sessel in einem Kinosaal erinnerten. Zu beiden Seiten gab es zudem noch ein kleines Tischchen, auf dem der Mann, der sie hier her geführt hatte, gerade die gewünschten Getränke abstellte: für Jo einen Champagner und für Aiden einen Scotch.
„Die Präsentation beginnt in wenigen Minuten“, ließ der Mann sie wissen, der einen Smoking und weiße Handschuhe trug und bisher noch kein Wort gesprochen hatte.
Nachdem Aiden und Jo das unscheinbar wirkende Gebäude betreten hatten, waren sie in eine riesige Empfangshalle gelangt. Sie war sehr schlicht eingerichtet und wirkte dennoch dem zu erwartenden Klientel angemessen. Jo hatte sich gerade umgesehen und sich darüber gewundert, dass es diesmal keinen Türsteher gegeben hatte, dem sie ihre Namen hatten nennen müssen, da war Amanda Smith durch eine Nebentür zu ihnen getreten. Sie trug ein bodenlanges Kleid in glänzendem Silber und hatte sie mit einem Lächeln begrüßt, bei dem Jo eine Gänsehaut bekommen hatte. Nachdem Amanda ihnen versichert hatte, wie sehr sie sich freute, dass sie ihrer Einladung gefolgt waren – eine Tatsache, die Jo ihr definitiv abkaufte – hatte Amanda ihnen den Mann namens John vorgestellt, der sie zu ihren Plätzen führen würde. Sie sei so frei, ihnen direkt ein paar Getränke bestellt zu haben. Natürlich auf Kosten des Hauses und wenn sie einen Wunsch hatten, so sollten sie es John einfach nur wissen lassen.
„Benötigen Sie noch etwas?“, wollte dieser nun also wissen und Aiden schüttelte den Kopf. „Nein, danke. Wir sind versorgt.“
John nickte und zog dann ein kleines Gerät aus der Jackentasche. „Hiermit können Sie an der Auktion teilnehmen“, erklärte er. „Über den grünen Knopf können Sie ein Gebot abgeben. Wenn Sie eine höhere Summe bieten möchten, geben Sie die gewünschte Summe über das Ziffernfeld ein und bestätigen Sie diese ebenfalls mit Grün. Sollten Sie noch etwas bestellen wollen, betätigen Sie bitte den schwarzen Knopf mit der Glocke. Ich werde dann umgehend bei Ihnen sein.“
Aiden nickte und John legte das kleine Gerät, das Ähnlichkeit mit einer Fernbedienung hatte, neben dem Scotchglas ab.
„Für den Zeitraum der Auktion, bitten wir Sie in Ihrem Separee zu bleiben. Die Anonymität unserer Käufer ist uns sehr wichtig. Durch die verspiegelten Scheiben haben Sie die Möglichkeit, die Ware völlig diskret zu begutachten und gegebenenfalls Ihren Kauf zu tätigen. Ich werde Sie dann im Anschluss hier abholen. Sollten Sie eines unserer Objekte erworben haben, können Sie mir dann mitteilen, wann Sie Ihre Lieferung erhalten möchten. Und zu welcher Adresse.“
„Sehr schön.“ Aiden zog einen Geldschein aus seiner Tasche und drückte ihn John in die Hand. „Vielen Dank, John.“
Das Lächeln im Gesicht des Mannes wurde breiter. „Sehr gern, Sir“, sagte er, nahm die Dollarnote entgegen und verließ den Raum.
Jo warf Aiden einen kurzen Blick zu. Sie waren jetzt zwar vermeintlich allein, aber Sie hatten besprochen, dass sie trotzdem nicht aus Ihrer Rolle fallen würden. Dieses Separee machte zwar den Anschein von Privatsphäre, doch es war gut möglich, dass sie hier weiterhin überwacht wurden.
„Ich bin wirklich gespannt, ob wir heute Abend fündig werden“, sagte Jo deshalb und nahm auf einem der Sessel Platz. Aiden tat es ihr nach. „Ich bin guter Dinge, Liebling“, sagte er und griff nach ihrer Hand. Jo war dankbar, sich auf diese Weise an ihm festhalten zu können. Denn auch wenn sie ahnte, was ihnen bevorstand, so war es doch schwer, sich vorzustellen, dass hier in den nächsten Minuten tatsächlich Menschen zum Verkauf angeboten werden sollten.
Sie schluckte. Noch herrschte hinter der Fensterfront einfach nur Schwärze, aber wie der Kerl namens John ihnen versichert hatte, würde die Auktion gleich beginnen und Jo konnte nicht verhindern, dass ihr Herz vor Aufregung schneller schlug.
„Bist du aufgeregt, Eve?“ Aidens Stimme war so sanft, dass Jo unwillkürlich lächelte. Sie sah in seine türkisgrünen Augen. „Ein wenig“, gab sie leise zu und er nickte. Es war nur eine ganz leichte Bewegung seines Kopfes, doch sie gab Jo eine Sicherheit, die sie nicht erklären konnte. Und auch Zuversicht. Sie waren hier und sie würden diese Irren aufhalten, sie mussten nur noch ein kleines Bisschen durchhalten, während Taye und die angeforderte Verstärkung vor dem Gebäude auf das Signal warteten. Doch bevor der Zugriff erfolgen konnte, mussten Aiden und Jo die Gewissheit haben, dass am heutigen Abend auch wirklich großen Fische anwesend waren. Amanda Smith schien ein solcher zu sein, aber Jo war sich sicher, dass es über ihr noch jemanden gab, der die Fäden in der Hand hielt. Nun galt es nur noch herauszufinden, wer das war und dann würden sie ihm ein für alle Mal das Handwerk legen.