Blanca betrachte noch einmal den Körper, der vor ihr auf dem Boden lag. Er war groß, hatte rötliches etwas längeres Haar und trug die selbe Kluft wie Danik: schwarze Klamotten, bestehend aus einem Kapuzen-Shirt und Baggypants. In der Nähe, etwa einen Meter von der Mauer, stand sein Rucksack. Sie schaute kurz hinein. Voller Sprühdosen.
„Ah… bist du vielleicht ein Freund von Danik?“, flüsterte sie,
„Ich… nein, nein, tut mir leid… ich kann ihm keine Grüße von dir ausrichten… aber vielleicht seht ihr euch ja morgen? …. nun vielleicht besser übermorgen, denn ich fürchte, morgen wirst du noch etwas schwächlich auf den Beinen sein. Erhole dich gut... und nochmals vielen Dank für deine Spende.“
Dann wandte Blanca sich ab und schritt mit schnellen energischen Schritten davon. Sie musste Danik finden! Und das schnell. Er war bestimmt schon in Panik über ihr Verschwinden.
Danik wusste sich keinen Rat mehr. Er hatte alle Gebäude abgesucht. Wirklich alle! Doch Blanca blieb verschwunden. Was konnter er jetzt noch tun? Das beste war wohl. zum Treffpunkt zu gehen, zu dem Ort an dem seie einander verlassen hatten. Und dann? Warten. Warten und warten. Aber wie lange? Warten fühlte sich irgendwie scheiße an. Er wollte was tun. Was, wenn ihr etwas passiert war? Was, wenn ihr gerade – just in diesem Augenblick – etwas Böses widerfuhr? Wer weiß schon, was für seltsame Gestalten um diese Zeit unterwegs waren. Ein Luftzug hinter ihm. Eine Stimme.
„Danik?“
Er drehte sich abrupt um. Da stand sie. Nicht mehr schwankend. Aufrechte Haltung vor Energie nur so strotzend.
„Ich… ich habe dich überall gesucht“, sagte er,
„ich dachte… es wäre Gott weiß was mit dir passiert.“
„Ich… es tut mir leid… ich musste mal… und… konnte nicht warten.“
„Puh…" atmete er schwer aus,
"Ich habe mir echt Sorgen gemacht… Doch jetzt bin ich froh, dass dir nichts passiert ist.“
„Du hast dir Sorgen gemacht? Das ist ja süß von dir…“.
„Ja, ich… Sag, was ist denn das… blutest du etwa?“
„Ich… äh… Tue ich?"
"Ja."
"Wo?“
„An deiner Lippe.“
„Ich… ja, ich bin eben ausgeruchtscht und hingefallen."
„Warte... ich hab eine Taschentuch.“
Er reichte es ihr. Aber sie macht keine Anstalten, es zu ergreifen.
„Kannst du… kannst du es vielleicht wegmachen?“
„Ich... ja... na, klar“, stammelte Danik.
Er trat näher, so dass er nur eine Ellbogenlänge von ihr entfernt war.
Blanca legte ihr Gesicht in den Nacken und schaute zu ihm hoch. Ihre blauen kindlichen Augen schienen ihn erwartungsvoll anzusehen. Schließlich beugte er sich über sie. Ihre blassen porzellanfarbigen Wangen und die kleine Stupsnase schimmerten silbrig im Mondlicht. So nah war er ihr noch nie gewesen. Zögerlich, mit leicht zitternder Hand näherte er sich ihrem Gesicht. Vor sich sah er vollen vollen sanftgeschwungenen Lippen. Sie waren ihm nie röter vorgekommen. Sie verzog sie zu einem Schmollmund. Etwas Blut rann aus dem linken Mundwinkel. Behutsam tupfte er es fort.
„Tut… tut es noch weh?“
„Nein… nicht mehr“, flüstere sie.
„So… alles sauber…“
„Gut… ich danke dir“, hauchte sie.
Ihre blauen Augen sahen ihn unergründlich an und drangen, so schien es ihm, bis in den hintersten Winkel seiner Seele.