Blanca und Danik hasteten die Straße entlang, rannten von Haus zu Haus.
„Blanca“, keuchte Danik, „Ich… ich kann nicht mehr.“
Es war ihm ein Rätsel, wie konnte sie lange rennen konnte, ohne sichtbare Zeichen von Erschöpfung zu zeigen, während er völlig außer Puste war.
„Okay“, sagte Blanca, „noch ein paar Häuser und dann sind wir da.“
Sie bogen in die Kastanienstraße ein. Dann liefen sie am Haus Nummer vierzig vorbei. Dann an Nummer Einundvzierzig.
„Hier“, rief Blanca triumphierend, „Die zweiundvierzig.“
Sie stellten sich an die Haustür und betrachteten die Klingelschilder.
„Wie war der Name noch gleich?“
„Tothmann.“
„Ah ja… hier ist sie.“
Blanca drückte die Klingel.
Die Sprechanlage knisterte.
„Ja?“
„Ja, hallo.“
„Wer ist da?“
Blanca überlegte.
„Hier ist… hier ist… Claire.“
„Claire? Kenn’ ich nicht.“
„Nein?“
„Nein. Kennst du hier jemanden?“
Blanca überlegte einen Augenblick.
„Jake! Ich kenne Jake.“
„Jake? Jake ist schon weg.“
„Okaaay, na gut…“
„Kennst du noch jemand anderes?“
„Ich… beziehungsweise wir…“, kicherte Blanca,
„Das heißt meine Freundin und ich… wir wollen heute noch etwas Spaß haben… und ich habe gehört bei euch da oben gibt es ein paar starke Typen… hihi… und wir bringen übrigens noch einen Kasten Bier mit.“
„Na... Warum hast du das denn nicht gleich gesagt?“, sagte die Stimme des Mannes auf einmal freundlich, „Na, dann kommt doch hoch“
„Und wohin?“
„zweite Etage“
„Okay, alles klar, hihi, wir kommen.“
Die Tür surrte und Blanca drückte sie auf.
„Na, das ging ja doch etwas einfacher als gedacht“, sagte Blanca trocken und schaute Danik an. Der grinste nur und folgte ihr die Treppe hoch.
Oben angekommen, stand bereits eine Tür offenen. Ein großer breitschultriger Typ stand in der Öffnung. Er sah erst Blanca, dann Danik an. Dann verzog sich seine Miene.
„Hey, hattest du nicht was von einer Freundin gesagt? Ich sehe nur einen Typen. Und wo bitte... ist das Bier?“
„Ach, ja, weißt du, Kati, ist noch unten, sie… äh… übergibt sich gerade. Kommt dann nach, wenn sie wieder fit ist.“
„Und du“, fragte der Muskelprotz und sah Danik an, „Wer bist du?“
„Ich bin D...“
„Das ist Damian“, fuhr ihm Blanca ins Wort.
„Kann er nicht für selbst reden?“
„Äh… doch… Ich bin Damian… und ein Freund von... Jake.“
„Ach ja? Ein Freund von Jake?“, sagte der Typ und sah Danik mißtrauisch an, „Wie sieht denn Jake aus?“
„Etwas... besser als du“, sagte Danik.
Der Muskelmann starrte ihn an.
„Allerdings…“, fuhr Danik fort“, „hat er auch nicht mal im Ansatz so einen krassen Körper wie deinen.“
Die Miene des kräftige Typ hellte sich auf. Er lachte.
„Ganz richtig, ganz richtig. Hmm, na gut… Also das Mädchen könnte ich ja rein lassen, aber ihn… wir haben schon genügend Typen… ist ja schon ne’ Sausage Party.“
„Ach, mein Starker“, sagte Blanca und strich mit einer Hand über seinen kräftigen Oberarm,
„für ihn findet sicherlich auch jemand Verwendung.“
Sie zwinkerte ihm zu.
„Meinst du?“
„Aber ja“
Blanca schaute ihm fest in die Augen.
„Also ich weiß nicht…“
Er schaute wie gebannt in ihre blauen Augen.
„Doch, mein Großer, du wirst ihnen einen Gefallen tun.“
„Wirklich?“
„Aber ja“, hauchte sie und ihre Hand ergriff die seine.
Danik war fasziniert. Der große Kerl stand nur noch steif da und starrte in Blancas Augen.
„Okay…“
„Ja, sie werden dir dankbar sein.“
„Also gut…“
„Ja, komm lass uns rein.“
„Okay, kommt rein, kommt rein“, sagte er, seine Augen immer noch tief in Blancas versunken.
„Und“, sagte Blanca „Geh mal nach unten und schau mal nach meiner Freundin. Sie braucht sicher etwas Trost.“
„Ja… gut, mache ich.“
„Danke, du bist ein Schatz“, sagte Blanca und küsste ihn auf die Wange, schob ihn in den Flur und schloss die Tür hinter ihm. Sie hörten schwere Schritte die Treppe hinabgehen.
Danik sah Blanca an.
„Wow, was war denn das?“
„Was?“
„Na, du hast einen total unwilligen Typen dazu gebracht, genau das zu tun, was du möchtest.“
„Hab ich?“
„Ja, aber voll.“
„Ach, ich war nur etwas... nett zu ihm. Habe etwas meinen Charme spielen lassen.“
„Nichts gegen deinen Charme“, sagte Danik, während Blanca die Augenbrauen hob,
„der zweifellos vorhanden ist…“
„Und“, ergänzte Blanca, „der dich mein Gesicht an Hauswände sprayen lässt...“
„Ja, ja… da war ich schon noch Herr meiner Sinne.“
„Das ist gut, das ist sehr gut. Das ist sehr beruhigend zu wissen. Komm, jetzt müssen wir aber Meli suchen.“
„Okay.“
Die beiden sahen sich um. Sie standen im Halbdunkel des Flurs. Das Licht war schummrig. Musik und Stimmen drangen zu ihnen durch. Sie gingen weiter. Vor ihnen erstreckte sich ein großes Wohnzimmer mit mehreren Couchs und Sitzgelegenheiten. Über all saßen oder standen Leute. Viele waren schick gekleidet. Es waren überwiegend Männer. Viele trugen schwarze Jacketts über weißen Hemden. Andre trugen Kleidung aus Leder oder Lack. Sie ließen den Blick schweifen. Es gab einige Pärchen. Mann und Frau. Mann und Mann. Und Frau und Frau. Einige waren in inniger Umarmung vereint. Und einig der Paare hatten Sex. Danik stand der Mund offen, ganz im Gegensatz zu den Umstehenden die das völlig ignorierten.
„Mach den Mund zu, Danik“, sagte Blanca, „Und folge mir. Am bsten bleibst du ganz dicht bei mir.“
Dann spürte Danik, wie sie seine Hand ergriff – ein Knistern ging durch seinen ganzen Körper – und ihn mit sich zog. Blanca bahnte ihnen den Weg durch die Menge. Ein Becher wurde ihr und Danik gereicht. Blanca setzte an und nippte. Dann verzog sie das Gesicht. Danik wollte einen kräftigen Zug nehmen, er war sehr durstig. Doch kaum hatte er angesetzt, hielt Blancas Hans seinen Arm fest. Er zog die Augenbrauen hoch. Sie schüttelte den Kopf. Dann nahm sie ihren und Daniks Becher und goss die nächste Zimmerpflanze. Danik macht einen fragenden Gesichtsaudruck. Blanca wies mit dem Kopf auf ein Pärchen. Danik schaute hin. Der Mann küsste gerade eine Frau leidenschaftlich und schüttete währen dessen ein paar Tropfen aus einem kleinen Fläschchen in ihren Drink. Nach dem Kuss reichte er ihn ihr. Sie trank mit großen Schlucken. Dann stand er auf und zog sie mit sich fort.
„Was hat er ihr gegeben?“
„Eine wilde Mischung.“
„Eine wilde Mischung?“
„Ja. Eine Mischung aus K.O.-Tropfen, etwas Ectasy und ein paar anderen narkotisierenden und stimulierenden Zutaten.“
„Okaaay… und das macht er – weshalb?“
„Weil er dann alles von ihr bekommt, was er will… sie wird alles tun, was er verlangt… und sie wird es noch nicht mal merken… beziehungsweise sich wehren...“
„Und warum…“
„Nun, er hat nicht meinen Charme“, sagte sie und zwinkerte ihm zu,
„manche Typen greifen zu allen Mitteln.“
„Okay…“
„Hmmm… hier ist Meli nicht. Lass uns in den anderen Zimmern nach schauen.“
Sie durchquerten das Wohnzimmer und gelangten in einen weiteren Flur, von dem einige Türen abgingen. Blanca öffnete die erste Tür. Zwei üppige Blondinen wälzten sich nackt im Bett. Sie schienen Blanca und Danik gar nicht zu bemerken. Danik fielen die Augen aus dem Kopf. Blanca sah ihn an und grinste. Dann legte sie den erhobenen Zeigefinger vor die Lippen und zog ihn weg. Leise schloss sie die Tür.
„Also weiter“, flüsterte sie.
Sie gingen zur nächsten Tür. Blanca öffnete sie vorsichtig und schaute hinein. Im Raum war ein Mann an ein Kreuz angekettet. Er schien wie weggetreten. Eine Frau, teils nackt, teils in glänzendes Leder gekleidet, hing wie eine Furie an seinem Hals. Schmatzende saugende Geräusche erfüllten den Raum. Hals und Brust des Mannes waren rot gefärbt. Ein rotes Rinnsal lief seinen Körper entlang und bildete eine kleine Pfütze vor seinen Füßen.
„Okay… da stören wir besser nicht.“
Der Kopf der Frau wandte sich ihnen zu. Danik prallte entsetzt zurück. Zuerst war sein Blick bei ihren nackten Brüsten gelandet, doch dann war sein Blick zu ihrem Gesicht gewandert. Eisblaue starrten ihn unter heftigem Kajal an. Der Mund war leicht geöffnet. Zwei lange Spitze Zähne ragten aus ihrem Oberkiefer. Der Bereich um den Mund, das Kinn und der untere Teil ihres Halses waren rot gefärbt.
„Sorry! Sorry, für die Störung. Ich suche mir was eigenes.“
Sie lies ihren Blick über Blanca und dann Danik gleiten.
„Ach ja? Vielleicht leiste ich euch ja später Gesellschaft?“, sagte sie und leckte sich die Lippen,
„der Kleine da... scheint mir ausgesprochen süß…“
Sie lachte.
„Äh… nein danke!“, stammelte Blanca,
„Sei mir nicht böse… ich habe heute noch nicht… na ja… ich habe gehört auf der Party sind noch neue Gäste eingetroffen, vielleicht schaust du da später vorbei.“
„Ahh… verstehe… na, dann schaue ich da später nochmal vorbei. Dann noch viel Spaß euch beiden“, sagte sie und zwinkerte ihnen zu. Dann wandte sie sich wieder ab und saugte weiter am Hals des Mannes.
„Ach ja, macht bitte die Tür hinter euch zu“, nuschelte sie zwischen lustvollen Schlürfgeräsuchen. Blanca schloss die Tür.
„Was zum...“, fragte Danik und sah Blanca entsetzt an.
Die legte sich ihr Zeigefinger auf seine Lippen.
„Später… keine Zeit… wir müssen dringend Meli finden.“
Blanca hastete zur nächsten Tür und öffnete sie. Im Licht einer Kerze sah sie zwei Gestalten in einem großen Bett. Ein großer muskulöser Mann mit blondem Irokesenschnitt und schwarzen langen Ledermantel beugte sich über eine leicht bekleidete Frau. Schmatzende Geräusche erfüllten den Raum. Vom Hals der Frau lief ein rotes Rinnsal. Die Frau lag regungslos da, starr und steif wie eine Puppe da. Als er sie ein wenig anhob, sah Blanca das von dunklen Haaren umrahmte Gesicht. Blanca schlug sich die Hand vor den Mund um nicht aufzuschreien. Es war Meli.