Schnell kristallisierte sich heraus, dass Insa gerne hier bleiben wollte, um weiter in der Heilkunde ausgebildet zu werden. Erst in zwei bis drei Jahren dachte sie an eine Ehe. Somit schied sie nach wenigen Minuten aus. Emilka vermisste schon jetzt ihre gewohnte Umgebung und ihre Freunde. Natürlich strebte sie eine Ehe an, aber sie war sich nicht sicher, ob sie sich diesen Pflichten unterwerfen mochte. Asja hatte zugehört und die Gespräche verfolgt. Munter eröffnete sie ein Gespräch. "Herr, es ist ein fremdes Land für mich. Natürlich kann ich mir hier ein Leben vorstellen. Zugleich weiß ich, dass es Zeit braucht, um hier heimisch zu werden. Meine vier Hunde müssten natürlich auch einen Platz in diesem Land finden. Und, wenn ich dann auch noch die wunderschönen Pferde reiten dürfte, würde es mir noch schneller gelingen. Nun zu euch. Mein Bruder lobt euch, weil ihr ein kluger und gerechter Mann seid. Und eure Schwester berichtete mir von eurer Kindheit und den langen Jahren danach. Ich bin erstaunt in euch einen gütigen und bescheidenen Herrn zu sehen, der all seine Pflichten über sich selbst stellt. Faszinierender ist jedoch, mit welcher Hingabe ihr Pferde züchtet. Den Grund eurer Zurückhaltung verstehe ich allerdings nicht. Viele andere Männer sind in der Gegenwart von Frauen bedeutend offensiver. Was ich noch sehen kann ist ein großer und starker Mann, der in sich selbst zu ruhen scheint."
Der Obrist lachte entspannt. "Es sind alles wahre Worte. Nun bin ich wohl an der Reihe. Ich liebe Pferde, weil sie in den dunklen Jahren und in den Jahren meiner Kindheit meine besten Freunde und Begleiter waren. Sie sind treu und sie haben mir nie ein Leid zugefügt. Ich lernte trotz der vielen Jahre in der Gefangenschaft weiter. Ich las viele Bücher und einige Freunde halfen mir, die Inhalte zu verstehen. Mit Sicherheit wisst ihr auch, dass ich den gesamten Rat des Landes habe hinrichten lassen. Sie haben das Land und meine Familie verraten und sich genauso, wie die Herrscher in Ranak unangemessen an dem Volk bereichert. Ich habe es dem Volk überlassen, diese Verräter abzuurteilen, weil sie merkten, dass sie selbst zu Sklaven der Verräter geworden waren. Diesen Zustand musste ich beenden, um auch das Land befreien zu können. Erst in einigen Tagen wird das Volk an mich herantreten und mir übermitteln, ob sie mich zum neuen König wählen wollen. Bis zu dem Zeitpunkt bin ich nur der Heerführer im Land. Nun noch meine Fragen. Eine Aussage muss ich jedoch voran schieben. Wir sind kein reiches Land. Ich kann euch also nicht mit Schmuck und edler Kleidung überhäufen, sondern ich kann nur meine unabdingbare Treue und meine Aufmerksamkeit anbieten. Nun solltet ihr eure Wünsche an mich herantragen."
Asja war nicht nachdenklich und ihre Wünsche formulierte sie rasch. "Meine Hunde und meine jüngere Schwester möchte ich nicht missen. Eine Frau aus meinem Land wird für uns den Haushalt führen. Hat sie ihre Pflicht erfüllt, dann kann sie den Wunsch äußern sich selbst einen Mann zu wählen. Eine andere Jungfer wird sie dann ersetzen. So sind unsere Gesetze und die möchte ich nur ungern brechen. Ich stelle mir ein gemütliches Haus mit allem vor, was dazu gehört. Den Luxus vom Palast braucht es nicht, sondern genügend Raum für meine Bücher, Kleidung und die Kinder. Eine Amme wird sich um die Kinder kümmern, weil ich für euch ein strahlender Stern bleiben möchte. Ich kann nicht abschätzen, was mit Aufmerksamkeit gemeint ist, aber ich möchte nicht nur euer Eheweib sein. Ich erwarte viele Gespräche, Herzlichkeit und Zuneigung. Der Mann an meiner Seite soll mich mit Güte und Liebe behandeln. Nur dann kann ich jederzeit wissen, was ich für das Land und das Volk tun kann. Und, wenn ich Fehler begehe, dann möge mein Mann mir diese erklären. Ach, da wäre noch ein Wunsch. Meine Familie wird mich ab und an besuchen wollen, so ist es bei uns Brauch. Natürlich möchte ich auch Besuche in meiner Heimat machen, bei denen mein Mann mich begleiten sollte. Ansonsten denken sie möglicherweise, dass mein Mann kein Interesse an mir hätte. Ich hoffe, dass meine Wünsche nicht zu übertrieben erscheinen."
Erstmals packe der Obrist seinen Humor aus. "Ich müsste ein schlechter und dummer Mann sein, wenn ich euch diese basalen Wünsche nicht erfüllen würde. Nein, ich werde euch nicht anketten oder boshaft behandeln, sondern eher zu Scherzen verleiten wollen. Immerhin erkennt daran meine Frau und das Volk, dass ich kein trockener Stiesel bin. Ich denke, mit Liebe erreiche ich mehr, weil dadurch das Vertrauen und die Zuneigung wachsen, wie eine Rose, deren Schönheit man erst erblühen lassen muss, um sich daran erfreuen zu können. Gespräche werden wir täglich führen und Reisen werden wir auch unternehmen. Ich versuche auch Wünsche zu erfüllen, soweit es mir möglich ist. Immerhin wird das Volk euch auch gerne Geschenke machen, und schon deshalb muss ich genau darauf achten, welches eure innigsten Wünsche sind. Schließlich würde ich dann, wie ein dummer Kerl dastehen, der seine Frau offenbar nicht versteht und sie nicht ausreichend liebt."
Jetzt lachte Asja ebenfalls herzhaft. "Nein, das beabsichtige ich natürlich nicht. Als Herrscher darf es nicht heißen, dass ihr eure Frau schlechter als das Volk oder Pferde behandelt. Das sehe ich ein." Ihre Blicke wechselten zu einem Mann, der sich eilig auf den Obrist zu bewegte. Noch ehe sie einen Ton rausbekam stieß der Obrist sie zur Seite und zog seinen Dolch. Mit einer Aktion entwaffnete er den Mann und danach folgte ein Schlag mit der Faust mitten in das Gesicht des Mannes. Angeschlagen taumelte der Mann zurück, der nun schrie. "Rache für meinen Onkel." Ein zweiter Faustschlag beendete den Tumult. Der Mann knickte ein und sank zu Boden. Geübt legte er den Angreifer auf den Bauch und stieß zugleich den Dolch beiseite. Mit dem Gürtel des Unbekannten fesselte er die Hände auf dem Rücken. Erst danach betrachtete er den Dolch. "Ware aus Ranak. Wir werden ihn befragen und danach aburteilen." Erst jetzt traten Wachen ein, die seine Gäste in die Halle begleiteten. Ein Soldat eilte auf den Obristen zu. "Ich sehe, ihr habt den Kerl schon niedergestreckt und gebunden. Seit ihr verletzt?" "Schafft den Kerl fort und befragt ihn, bis er den Namen von dem Auftraggeber und den Grund für seine Tat nennt. Das Urteil steht fest. Mordanschlag. Vor der Verurteilung möchte ich das Geständnis sehen. Fragt die Leute, ob sie den Kerl kennen und durchsucht dessen Haus. Alles was nicht dort hin gehört und alle Schreiben werden sichergestellt. Seit gründlich bei der Suche. Jede Spalte im Fußboden wird untersucht, genauso, wie das Bett, der Kamin und der Keller."
Ein zweiter Junker von der Truppe eilte herbei und zusammen schleiften sie den benommenen Mann aus der Halle. Der Obrist drehte sich gerade wieder um und sah zu Asja, die sich noch ihre Hände vor den Mund hielt. Langsam begann sie zu sprechen. "Der Mann wollte euch töten. Das muss ein schlimmer Mann sein. Aber ich merkte auch, dass ihr mir in die Augen geschaut habt. Sofort habt ihr reagiert. Nein, schneller als ein Eislöwe habt ihr gehandelt. Wie ist das möglich?" "Verzeiht den Stoß. Ich hoffe, ich habe euch kein Leid zugefügt. Die Erklärung ist einfach. Keiner darf in dieser Halle laufen. Ich spürte eine Bedrohung und in euren Augen sah ich, woher die Bedrohung kam. So vorbereitet konnte ich gezielt und schnell reagieren. Bedenkt, dass ich über ein Jahrzehnt auf Schlachtfeldern lebte, da lernt man genau so reflexartig zu handeln, wie ich es tat. Mehr ist es wirklich nicht. Entschuldigt bitte mein aggressives Handeln, aber bei Mördern verstehe ich keinen Spaß." Sie schaute ihn an. "Das handeln war angebracht, es ging mir nur um die schnelle Reaktion, die zielsicher wirkte. Der Mann hatte keine Chance zur Gegenwehr bei diesem Treffer. Ihr hingegen habt scheinbar aus dem Nichts heraus reagiert. Verzeiht, offenbar habe ich so etwas noch nie zuvor gesehen. Bei uns rennen die Männer mit ihren langen Schwertern oder Streitäxten herum, da kann man jede Bewegung vorher erkennen. Das lässt einem die Zeit, um sich zu verteidigen."
"Entschuldigung, ich hatte gerade keine Streitaxt zur Hand. Erwartet jetzt bitte nicht von mir, dass ich zukünftig so ein klobiges Gerät mit mir führe und dazu noch ein schweren Schutzschild. Wie sollte ich dann noch eine Frau umarmen können?" Diese Äußerung brachte Asja erneut zum Schmunzeln. "Ihr habt wirklich eine lustige Fantasie. Jetzt, wo ich es mir vorstelle, wirkt es sogar noch witziger. Nein, ich glaube, wenn ein Mann beide Hände voll hat, dann verhindert es jeglichen Kontakt. Nein, so einen Mann wünsche ich mir nicht. Zumal schon mein Bruder jederzeit recht kriegerisch wirkt, wenn er seine Waffen mit sich führt und sein Rüstzeug anlegt. Und seine Gefolgsleute wirken dann noch mit ihrer Kriegsbemalung, wie wilde Monster. Zugleich mögen sie zwar wild wirken, aber richtige Krieger sind sie nie gewesen. Zumeist sind es nur junge Männer, die sich beweisen wollen, um eine Frau heiraten zu dürfen."
Haldur stellte sich neben seine Schwester. "Ich habe es mitbekommen. Ich habe dir auch erklärt, warum sie die Roten Teufel genannt werden. Er und seine Männer sind Krieger, die auf einem Schlachtfeld unberechenbar sind, schneller agieren als wir es je könnten. Und danach sind sie vollkommen anders. Was glaubst du denn, wie ich mich damals fühlte. Er zwang uns zur Aufgabe und dann schenkte er uns die Freiheit. Zuerst verliert man all seine Hoffnung und dann wendet sich das Blatt doch zum Guten. Bis heute rätsel ich noch, warum er so handelte. Drogusch hat er genauso behandelt. Ich nehme daher an, dass er uns nur unsere Grenzen aufzeigen wollte. Aber vielleicht erhalte ich jetzt eine Antwort." Der Oberst schüttelte seinen Kopf. "Ich wollte einfach nicht, dass die Lanzenreiter euch alle abstechen. Ich hatte nur den Befehl euch zu stellen und euch zu vertreiben. Jeder Verlust eines Menschenleben hätte ich nach eurer Niederlage als moralisch verwerflich angesehen. Und genau so werde ich es auch zukünftig halten. Ich möchte nur der Schlange in Ranak den Kopf abschlagen, um endlich Frieden zu erreichen. Das ist mein Kriegsziel. Ich kämpfe nicht gegen Frauen und Kinder. Ich will dieses Ziel möglichst unblutig erreichen. Weil ich Rache und Hass vermeiden will. So ist mein Plan. Aber das besprechen wir nach dem Mittagsmahl. Leider hat dieser Zwischenfall das Gespräch zwischen Asja und mir vorerst unterbrochen. Gerne würde ich noch mit eurer Schwester zu einer anderen Zeit plaudern können, damit sie mich und meine Gedanken besser und leichter kennenlernt."
XXX
Die Gespräche mit Drogusch und Haldur verliefen einfacher als erwartet. Rasch gelangten sie zu einer tragbaren Übereinkunft. Drogusch und Haldur stellten jeweils vierhundert Männer. Der Oberst würde diese Männer mit den fehlenden Waffen ausrüsten und ausbilden. Jeweils einhundert Männer sollten in Ethymien verbleiben. Dazu durften beide fünfzig Reitpferde kaufen und die Ausbildung der leichten Reiter würde abermals Ethymien übernehmen. Kurzwaffen und Bögen würden gestellt werden. Im Gegenzug lieferten beide Länder Holz, Erz und jeweils acht Schmiede samt den Gehilfen, um bessere Waffen für alle drei Länder zu schmieden. Insbesondere Pfeilspitzen mussten hergestellt werden. Danach Schwerter und lange Piken für die anderen Völker. Wenn dann noch Zeit blieb sollten Brustharnische und Armschienen gefertigt werden." Kurz hielt er inne. „Fertigt aus alten Kettenpanzern zügig Röcke für die Männer, die deren Oberschenkel schützen. Die Männer werden es euch danken. Beinschienen folgen als letzter Schritt. Die Pferde beschaffen wir in Ranak für eure Reiter. Dazu alle anderen Waffen, die euch derzeit noch fehlen. Nun noch meine Bitte. Wir kämpfen nicht gegen das Volk. Unsere Ziele sind die Eroberung von drei oder vier Provinzen von Ranak. Und wenn es gut läuft, dann stoßen wir bis zum Fluss Tanin vor. Damit kann der alte Fuchs uns so leicht nichts mehr anhaben, weil ihm dann nur noch drei Furten bleiben, die er danach im Sommer passieren könnte. Überwachen wir die Wege jedoch oder befestigen sie sogar, dann leben wir alle in mehr Sicherheit und nehmen Ranak weitere drei Provinzen ab. Das schnürt Ranak weiter ein und begrenzt zugleich das Potenzial von dem Land. Weniger Volk bedeutet zugleich weniger Krieger. Weniger Felder bedeuten weniger Nahrung für die Truppen und weniger Weideland für Rinder und Pferde. Egal, wie viel Gold der alte Fuchs besitzt, ein neues Volk kann er sich damit nicht kaufen. Zugleich gelangen wir so an mehr Nahrung und können unsere Truppen länger in einem Krieg satt machen. Nun solltet ihr eure Ideen einbringen, damit daraus ein abgestimmter Plan wird. Möglicherweise reichen euch die Ziele ja zu weit. In dem Fall muss ich mir weitere Gedanken machen."
Drogusch betrachtete sich die Karte. "Wenn wir schon dort sind, dann können wir auch gleich noch bis zum Tanin vorstoßen. Ich werde weitere eintausend Männer mobilisieren, um bis zu dem Fluss vorzustoßen, aber ohne die Burg Traves wird es nicht zu einem vollständigen Sieg." Der Obrist ergriff das Wort. "Früher waren dort fünfhundert Männer stationiert. Derzeit sind es nur noch etwa zweihundert Burgwachen und einhundert kaum ausgebildete Reiter. Wir unterstützen euch natürlich, die Burg unblutig zu erobern. Das gleiche machen wir auch mit der Bastion in Moslar, wenn Haldur bereit ist auch dieses Risiko einzugehen. Und danach folgt die Burg Kreuden, die meine Männer in Besitz nehmen werden." Erst jetzt realisierten die beiden Gäste, dass Ranak damit den gesamten Norden des Landes verlieren würde. Haldur grübelte kurz dann schaute er auf. "Ich ziehe mit, aber dann sollten wir uns überlegen, woher die Waffen für meine Männer bekomme. So viele Waffen können meine Schmiede in der kurzen Zeit nicht anfertigen." Der Obrist lächelte offen. "Ich könnte euch möglicherweise aus der Klemme helfen. Ich verkaufe euch zweihundert Kurzschwerter, einhundert lange Schwerter und einhundert Streitäxte, dazu noch einhundert Bögen. Die Helme und Gitterrüstungen würde ich euch in dem Fall schenken. Ich lege sogar noch gebrauchte Messer und Dolche obendrauf. Überlegt es euch bitte, denn nur auf diesem Weg erringen wir einen Sieg, der Ranak beziehungsweise den König extrem schmerzen wird. Von den einstmals fünfundzwanzig Provinzen blieben Ranak danach nur noch neunzehn Provinzen. Wenn die Reesen mitziehen, dann verlieren sie eine weitere Provinz. Anfügen möchte ich noch, dass Ranak erneut einen General samt achthundert Männer verloren hat. Natürlich hoffe ich, dass sich noch mehr Truppen aus Ranak uns anschließen werden. Ich möchte auch nicht verschweigen, dass dem angeblichen Fuchs, inzwischen die Männer ausgehen. Inzwischen werden Bauernburschen binnen Wochen zu Lanzenreitern ausgebildet, damit er weiterhin Stärke zeigen kann. Nehmen wir Ranak weitere dreitausend Männer, dann ist seine Armee von dreißigtausend Kriegern auf die Hälfte geschrumpft. Zuerst sprang ich mit mit weit über dreitausend Männern ab. Danach eroberte ich Tanin, Bleiberg und Eisenstein und zwei weitere Bastionen. Das sind über zweitausend Männer. Bei den Angriffen in Ranak schwand die Anzahl um etwa eintausend Gegner. Bei weiteren Kämpfen verlor Ranak weitere zweitausend Männer. Und vor Tagen ergab sich ein General mit über achthundert Männern meinen Truppen, weil er die Drangsal durch den König nicht mehr aushielt. Ich hoffe in den nächsten Tagen auf weitere Gegner, die sich uns kampflos ergeben. Damit hätte ich etwa zehntausend Männer von Ranak ehemaliger Truppenstärke abgezogen. Nehmen wir weiterhin an, dass noch hundert Männer ihren Dienst durch Flucht aufgegeben haben, dann schrumpfte seine ehemals stolze Armee weiter. Entziehen wir ihm weitere zweitausend Männer, dann haben wir die Armee auf die Hälfte reduziert. Durch Überfälle im Süden des Landes muss er eine weitere Grenze Schützen. Somit reduziert sich die Truppenstärke stetig zu unseren Gunsten."
Haldur und Drogusch begannen zu grübeln. Kurzerhand legte der Obrist die Meldungen auf den Tisch. Hiermit könnt ihr meine Angaben überprüfen. Ihr sollt erkennen, dass ich mit offenen Karten spiele. Nun ist es an euch Entscheidungen zu treffen, die nur ihr treffen könnt. Beratet euch bitte ohne mich, damit ihr eure eigenen Entscheidungen trefft. Treidur wird euch gerne zur Seite stehen, um euch zu beraten. Ich möchte jetzt gerne ein Gespräch mit Asja führen. Morgen nach dem Frühstück setzen wir das Gespräch fort. Treidur wird mich jetzt ersetzen. Er wird sämtliche Fragen beantworten, die sie haben. Also er wird ihnen jede Information zukommen lassen, die sie erfahren wollen. Gleichgültig, ob es Waffen, Einheiten oder unsere Taktik betrifft. " Der Oberst grüßte seine Gäste ab und verließ zügig den Raum. Erst eine Weile später erschien Treidur, der die Gäste fröhlich begrüßte.
XXX
Der Obrist wusste, wo er Asja finden würde und lud sie zu einem Ausritt ein. Die Pferde standen bereit und Asja erklomm ohne Hilfe den Sattel und kaum einen Moment später begann der Ritt. Zuerst zeigte er ihr die Rappenkaue."Hier werden die Pferde gewaschen und wenn sie krank sind gesund gepflegt. Vier Tierärzte kümmern sich um alle Pferde, die zu ihnen gebracht werden. Nun reiten wir zum Mondberg, das ist ein Ort, von dem aus man einige Grenzen des Landes erblicken kann. Im Galopp ritten sie zwischen Wiesen und Obstgärten hindurch. Der Mondberg war nicht besonders hoch, so dass sie rasch auf der Anhöhe ihre Pferde zügelten. Mit dem ausgestreckten Arm begann er zu erzählen. Dort im Norden sieht man gerade noch den Berg Hartkopf. Im Osten sieht man das Grenzgebirge, welches die Leute gerne Zackengebirge nennen. Im Süden erkennt man nur die großen Wälder und daran schließt sich das Haueland an. In dem Gestein befinden sich die Erzlagerstätten, der große runde Berg war vermutlich mal ein Feuerberg, der die Erze in das Gestein gepresst hat. Es muss schon sehr lange her sein, aber das Volk verehrt diesen Berg, weil er ihnen Arbeit und Wohlstand bringt. Der Hügel auf dem wir stehen, wird von den jungen Frauen gerne genutzt, um sich einen passenden Mann zu wünschen. Rediet sagt dann immer, dass es Aberglaube sei, aber das stört die jungen Damen nicht. Sie schneiden sich eine Haarsträhne ab und binden sie an den Büschen fest, damit die Götter ihr Verlangen erkennen."
Asja lachte. "Bei uns ist er der große Liebesstein. Und die weisen Frauen sagen bei uns das es nur Humbug ist. Aber bei mir käme es eh zu spät. Ich denke, dass ich meinen Mann gefunden habe." Verliebt blickte sie zu ihm. "Wenn es so ist, dann müssen wir jetzt einen Schwur leisten. Ich weiß nicht, ob es diesen Brauch auch in deiner Heimat gibt." Sie sah ihn an. "Ja. Bei uns sagt man diesen Spruch: Man soll sein Herz nur einmal vergeben und daraus ein Leben in Liebe weben. Nur wer echte Liebe zeigt ist für das Leben bereit. Höhen und Tiefen muss die Liebe ertragen, nur so kann man zusammen das Leben wagen. Fest gewoben ist das Band um Herz und Hand. Daher zeigen wir unser Versprechen dem ganzen Land." Aus ihrer Tasche zog sie zwei geflochtene Bänder. "Ich binde es jetzt dir um das Handgelenk und danach musst du mir das zweite das Handgelenk legen und gut verknoten. Schließlich soll die Liebe ja ewig währen.Rasch band sie ihm ihr Band um das Handgelenk und er folgte ihren Anweisungen. Danach schauten sie sich einen Moment lang an und er küsste sie einfach. Aus seiner Tasche zog er eine Kette mit einem kleinen Edelstein. "Ich glaube, wir sollten jetzt beide absteigen. Dann kann ich dir mein Eheversprechen um den Hals legen. Sie stieg neben ihm ab. Sorgsam schob er ihre blonden Haare beiseite. Vorsichtig legte er ihr die Kette um. "Es ist ein Saphir, der Stein symbolisiert die Reinheit der Seele, des Mannes, der ihn einer Frau um den Hals legt." Sie schaute sich den Stein an und danach ihn. "Das hätte ich nicht erwartet." Er legte ihr nur seinen Finger auf den Mund und küsste sie intensiver als zuvor. Sie erwiderte die Küsse und streichelte ihn dabei. Irgendwann mussten sie es beenden, weil das Licht zunehmend schwand. Kess fügte sie an. "Wer sagt es Haldur, dass wir uns einig sind?" "Wir machen es zusammen, dann kann er keine Einwände mehr erheben." Zügiger als zuvor ritten sie zum Palast. Einem Soldaten drückte er die Zügel in die Hand. Führe sie in meinen Stall und kümmere dich um die Tiere." Dabei drückte er ihm noch einige Münzen in die Hand. "Danke." Gemeinsam gingen sie in die große Halle und steuerten auf Haldur zu. Ohne Vorrede verkündete er die Botschaft. "Wir sind uns einig. Asja wird meine Frau und ich ihr Mann. Eine große Anzahl an Wünschen kann ich ihr sofort versprechen. Jetzt fehlt nur noch deine Erlaubnis." Haldur nickte zuerst. "Mein Vater hätte sich gefreut und ich freue mich für euch in gleicher Weise. Ich habe ihre die Mitgift mitgebracht. Aber das klären wir später."
Der Obrist sah Asja an. "Du solltest jetzt Rediet aufsuchen, damit sie die Hochzeit im Tempel vorbereitet. Insa muss jetzt zu ihr in das Haus ziehen, damit sie dort ihren Platz findet. Falls sie Haustiere besitzt, dann muss sie es mit Rediet besprechen. Meine Halbschwester ist in diesem Punkt recht tolerant." Vieles erübrigte sich als Rediet bei ihnen erschien. "Ich bin informiert. Insa zieht zu mir und sie darf ihren Hermelin mit ins Haus nehmen, solange sie gut auf ihn aufpasst. Aber ich denke, die Katzen werden den kleinen Raufbold schon erziehen. Nun zu der wichtigsten Frage. Wann wollt ihr heiraten?" Asja war schneller. "Morgen, wenn es sich denn machen lässt. Verzeiht, aber mein Bruder will bald abreisen." Rediet schüttelte den Kopf. "Übermorgen ginge. Zuerst brauchst du ein Reinigung der Seele, dann ein Brautkleid und eben auch die Zustimmung deines Bruders. Diese muss in schriftlicher Form erfolgen. Dann übergebe ich dir noch den Schmuck und du brauchst dringend neue Schuhe. Reitstiefel gelten bei uns nicht als angemessen. Für die Hochzeit sind weiße oder zumindest helle Schuhe aus Seide vorgeschrieben. Ich hoffe doch, dass dein Bruder an deine Aussteuer gedacht hat, damit du etwas aus deiner Heimat und von uns als Schmuckträgst." Jetzt kullerten Rediet Tränen aus den Augen. "Verzeiht, nach all den schlimmen Jahren ist es eine Freude für mich, dass sich die Familie wieder vergrößert. Und meine Augen beginnen zu heilen. Das alles verdanken wir meinem Halbbruder, der jetzt offiziell als neuer König bestätigt wurde. Elf von neun Provinzen stimmten zu. Damit musst du dir jetzt einen würdigen Namen aussuchen Bruder. Ich gehe eben mit Asja zu ihrem Bruder, damit wir den Papierkram erledigen können." Mit Asja an der Hand steuerte Rediet zu Haldur.
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Die Hochzeit und die Krönung nahmen zwei Tage in Anspruch. Viele Menschen und Würdenträger nahmen an dem Fest teil und beschenkten ihre neue Königin, die den Namen Asja Stern des Nordens verliehen kam. Den Namen Leondur hatte sich der Obrist ausgesucht, der nun König Leondur von Ethymien hieß. Als Geschenk hatte er ihr ein Diadem aus Saphiren geschenkt, dass er aus Ranak zurück geholt hatte. Nach dem Feiern schnappte sich Leondur seine Gäste. Die ersten Angriffe von eurer Seite müssen in fünf Wochen erfolgen. Ein Wagen mit Waffen steht vor dem Nordtor bereit und jeweils zwanzig meiner Männer mit jeweils zwanzig Pferden. Die Angriffe beginnen mit kleinen Sammelaktionen, bei denen ihr Reiterverbände aus Ranak einkassiert. Die Männer bleiben am Leben, weil ihr sie später noch braucht. Dazu mehr, wenn ich zu euch stoße. Sendet eure Männer zu mir, damit wir sie ausbilden können. Der zweite Stoß soll den Erfolg bringen. All meine Gedanken befinden sich in den Schreiben. Treidur erklärt euch unterwegs sämtliche Feinheiten. Da wir an drei Orten zugleich angreifen, kann der König nicht alles verteidigen. Eine Meldung ist dabei wichtig. Die Oseken führten im Osten einen großen Angriff durch und zwei Provinzen bedrängt. Will der König nicht noch mehr Provinzen verlieren, dann muss er irgendwie handeln. Ich bin davon überzeugt, dass er von anderen Orten Truppen abziehen wird. Das sagt mir zumindest meine Logik." Die Kinnladen sackten beiden Männern herunter. "Mann muss die Chancen im Krieg nutzen. Natürlich verstärken wir ihre Einheiten. Ich sammle gerade zweitausend Männer zusammen, damit aus dem Angriff ein dauerhafter Erfolg wird."
Haldur gewann seine Fassung zurück. "Für euch mag der Krieg einfach erscheinen, aber für meine Männer erscheint es ein Wagnis zu sein, dass sie möglicherweise nicht akzeptieren werden. Immerhin haben viele Männer noch den Kampf gegen euch im Kopf. Verzeiht, aber sie knabbern noch daran." "Deshalb sende ich Treidur mit. Damit eure Männer sehen, dass wir jetzt auf der gleichen Seite stehen. Treidur kann gut mit Kriegern schwatzen, zumal er euer Land gut kennt. Er ist eine Art Geheimwaffe, die sehr schnell zum Erfolg führt. Verlasst euch auf sein Geschick und das was er den Männern binnen Tagen beibringt. Treidur wechselt danach zu Drogusch und wird dort die Armee formen.
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Der Besuch aus dem Nachbartal war eine Herausforderung. Der Aldermann der Kommern stand halb verhungert vor ihm und erbat Unterstützung, um die Krise das Volks abzuwenden. Devot begann der Mann zu sprechen. "Herr, das Land ist auch durch die große Dürre betroffen gewesen und dann nahm uns Ranak alles, was wir zum Leben brauchen. Jeden Tag verhungern bei uns Menschen. Ich habe den Auftrag von meinen Leuten mit euch zu sprechen. Gerne werden wir eure Untertanen, wenn ihr uns helft, den Hunger zu beenden. Derzeit ernähren wir uns von Bucheckern und Eicheln." "Es reicht, ich habe verstanden, dass ihr große Not leidet. Diesen Zustand können wir nur beenden, wenn ihr gewillt seid meine Untertanen zu werden. Ist dieser Schritt gemacht, dann kann ich euch Hilfsgüter zukommen lassen. Ich dachte zunächst an zweihundert Ziegen, einige Schweine und fünfzig Schafe. Bitte sagt mir, was noch fehlt." Der Mann zweifelte. "Einige Pferde würden helfen, um die kargen Äcker zu bestellen. Saatgut fehlt noch und Pflüge, gerne machen sich auch die Leute hier dienstbar, wenn sie nur etwas Nahrung bekommen. Versteht bitte, der Hunger ist schlimmer als jeder Krieg." "Nun gut, zuerst bereiten wir die Verträge vor und dann lasse ich euch mit dem Vieh und allem anderen in eure Heimat zurückkehren. Verschiedene Männer werden euch begleiten, um die gröbsten Mängel zu beheben. Aber wie sieht es mit dem Regen aus?" "Erstmals zeit zehn oder mehr Jahren gab es Regen, das Gras wächst wieder, aber die Ernte ist leider mehr als bescheiden ausgefallen. Erst im nächsten Jahr können wir wieder eine Ernte erwarten." Die Begleiter aus meinem Land werden mir Bericht erstatten und ich unternehme alles, damit ihr über den Winter kommt. Alles andere müssen wir später klären. Ich übersah einen Punkt eine kleine Truppe wird sich das Südtor ansehen, um euer Land vor Überfällen aus dem Süden zu sichern. Denn nach dem Regen kann es durchaus zu Überfällen der Steppenvölker kommen. Ich glaube, dass ihr meiner Meinung seid, dass wir das verhindern sollten." Der Mann nickte nur überglücklich.
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"Mein König, so kann es nicht weitergehen. Die Truppen verhungern und ihr habt uns seit fünfzehn Jahren keinen Sold mehr bezahlt. Die Familien der Soldaten verhungern. Der Nachschub ist desolat und die Truppe hungert, weil wir nur noch Abfälle zugeteilt bekommen. Wir haben mehr Verluste durch Hunger, als durch Kämpfe. Seht bitte ein, dass es so nicht weitergehen kann. Ihr bringt die Soldaten um, weil ihr keinen Sold zahlt und der Proviant den Rest erledigt. Selbst meine Frau und Kinder hungern. Ist euch das Gold so wichtig, dass ihr lieber euer Volk verhungern lasst. Ist euch das Gold so wichtig, dass wir schlechter als Sklaven von euch behandelt werden. Lächelnd schiebt ihr jegliche Verantwortung von euch, weil wir ja nur eure Sklaven sind. Nein, das hat für mich ein Ende. Ich beende jetzt meinen Dienst für euch. Das Wort Diplomatie kennt ihr nicht und darunter muss das gesamte Volk leiden. Euer größter Fehler ist eure Gier nach Gold. Durch den Verlust der Roten Teufel verloren wir unsere besten Kämpfer. Selbst nach diesem Zwischenfall hat ihr keinen Silberling an die Truppe ausgezahlt. Ist euch das Leben eurer Soldaten egal, oder warum behandelt ihr uns so mies. Und das Wort Verantwortung kennt ihr nicht, weil ihr ein Mensch ohne Gefühle und Moral seid." Energisch warf der General seine Rangabzeichen vor die Füße des Königs. "Das werdet ihr noch bitter bereuen. Ich rufe die Wachen und die werden euch gleich hier richten." "Ruft gerne die Wachen, es sind alles meine Leute. Ich werde als freier Mann diesen Raum verlassen und ihr könnt euch andere Männer suchen, die für euch in den Krieg ziehen und verrecken. Für mich hat das Drama hiermit ein Ende." Der General verließ den Raum und zog mit seiner Truppe samt den Familien ab.
Der König von Ranak brüllte, aber keine Person erschien. Fragend blickte sich der König um. "Diese miesen Leute und feigen Generäle. Abschlachten muss man sie, weil sie es wagen meine Autorität zu hinterfragen. Sie alle sind meine Diener, die nur mir zu Diensten sein müssen." In seinen Gedanken blitzten bereits boshafte Rachegedanken auf, die er jedoch nicht aussprach. Wütend schaute er sich um, aber kein Diener erschien, um seine Worte aufzunehmen.