Eine Einigung war bald gefunden und dieses Mal ging es per Handschlag. Haldur schmunzelte, da Leondur nicht nachtragend wirkte. Im Gegenzug unterrichtete er die Freunde über die nächsten Schritte. Treidur suchte eine Frau und auch über das Treffen mit Treidur nach den Schlachten - wurde gesprochen. Mit kleineren Gaben verabschiedete er sich von den Freunden. Immerhin galt es einen König mit Gefolge zu empfangen. Alles sollte gut vorbereitet sein. Und, wenn man schon nicht mit Reichtümern glänzen konnte, dann sollte zumindest alles sauber sein. Das Personal war längst auf fünfzehn Küchenfrauen und zehn Pagen aufgestockt worden, um den Anforderungen noch halbwegs gerecht zu werden. Leondur lud zu dem Festakt auch die Räte und Ratsfrauen ein, damit auch auf ihrer Seite genügend Personen vorhanden waren, um einzelne Fragen rasch klären zu können. Elsa hatte jetzt das Zepter in der Küche übernommen. Sie koordinierte viele Angelegenheiten , um alle anderen Personen zu entlasten. Sie regierte nebenher über zwei Höfe und insgesamt vierzig Personen, die sie bei der Bewältigung der vielen neuen Aufgaben zusätzlich unterstützten.
Asja schüttelte immer wieder ihren Kopf, da ihr ihre Figur derzeit nicht zusagte. Die Veränderungen der letzten Monate gefielen ihr nicht. Leondur schien diese figürliche Änderung jedoch hartnäckig zu übersehen, was Asja oft nicht verstand. Dennoch, sie fühlte sich geschmeichelt, weil er fast immer ausgeglichen wirkte und sie so oft wie möglich verwöhnte. Mal waren es Blumen und an anderen Tagen brachte er ihr das Frühstück ans Bett. Sie genoss diese Momente der Zweisamkeit und erzählte gerne Geschichten aus ihrer Jugend. Er hörte zu und freute sich über diese unbelasteten Jahre seiner Frau.
Zwei Tag später traf die Delegation ein. Der ergraute König samt seiner Gemahlin reisten in einer prunkvollen Kutsche, die von vier Pferden gezogen wurde. Zwei Kutscher und zwei Diener reisten auf dem Wagen mit. In einer weniger kunstvollen Kutsche saßen die Kinder, die von zehn Reitern eskortiert wurden. Dahinter folgten die Räte, die zu steif auf ihren Zossen saßen, der Kolonne. Offenbar bereitete es den Herren Ungemach sich auf diese Weise auf eine Reise zu begeben. Selbst Asja schmunzelte, denn sie wusste, was den Herren Probleme bereitete. Erst als die Gäste der Kutsche entstiegen waren traten sie an den König und seine Gemahlin heran und begrüßten die bestens ausgestatteten Gäste. Die Kinder des Königs entstiegen der Kutsche ungezwungen und stellten sich neben ihre Eltern. Ein Ratsherr stellte nun die erlauchten Gäste vor. Leondur gestaltete diese Zeremonie bedeutend ungezwungener. "Verehrter König und Königin Sophia. Hiermit möchte sie in meinem bescheidenen Land willkommen heißen. Neben mir steht meine Frau Asja." Schon bei dem Händedruck spürte er die Verunsicherung des reifen Mannes, der reichlich irritiert und ängstlich wirkte. Das stolze Gesicht war nur eine brüchige Fassade. Mehr nicht.
Freundlich eröffnete Leondur das Gespräch. "Ich heiße euch und eure Familie herzlich bei mir willkommen. Wenn euch Wünsche drücken, dann tragt sie bitte offen vor. Erst in so einem Gespräch kann man die Probleme und Sorgen offen austauschen. Gerne schenke ich euch mein Gehör. Aber zuvor bitte ich euch in meinen bescheidenen Palast. Wir werden euch zuerst eure Unterkünfte zeigen und nach einer angemessenen Zeit erwarten wir sie zum Mittagsmahl. Gönnt euch diese Ruhezeit, um entspannt das Mahl einzunehmen und danach können wir uns gerne in kleiner Runde im kleinen Saal zusammensetzen und alle Probleme besprechen. Wenn es eure Kinder wünschen, so zeigen wir ihnen gerne unser bescheidenes Heim und unsere Pferdezucht." Der König, der sich Temelos der Dritte nannte nickte nur. "Danke, für diese freundliche und ungezwungene Aufnahme in eurem Land. Wir hatten einen strengen Kriegsherrn und König erwartet, so wie in Ranak. Verzeiht unsere abwegigen Gedanken. Zudem sehe ich, dass sich hier relativ wenige Soldaten befinden. Offenbar lebt ihr ein friedlicheres Leben als wir. Und was noch ungewohnter ist. Ich verlangt keine devoten Gesten, wie der ehemalige König von Ranak."
"Ich darf mir einen kleinen Scherz erlauben. Der jetzige König von Ranak ist ein Freund von mir. Über Jahre haben wir ein karges Leben gemeinsam als Krieger geführt und nun habe ich ihn zum König proklamiert, um endlich Frieden in diese Region zu bringen. Zugleich pflegen wir enge Kontakte zu den Nordmännern und den Vasken nur zusammen können wir unsere Ziele und einen Frieden erreichen. So sehen wir es. Aber nun bitte folgt mir. Meine Frau wird eure Kinder durch den Palast führen." Leicht verbeugte er sich vor dem Mann.
Zusammen betraten sie den großen Saal. Zwei junge Männer reichten ihnen Getränke und danach geleiteten sie die Gäste in die Quartiere. Vor den Türen standen nur vier Krieger, die ohne teure Rüstungen und einheitliche Uniformen auskamen. Glatter als gedacht verlief die erste Begegnung mit dem König und seiner Familie. Asja zwinkerte ihm dezent zu. "Du hast unsere Gäste bereits verzaubert. Da hast ihnen Lasten von den Schultern genommen und sie zugleich herzlich empfangen. Sie wissen nun, wer du bist, und dass du mächtige Freunde besitzt. Ich sah seine Frau, die dich offenbar nicht recht einschätzen konnte. Sie weiß nicht, wie sie sich richtig verhalten soll, da sie nur ein Anhängsel von ihrem Mann ist." "Fein beobachtet Asja, bei uns ist das hoffentlich anders, denn nur wir beide zusammen können dieses Land möglichst gerecht zu einem vereinten Volk formen. Du bist der Glanz und das Herz dieses Landes und ich bin die Hand, um das Volk und die Armee zu führen." Asja freute sich über diese Aussage. "Man merkt sofort, dass du kein wilder Krieger bist. Vielmehr gibst du dich als gütiger Vater. Das Volk schätzt dich, weil du ohne feste Hand regierst. Aber dennoch, ich möchte mehr als der schnöde Glanz sein und mein Herz mag ich nicht hergeben. Ich kann milde wirken und zuhören, darin sehe ich meine Aufgabe und ich will dich jederzeit klug beraten. Möglicherweise kann ich noch mehr Pflichten übernehmen. Aber dazu muss ich noch sehr viel Dinge lernen."
XXX
Nach dem Mittagsmahl folgten die Kinder das Königs drei Pagen und Asja, die sie zu den Stallungen begleiten sollten. Sie sollten auf einfachen Zeltern zu den Stallungen reiten, um die Pracht der Pferde mit eigenen Augen zu erleben. Auch die Kaltblüter und die stärkeren Reitpferde sollten besucht werden. Im letzten Moment schloss sich noch die Königin dieser kleinen Gesellschaft an. Das bot dem König Temelos die Gelegenheit ein erstes Gespräch mit Leondur zu führen. "Verzeiht meine Offenheit, aber ich erwarte ebenso Angriffe von den Völkern im Süden. Meine Truppen umfassen nur zweitausend berittene und eintausend Bogenschützen. In mein Land führen drei Wege aus dem Süden und ein führt zu meinen westlichen Nachbarn und ein Weg zu den barbarischen Nordmännern. Dort hatten wir schon vor Jahren eine Bastion aus Gestein errichtet, um Überfälle zu unterbinden. Das Tor zu den Pilasten ist kein Problem, da sie ebenfalls vom Bergbau und dem Handel leben. Das Volk betreibt ebenfalls intensiv Landbau und die Überschüsse verkaufen sie so wie wir an andere Völker. Aber der Süden bereitet mir offen gesagt große Sorgen."
Leondur griff diese ersten Aussagen auf. "Dann baut Festungen an den Zugängen aus dem Süden und bildet rasch eintausend Bogenschützen aus. Das wäre meine erste Idee. Gerne unterstützen wir euch dabei. Aber erklärt zuerst was ihr euch vorstellt." Abwägend legte Temelos sich Worte zurecht, weil offenbar überlegen musste, was er sagen konnte. "Selbstverständlich würden wir uns über jegliche Unterstützung freuen. Aber bei einem merkantilen Volk, wie meinem, ist der Beruf eines Kriegers nicht hoch angesehen. Einerseits, weil man nicht gut bezahlt wird und andererseits könnte man bei einem Konflikt sterben."
"Dann wird euer Volk wohl untergehen, wenn die Bereitschaft im Volk fehlt, das Land zu verteidigen. Somit bleibt nur noch die Option, die Zugänge durch Mauern und Tore zu verschließen. Vor die Mauern setzt man noch einen breiten Wassergraben und schon gewinnt ihr Zeit, um eure Truppen von Punkt A nach B zu verschieben. Oder hattet ihr anderes erwartet?" Der König war mit der Unterhaltung nicht so zufrieden, wie er es geplant hatte. "Mein Land und mein Volk benötigen viel mehr. Wir brauchen Baumeister, Architekten und Waffen aller Art dazu noch eine Armee und Pferde brauchen wir." Leondur schaute überrascht zurück. "Und woher soll ich das alles nehmen. Mein Land war bis vor Monaten von Ranak besetzt. Ranak hat alles gestohlen, was einen Wert besaß. Wir haben die Zeit genutzt und zwei Festungen gebaut und bilden unentwegt Truppen aus. Und Pferde haben wir selbst noch nicht genug. Also, wie soll das gehen?"
Der König fühlte sich ertappt. "Ich weiß es nicht. Kein Land will uns unterstützen. Die Gründe wissen wir nicht, aber in der Vergangenheit gab es wohl einige Missverständnisse." Leondur nickte. "Das war der erste halbwegs ehrliche Satz aus eurem Mund. In schuldet uns noch ein beträchtliches Vermögen, eintausend Pferde und eintausendfünfhundert Männer. Und dann habt ihr uns angeblich eure Kinder überlassen, die nicht mal aus eurem Land stammten. Und ihr erwartet jetzt von mir, dass ich euch auch nur einen noch so kleinen Wunsch erfülle? Ich glaube nicht, dass wir ohne eine Einigung über die Rückzahlung der bisherigen Schulden und einer Vorabbezahlung handelseinig werden. Beratet euch mit euren Räten, wie wir vorgehen können. Alles andere verbietet sich für mein Land und mich." Missmutig schaute Temelos auf. "Und was passiert jetzt mit meinem Land. Was soll ich meinem Volk sagen?" Leondur zuckte nur mit den Schultern. "Vermutlich die Wahrheit. In der Vergangenheit haben wir die Nachbarvölker ausgenommen. Wir haben lange im Reichtum gebadet und nun steht unser Ende bevor, wenn wir nicht zusammenstehen. Verpackt es ein wenig schuldbewusster und möglicherweise regt sich in eurem Volk ja eine Wille, um sich zu verteidigen. Mehr kann ich euch nicht helfen."
Herrisch erhob sich der König. "Dann war es das wohl mit den Gesprächen. Ich bin nicht bereit hier als Bittsteller aufzutreten. Ich werde nun nach Ranak reisen und dort mein Glück versuchen. Offenbar habe ich keine andere Wahl." Leondur hob die Schultern. "Wenn man der Wahrheit ausweicht, dann wird sich niemals etwas ändern. Aber mich interessiert, warum ihr eure Schuld nicht längst schon beglichen habt? In dem Fall hätte man über vieles verhandeln können." "Was hättet ihr mir schon geben können? Ich glaube kaum, dass euch die Lage in meinem Land bekannt ist."
"Ich denke schon, dass ich ein gewissen Wissen über eure Probleme besitze. Ich glaube der westliche Weg führt von Süden kommend an einem Sumpf vorbei, in dem die Insekten regieren und die Leute krank machen. Der Hauptzugang ist der breiteste mit über einer Meile Breite. Und der östliche Zugang lässt sich vermutlich relativ leicht verbauen. Falls ich falsch liege, dann sagt es und euer Land leidet unter einer Krankheit, die sich Korruption nennt. Korrigiert mich, aber eigentlich ist euer Land sehr wohlhabend. Aber bisher wurde es versäumt, der Korruption Einhalt zu gebieten. Würdet ihr mit fester Hand regieren, dann könntet ihr zum Nabel der Welt aufsteigen, aber daran hat weder euer Volk noch ihr ein Interesse." "Ihr wisst einiges, aber der Kronrat verhindert jede Reform und mit Vernunft agiert keiner mehr. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich bin nur noch ein König auf Zeit und was mit meinen Kindern passiert, kann ich nicht sagen. "
Leondur lächelte entspannt. "Dann packt eure Sachen und sucht euch ein Fleckchen Erde abseits eurer Heimat. Vergesst aber nicht genügend Gold mitzunehmen, falls ihr für die Zukunft eurer Kinder gewisse Vorstellungen habt. Und wenn ihr euren Lebensstil beibehalten wollt, dann packt noch mehr Gold ein. Die Räte werden dann dem Volk erklären müssen, warum ihr abgedankt habt. Gerne biete ich euch einen Flecken Erde an, wo ihr euren Ruhestand genießen könnt. Denkt daran eure Kinder bestmöglich ausbilden zu lassen. So gewinnen eure Kinder möglicherweise eine Zukunft. Einen besseren Rat kann ich euch nicht geben." "Ihr ratet mir also ernsthaft, dass ich mein Königreich aufgeben soll. Das ist ein ungewöhnlicher Rat." Leondur ergänzte sein Angebot. "Eure Räte sind vermutlich allesamt Verbrecher, die für das Syndikat arbeiten. Möglicherweise wacht euer Volk dann auf, wenn die Not am Größten ist. Oder ihr bräuchtet vertrauensvolle Leute an eurer Seite, mit denen ihr die Oberhoheit im Land zurück gewinnt. Überlegt es euch. Ach so, mein Wissen habe ich von den Leuten vom Syndikat, sie bauen gerade meine Festungen aus. Sie übergaben mir Karten, die aus eurem Land stammen. Das dieser Diebstahl nicht gemeldet wurde besagt doch wohl einiges. Gerne zeige ich euch die Karten, damit ihr seht, dass ich die Wahrheit sage." "Das ist nicht nötig. Ich kenne das Problem oder diese Krankheit im Rat. Dennoch, wie sollte so ein Plan funktionieren?" "Das lasst meine Sorge sein. Immerhin habe ich Ranak in die Knie gezwungen und das Syndikat kenne ich gut genug, um genau zu wissen, dass es feige und unzuverlässige Leute sind. Wenn ihr bereit seit, auf eure Kutsche zu verzichten, dann ginge es leichter. Eure Pferde sind nicht schlecht, aber meine Pferde sind besser. Bleibt nur die Frage, ob ihr auch leichtere Gespanne besitzt? Also Gespanne die schneller und leichter sind. Wenn wir euer Land verlassen haben, dann steigt ihr um. Wir haben leichte Gespanne, die ein Mann fahren kann und die fast so schnell, wie ein Reitpferd sind."
Kurz hielt Leondur inne. "Ich nehme an, dass die vier Räte und mindestens noch zwei Soldaten vom Syndikat sind. Sie werden die Rückreise vorerst nicht antreten. Versteht, wir haben da unsere Mittelchen, um sie für zwei Wochen außer Gefecht zu setzen. Bis dahin sollte alles abgeschlossen sein. Ich kann es relativ simpel herausfinden, da ich über besondere Gaben verfüge, die mir verraten, wer die Wahrheit sagt und wer es nicht tut. Bei euch spürte ich den inneren Kampf sofort bei eurer Ankunft. Und eure Frau ist ebenfalls mehr als unsicher. Eure Kinder hingegen sind aufgeweckt und lebenslustig. Falls einer der Begleiter vom Syndikat sein sollte, dann wird er den Abend nicht mehr erleben. Verzeiht meine Strenge, aber das Syndikat ist eine schwärende Krankheit, die man gründlich ausbrennen muss." Der König war erstaunt. "Ihr seid klug, handelt umsichtig und ihr strahlt eine Stärke aus, die mir leider fehlt. Zudem seid ihr gradlinig und geht offenbar keinem Konflikt aus dem Weg. Meine Stärke wurde mir genommen als das Syndikat meinen ältesten Sohn umbrachte, um mir ihre Stärke zu zeigen. Jetzt ist es wohl an der Zeit neue Wege zu beschreiten. Möglicherweise hilft es mir und meinem Land und mein Volk kann überleben."
Erst spät trafen die Kinder des Königs ein. Sie waren bester Stimmung, weil sie Pferde gesehen hatten, die sie nicht kannten. Sie durften die Pferde sogar reiten und hatten Freude daran, die Pferde zu streicheln. Sie erzählten von den riesigen Kaltblütern und den anderen Pferden, als hätten sie noch nie zuvor richtige Pferde gesehen. Auch die Königin wirkte erleichtert. Sie sah, dass ihr Mann lebte und die Räte derzeit nicht um ihn herum standen. Auch sie berichtete von den wunderbaren Pferden und den freundlichen Leuten, die sie begleitet hatten. Natürlich plante Leondur etwas anderes, denn die Späher waren längst unterwegs um einige Leute vom Syndikat einzufangen. Heimlich sollten sie diese Leute überraschen, ausschalten und Beute machen. Weitere Männer als Händler getarnt, die gebrauchte Waffen verkauften, sollten das Gold aus dem Land schaffen. Diese Pläne hatte er dem König nicht gesteckt und auch nicht, dass ein großer Tross den König begleiten würde. Auf diese Weise konnte der König nicht einmal etwas verraten, weil er es nicht wusste. Der König wusste ebenso wenig, das Leondur der Rote Teufel war und mit seiner Strategie bedeutend effizienter agierte als alle anderen Könige, die sich Temelos vorstellen konnte. Im Prinzip war Leondur der verschlagene Hund, der weit über triste Realität hinaus blickte und strikt handelt.
Am Abend saßen die Familien zusammen und Leondur erklärte, dass die Männer vom Rat an Fleckfieber litten und mindestens drei Monate in einem Hospital verbringen müssten, bevor die Herren an eine Rückreise denken konnten. Die Zimmer der Räte waren bereits geräumt und das Personal entseuchte die Zimmer mit Schwefelrauch und Essig. Die Papiere und alles was sich in den Zimmern befand wurde längst gesichtet, um die Absichten vom Syndikat zu erkennen. Leondur wusste längst, dass vierhundert Männer vom Syndikat die Armee unterwandern sollten, um die Macht im Land vollständig an sich reißen zu können. Auch dieser Schachzug musste unterbunden werden. Es galt also jegliche Person zu überwachen, die sich dem Land Purnis näherte. Für Leondur war es eine Pflicht, sämtliche Aktivitäten des Syndikats zu unterbinden, denn diese Leute opferten nur zu gerne Dörfer und Städte dem Untergang, um daraus Profit zu schlagen. Mit dem Handel von Gift und Drogen schwächten sie die Völker und nach dem Krieg stand ein zweiter Feldzug an, um das Syndikat so weit wie möglich auszulöschen. Das wusste jedoch nur er, denn nur durch so einen Akt, ließ sich diese Region langfristig erhalten.
XXX
Der Morgen war aufgezogen und am Frühstückstisch lernte er die Kinder vom König kennen. Tabea war die älteste Tochter, es folgte der Sohn Temelar und die jüngste Tochter Thea, die am lebendigsten wirkte. Voller Hingabe erzählte sie von den prächtigen Pferden und ihrem Ritt auf einen wunderbaren Pferd, dass scheinbar keine Anweisungen benötigte, um immer den richtigen Weg zu finden. Leondur hatte die halbe Nacht durchgearbeitet, um Melder zu allen Festungen und Städten auf den Weg zu bringen. Sein Plan stand fest, das Syndikat musste vernichtet werden, um Schaden von vielen Ländern fern zu halten. Inzwischen war sogar die Basis dieses Übels bekannt. Eine kleine Festung östlich von Ranak wurde immer wieder von den Gefangenen Kerlen als Machtzentrum genannt. Sie entgingen somit der schweren Folter und dem Ableben auf einem Hauklotz. Den Tag über besprach Leondur erste Eckpunkte mit Temelos, um einen halbwegs reibungslosen Eingriff in die Geschicke von Purnis gestalten zu können. Erst jetzt offenbarte der König, dass er einen geheimen Zugang zu den Schätzen des Landes kannte. Dennoch Leondur staunte, dass des Land über ein immenses Vermögen verfügte. Die Eskorte für den König musste kurzfristig aufgestockt werden, um zumindest einen Teil der Schätze bergen zu können.
Temelos wurde mehrfach von Ideen von Leondur überfahren, denn der König war weder ein guter Taktiker noch ein versierter Stratege. Ohne das Wissen des Königs hatte Leondur bereits viele Fäden gezogen, um das Land Purnis zu beschützen und möglicherweise zu erhalten. Vieles blieb vorerst vage und ungewiss, aber der Kampf gegen das Syndikat besaß einen hohen Stellenwert, weil es solche gut organisierten Verbrecherbanden nicht geben durfte. Rediet war auch erschienen, weil sie Asja nur zu gerne in ihrer Umgebung wusste. Die Kinder des Königs vereinnahmte sie sofort. Gerne besuchten die Kinder den Tempel, der nun schon wieder vom Volk gerne genutzt wurde. Zwanzig Priesterinnen wurden ausgebildet und der ehemalige Schmuck des Tempels war weitestgehend wieder an seinem Platz. Das Volk schätze Leondurs Einsatz für die Kultur und den Tempel. Die Kinder des Königs waren zu jederzeit von der Neugier getrieben und fragten Rediet offen über jedes Detail dieser Religion aus.
Es folgte ein Spaziergang durch die Gärten und zu den Quellen des Lebens. Die Königskinder staunten über die Inbrunst, die Rediet an den Tag legte. Diese intensive Form der Religion kannten sie nicht. Als sie noch erzählte, dass sie genau diese Religion geheilt hatte, kannte das Staunen der Jugendlichen keine Grenzen mehr. Rediet ließ sie von dem Wasser kosten, damit sie die Spiritualität des Ortes mit allen Sinnen wahrnehmen konnten. Erst danach entzündete Rediet das heilige Feuer. Halbwegs verständlich versuchte sie das Element Feuer zu erklären. Feuer war eine starke Macht, die zugleich Segen, wie Fluch sein konnte. Nebenher erklärte sie das Wesen ihres Halbbruders, der dem Feuer ähnelte. Er konnte Wärme und Liebe geben, aber auch die Feinde mit seiner Energie vernichten. Sie beschrieb genau, wie das Land nach seiner Rückkehr erblühte und sich sogar das Ödland im Süden wieder erholte. Danach folgten Erklärungen, wie ihr Bruder die Länder befriedete und sich mit den Nachbarländern verbündete, um nach dem Kampf den Frieden in der Region zu gewinnen. Für die Kinder schien es eine Art Offenbarung zu sein, denn bisher hatte sie immer gedacht, dass ein König stets nur ein Land regierte. Hier erfuhren sie, dass mehrere Herrscher zusammen für den Frieden kämpften.
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In der Kaserne in der Nähe wurden derzeit die Männer vom Syndikat verhört und mit der leichten Folter gesprächiger gemacht. Nachdem alle Namen von Syndikatsmitgliedern erfasst waren - wurden die Herren in ein schlichteres Quartier verlegt. Melder ritten los um diese Informationen rasch im Land zu verbreiten und und auch die befreundeten Länder über diese ungeliebten Gäste zu informieren. Leondur erhielt ebenfalls diese Informationen, damit er zumindest einen Teil an den König übergeben konnte. Erstaunt blickte der König auf. "Ich hätte nicht erwartet, dass ihr so zielstrebig seid. Und was für Schlussfolgerungen zieht ihr daraus." Leondur drehte sich leicht ab. "Es ist an der Zeit entschlossen zu handeln. Männer werden sterben und Familien werden entwurzelt. Ich kann doch nicht meine Männer so einer Gefahr aussetzen. Immerhin arbeiten wir daran, euer Königreich zu retten. Zudem wissen wir, dass elf Steppenvölker an den Angriffen auf unsere Länder teilnehmen werden. Ich gehe davon aus, dass etwa zehntausend bis zwanzigtausend Gegner ihr Glück vor unseren Festungen auf die Probe stellen wollen. Bei eurem Land rechne ich mit fünftausend oder mehr Angreifern."
Temelos zuckte zusammen, als er die Zahlen hörte. "So viele Gegner. So einen Krieg hat es zuvor nie gegeben. ich glaube kaum, dass sich mein Land von so einem Angriff je wieder erholen kann. Was können wir nur tun, damit mein Land nicht untergeht?" Leondur goss sich ein Schluck Rotwein ein. "Wir retten zuerst eure Truppen vor dem Syndikat und wir bauen eine Mauer. Mit Glück bekommen wir zwei Zuwegungen verschlossen, wenn wir sofort und entschlossen handeln. Das setzt natürlich voraus, dass ihr euer Volk mobilisieren könnt. Andernfalls sieht es düster für eure Truppe und euer Volk aus. Aus diesem Grund werde ich meinen Plan revidieren und einen neuen Plan für euer Land erstellen." Bei diesen Informationen beließ es Leondur vorerst. Es war nie ratsam, etwas zu sagen, ohne die Realität genau zu kennen und ein striktes Vorgehen planen zu können.
"Ich glaube, dass es besser für eure Kinder ist, wenn sie vorerst an diesem Ort zurückbleiben. Eurer Frau gewähre ich ebenso das Gastrecht. Allerdings müsst ihr selbst eine Entscheidung treffen. Dann würden wir morgen in euer Land reisen. Ich stelle die Eskorte, da ich nur so euren und meinen Schutz gewährleisten kann. Besprecht euch bitte zügig mit eurer Familie, damit sie genau wissen worum es geht. Selbstredend werden die Männer vom Syndikat von nun am meine Bausklaven sein."
XXX
Der Ritt beziehungsweise der Marsch setzten dem König enorm zu. Er war es nicht gewohnt, wie ein Soldat zu leben und mit kargen Rationen auszukommen. Das Bett fehlte zudem. Späher und Melder berichteten stetig über die nächsten Wasserstellen, Wagenzügen und Geländehindernissen. Ungläubig verfolgte Temelos die Disziplin in der Truppe. Er sah nur die Eskorte von zweihundert Männern, die restlichen Truppen blieben ihm verborgen. Er wusste auch noch nicht, dass erste Räte in seinem Land verstorben waren und bereits ein erster Wagen, beladen mit Gold auf dem Weg nach Ethymien war. Weitere würden folgen. Auch das Thema wurde nicht angesprochen. Ein Brand in der Hauptstadt von Purnis verunsicherte derzeit das Volk. Die erste positive Meldung erreichte Leondur. Knapp sechzig Krieger vom Syndikat waren aufgegriffen worden. Die Beute war nicht großartig, aber die Waffen und Pferde samt der Schreiben besaßen einen gewissen Wert und gaben erste Aufschlüsse über das Vorhaben des Syndikats. Die Männer vom Syndikat durften nun bis zu ihrem Lebensende in Steinbrüchen arbeiten. Auf diese harsche Weise war sichergestellt, dass sie weder morden noch Staaten in den Untergang zwingen konnten.
Erstaunt stellte der König fest, dass bereits mit der Errichtung einer Mauer begonnen wurde. Die Umrisse der Torhäuser waren abgesteckt und hunderte Menschen hoben einen tiefen und breiten Graben vor der Baustelle aus. Mit einem fragenden Blick wandte er sich an Leondur. "Habt ihr das veranlasst?" "In gewisser weise schon. Wir haben einige Räte besucht und sie haben diese Staatsdokumente unter leichtem Zwang bereitwillig abgezeichnet. Einen Tag später brannten leider die Häuser der Kerle ab. Sie haben die Brände leider nicht überlebt. Da es Verbrecher waren, weinen wir diesen Mördern keine Träne nach. Die Familien sind bereits unterwegs in ihre neue Heimat. Ihr seht, mit einem kleinen wenig Feingefühl kann man eine Menge bewegen. Und Morgen beginnt das große Finale in Tarnis. Zweihundert Personen vom Syndikat werden wegen Hochverrats vor den Scharfrichter geführt. Damit ist das erste Problem beseitigt. Euer Staatsschatz bleibt daher vorerst euer. Meine Männer sind von euch zu entlohnen und zu verpflegen." "In gewisser Weise seid ihr mir unheimlich. Ihr dringt in mein Land ein und wirkt wie ein Schmiedehammer und zugleich, wie sanfter Wind, den kaum einer spürt. Andererseits muss ich froh sein, denn ihr packt glühende Eisen an, die mir zu heiß wären. Noch erstaunlicher ist, woher ihr das Wissen über diese Leute besitzt!" "Sagen wir es so. Ich kenne diese Typen seit zu vielen Jahren. Sie geben sich zumeist bieder und leben im Reichtum. Sie tun so, als würden sie dem Volk dienen und eignen sich alles an, was einen Wert besitzt. Zudem scharwenzeln sie stets um die Könige herum und bieten sonderbare Lösungen an. Und was noch entscheidender ist. Sie nutzen Brieftauben. Sie denken natürlich, dass das keiner merkt. Ein Wagenzug mit Waffen wird in zwei Tagen eintreffen. Es sind zweihundert Bögen samt Pfeilen und Armbrüste. Dazu Stangenwaffen und gebrauchte Schwerter und Äxte. Schilde und Rüstungen sind auch dabei. Ihr könnt die Waren kaufen. Demnächst folgen noch Pferde. Dafür nahmen wir alle Wertgegenstände der Kerle vom Syndikat mit. Dadurch zeigt ihr, dass ihr ein handlungsfähiger Herrscher seid. Zuerst überlasse ich euch zwanzig meiner Männer, die für euren Schutz sorgen werden und etwa fünfzig Männer zu einer Leibgarde ausbilden. Diese Männer bekommen ein bedeutend höheren Lohn. Ansonsten kommen bald die nächsten zweihundert Männer von Syndikat, die euch beseitigen werden. Das Schreiben übergebe ich euch jetzt, damit ihr eine Entscheidung treffen könnt."
Perplex schaute Temelos zu Leondur. "Ihr habt offenbar an alles gedacht. Aber wie macht ihr aus meinen Truppen wieder einen Kriegshaufen, der die Kämpfe bestehen kann. Meine Männer werden sie ausbilden. Auch das müsst ihr bezahlen. Ansonsten geht es nicht. Nur meine Männer wissen, was Schutz bedeutet und können entsprechende Männer ausbilden. Ach und dann müsst ihr euch tüchtige Leute aus dem Volk auswählen, die euch beratend zur Seite stehen. Über diese Leute erfahrt ihr alles was ihr wissen müsst. Sie tragen euch die Informationen zu, die das Volk belasten oder in Sorge versetzen. Das sind meine kleinen Geheimnisse. Ach noch eine Kleinigkeit. In diesem Land bin ich zunächst Oberst Durlass. Es soll meiner Sicherheit dienen." "Danke für die Ratschläge. Ich hoffe, dass es gelingen wird." "Es muss gelingen, andernfalls verschlechtert sich die Lage für alle Länder nördlich der großen Ödnis. Somit unterstütze ich euch aus reinem Eigennutz. Wie weit ist es noch bis zu eurer Hauptstadt, Tarnis?"
XXX
In Tarnis gab es zahlreiche Veränderungen. Auf einem Hügel standen einzelne abgebrannte Häuser. Die Straßen waren von Menschen gesäumt und das Volk huldigte dem König. Das Volk hatte erfahren, dass Festungen gebaut wurden. Die Festungen dienten dem Schutz des Volkes, das begriffen sie. Sie wussten auch, dass die Steppenvölker im Frühjahr einen Angriff planten. Sie wunderten sich nicht wegen der Brände und dem Fehlen einzelner Familien. Im Palast sah es auch anders aus. Auf dem Boden kauerten sehr viele Männer, die gut gebunden waren. Einige Herren wirkt etwas schwach, nach den Folterungen und je nach schwere der Verbrechen waren sie in zwei Kategorien eingeteilt worden. Die Roten verdienten die Todesstrafe und die mit den gelben Bändern sollten ihr Leben als Bausklaven führen dürfen. Leondur erhielt eine Meldung und studierte rasch die Zeilen. Die Vermögen aller Kerle waren eingezogen worden. Alle Wertgegenstände aus den Häusern waren sichergestellt worden und selbst die Waffen waren unterwegs an einen sicheren Platz. Pferde, Vieh und Landbesitz wurde wieder an den König übereignet. Die Familien der Kerle vom Syndikat waren unterwegs in ihre neue Heimat. Die vier Wagen zum Abtransport von Gold und Silber reichen nicht aus. „Wir erwarten Order.“ Stand auf einem Schreiben.
Knapp flüsterte er dem Mann ins Ohr: "Sendet Melder aus, dass wir weitere Wagen brauchen." Er schaute nur Knapp zum König. Die Geständnisse liegen vor. Die mit den roten Bändern verdienen die Todesstrafe und die mit den gelben Bändern bekommen das Schandmal eingebrannt und werden eure Bausklaven. Die Vernehmungsprotokolle und Geständnisse liegen bereit. Es ist an Euch die Urteile zu sprechen. Acht Herren waren am Mord von eurem Sohn beteiligt. Sie haben diese Tat freimütig eingeräumt. Für manche war es ein schmerzhafter Weg. Aber es gab genügend Verräter in den eigenen Reihen, die ihr Leben retten wollten. Somit sollten wir nun einen Vertrag aufsetzen, um den Handel anzukurbeln. Die Schlüssel zur Schatzkammer hat einer meiner Männer. Wendet euch an ihn. Die Räume der Räte wurden durchsucht, und es wurde allerlei Gift und anderes Gefunden. Darunter auch Verträge mit dem Syndikat. Das Beweismaterial aus den Häusern haben wir auch dort aufgestapelt. Seid nicht erschrocken, was die Herren aus eurem Land machen wollten."
"Könnt ihr es mir kurz und knapp erzählen. Das wäre hilfreich bei der Urteilsfindung." "Sie hatten die Absicht dieses Land zu übernehmen. Das Volk auszupressen und wenn sie nicht bezahlen können werden sie als Sklaven verkauft. Einige dürfen bleiben, weil sie ja gelegentlich was zwischen die Zähne bekommen wollen. Okay, ein paar Diener hätten auch noch leben dürfen. Weil sie ihre Wäsche nicht selbst waschen und aus den hübschen Frauen hätten sie ihre Huren gemacht. Reicht das oder besteht ihr auf mehr Details? Euch und eure Familie hätten sie ermordet. Bis auf eure Töchter natürlich, um sich die Thronfolge zu sichern." Der König erschrak, weil er es sich nicht vorstellen konnte, was diese verschlagenen Köter mit ihnen vor hatten. Für einen Moment schloss der König die Augen, um die boshaften Nachrichten sacken zu lassen.