Der Abmarsch stand bevor. Die Truppen waren zum Roten Tor abgerückt. Leondur folgte der Truppe mit einem Tag Abstand mit einer kleineren Einheit, die spezielle Aufgaben unterwegs zu erfüllen hatte. Immerhin galt es die ehemalige Steppe an geeigneten Punkten mit Bäumen und Büschen zu bepflanzen. Die Bäume sollten Schatten spenden und als Navigationspunkte dienen. Auf dem Weg zum Roten Tor begann es noch einmal zu regnen, keiner ärgerte sich darüber, da es möglicherweise der letzte Regen für Wochen sein konnte. Noch einmal wurden die Wasserreserven aufgefrischt und das Gras wuchs noch einmal. Jeder wusste, dass es den Pferden half, um den langen Ritt leichter zu ertragen. Der Ritt durch das Rote Tor wurde von allen Einheiten genau beobachtet, da der König erneut gen Süden marschierte. Weit vor dem Tor warteten die anderen eigenen Einheiten und die Truppen der Verbündeten. Insgeheim hatte Leondur gehofft, dass es mehr Truppen sein würden. Aber diese Überraschung überstieg sogar seine Vorstellungen.
Etwa zweitausend Krieger samt Pferden und großen Transportkolonnen waren an diesem Ort versammelt. Der Lordherzog hatte mindestens eintausend Reiter gestellt und der Tross war beachtlich. Haldur hatte ebenfalls sein Truppenkontingent aufgestockt und sein Zelt zierte ein großer Felddrache, der trotz des Regens munter im Wind flatterte. Kurzentschlossen rief er Haldur und den Lordherzog zu sich. Es dauerte nur kurze Zeit bis die Herren eintrafen. Leondur verneigte sich knapp. „Haldur und Lordherzog. Ich bedanke mich für diese Verstärkung. Wir marschieren sofort los. Brecht die Zelte ab und dann geht es los. Wir werden unsere Pferde die ersten Meilen führen, damit sie nicht ermüden. Auf diese Weise kann der Tross uns leichter folgen. Jede Einheit stellt fünfzig Männer, um den Tross zu decken. Meine Späher führen die Truppe an. An dem ersten Heulager legen wir eine erste Rast ein. Immerhin müssen die Pferde die meiste Last tragen.“ Die Begleiter nickten und befahlen den raschen Abbau der Zelte und den Abmarsch.
Leondur stieg von seinem Pferd ab und führte es gemächlich die vorgegebene Route entlang. Späher hatten die gesamte Umgebung erkundet und als feindfrei gemeldet. Wegezeichen erleichterten den Marsch. Für Leondur war es kein Problem, den Zeichen zu folgen. Nach gut zwei Meilen schlossen die anderen Einheiten auf. Erst als Haldur und der Lordherzog samt seinen Generälen neben ihm ritten stieg er auf sein Pferd. Scheinbar gemächlich trabten sie voran. Nach etwa acht Meilen erreichten sie das Heulager und die Pferdetränke. Hier wurden zuerst die Pferde versorgt und danach gab es eine warme Suppe und Brot. Leondur verkündete, dass es bis zum Erreichen der Festung nur noch kalte Speisen gab. Munter erklärte er, dass es die normale Truppenverpflegung sei. Seine Begleiter zeigten sich überrascht. Dennoch nahmen sie es hin. Insbesondere die Generäle schauten verdutzt zu Leondur, den diese Blicke nicht störten. Für den weiteren Marsch wurde jedem Soldaten ein Brotbeutel gereicht.
Nach der Rast führten sie ihre Pferde etwa fünf Meilen, wobei sie die Pferde stetig fütterten. Die Truppe des Lordherzogs machte es ihnen nach. Die Temperaturen stiegen an und nach mehreren Meilen erreichten sie die nächste Pferdetränke, die nur ein größeres Wasserloch war. Jedes Pferd sollte etwa eine Kanne Wasser saufen, damit sie den Marsch gut überstanden. Erst nachdem sämtliche Pferde versorgt waren ritten sie die nächsten Meilen in einem gemächlichen Trab. An einer Versorgungsstation für die Pferde fütterten sie die Pferde mit Rüben, Möhren und Äpfeln, die alle Pferde gerne annahmen. Dazu gab es Heu und noch einmal eine kleine Ration Wasser für die Tiere. Nebenher weideten sie das Gras in der Umgebung ab. Im Anschluss führten sie ihre Pferde erneut über mehrere Meilen. An den vielen Pferdeäpfeln erkannte man, dass dieser Weg häufig genutzt wurde. Aus den Pferdeäpfeln hatten sich inzwischen kleinere Wiesen, mit einer Vielzahl an Pflanzen und sogar einzelnen Gebüschen entwickelt. Die Soldaten des Lordherzogs beachteten die kleinen Flecken mit Grünzeug kaum, aber Haldur schaute erstaunt zu den Pflanzen und hinterfragte die kleinen grünen Oasen. „Pflegt ihr die Pflanzen regelmäßig oder gedeihen die Pflanzen auch ohne Pflege?“ „Wir pflegen sie erst, wenn es erforderlich wird. Bisher wurden sie nur mit Pferdedung aufgepäppelt und in kleinen Senken angelegt, damit sie möglichst viel Wasser aufnehmen können. Es ist der Versuch, diese Ödnis schneller zu begrünen und an bestimmten Stellen erste Bäume zu Pflanzen. Die Meldereiter und Späher berichten uns stetig über diese kleinen Flecken in der Ödnis.“ Offenbar hatte es auch der Lordherzog gehört. „Ihr begrünt diesen öden Landstrich? Könnt ihr mit den Grund nennen?“ „Auf diese Weise erfahren wir, wo sich die Anpflanzung erster Bäume lohnt. Überall dort, wo die niederen Gehölze überleben pflanzen wir Bäume. Die Bäume spenden uns zukünftig Schatten und Nahrung. Das soll den Siedlern zeigen, wo sie später gut siedeln können. In der Nähe der Festungen und Bastionen haben wir immer genügend Wasservorräte, um die Leute, die Pflanzen und Tiere mit dem kostbaren Nass zu versorgen. Vorrangig pflanzen wir zuerst Ölweiden, Sandkiefern, Robinien und Akazien, sowie andere Bäume, die an solche Standorte angepasst sind. An anderen Orten Pflanzen wir wilden Hafer, Disteln und Palmen, wie sie hier früher wuchsen. Meine Gelehrten sind sich sicher, dass wir auf diese Weise weitere Pflanzen hier ansiedeln können.“ „Ihr plant weit im Voraus. Wir haben über solche Maßnahmen nicht einmal nachgedacht.“
Leondur schüttelte den Kopf. „Ich denke halt an die Zukunft und meine neuen Siedler und meine Truppen. Mit Sicherheit freuen sich die Leute, wenn sie bei ihrer Ankunft bereits schattige Stellen vorfinden. Für die Siedler haben wir bereits achthundert Königshufen Land ausgewiesen, um sie an die Siedler übergeben zu können. Überall wo es ausreichend Grundwasser gibt bauen wir bereits Brunnen und Wasserbecken. Nur so überstehen die ersten Siedler das erste und zweite Jahr. Dafür kann ich sorgen. Andere Flächen, die nicht für die Landwirtschaft geeignet sind werden wir als Weideland ausweisen, um die Pferdezucht oder Viehzucht ausweisen. Zudem müssen auch die Bastionen an günstigen Stellen platziert werden, um deren Versorgung sicher zu stellen. Denn nur, wenn es sich für die Leute lohnt, bleiben sie auch hier.“ Stetig marschierten sie weiter bis Leondur ein Handzeichen gab. Alle Reiter stiegen auf und nun ritten sie weitere Meilen, bis sie ihr Tagesziel nach der Dämmerung erreicht hatten. Die Pferde wurden abgesattelt und in Gatter geführt, in denen Heu für die Tiere bereit lag. Tränken standen ebenfalls bereit. Etwa fünfzig Zelte boten Leondurs Männern einen Schlafplatz. Die anderen Einheiten mussten erst noch ihre Zelte errichten. Fackeln und Laternen spendeten ein wenig Licht und sechs Kessel mit Suppe standen für die Truppe bereit. Hastige Reiter wurden zu ihren Pferden zurück getrieben, damit sie ihre Pferde bestmöglich versorgten. Erst danach durften sie sich vor den Kesseln anstellen. Es gab eine kräftige Gemüsesuppe, mit einigen Speckwürfeln und Brot. Dazu wurde ein lauwarmer Tee gereicht, der dezent nach Minze schmeckte.
Die Nachtruhe wurde ausgerufen und die Wachmannschaften, die gerecht unter den beteiligten Truppen verteilt wurde. Leondur lud seine Gäste noch zu einem kleinen Umtrunk ein, um Fragen stellen zu können. „Was ist ihnen während des Marsches aufgefallen, meine Herren?“ Mit dieser Frage brachte er das Gespräch in Gang. General Kromos nahm den Faden auf. „Wir kümmern uns längst nicht so gut um die Pferde und vorbereitete Gatter gibt es bei uns auch nicht. Allerdings verstehe ich nicht, warum wir die Pferde über so weite Strecken führen.“ Knapp antwortetet Leondur. „Die Pferde müssen über vier Wochen durchhalten, ohne merklich an Substanz zu verlieren. Daher gilt unser Augenmerk vorrangig den Pferden, ansonsten müssen sie die gesamte Strecke zu Fuß gehen. Ferner fiel mir auf, dass keiner ihrer Männer die Landschaft betrachtete, da ihnen bereits die kleinen Märsche zusetzten. Immerhin haben wir heute fast dreißig Meilen zurückgelegt. Das ist eine feine Leistung für Ross und Reiter und den Tross. Mehr sollten wir uns und den Pferden nicht zumuten, um sie dauerhaft einsetzen zu können.“ General Talgart setzte nach. „Wäre es nicht besser, die Fußtruppen auf Pferde zu setzen? So wären diese Truppen ebenfalls mobiler?“ „Sicher, das ist richtig, aber woher nehmen wir zwanzigtausend Pferde für die Infanteristen? Ich kann ihnen diese Pferde nicht zur Verfügung stellen. Dennoch, meine Truppen lernten jeden Tag etwa zwanzig Meilen zu marschieren, damit wir sie zügig verlegen können. Daher beginnen wir morgen mit der Ausbildung. Meine Späher werden die Offiziere unterrichten, denn offenbar sehen sie nicht, wie ihre Pferde leiden. Selbst die basale Pferdepflege unterlassen die Männer. Ab morgen werden etwa achtzig Pferde zurückgelassen, weil ihnen Hufeisen fehlen oder sie gravierende Ermüdungserscheinungen zeigen. Somit müssen diese Männer die gesamte Reststrecke ohne ein Pferd auskommen müssen. Und mir fiel auf, dass viele ihrer Männer einen etwas zu großen Bauchumfang besitzen. Meines Meinung nach tragen Elitekrieger keine fette Plauze vor sich her. Aber, wenn es bei ihnen üblich ist, dann ist es halt so.“ Der Konter hatte gesessen. Lordherzog Lester fragte nach. „Sie meinen also, dass unsere Männer zu fett wären? Woran erkennen sie es?“ Männer, die nach ein paar Meilen fast umfallen, die behindern jede Truppe. Diese Kerle werden von nun an die gesamte Strecke marschieren. Meine Männer versorgen die Pferde bereits, weil keiner ihrer Soldaten jemals gelernt hat auf sein Reittier zu achten. Bei mir würden diese Kerle sofort zur Infanterie versetzt werden, weil sie nicht würdig sind ein Pferd zu reiten. Ich sah diese Kerle, wie sie sich von den Pferden ziehen ließen und ordentlich versorgt haben sie ihre Tiere auch nicht. Es wäre also ratsam, wenn sie morgen in der Frühe ein Donnerwetter erschallen lassen, damit diese fetten Maden erkennen, wie ihr Zukunft aussehen wird, wenn sie sich nicht vernünftig um die Reittiere kümmern. Morgen jedenfalls werden wir die noblen Herren zu Fußlatschern machen, damit sie möglicherweise ihre eigenen Fehler erkennen. Der Rest geht mir am Arsch vorbei.“
Die deftige Aussprache brachte die Generäle zur Besinnung. „Glauben sie ernsthaft, dass sich die Männer dadurch ändern? Ich kann es mir nicht vorstellen.“ „Es gibt immer Mittel und Wege um diese Breitärsche auf das Wesentliche zu fokusieren. Ziehen sie nicht mit, dann werden sie zukünftig Fußlatscher. Solche Männer werden in einer Reitertruppe jedenfalls nicht akzeptiert. Meine Männer sorgen bereits für strengere Regeln. Verlassen sie sich darauf, dass wir die richtigen abstrafen. Immerhin hat so eine Blamage immer ein weiteres Nachspiel. Jetzt sollten sie erkennen, dass adelige Sprösslinge härter angefasst werden sollten, damit ihre Truppe besser wird. Mitten in der Nacht werden wir die Junker wecken und einer harten Sonderbehandlung unterziehen. Sie werden recht früh ohne Brotbeutel abmarschieren, damit wir sie zu kräftigen Männern machen. Wenn sie ihren Dienst quittieren, dann ist es auch kein Verlust für ihre Truppe, weil diese Kerle einfach nur dumme Maden oder Deppen sind. Gerne bin ich bereit den Junkern den Arsch kreuzweise aufzureißen, damit sie erkennen, dass sie nur faules Fallobst sind. Zudem werden meine Männer brutal in das Leben aller Männer eingreifen und sie einer ersten kleinen Ausbildung zu unterzeihen. Ich hoffe, dass sie mir frei Hand geben um aus den fetten Würmern Männer zu machen? Andernfalls lassen wir die Junker hier zurück, damit sie schnell an Gewicht verlieren.“ Lordherzog Lester griff nun ein. „Die Jungen Männer zahlen zur Elite des Landes. Mit Sicherheit werden sich deren Eltern bei mir beschweren.“ „Nun gut, wenn es so ist, dann bleiben die elitären Fettbäuche halt hier zurück, bis sie den Maßen eines Kriegers entsprechen. Die Zukunft dieser Schmerbäuche ist mit egal. Meinethalben können sie auch in der Wildnis verrecken. Somit erkennt ihr den ersten Fehler in eurer Ausbildung.“
Leondurs Härte stieß nicht auf Gegenliebe. „Sprecht morgen mit den Junkern und erklärt ihnen die Situation. Harte Gefechte werden uns möglicherweise erwarten. Mit dem Wanst werden sie keine drei Wimpernschläge überleben. Offizier und Elitetruppen sollten meiner bescheidenen Meinung nach auch kriegstauglich sein, was diese Junker offenbar nicht sind. Die Truppe hat immer Vorrang vor den schwächlichen Junkern. Möglicherweise erwarten diese Junker sogar, dass wir sie auf ein Pferd heben, aber solche Mätzchen gibt es bei mir nicht. Somit ist es eure Entscheidung, ob die Junker leben oder sterben. Immerhin ist es eure Elitetruppe.“ Jetzt reagierte General Talgart. „Lordherzog Lester, der König hat Recht. Die meisten Junker sind zu fett und besitzen keine Qualifikation, um jemals als Truppenanführer eine Einheit anführen zu können. Fressen ist ihre einzige Profession.“
Noch lange wogte die Diskussion hin und her, bis selbst der Lordherzog einsah, dass eine Elitetruppe vorrangig aus Elitekriegern bestehen sollte. Die Zurücklassung war da nur ein milder erzieherischer Eingriff, um den Junkern eine bessere Zukunft zu bescheren. In der Nacht wachten wieder Krieger aus allen Truppen. Früher als bisher brach Leondur auf, um einen ersten realistischen Unterricht für die Generäle und Offiziere durchzuführen. Sie hatten nicht einmal bemerkt, dass sie abmarschiert waren. Friedlich erwachte das Zeltlager und Haldur und die Generäle bemerkten erst recht spät, dass sogar ein Teil der Pferde fehlten. Die Überraschung traf alle Krieger, weil sie nichts von dem Abmarsch mitbekommen hatten. Zügiger als üblich lösten sie das Zeltlager auf und suchten zuerst die Spuren, aber die gab es nicht. Das einzige, was sie fanden war ein Schreiben. Da alle übergewichtigen Wachmänner aus Talmos selig schliefen, sind wir etwas früher aufgebrochen. Wir mochten sie nicht in ihrem Schlaf stören. Folgt einfach dem Weg Richtung Süden, dann trefft ihr auf die Festung oder den großen See.
Sofort brach ungeahntes Chaos aus. Jeder gab jedem die Schuld und es führte dazu, dass Haldur es vorzog, mit seiner Truppe separat abzuziehen, bevor die Männer aus Talmos realisierten, dass sie von nun an auf sich gestellt waren. Erst gut eine Stunde später marschierten auch sie ab. Von Haldurs Truppe war längst nichts mehr zu sehen. Natürlich saßen die Männer aus Talmos auf und versuchten möglichst schnell Anschluss zu finden. Erst jetzt nahmen sie wahr, dass sogar die Herden fehlten und einige Junker zu Fuß gehen mussten. Sie erkannten recht schnell, dass sie nur groß abschätzen konnten, wo genau Süden lag. Das einförmige Gelände machte die Orientierung nicht leichter und so ritten sie einfach ihrer Nase nach. Lange Zeit später erblickten sie zwei gewaltige Staubwolken, die sich ihnen näherten. Eilig berieten sie sich, was zu unternehmen sei, doch auf die einfachste und klügste Idee kamen sie nicht. Sie sondierten weder das Gelände noch begaben sie sich in eine vorteilhafte Verteidigungsposition. Zuerst versuchten sie ihr Heil in der raschen Flucht, doch in diesem Moment tauchte eine dritte Staubwolke am Horizont auf. Die Flucht war fehlgeschlagen und nun mussten sie anders handeln. Sie versuchten sich zu verstecken, aber in einer weiten Ebene gab es keinen Rückzugsort. Auf die Idee, eine Verteidigungslinie aufzubauen kamen sie nicht. Jäh verschwanden die Staubwolken. Kein Gegner war mehr zu sehen nachdem sich der Staub verflüchtigt hatte. Rasch beschlossen sie weiter gen Süden zu marschieren. Die Männer waren bereits gereizt und überanstrengt. In der Eile des Aufbruchs hatten sie vergessen genügend Wasser mitzunehmen, um sich und die Pferde versorgen zu können. Erst jetzt kamen sie auf die Idee, die Pferde zu führen. Langsam aber stetig tasteten sie sich ungefähr in südliche Richtung vor. Meile um Meile legten sie zurück ohne zu merken, dass sie bereits zwei Wasserlöcher passiert hatten. Die Erschöpfung und der Wassermangel setzte ihnen zu und ohne dass sie es mitbekamen näherten sich ihnen zwei Späher.
Fröhlich hockten die Männer auf ihren Pferden. „Sie sind alle durchgefallen. Keiner von ihnen hätte diesen Tag überlebt, wenn wir sie mit nur sechzig Männern angegriffen hätten. Zuerst führen wir sie zu einem Wasserloch, damit ihnen die Pferde nicht verrecken. Danach stärken sie sich und wir werden sie sicher zur Festung führen. Offenbar können sie sich nicht in diesem Gelände orientieren. Ich bin gespannt, was der Rote Teufel mit ihnen anstellt. Immerhin haben sie keinen einzige Augenblick auf dem Marsch darauf verwendet auch nur die simpelsten Dinge zu beobachten und zu lernen. Aber der König hofft immer noch, dass sie irgendwann aufwachen und lernen. Der Herren möchten uns jetzt bitte folgen. Nebenher erklären wir ihnen einige simple Wahrheiten über den Marsch und die Orientierung.“
Locker wendeten sie ihre Pferde und stiegen danach erst ab. Sie führten ihre Pferde und marschierten einfach los. Die Truppe aus Talmos folgte. Erschöpft und schwitzend folgten sie einfach den beiden Spähern, die einfach locker ihrem Weg folgten. Nach einiger Zeit bogen sie ab und präsentierten der Truppe ein großes Wasserloch. Eilig führten die Männer ihre Pferde zu der Tränke und sofort ertönte ein lauter Ruf. Jedes Pferd bekommt zuerst nur eine halbe Kanne Wasser. Ansonsten verrecken ihnen die Tiere. Schwitzende Pferde benötigen besondere Fürsorge. Daher erst ein wenig Wasser, danach etwas Futter. Nach ausreichend Zeit dürfen sie wieder etwas saufen und dann bekommen sie wieder Futter. Jeder Reiter hält diese einfachen Regeln bitte sorgsam ein, ansonsten latschen sie sofort zurück. Wir nehmen an, dass ihnen der König oft genug gesagt hat, dass zuerst die Pferde versorgt werden und danach erst die Reiter. Für die Kerle gilt das Gleiche. Zuerst nur einige Schlucke Wasser, danach etwas fetten Speck. Und genauso, wie bei den Pferden legen die Herren bitte eine Pause ein, bevor sie noch mehr Wasser trinken. Achten sie dabei darauf, dass sie keine Insekten saufen, denn die Viecher setzen sich in ihrem Darm fest und bringen sie einfach um. Aus diesen Grund schöpft einer Wasser und ein Kamerad hält ein Tuch vor die Trinkflasche. So gehen sie sicher, dass sie Morgen noch leben. Füttern sie die Pferde bitte mit zwei Äpfeln und Hafer, damit sie nicht an Substanz verlieren. Danach futtern auch sie einen Apfel und danach Käse. In Käse und Speck ist Salz enthalten, welche sie dringend brauchen, wenn sie überleben wollen. Natürlich steht es ihnen offen Selbstmord zu begehen. Ist halt nicht unsere Sache, was sie mit ihrem Leben anstellen.“ Die Worte hatten gesessen. Stumm und sprachlos schaute der Lordherzog die Männer an.
Diplomatisch versuchte General Talgart die Situation zu retten. „Offenbar haben wir einige Fehler gemacht. Aber warum ist euer König so früh abgerückt? Das hat er uns nicht erklärt.“ Hart konterte der Späher. „Mir wurde erzählt, dass sie auf diesem Ausflug etwas lernen wollten. Zum Lernen gehört es auch Fragen zu stellen und aufmerksam die Umgebung zu betrachten und jedes Wort von unserem König aufzusaugen. Er hat ihnen sicherlich zehn Mal erklärt, dass erst die Pferde versorgt werden. Wir haben es ihnen gezeigt. Wir haben auch erklärt, wie die Pferde gefüttert werden. Wir haben sehr oft auf die Wegezeichen gedeutet und diese erklärt. Wir haben erklärt, dass vor dem Abmarsch sämtlich Wasserflaschen und die Pferde versorgt werden. Eigentlich sind es bereits genügend klare Aussagen, die man recht simpel umsetzen kann, wenn man denn lernen will. Danach haben sie alle weiteren guten Ratschläge in den Wind geschlagen. Wir führen die Pferde. Wir achten auf die Pferde und wir füttern die Pferde auf dem Marsch regelmäßig. Danach haben sie ihre Pferde überanstrengt, weil sie ein paar Reiter in der Ferne erblickten die ein wenig Staub aufgewirbelt haben. Zu keiner Zeit haben sie hinterfragt, was das zu bedeuten hat. Zudem haben sie Haldur die Schuld für ihr Versagen gegeben. Er war klug genug den Wegezeichen zu folgen, weil er offenbar besser aufgepasst hat. Sie haben es versäumt Späher vor der Truppe und auf den Flanken marschieren zu lassen. Lernt man so simple Dinge nicht in ihrer Armee. Und dann haben sie es sogar noch versäumt sich vernünftig zu orientieren. Alle Offiziere versammeln sich jetzt neben mir, damit eine kleine Lektion erfolgen kann.“
Es dauerte unangemessen lange, bis sämtliche Offiziere neben dem Späher standen. „Nun heben die bitte alle die Hand an die Stirn und blicken nach Süden. Südich von uns erblicken sie ein Gebirgszug. Im Südosten sehen sie zwei gut sichtbare Spitzen.“ Nervös suchten die Männer die Gebirgskette ab, wussten jedoch nicht wohin sie schauen mussten. „Wenn es noch länger dauert, dann wachsen wir hier fest. Südosten ist dort, wo die Sonne jetzt steht. Unterhalb der Sonne sehen sie auf dem Gebirge zwei spitze Zacken, das ist die südöstliche Begrenzung unseres Territoriums. Nun blicken sie bitte nach Südwesten und erblicken einen Berg mit einer hohen Spitze. Das ist der westliche Rand unseres Territoriums. Etwa in der Mitte zwischen diesen beiden Punkten erkennen sie einen riesigen eckigen Felsen. Genau in der Richtung liegt die Festung. Die Festung ist unser Marschziel. Ich erinnere sie daran, dass der König ihnen dieses gestern zwei Mal gezeigt hat. Wenn sie aufgepasst hätten, dann hätten sie sich diese Punkte genau eingeprägt. Er hat sogar gesagt, dass man immer weit entfernt Orientierungspunkte wählen soll, damit man genau die Richtung hält. Aber offenbar haben sie nicht aufgepasst. Jedes Wort, was er sagt ist eine Lektion, um überleben zu können. Nun kommen wir zu Lektion zwei. Sie wählen nun die besten zehn Reiter aus, die den Weg auf einer Breite von einer Meile erkunden. Dabei müssen die Männer nur drei Zeichen machen, damit sie alles verstehen, was die Späher sehen. Beide Arme nach oben bedeutet, der Weg ist drei. Wedeln die Späher mit den Armen, dann schauen sie bitte genau hin. Denn in diesem Fall wollen die Männer ihnen etwas mitteilen. Deuten sie in eine Richtung, dann lauert dort eine Gefahr oder dort befindet sich eine Pferdetränke. Befindet sich in der Richtung ein Hindernis oder eine Gefahr, dann macht er ein großes O mit beiden Armen und deutet nun in eine bessere Richtung. Durch diese einfachen Zeichen spart die Truppe eine Menge Energie und Zeit auf einem Marsch. Sie finden alle Pferdetränken und Lagerpunkte. Alle vier Meilen werden die Späher ausgetauscht, damit die Pferde der Späher sich auch erholen können. Da sie gut zugehört haben, wissen sie jetzt die Grundregeln für jeden Marsch.“
Knapp setzte der Späher nach. „Ich hoffe, sie haben sich alles gemerkt oder fein säuberlich notiert. Heute Abend erfolgt die nächste Lektion. Das Auslegen und erkennen von Wegezeichen. Bei uns lernt es jeder Soldat, damit uns keiner der Junker verloren geht. In Gegenden mit ausreichend Wasser ist es kein Problem. Aber hier stirbt man nach wenige Stunden, wenn man die Grundregeln nicht verinnerlicht hat. In der Nacht, während wir die Wachen auspeitschen werden, die selig gepennt haben erfolgt die Navigation in der Nacht, anhand von Signalen und Sternbildern. Damit ist meine Mission erfüllt und wir machen uns jetzt auf den Weg. Ich wünsche ihnen noch stressfreien Marsch. Der König wird ihnen nach dem Eintreffen in der Festung weitere Erklärungen geben, die vermutlich recht harsch ausfallen werden. Immerhin wollen sie etwas lernen und dazu gehört eben auch, dass man aufpasst. Erinnern sie sich bitte an die Worte von Leondur. Wer ein Elitekrieger sein will, der muss auch einer sein. Und eine Elitetruppe darf nur aus Elitekriegern bestehen. Pennbrüder und Faulenzer haben in so einer Truppe keinen Platz. Und wenn gleichzeitig dreißig Männer pennen, dann ist es Dienstverweigerung. Im schlimmsten Fall schleichen sich einhundert Gegner an und stechen sie alle ab oder rauben ihnen ihre Pferde und Trosswagen. Das Wohl einer Truppe ist immer wichtiger als verträumte Deppen, die ihren Pflichten nicht nachkommen.“ Knapp grüßte der Späher und ging auf sein Pferd zu. „Wir werden sie stetig beobachten und und alles Leondur melden, was sie falsch machen, obwohl wir es ihnen klar und deutlich erklärt haben. Sie haben uns ja nicht einmal bemerkt, als sie an uns vorbei geritten sind.“
Diese zweite Klatsche irritierte die Offiziere und einer wagte eine Drohung. „Kerle, wie dich sollte man aufhängen. Rasch drehte sich der Späher um und erkundigte sich nach dem Namen. „Wie heißt die feige Ratte? Mehr muss ich nicht wissen. Falls ich den Namen nicht sofort höre, wird dem Herrn in naher Zukunft ein tragisches Schicksal erwarten. Es liegt bei ihnen für Klarheit zu sorgen.“ General Kromos nannte einen Namen. „Es ist Major von Tengen. Aber was nützt ihn der Name.“ „Ich werde dieses Würstchen ausbilden und er wird dankbar sein, wenn er die Ausbildung überlebt. Schließlich kann ich ja auch einmal einen Fehler machen. Zudem, sollte man nie die Leute beleidigen, die einem helfen sollen. Das kommt nie gut an. Mein Name lautet Major Isareh. Ich gehöre zu den Schatten, die man erst sieht, wenn einem das Messer im Wanst steckt. Diese Tatsache sollten sie nie vergessen.“ Locker kehrte der Späher um und bestieg sein Pferd und entschwand mit dem zweiten Späher hinter einer sachten Erhöhung im Gelände. Bereits nach wenigen Momenten standen sie allein da und versuchten sich krampfhaft die basalen Regel erneut ins Gedächtnis zu rufen.
Laut brüllte der Major. „Muss ich mir das von einem Idioten bieten lassen. In meinen Augen würde er bei uns niemals den rang eines Korporals erreichen.“ Ein Späher, den sie alle nicht bemerkt hatten stieg auf sein Pferd und entschwand ebenfalls binnen weniger Augenblicke. Der Lordherzog schüttelte entgeistert seinen Kopf. „Die Männer vom König können bedeutend mehr, als wir alle zusammen. Auf die Leute müssen wir wie eine verweichlichte Palastgarde wirken. Und wir begehen wirklich jeden Fehler, den man niemals machen sollten. Damit hat er uns demonstriert, dass wir noch sehr viel zu lernen haben und ich denke, die Wachen sollten tatsächlich bestraft werden, weil der Major Isareh in allen Punkten Recht hat. Wir alle benehmen uns wie unreife narren und ich hätte es wissen müssen, dass der Oberst mehr als ein Fuchs, ein Schatten oder kluger Kopf ist. Er sagt es uns gütig, aber zugleich ist er ein extrem harter Truppenführer. Er macht uns vorteilhafte Angebote und wir verstehen nicht, was er damit meint, weil wir nie gelernt haben auf jede Kleinigkeit zu achten. Ein Mann, der so oft ausgepeitscht wurde und dennoch auf jede Nuance achtet und viele Kriege überlebte, der muss etwas Besonderes sein. Ich glaube sogar, dass er mit nur zweitausend Männern unsere halbe Armee ausschalten könnte. Ich hoffe nur, dass er die Worte von Major von Tengen nicht auf die Goldwaage legt und uns alle in einen Topf wirft. In dem Fall hätten wir zukünftig schlechte Karten. Und noch eines ist mir aufgefallen. Wie bei den Übungen in Ethymien, will er uns mehr als eine Botschaft vermitteln. Jedes seiner Worte trifft exakt zu. Wir machen zu viele Fehler. Wir haben in den letzten einhundert Jahren nichts dazu gelernt, was die Truppe und deren Ausbildung betrifft. Wir benehmen uns, wie unreife Kinder, die keine Ahnung vom Krieg haben. Ich erinnere mich, wie er mir sagte, wie sehr es einen schmerzt, wenn man tote Zivilisten beerdigt, oder wie es sich anfühlt, wenn ein Kamerad gefallen ist.“
„Ich glaube, dass er genau weiß, wovon er spricht. Natürlich hält er keine großen Reden, sondern jedes seiner Worte hat eine tiefere Bedeutung, die wir nicht einmal erfassen. So gesehen muss sehr viel in der Truppe geschehen, damit wir überleben können. Oder möchte es einer von ihnen verantworten, wenn die Truppen des Großkahns in unser Land einfallen und die Hälfte des Volks abschlachtet, weil wir zu borniert sind, um auch nur einen Moment zuzuhören. Und natürlich müssen wir unsere fetten Pennbrüder hart bestrafen. Ohne so ein Signal wacht offenbar keiner auf.“
XXX
Nach dem Eintreffen der Truppe aus Talmos in der riesigen Festung trauten sie ihren Augen nicht. Die Festung war riesig. Sie sahen fünf große Wasserbecken, hohe und starke Mauern und Soldaten, die neben ihrem Dienst Felder für die Truppe anlegten. Jeder Soldat schien unablässig zu rackern, um der Truppe und dem Land dienlich zu sein. Alles erschien planvoll und gut durchdacht abzulaufen. Riesige Gatter außerhalb der Mauern beherbergten tausende Pferde, hunderte Rinder, Schafe und Ziegen. Dazu noch die unzähligen kleinen Gehege für das Federvieh und die sauber angelegten Hecken und Baumsetzungen. Jedes Detail dieser Festung spiegelte die strikte Sachlichkeit und eine perfekte Organisation wieder. Die Mauern waren mindestens sechs oder sieben Spannen hoch und bereits jetzt sahen sie viele schwere Waffen, die auf den Mauern thronten. Dachte man sich noch hunderte Bogenschützen hinzu, dann wurde klar, das diese Festung mehrere zehntausend Gegner binden und vernichten könnte. Ein Melder nahm sie auf und führte sie in einen weniger belebten Teil der Baustelle. „Hier ist ihr Lagerplatz für die nächsten Wochen. Die Generäle und der Lordherzog bekommen Zimmer im Südturm zugewiesen. Die Herren mögen mir bitte folgen.“ Die Höflichkeit des Junkers überraschte, weil sie bereits eine strikte Maßregelung erwarteten. Ein zweiter Junker führte die Truppe zu einem Stall, in dem die Pferde sich erholen konnten.
In keinem Moment hätte der Lordherzog so eine riesige Festung erwartet. Und auch die Felder vor der Festung sprachen eine deutliche Sprache. Der König war gewillt sein Land mit allen Mitteln zu verteidigen und zugleich auf das Wohl der Truppe und der Pferde bedacht zu sein. Jeder Soldat erfuhr auf diese Weise, dass der König jederzeit für sie mitdachte. Als sie vor dem Turm ankamen empfing sie ein Junker, der die Pferde in Empfang nahm und zuerst vollkommen musterte. Munter entließ der Junker. „Herr ihr solltet die Pferde besser pflegen, ansonsten habt ihr nicht lange Freude an den Tieren. Ich kümmere mich um die Pferde, damit sie möglichst bald wieder einsatzbereit sind.“ Die Worte irritierten den Lordherzog, weil er ahnte, dass auch diese Worte zu dem König gelangten. „Was ich als Kult bezeichnet habe ist eine besondere Form der Disziplin, die wir offenbar nicht kennen.“ Plötzlich ergaben sämtliche Worte des Königs einen Sinn. „Wir sind allesamt Narren, weil wir die Notwendigkeiten des Lebens nicht erkennen. Wir sind borniert, weil ich ihm erklärte, dass sein Land nicht einmal einer Provinz von Talmos entspräche. Und genau dieser Mann baut eine Festung, die größer als jede Festung in Talmos ist. Offenbar erkennt er Dinge, die wir nicht sehen.“ Rasch stellte er seine Sachen in der kargen Kammer ab um sich dem Junker zuzuwenden. „Wie gelange ich zu eurem König. Diese Frage drängt mich. „Ich warte hier um euch und die anderen Gäste zu dem König zu führen. Er erwartet euch bereits seit langer Zeit. Herzog Haldur ist bereits seit langer Zeit hier.“ Diese Aussage machte es noch schlimmer, denn er hatte dem Herzog die Schuld für das Versagen seiner Männer zuschieben wollen. Mit einem Ruf mobilisierte er seine Generäle, die offenbar länger brauchten, um sich dem König zu stellen. Unerwartet rasch traten die Herren aus ihren Kammern. Ein General entließ munter. „Ich hätte eine bessere Unterkunft in dieser Anlage erwartet. Aber anscheinend gibt es hier keinen Luxus.“ Rasch konterte der Lordherzog. „Genau solche Unterkünfte gibt es demnächst für alle Offiziere in Talmos, damit sie nicht Hochmütig werden. Ich schäme mich inzwischen für mein Auftreten und unsere Arroganz. Mit wenigen Männern könnte er unser Land zu Fall bringen. So gesehen haben wir heute mehr als schlecht abgeschnitten, weil wir offenbar nie gelernt haben genau zu zuhören. In unserem Vertrag steht, dass er uns ausbilden will und heute haben wir einzig unsere Inkompetenz auf einem goldenen Teller präsentiert. Wir sollten dem König danken, dass er uns all unsere Schwächen so drastisch gezeigt hat. Hätten unsere fetten Junker nicht den Schlummer während ihrer Wachzeit vorgezogen, dann wären wir nie in so eine prekäre Lage geraten.“
Erst jetzt folgten sie dem Junker, der sie durch verschiedene Gänge zu einem Speisesaal führten. Im Speisesaal angekommen sahen sie Haldur und Leondur, der das Gespräch munter eröffnete. „Sie haben sich mächtig viel Zeit gelassen um uns zu besuchen.“ Diese Worte waren bereits eine bittere Lektion. Vermutlich kannte der König nun fast sämtliche Schwächen, die die Truppe auszeichneten. Zugleich beschrieben sie den Wert der Generäle, die offenbar zu keiner Zeit Herr der Lage waren. „Seid gegrüßt, Leondur. Ja, wir haben heute viele bittere Pillen schlucken müssen und wir gestehen ein, dass wir bornierte Idioten sind. Offenbar kennt ihr nun all unsere Fehler, die uns eigentlich als Partner in einer Allianz disqualifizieren. Und ich bitte darum, dass euer Major Major von Tengen nach Möglichkeit das Leben lässt. Ich entschuldige mich auch für dessen unwürdigen Worte. Immerhin hat euer Major uns unsere Grenzen deutlich aufgezeigt. Er hat uns geholfen und uns erste Lektionen zukommen lassen. Ohne sein Eingreifen, hätte es böse für uns ausgehen können.“
Leondur nickte nur . „Erneut habt ihr einen wichtigen Teil der Aussage vermissen lassen. Haldurs Männer hatten Wache geschoben und eure Männer geweckt. Ich war zufällig zugegen. Ihm die Schuld zuschieben zu wollen bezeichne ich als unehrenhaft. Der nächste Fehler war, dass sie ihm nicht zuhören wollten. Letztendlich hat er klüger gehandelt und ist auf direktem Weg zu dieser Festung gelangt. Immerhin besitzt er erste Erkunder, die bereits Wegezeichen lesen können. Mit diesem geringen Wissensvorsprung konnten diese Männer seine kleiner Truppe samt Tross an diesen Ort ohne Umwege führen. Seine Männer waren zudem so aufmerksam, dass sie während des Marsches die Pferde bestmöglich versorgten und ihnen zwei Rastpausen auf dem Marsch gönnten, an denen sie die Pferde mit Wasser versorgten. Kommen wir nun zu meinem kleinen Plan. Meine Männer machen gleich eine Runde durch die Unterkünfte der Soldaten. Sie werden jegliche Art von Alkohol einsammeln. Dazu gehören Bier, Wein, Schnaps und auch Branntwein. In meiner Truppe ist das Mitführen dieser Getränke strikt verboten. Ihre Offiziere können ihren Männern nicht beistehen, da sie gerade eine Führung zu den schweren Waffen auf den Mauern machen. Danach stellt sich jeder Mann zu seinem Pferd. Die ungepflegten Pferde werden so lange gepflegt, bis meine Männer zufrieden sind. Zur Grundpflege gehörendas ausschaben und die Kontrolle der Hufe, das striegeln und entfernen von Parasiten und die Behandlung der kleinen Wunden. Ferner wird der Sattel, das Zaumzeug und jeder einzelne Steigbügel auf Vordermann gebracht. So als seien alle Teile neuwertig. Die Sättel und jeder Lederriemen werden mit Lederfett gepflegt. Rissige Teile werden ersetzt und danach werden die Hufe geölt, weil der Untergrund extrem trocken ist. Pferde, die lockere Hufeisen haben, werden zum Hufschmied geführt. Haben sie sogar die Hufeisen verloren, dann müssen neue Hufeisen angefertigt werden. Nebenher werden alle Satteltaschen und die Pferdedecken untersucht. Ich wette zudem, dass etwa die Hälfte der Männer einen Teil der Ausrüstung nicht mitgenommen hat. Dazu gehören Trinkflaschen, Rossbalsam, Hufkratzer, eine Pferdebürste, Bandagen und ein Wasserschlauch. Wir verkaufen den Junkern natürlich die fehlende Ausrüstung. Finden wir in den Satteltaschen oder im Sattel Dinge die dort nicht rein gehören, dann sammeln wir diese Sachen ein. Danach bekommen die Junker etwas zu futtern. Wir nennen es Truppenverpflegung. Falls ihnen die Verpflegung nicht zusagt, dann haben sie Pech gehabt. Im Anschluss erfolgt eine Inspektion der gesamten Ausrüstung. Sie werden die Waffen pflegen, die Rüstungen und eben alles was sie bei sich tragen. Defekte Röcke werden genäht und auch fehlende Knöpfe ersetzt.“
Leondur schmunzelte dezent. „Und danach folgt die Wacheinteilung. Ihre Männer werden einen Mauerabschnitt bewachen. Schlafmützen, bringen wir danach in das Tal des Todes, damit sie lernen, was mit ihnen passiert, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen. Während der Nacht erfolgt natürlich eine kleine Überraschung. Verlassen sie sich darauf, dass binnen der Nacht gut die Hälfte der Männer verschwinden wird. Ich denke, diese kleine Lektion sollten sie lernen, damit sie endlich zu Soldaten werden. Morgen in der Frühe machen die Männer einen Ausflug, während wir ihre Offiziere streng unterrichten. Während des Ausflugs lernen die Soldaten sämtliche Gefahren dieser Steppe kennen. Dazu gehören Schlangen, Skorpione, Raubkatzen und andere Kleinigkeiten. Nach der Mittagspause erfolgt ein erstes Kampftraining, wir wollen wissen, wie gut die Männer mit ihren Waffen umgehen können. Die Unterführer lernen von uns, wie sie täglich eine Inspektion durchführen. Und in einem zweiten Schritt, wie sie für Disziplin sorgen.“
„Erst danach starten wir einen ersten Erkundungsritt zu einem der Täler. Denn das ist ja Ziel dieser Mission. Während uns die eine Hälfte der Truppe begleitet, wird die andere Hälfte im Reiten und dem Kampf mit der Lanze ausgebildet. Es folgen das Bogenschießen und der Schwertkampf. Es folgen nützliche Lektionen, wie der Nahkampf, das Spurenlesen und die Übermittlung von Nachrichten samt der Handzeichen. Natürlich werden sich meine Ausbilder die größte Mühe geben, um sie vernünftig auszubilden. An gute Soldaten verteilen wir auch kleine Auszeichnungen und Belohnungen. Das gehört auch dazu, da es das rasch das Selbstwertgefühl der Männer hebt und ihnen Zeigt, welche Soldaten und Unterführer sich hervorgetan haben. Diese Männer bilden wir später vorrangig aus, damit sie ihr Wissen bei der Ausbildung der jungen Soldaten weitergeben können. Die Brüller und renitenten Faulpelze werden danach ausgesondert. Sie erhalten neue Aufgaben, die ihrem Niveau entsprechen. Manche werden zu den Festungstruppen versetzt und andere bekommen Arbeiten zugewiesen, die weniger angesehen sind. Natürlich denke ich auch voraus. Wenn sie gut sind, können sie auf den neuen Gestüten in ihrem Land arbeiten. Ihre Unterführer lernen während dieser Zeit andere nützliche Pflichten, wie die Buchführung, das Abfassen von Meldungen und die Bewertung von Lernerfolgen. Um den Männern weiter unter die Arme zu greifen lernen sie auch Etikette, Tanzen und das Führen von Gesprächen. Eben alles, was meine Soldaten auch lernen, um irgendwann eine Dame ihres Herzens an sich zu binden. Merken sie sich bitte nun noch diesen Satz: Jeder Dienstgrad ist mit Ehre und Pflichten verbunden. Das bedeutet, dass ein Leutnant eine Kompanie führen kann, ein Hauptmann ein Bataillon führen kann und jeder Major ein Regiment führen kann. Ein Obrist kann das alles und kann dazu eben noch Taktik, Strategie und Führung einer Festung, eines Feldzuges und anderer heikler Missionen. Dazu kommen noch weitere Aufgaben, wie die Ausbildung vom Nachwuchs, die Rechtsprechung und eine Einführung in die Buchführung. Jeder Obrist muss in der Lage sein jeden General zu ersetzen.“
„Ich bedanke mich für ihr Gehör und hoffe, dass sie jedes einzelne Wort verinnerlichen. Die Generäle lernen auch noch das führen von gemischten Verbänden und die Vorbereitung von Kriegen, der Materialplanung und stetigen Verbesserung von Truppenteilen. Und alle Männer lernen ihren Kameraden in Notlagen zu helfen und sie lernen auf Sauberkeit zu achten. Jeder Offizier lernt stetig ein Vorbild abzugeben und seinen Pflichten bis zum letzten Punkt nachzukommen. In dieser Festung gilt meine Gerichtsbarkeit. Ihre Männer werden es sehr schnell merken, denn jede Undiszipliniertheit wird bestraft. Das Abtrennen von Gliedmaßen haben wir abgeschafft, aber unangenehme Dienste werden ihre Männer übernehmen müssen. Das reinigen der Latrinen, der Ställe und zusätzliche Wachdienste bieten viel Zeit zum Nachdenken. Ich hoffe, das wurde verstanden, denn es ist ein wesentlicher Teil der Ausbildung. So, jetzt haben wir uns unsere Suppe verdient.“ Ohne weitere Worte führte er die Gäste in einen Speisesaal. Sofort erhoben sich die Offiziere und grüßten den König und die Gäste. Danach setzten sie sich und genossen weiterhin ihr Essen. Leondur fügte noch an. „Alle Offiziere haben in diesem Raum im Prinzip den gleichen Rang. Jeder Offizier geht zur Essensausgabe und bedient sich selbst.“ Leondur nahm sich einen Teller, einen Löffel und schöpfte sich Suppe in den teller. Dazu nahm er sich einen Apfel und Brot. Die Gäste machten es nach und danach setzten sie sich an einen Tisch in einer ruhigen Ecke.
Gemütlich futterten sie die Gemüsesuppe mit Fleischbeilage und aßen das Brot. Dazu gab es ein Glas Truppenwein. Gerade als sie fertig waren erschien ein Melder. Vierhundertelf Männer aus Talmos pflegen noch ihre Pferde und verzichten somit freiwillig auf die Truppenspeisung. Über vierzig Männer werden gleich die verbotenen Getränke hier einlagern. Sechshundertzwanzig Kerle hatten nicht die erforderliche Ausrüstung dabei und zweiundvierzig Männer wurden festgesetzt. Sie werden die Nacht über die Wache übernehmen. Dazu kommen noch sechzig Männer, um die Wache zu vervollständigen. Zwei Offiziere aus Talmos werden die Wache überwachen. Sie erhielten ein Wachbuch und das Regelwerk erklärt. Zwei Sergeanten unterstützen die Offiziere. Sie wissen alle, dass sie regelmäßig alle Posten ablaufen müssen und sich in das Wachbuch einzutragen haben. Die meisten Männer werden morgen ihre Ausrüstung flicken und putzen. Danach werden sie die fehlende Ausrüstung ersetzen können und erhalten eine Unterweisung in der richtigen Pferdepflege. Die Sergeanten erhalten zusammen mit den Korporalen eine erste Unterweisung in der Truppenführung.“ Sacht grüßte der Melder sie und Leondur erwiderte den Gruß.
„Major von Tengen wird ein Offizier der Wache sein und heute Nacht vermutlich feuchte Hosen bekommen oder freiwillig aus dem Leben scheiden. Es liegt also an dem Mann, was er unternehmen wird. Und da ist noch ein Hauptmann, der sich als renitentes Arschloch erwiesen hat. Auch dieser Kerl wird diese Nacht nicht vergessen. Derzeit frage ich mich, was sie mit solchen Offizieren wollen, die dumm, dreist und arrogant sind. Zudem ist der Kerl ein Seuchenherd und ungepflegt. Er behauptet ein Graf zu sein und zeigt nur das Benehmen eines Fuhrknechts. Verlassen sie sich darauf, dieser Idiot wird alles erleben, was er niemals erleben wollte. Er wird erfahren, dass es besser für ihn gewesen wäre, keinen meiner Männer zu bedrohen. Sein Name ist von Litten. Falls er sich nicht bessert stellen wir ihn vor ein Militärtribunal. Auch diese Erfahrung wird ihn hoffentlich lehren, sich endlich als Soldat zu fühlen oder die Armee alsbald freiwillig zu verlassen. Gerne darf einer ihrer Generäle die Verteidigung des Mannes unternehmen. Er hat Major Isareh mit einer Mistgabel angegriffen. Das gilt in diesem Land als Mordversuch. Zudem war er schwer betrunken und hat mich als Hurensohn bezeichnet. Was als Mangel an Etikette betrachtet wird. Ich hoffe, dass sie mir beipflichten, das dieser Herr nicht als Offizier geeignet ist. Ihre Generäle hat er als üble Emporkömmlinge bezeichnet und ihren Bruder als dumme Fickfresse, der seinen Arsch nicht hoch bekommt. Urteilen sie bitte selbst, was mit dem Mann zu geschehen hat. Bei uns gibt es drei mögliche Urteile für so ein Vergehen. Todesstrafe, unehrenhafte Entlassung aus dem Dienst und öffentliche Degradierung mit anschließender Strafe als Sklave. Sie entscheiden. Ich halte mich daraus. Zudem hegen wir die Vermutung, dass er über Jahre mit dem Syndikat zusammen gearbeitet hat. Wir gründen dieses Vermutung auf diverse Schreiben und viertausend Golddukaten.“ Jetzt blieben die Gäste sprachlos. Rasch sammelte sich Lordherzog Lester. „Gibt es ernsthafte Beweise?“ „Ja, leider, denn der Kerl hatte einen Befehl des Syndikats bei sich. Er sollte ihren König ermorden und für Unruhe in der Truppe sorgen. Hier ist der Bericht über diesen Zeitgenossen. Der Melder stellte noch einige Giftampullen neben meinem Platz ab, was eindeutig beweist, dass er mit dem Syndikat zusammen gearbeitet hat. Denn diese Gifte gibt es nur bei dem Syndikat.“ Langsam stellte er den Beutel mit dem Gift auf den Tisch. .
Der Lordherzog und die Generäle zuckten merklich zusammen. Leondur setzte nach. „So einen Kerl würde ich öffentlich aburteilen. Es liegt somit in ihrer Interesse, diesen Mann zügig aus der Truppe zu entfernen. Immerhin ist es ihr Leben, welches sie auf aufs Spiel setzen. Dennoch übergebe ich ihnen sämtliche Beweisstücke. Es wäre am elegantesten, wenn er heute Nacht einen Treppensturz erleidet. So gewinnen sie Zeit, um sämtliche Männer vom Syndikat in ihren Reihen heimlich aus dem Dienst zu entfernen. Immerhin wird der König von solchen feigen Maden bedroht und auch ihr Leben ist bedroht.“ Leondur erhob sich und blickte die Männer an. „Ich erwarte eine Entscheidung in kurzer Zeit, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Ein Melder wird sie begleiten und mir ihre Entscheidung zutragen. Major Isareh wird danach eigenständig handeln. Immerhin bleibt allen in eurem Land verborgen, dass sie einen Mörder zum offizier gemacht haben. Wir haben noch zwei weitere Personen auf der Liste, die ebenfalls für das Syndikat gearbeitet haben. Verzeiht meine Vorsicht, aber nur, wenn man geschulte Truppen unterhält bekommt man sämtliche Informationen. Eine Liste mit weiteren Namen ist den Beweisstücken beigefügt. Ich muss jetzt ruhen, da mich die Melder zu jeder Zeit aus dem Schlaf reißen dürfen.“ Knapp grüßte er und stellte seinen Teller un einen Waschbottich. Zügig schritt er aus dem Saal. Rasch schritt der König aus dem Saal, während der Lordherzog die Beweise überflog und die Namen der Verbrecher sorgsam studierte. Er zuckte erst zusammen, als er den Namen eines Generals las. Rasch erhob sich General K romos und griff zu seinem Dolch. Ein Bolzen verhinderte jedoch, dass er Klinge aus der Scheide zog. Taumelnd fiel der Mann, ohne auch nur noch ein Wort sagen zu können. Leondur kehrte zurück. „Durchsucht seine Kammer und seine Satteltaschen. Danach versteht ihr meine Maßnahmen. Und ihr General Talgart werdet die Schnauze halten, weil ihr jetzt wisst, dass ich mehr über euch in Erfahrung brachte als euren Namen. Von diesem Moment an beobachten wir euch unablässig. Verzeiht Lordherzog Lester, aber eine Armee kann einzig ein zuverlässiger Offizier führen. Ich hoffe, dass sie endlich verstehen, dass sämtliche Menschen im Dunstkreis von euch und dem König ständig überwacht werden sollten, um weitere Anschläge auf euren Bruder und König zu unterbinden. Ich mag gerade jetzt auf euch eiskalt und berechnend erscheinen, aber ich verschließe meine Augen niemals vor der Realität. Ihr, eure Brüder und der König befinden sich in einer latenten Gefahr. Ein Melder ist unterwegs zu eurem Bruder.“
Nach einer Pause fügte er hinzu. „Mir geht es in diesem fall vorrangig um euren Bruder, den König von Talmos. Ohne ein striktes Handeln werdet ihr das Ziel vom Großkahn. Stellt euch nur vor, dass euch einhunderttausend Reiter angreifen. Überlegt in diesem Moment, was die Gegner in eurem Land anrichten. Keine Frau oder Edelmann würden so ein Massaker überleben. Dennoch brauchen wir euch an unserer Seite, um diesem Spuk ein Ende zu setzen. Nur mit einer gut sortierten Truppe könnt ihr überleben. Durchsucht das Schlafgemach vom General Kromos und ihr werdet genügend Beweise finden, die diese Tat bestätigen werden. Einzig ihr müsst in diesem Moment entscheiden, ob eurer Bruder die nächsten Monate überleben wird. Immerhin hegt General Kromos Mordabsichten und hat entsprechende Dokumente dabei, die vom Syndikat stammen. “ „Woher...“ „Hört mir einfach aufmerksamer zu. Ich schaue in die Herzen der Menschen und erfahre auf diesem Weg viel mehr als durch eine Überwachung oder Folter.“