Prompt: Halloweenparty
Warnungen: Blut, lebensverändernde Verletzungen
Blinzelnd stand ich auf dem Gang im Krankenhaus. Gerade noch waren wir Hand in Hand durch die Nachbarschaft geschlendert und hatten an Türen geklingelt, um nach Süßigkeiten zu fragen.
Trick or Treat … diese blöde amerikanische Tradition. Nur weil du davon so fasziniert warst und es unbedingt ausprobieren wolltest, bin ich mitgegangen. Sonst hätten wir den Abend wie die Jahre zuvor gemütlich zusammengekuschelt auf dem heimischen Sofa verbracht und Hocus Pocus oder die Halloween Town Filme geschaut.
Stattdessen sind wir in die Halloweenparty einer Studentenverbindung geraten. Soweit, so normal. Da wir ohnehin kostümiert waren, war es nicht wirklich aufgefallen, dass wir nicht dazu gehörten.
Wir feierten mit, tranken das ein oder andere Glas billigen Biers oder Wein aus dem Tetrapak, bis jemand auf die Idee kam, Äpfel aus dem Wasser zu fischen mit dem Mund.
Auch so eine Tradition, bei der du unbedingt mitmachen musstest. Und jetzt, jetzt waren wir hier. Das weiße Laken, welches mir als Kostüm gedient hatte, war mit Blut besudelt und lag zusammengeknüllt neben mir auf dem Stuhl im Wartezimmer, während du um dein Leben kämpfst.
Irgendein idiotischer Schlaumeier dachte es wäre lustig Rasierklingen in die Äpfel zu stecken. Du hast rein gebissen in den Apfel, den du mit dem Mund aus dem Kessel gefischt hattest, und geschluckt, bevor du gemerkt hast, dass etwas nicht stimmt.
Vor meinen Augen hast du angefangen Blut zu husten und keine Luft mehr bekommen, weil sich das Stück Apfel mit der Klinge in deinem Hals verkeilt hatte.
Ich hoffe so sehr, dass du es überlebst … diese Halloweenparty war so schon Horror genug für mich. Ich will dich nicht auch noch verlieren. Die Wartezeit erschien mir endlos, obwohl ich einen Teil davon Fragen der Polizei beantwortete. Sie nahmen das blutige Laken mit sich und ich ließ sie. Eine physische Erinnerung weniger an diesen grauenvollen Abend, der eigentlich einfach nur Spaß machen sollte.
Irgendwann kam eine Ärztin zu mir und brachte mich nach einem kurzen Gespräch, dem ich kaum folgen konnte, endlich zu dir. Du warst schon auf die Station hinauf gebracht worden. Anscheinend hatte man dich operiert.
Jedenfalls guckst du genauso stoned aus der Wäsche wie nach deiner Blinddarm-OP. Vorsichtig setze ich mich auf die Bettkante und berühre deine Wange.
Dein Blick fixiert sich auf mich und trotz des Schleiers, den die Medikamente verursachen, kann ich sehen, dass du traurig bist. Nur langsam wird mir klar, was die Ärztin da gerade zu mir gesagt hatte auf dem Weg nach hier oben.
Die Rasierklinge hat deine Stimmritzen zerstört. Du wirst vielleicht nie wieder sprechen, aber auf gar keinen Fall singen können und das, wo du als Musicaldarstellerin davon lebst auf der Bühne zu stehen und zu singen.
Dein ganzes Leben mit einem Schlag aus und vorbei. Und das nur, weil sich jemand einen ‘Scherz’ erlaubt hatte. Ohne ein Wort zu sagen, umarme ich dich und halte dich fest, während stumme Tränen über unser beider Gesichter rinnen.
Du hast zwar nicht wirklich dein Leben verloren, aber dein Leben, so wie es heute Nachmittag noch war, das ist unwiderruflich vorbei und was die Zukunft jenseits von Halloween bringen wird, das weiß keiner von uns.
Dieser Albtraum ist jedenfalls mit Sicherheit noch lange nicht vorbei.
~Ende~