»Du bist ein was?«, fragte Namidha.
»Ein Himmelstier«, antwortete Lefkó. »Ich erkläre es später, was genau es damit auf sich hat«, er sah Astor und Schattenschwinge an. »Ihr wisst ja, dass das eine hohe Verantwortung mit sich bringt.«
Schattenschwinge und Astor sahen den Löwen an. Dann meinte das Adlerweibchen: »Du hast es nicht leicht, oder? Seelentier von Halblingen und Himmelstier.«
Der Löwe schüttelte den Kopf. »Nicht jeder meiner Partner wusste, dass ich ein Himmelstier bin.«
»Warum hast du es ihnen nicht erzählt?«, wollte Astor wissen.
»Weil es keine Notwendigkeit dafür gegeben hat.«
»Wie meinst du das?«, fragte Njellen nach.
Lefkó fuhr sich mit der Pfote über die Schnauze. »Um das zu verstehen muss ich euch erst erzählen, wie ich überhaupt zum Himmelstier geworden bin.«
Die anderen sahen ihn gespannt an, doch Lefkó schwieg zunächst. Sein Blick wanderte durch die Runde. Zum Schluss sah er Astor und Schattenschwinge an. »Bitte lasst mich zu Ende erzählen, bevor ihr mich verurteilt.«
»Warum sollten wir dich verurteilen?«, fragte Schattenschwinge verwirrt.
»Vermutlich, weil er Dinge getan hat, die er selbst stark bereut«, meinte Astor.
Lefkó senkte den Kopf. »Ja«, sagte er sehr leise.
Njellen glitt vom Bett und setzte sich neben ihn. Lefkó sah ihn an. Etwas Trauriges lag in seinem Blick. »Wenn ihr Fragen zu dem habt, was ich euch gleich erzähle, wartet bitte, bis ich fertig bin.«
Die anderen nickten und der Löwe fing an zu erzählen.
»Als ich geboren wurde«, begann Lefkó, »war ich ein normaler, sandfarbener, Löwe. Ich lebte mit meinem Rudel in einer weiten Ebene. Inzwischen ist dort allerdings eine große Stadt. Und das war auch das Problem. Aber eins nach dem anderen. Zu der Zeit, als ich geboren wurde, existierten die Seelentiere etwa dreihundert Jahre lang. Die Menschen bauten immer größere Dörfer und Städte und vertrieben die Wildtiere aus ihren Lebensräumen. Eigentlich war das aber nicht weiter schlimm, da Anicor die vertriebenen Tiere immer in einen neuen Lebensraum führte. Damals hatten die Menschen noch ein ganz anderes Verhältnis zu Wildtieren. Viele hatten regelrecht Angst vor ihnen. Auch wenn sie selbst Tiere als Begleiter hatten, dachte sie, dass Wildtiere ohne Verstand wehren. Und auch wenn ihre Seelentiere versucht haben sie aufzuklären, haben sie nicht auf sie gehört. Als ich etwa drei Jahre alt war, verließ ich mein Rudel und streifte durch die Weiten um ein eigens Rudel zu erobern. Auf meinem Weg traf ich auf zwei andere Männchen und schloss mich ihnen an. Zwei Jahre streiften wir zu dritt umher. Doch es bot sich nie die Gelegenheit, ein Rudel zu erobern. Die beiden anderen hatten schließlich genug vom Umherwandern und als wir wieder in der Nähe eines Rudels waren, versuchte sie dieses zu übernehmen. Ich versuchte sie daran zu hindern, weil mir klar war, dass wir gegen die Rudelführer keine Chance hatten. Da ich sie jedoch nicht im Stich lassen wollte, habe ich mich an der Eroberung beteiligt. Um es kurz zumachen, sie haben nicht überlebt. Ich selbst wurde schwer verletzt und zog mich zurück. Einer der Löwen, aus dem Rudel, folgte mir. Doch dies bekam ich erst zwei Tage später mit. Ich suchte nach einem Bach, wo ich meine Wunden kühlen konnte. Als ich dann weiterziehen wollte, sah ich den anderen Löwen. Ich war mir sicher, er sei mir gefolgt, um mich zu töten. Doch er wollte nur wissen, warum ich mich im Kampf so zurückgehalten habe. Also sagte ich ihm, dass mir von vornherein klar gewesen war, das wir verlieren würden und ich deswegen nicht bis zum Tode kämpfen wollte. Ich weiß nicht mehr genau, was dann passiert ist. Das Nächste, an was ich mich erinnere, ist, dass ich in einer Höhle aufgewacht bin. Meine Wunden waren fast verheilt und so streifte ich wieder durch die Lande. Jedoch schloss ich mich keinen anderen Männchen mehr an. So vergingen weitere zwei Jahre. Ich war inzwischen sieben Jahre alt und vier davon streifte ich umher. Als ich eines Abends grade auf der Jagd war, sah ich, wie zwei Löwinnen von fünf Büffeln in die Enge getrieben wurden. Ohne zu zögern, kam ich ihnen zu Hilfe. Jedoch traf mich ein Horn von einem der Büffel und ich wurde wieder schwer verletzt. Aber die Büffel verschwanden. Die beiden Löwinnen begleiteten mich zu meiner Höhle. Doch sie konnten nicht viel für mich tun. Das Büffelhorn hatte ein Loch in meiner Schulter hinterlassen. Ich verlor viel Blut und wurde immer schwächer. Eine der Löwinnen blieb bei mir, die andere verließ uns nach zwei Tagen. Doch nur, um wenige Stunden später mit Anicor zurückzukommen. Sie flickte mich wider zusammen und rettet mir somit das Leben. Sie bot mir auch an, ein Seelentier zu werden. Doch ich lehnte ab, da ich mit den beiden Löwinnen zusammen bleiben wollte. Die beiden hatte ihr Rudel verlassen, da die neuen Rudelführer wohl ziemlich fies waren. Die Höhle wurde unser Unterschlupf. Zwei Jahre lebten wir glücklich zusammen. Nach einem Jahr hatten wir drei kleine junge um uns herum. Doch dann«, Lefkó seufzte, »dann lief alles aus dem Ruder.«
Da Lefkó eine Pause machte, war es für einen Moment still im Zimmer. Dann meinte Astor: »Ich vermute mal, dass du wegen dem was geschehen ist, doch ein Seelentier werden wolltest?«
Lefkó schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er, »auch wenn es indirekt damit zu tun hat. Aber der Reihe nach. Inzwischen waren die Kleinen ein halbes Jahr alt. Ich war unterwegs, um unser kleines Revier abzugehen. Und als ich dann zurückkam – nun die Kleinen waren weg. Ihre Mutter tot. Die andere Löwin schwer verletzt. Sie sagte mir noch, dass es die Menschen aus dem nächsten Dorf gewesen waren. Doch dann erlag sie ihren Verletzungen. An dem Tag brach meine Welt zusammen. Wie in Trance lief ich durch die Gegend. Ich konnte erst wieder klar denken, als ich mich in der Nähe des Menschendorfes befand. Da die Sonne bereits unterging, entschloss ich mich das Dorf anzugreifen. Jedoch wartete ich noch, bis das Dorf im Schatten lag. Einige kleinere Kinder liefen im Dorf herum. Meine Muskeln zuckten kurz, doch ich wollte den kleinen nichts tun. Die konnten ja bestimmt nichts dafür. Doch leider liefen sie auf mein Versteck zu. Eines der Kinder stolperte und fiel auf mich drauf. Sie starrte mich an. Noch bevor sie anfangen konnte zu schreien, rannte ich davon. Ich wollte eigentlich nur einen Bogen schlagen und wieder zurückkehren. Doch dann wurde ich von Brogern abgefangen. Er nahm mich mit sich und meinte, dass er mir helfen wolle, mich wieder besser zu fühlen. Wie ihr euch denken könnt, handelte er nur eigennützig und machte mich zu einem Höllentier«, Lefkó machte wieder eine Pause.
»Auch wenn ich dich verstehen kann«, meinte Astor, »sagt bitte nicht, dass du die Menschen, in dem Dorf umgebracht hast.«
Lefkó sah ihn mit einem traurigen, düsteren Ausdruck an. Namidha sah den Löwen ängstlich an.
»Als Höllentier kam ich also zurück«, setzte Lefkó wieder an. »Es waren etwa drei Wochen vergangen und so machte ich mich wieder auf zum Dorf. Ich sah auch etwas anders aus als vorher. Ich hatte schwarzes Fell und orange glühende Augen. Als Löwe konnte ich ja auch vorher schon gut bei Nacht sehen, doch jetzt sah ich alles Tag hell. Jedes noch so kleine Geräusch vermochte ich wahrzunehmen. Als ich am Dorf ankam, sah ich, dass dort zwei Hunde Wache hielten. Ein Blick genügte, und ich wusste, dass es Seelentiere waren. Lautlos, wie ein Schatten, schlich ich an ihnen vorbei in das Dorf. Ich verschwand direkt in dem ersten Haus, an welchem ich vorbeikam. Dort traf ich auf das Mädchen, welches auf mich drauf gefallen war. Die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben. Man konnte sie sogar riechen. Und genau das müssen die Seelentiere getan haben. Die beiden Hunde waren als Erstes da. Sie stürzten sich auf mich und ich floh abermals. Brogern sammelte mich wieder auf. ›So wie es scheint, muss ich dir noch was beibringen‹, sagte er. Also ging ich wieder mit ihm und kehrte erst nach zwei Monaten wieder zurück. Als ich am Dorf ankam, konnte ich niemanden ausmachen. Werder Menschen noch Tiere waren dort. Langsam schlich ich durch das Dorf. Ich brach die Türen der Häuser auf, um hineinzuschauen. Wie ich bereits vermutet hatte, war auch dort niemand. Also wollte ich wieder verschwinden und an einem anderen Tag wiederkommen. Ich war schon auf halbem Weg aus dem Dorf. Doch dann hörte ich sie. Die Menschen kamen zurück. Wo sie gewesen sind und warum niemand auf das Dorf aufgepasst hat, kann ich nicht sagen. Doch nun kamen sie also zurück. Ich versteckte mich in einem der Häuser. Als sie die ersten Häuser erreichten und feststellten, dass die Türen zerstört waren, machten sich ihre Tiere auf die Suche nach den Eindringlingen. Also nach mir. Ich verharrte regungslos in einer dunklen Ecke, in einem der Häuser. Ein grauer Wolf betrat das Haus, in welchem ich mich versteckte. Ich weiß nicht, ob er mich sehen konnte, doch er muss mich gerochen haben. Er starrte in die Ecke, in welcher ich mich versteckte. Als der Wolf näher kam, sprang ich auf ihn zu und rang ihn zu Boden. Doch als er ohnmächtig da lag, betraten die beiden Hunde, welche Wache gestanden hatten, das Haus. Sie stürzten sich so gleich auf mich. Den einen konnte ich noch abwehren, doch der Zweite verbiss sich in meiner Mähne. Er versuchte, mich aus dem Haus zu ziehen, doch er schaffte es nicht. Während ich also mit dem einen Hund kämpfte, schaffte der zweite es, den Wolf wieder aufzuwecken. Nun waren sie also zu dritt. Gemeinsam zogen sie mich aus dem Haus hinaus. Ich werte mich nicht mehr. Ich wusste, sie würden mich töten. Und dann wäre ich endlich wieder bei meiner Familie. ›Verstehst du, was ich sage?‹, fragte einer der Menschen. Ich nickte nur. ›Kannst du auch sprechen?‹, fragte er weiter. Ich nickte nur. Sie wollten, dass ich ihnen erzählte, warum ich im Dorf war. Ich sah zu ihnen auf. Dann fragte ich ihn, ob er sich an die Löwen erinnert, welche er vor einigen Monaten getötet hatte. Er starrte mich an. ›Du gehörtest zu ihnen?‹, fragte er. Ich nickte nur. ›Und jetzt bist du hier, um mein Kind zu töten?‹, wollte er wissen. Während er sprach, trat er einen Schritt nach links, um ein Mädchen vor meinem Blick zu verstecken. Als ich das Mädchen ansah, schob sie sich an ihrem Vater vorbei und kam auf mich zu. Eine Frau wimmerte entsetzt auf. Der Wolf und die beiden Hunde wussten auch nicht, wie sie reagieren sollten. Als das Mädchen vor mir stand, streckte es eine Hand nach mir aus. Ich war so verunsichert, dass ich vor ihr zurückwich. Der Mann rief den Hunden zu, dass sie seine Tochter zu ihm bringen sollten. Einer der Hunde, ging auf das Mädchen zu, doch sie schickte ihn weg und rief ihrem Vater zu, dass sie keine Angst vor mir hätte, und mit mir reden wollte. Sie ging wieder einen Schritt auf mich zu. Leise redete sie auf mich ein. Ich war wie erstarrt. Sie stand nun wieder direkt vor mir. Eine schnelle Bewegung von mir hätte gereicht, um sie zu töten. Doch ich war wie gelähmt. Der Klang ihrer Stimme hatte etwas Beruhigendes an sich. Ich kann es mir bis heute nicht erklären. Sie redete leise, so dass nur ich sie hören konnte. Und dann streckte sie plötzlich die Hand aus und griff in meine Mähne. Ihre Berührung, löste ein Gefühl der Geborgenheit in mir aus, wie ich es noch nie vernommen hatte. Ich stand einfach da, sah sie an und hörte ihr zu. Sie übte einen leichten Druck auf meinen Nacken aus, und so legte ich mich nieder. Als ich mich bewegte, zuckten die Erwachsenen zusammen. Das Mädchen kniete sich vor mich nieder. Ihre Hand wanderte von meinem Nacken, über meinen Kopf, bis zu meiner Schnauze. Ich legte meinen Kopf in ihren Schoß. Und dann – dann tauchte Brogern auf. Die Menschen wichen vor ihm zurück. Er kam direkt auf mich zu. Das Mädchen erhob sich und stellte sich schützend vor mich. Brogern lachte nur und warf einen Feuerball nach dem Mädchen. Da ich diese Bewegung kannte, konnte ich schnell genug reagieren. Ich sprang auf und warf mich schützend vor das Mädchen. Als mich der Feuerball traf, sank ich, wie gelähmt zu Boden. Brogern sah mich an. ›Ich habe dir die Möglichkeit gegeben, dich an den Menschen zu rächen. Und was machst du?‹ Da er mich gelähmt hatte, konnte ich ihm nicht antworten. Doch jemand anderes tat dies. Eine Frau war hinter Brogern getreten. ›Er hat sich für seinen Weg entschieden. Daran wirst auch du nichts ändern können.‹ Brogern wandte sich um. Anicor stand hinter ihm. Brogern starrte sie an. Denn sie war nicht alleine. Alle Wächter waren bei ihr. Brogern wandte sich wieder an mich. Er schüttelte abwertend den Kopf und verschwand dann. Anicor kniete sich zu mir nieder. Ich wollte ihren Blick erwidern. Doch dann senkte ich den Blick. Da bemerkte ich, dass das Mädchen neben mir saß. ›Du hasst mir das Leben gerettet‹, flüsterte sie leise. Der älteste Wächter kniete sich neben das Mädchen. Er streckte die Hand aus, und ließ einen kleinen, blau leuchtenden Lichtball auf meinen Kopf fallen. Langsam ging die Lähmung zurück und ich konnte mich wieder bewegen. Ich wandte den Kopf und sah das Mädchen an. Die anderen Menschen aus dem Dorf standen einfach nur da und sahen zu. Der Wolf und die zwei Hunde, waren zu ihnen gelaufen, als Brogern aufgetaucht war. Das Mädchen sah mich an und streckte die Hand nach mir aus. Als sie mich berührte, spürte ich wieder dies Gefühl von Geborgenheit. Anicor sah mich lächelnd an. ›Unser Angebot steht immer noch‹, meinte der Wächter. ›Nach allem, was ich getan habe?‹, fragte ich. Doch der Wächter meinte, dass ich eigentlich nichts getan habe, außer einige Türen zu zerstören. Ich war mir allerdings immer noch unsicher, ob ich ein Seelentier sein wollte. Ich hatte eigentlich nie Probleme mit Menschen gehabt, doch seit sie meine Familie getötet hatten, spürte ich Hass in mir. Doch da war auch dieses Gefühl der Geborgenheit, welches mir das Mädchen gab. Ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte. Die Wächter boten mir an, mich erst mal mitzunehmen, um Brogern Veränderungen rückgängig zu machen. Ich sollte mich entscheiden, wenn ich von Brogerns Hass nicht mehr beeinflusst wurde. Als ich mich erhob, fiel mir das Mädchen um den Hals. ›Es tut mir so leid, was dir widerfahren ist‹, flüsterte sie mir ins Ohr. Langsam stand ich nun auf und ging zu den Wächtern hinüber. Einer von ihnen legte mir die Hand auf den Rücken und im nächsten Moment befanden wir uns in einem kleinen, gemütlichen Zimmer. An einer Wand prasselte ein Feuer im Kamin. Die Wände waren aus Holz. Ebenso wie der Boden. Die Frau und der Älteste kümmerten sich um mich. Sie reinigten mein Fell von dem Schwarz und meine Seele von dem Hass«, Lefkó wandte sich an Njellen und Namidha, »Ihr beiden wisst vermutlich nicht, was ein Himmelstier von einem Seelentier unterscheidet, oder?«
Die beiden Kinder schüttelten den Kopf.
»Nun, ihr wisst ja, dass ein Seelentier die Aufgabe hat, den Menschen, welchen es sich aussucht, zu begleiten und zu beschützen. Dafür zu sorgen, dass es Brogern nicht so einfach hat, dessen Seele zu vergiften. Die Himmelstiere haben natürlich auch diese Aufgabe. Aber bei ihnen kommt hinzu, dass sie auch Beschützer der Seelentiere sind, dass diese nicht den Fehler begehen, denn ich selbst begangen habe. Soll heißen, dass sie erst gar nicht in Brogerns Nähe kommen. Brogern weiß auch, dass er den Seelentieren nichts anhaben kann, solange sie hinter den Wächtern stehen. Wir Himmelstiere schreiten nur ein, wenn ein Seelentier anfängt zu zweifeln. Doch da die Tiere ja selbst entscheiden können, ob sie ein Seelentier werden wollen oder nicht, kommt es eher selten vor, dass eines zweifelt.«
Lefkó verstummte und sah die anderen an. Die sahen ihn gespannt an. Doch der Löwe schwieg zunächst. Er sah zu Namidha hinüber. »Du wolltest wissen, warum ich nichts zu essen, und trinken brauche. Nun. Das ist eigentlich ganz einfach. Aber der Reihe nach. Die beiden Wächter reinigten mich also. Anschließend wollten sie, dass ich mich ausruhe. Sie ließen mich zwei Tage komplett in Ruhe. Am Dritten bin ich dann von mir aus zu ihnen gegangen. Ich hatte lange nachgedacht und mich dafür entschieden, ihr Angebot anzunehmen. Als ich es ihnen sagte, nickten sie wissend. Natürlich wussten sie es bereits, dass ich mich so entschieden hatte. Der älteste Wächter kniete sich zu mir. Er sagte, dass es ihn freuen würde, dass ich mich so entschieden hätte. Doch gebe es da noch etwas, was sie mit mir besprechen müssten. Da ich ja nun wüsste, wie Brogern versucht, die Tiere gegen die Menschen aufzubringen, wollte sie aus mir ein Himmelstier machen. Ich wusste nicht, was ich davon hallten sollte. Doch sie nannten mir gute Gründe, warum sie ausgerechnet mich auswählten. Ich wusste ja nun, wie Brogern vorgeht und wie es sich anfühlt. Also stimmte ich zu. Die Wächter nannten mir einige Bedingungen, welche ich als Himmelstier haben musste. Zum einen, muss ein Himmelstier von weißer Farbe sein. Deswegen mein weißes Fell. Zum anderen wird ein Himmelstier nie Nahrung oder Wasser zu sich nehmen müssen. Wir ziehen unsere Energie aus dem Vertrauen unserer Partner. Und genau dies kann für ein Himmelstier tödlich werden. Wenn das Vertrauen zum Partner verloren geht, stirbt ein Himmelstier und Brogern kann sich die Seele des Menschen bemächtigen. Doch, soweit mir bekannt ist, ist dies noch nie passiert, das Mensch, dass Vertrauen zu seinem Tier verloren hat. Als Himmelstier musste ich einen Vertrag unterzeichnen. Ihr wisst ja, das ein Seelentier, zwischen jedem Partnerwechsel, die Wächter bitten kann, dass sie ihn wieder zu einem normalen Tier machen. Dann kann er noch bis zum Tod als gewöhnliches Tier leben. Als Himmelstier jedoch, muss man eine gewisse Anzahl an Partnern gehabt haben, bevor die Wächter einen aus dessen Dienste entlassen. Auch wenn sich das jetzt unfair anhört, ist es das nicht. Es sind nur sehr wenige Tiere in der Lage ein Himmelstier zu sein. Deswegen wollen die Wächter schon, dass sie eine bestimmte Zeit als Himmelstiere unterwegs sind. Mein Vertrag endete nach meinem letzten Partner und ich hatte den Wächtern bei meiner Rückkehr gesagt, dass ich aufhören wollte«, Lefkó sah Njellen an. »Doch als sie mir sagten, dass ein Halbelf dringend einen Partner braucht, war ich gleich bereit dazu. Ich weiß nicht, ob du weißt, aber nicht jedes Seelentier kann seine Seele mit der Seele eines Halblings verschmelzen. Deswegen ist es für einen Halbling besonders schwer, einen Partner zu bekommen. Als ich zu dir kam, warst du ja quasi schon volljährig. Und in den ganzen Jahren zuvor, gab es kein Seelentier, welches in der Lage gewesen war, seine Seele mit der eines Halblings zu verschmelzen.«
Nach dem Lefkó geendet hatte, herrschte Stille. Nach einiger Zeit, fragte Astor: »Also, wenn die Menschen deine Familie nicht – nun ja – du wärst also kein Seelentier geworden?«
»Niemand kann wissen, was geschehen wäre«, meinte der Löwe.
»Ich weiß, dass ich ohne dich keinen Partner hätte«, sagte Njellen und strich dem Löwen durch die Mähne.