Su sah aus dem Fenster des Fliegers, der langsam tiefer ging und sich dem Flugplatz von Fairbanks näherte. Sie wäre lieber bei Pie in seiner Transportbox, doch die Fluggesellschaft hatte es nicht genehmigt und Pie würde eh noch knapp zwanzig Minuten schlafen. Sie hatte die Dosis so knapp wie möglich bemessen. Sie hasste es zu fliegen und noch mehr hasste sie es, Pie mit Schlaf- oder Betäubungsmitteln vollzupumpen. Kurz schloss sie die Augen und dachte wieder an ihre Reise. Zuerst über sechs Stunden von San Francisco nach Anchorage und dann nochmal gut eine Stunde von Anchorage nach Fairbanks, weil es keine direkte Verbindung zu diesem verdammten See gab. In Fairbanks sollte sie von einer kleinen Privatmaschine abgeholt werden, die sie und Pie zum Lake Minchumina bringen würde. Mit der ganzen Flugzeit, der Wartezeit, dem aus- und umladen, waren sie und Pie nun schon seit fast zehn Stunden unterwegs und genervt schloss Su kurz die Augen. Und immer noch hatten sie ihr Ziel nicht endgültig erreicht, noch einmal musste umgeladen werden und dann noch einmal eine gute Stunde Flug bis zum Lake Minchumina.
Eine Woche lang waren alle Vorbereitungen auf Höchsttouren gelaufen und alles blitzschnell geregelt worden. Su verzog ihren Mund und schnallte sich an. Sie war froh, wenn sie bald mit Pie am Ziel war, zwar hasste sie Alaska immer noch, doch zumindest saßen sie dann nicht mehr im Flieger. Ungeduldig wartete sie, dass die Maschine endlich landete und zum Stehen kam. Sie wollte nach Pie sehen, schauen, ob alles gut war.
Endlich hielt die Maschine und augenblicklich schnallte Su sich los und sprang auf, ohne auf den missbilligenden Blick der einzelnen Flugbegleitung zu achten. Zum Glück war es nur eine kleine Maschine, gerade mal ein paar Passagiere und reichlich Fracht. Su wartete ungeduldig, dass die Flugbegleitung die Türe öffnete und zog sich ihre dicke Lederjacke an, während sie unruhig auf dem Fleck trat. Kaum war die Treppe unten, sprang sie mit einem Satz vor und hinaus. Runter von der Treppe und nach hinten, wo sich nun langsam die Laderampe öffnete. Tief vergrub sie die Hände in der Lederjacke und lief auf und ab, bis endlich der Gabelstapler ankam und anfing den Laderaum leer zu räumen.
„Die große Kiste, die mit Holz ummantelt ist und die mit Styropor umwickelte, sind wichtig, alles andere hat Zeit.“ Gott, die Leute bewegten sich wie Schnecken. Pie würde jeden Moment wach werden und sie wollte bei ihm sein, außerdem würde er hungrig sein, er hatte am Morgen nichts von ihr bekommen und war tief beleidigt gewesen. Von weitem hörte sie das Brummen einer weiteren Maschine, die sich näherte und in einigen hundert Metern Entfernung landete. Endlich wurde die Transportbox abgeladen und aufatmend sprang sie zu der Kiste und horchte hinein. Noch war es ruhig, doch das würde nicht mehr lange so bleiben. Suchend sah sie sich um und fand endlich, was sie brauchte, hinten auf der Ladefläche lag ein Werkzeug.
Mit einem Brecheisen bewaffnet machte sie sich an dem Holzverschlag zu schaffen und brach die vordere Umhüllung nach einigen Versuchen endlich ab. Aufseufzend sah sie in den Käfig, wo Pie gerade anfing wach zu werden. Die Männer warfen einen neugierigen Blick in die Kiste und wurden blass.
„Machen Sie die Kiste wieder zu Miss. Gott, das ist ein ausgewachsener Tiger.“
Su warf den Männern einen leicht verächtlichen Blick zu und ging rüber zu der Styropor-Kiste. Schnell bearbeitete sie die Kiste mit dem Brecheisen und holte ein kleineres Stück Fleisch heraus. Eigentlich sollte er heute nichts essen, doch sie kannte ihn und wusste, dass er sich erst entspannen würde, wenn er etwas bekam.
Mit dem Stück Fleisch bewaffnet öffnete sie den Käfig und kroch hinein, während die Männer aufschrien und sie aufhalten wollten.
„Verdammt, nehmen Sie endlich ihre verfluchten Finger von mir.“ Su riss sich los und kletterte in die Box zu Pie, während die Männer sich langsam und blass zurückzogen. Pie sah sie müde an und brummte leise, bevor er versuchte aufzustehen.
„Bleib liegen mein Dicker.“ Su legte das Fleisch vor ihn und untersuchte ihn schnell, ob er irgendwo irgendwelche Verletzungen hatte. „Pie … essen.“ Pie stieß sie mit dem Kopf an und fing dann an das Stück Fleisch zu verschlingen. Vorwurfsvoll sah er sie an, als er es aufhatte, doch Su schüttelte den Kopf. „Mehr gibt es erst später.“
Zufrieden das er völlig ok war, kroch sie aus der Box und Pie beeilte sich, mit wackeligen Pfoten und schwankend, ihr hinterherzukommen, aus Angst wieder eingesperrt zu werden. Kaum betrat er wieder den Boden, blieb er stehen und hob schnuppernd den Kopf. Laut und herausfordernd stieß er einen Schrei aus und Su lachte leise. „Jaja, nimm mal alles in Besitz.“
Die Männer waren alle in große Entfernung auf den Gabelstapler gestiegen und weigerten sich, wild gestikulierend und schimpfend, das Flugzeug weiter abzuladen. Kopfschüttelnd sah Su sich um und bemerkte, wie von dem anderen Flugzeug zwei Personen auf sie zukamen.
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Rick sprang aus der Maschine und wartete, dass Tina ebenfalls ausstieg. Kurz nickte er James, dem Piloten, zu und drehte sich dann um, um zu der anderen Maschine zu gehen und den Tiger abzuholen, und diese Frau gezwungenermaßen zu begrüßen, auch wenn er sie lieber postwendend zurückschicken würde.
Schon von weitem sah er, wie die Männer sich plötzlich fluchtartig zurückzogen und jemand aus der Transportkiste des Tigers kam. Und dann riss er erschrocken und geschockt die Augen auf, als der Tiger ebenfalls die Box verließ, witternd stehenblieb und dann sein herausforderndes Brüllen hören ließ. Und diese verdammte Person stand daneben und bewegte sich keinen Meter. Das musste dann diese O'Brien sein.
„Scheiße.“ Tina sprach aus, was Rick dachte, sie hatten keine Waffen dabei, weil der Tiger eigentlich in seiner Kiste sein sollte. Beide wurden etwas langsamer und zögerten, sich der Frau und dem Tiger zu nähern und vorsichtig behielten sie die beiden im Auge, damit rechnend, dass das Tier gleich in Panik geriet und die Frau und dann die Männer anfiel oder versuchte zu verschwinden. Jetzt bückte sich die Frau und umarmte die Raubkatze und ließ dann ihre Hände über seinen Hals gleiten.
„Gott, die Frau ist doch irre. Um Himmels willen.“ Tina's Stimme klang wütend und Rick sah, wie sie ihren Mund verzog.
Die Frau, es musste O'Brien sein, sah jetzt kurz in ihre Richtung, bevor sie ein paar Schritte ging und der Tiger neben ihr lief. Dann drehten sich beide in ihre Richtung und kamen langsam auf sie zu. Mit jedem Schritt, den sie näherkamen, sah er die Frau deutlicher und mit jedem Schritt, den sie ging, wurde er unruhiger. Die Frau, die mit dem Tiger auf ihm zukam, trug Lederjacke und Jeans, dazu hohe Lederstiefel und schien nicht älter als Anfang zwanzig zu ein. Jetzt war sie nahe genug und Rick sah, dass sie zwar älter war, aber höchstens irgendetwas um die Mitte zwanzig. Mit jedem Schritt, den sie näherkam, hatte er mehr und mehr das Gefühl, als würde ihm jemand die Luft abschnüren. Jetzt war sie nahe genug, dass er ihre bernsteinfarbenen Augen sehen konnte und die langen honigblonden Haare, die sie zu einem geflochtenen Zopf gebunden trug.
...Oh verdammte scheiße...
„Das ist doch jetzt nicht wahr, oder? Himmel, das ist ein junges Mädchen.“ Tina sah zu der Frau und kurz glitzerte Wut und Eifersucht in ihrem Blick auf. Sie wusste nicht warum, doch vom ersten Moment an, konnte sie die Frau, die da auf sie zukam, nicht leiden.
...Gott, sie sieht aus wie eine perfekte Mischung aus warmer Sonne und Honig...
Rick sagte nichts und sah nur weiter auf die Frau und den Tiger, Tina sah ihn an und sah, wie fasziniert und fassungslos er O'Brien ansah, bevor er scheinbar Tina‘s Blick spürte und sein Gesicht ausdruckslos wurde.
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Su ging langsam näher zu den beiden, eine Hand auf dem Rücken des Tigers, als sie plötzlich das Gefühl hatte, als würde ihr jemand das Herz aus der Brust reißen, ihr die Luft wegblieb und sie glühende Wut in sich aufwallen fühlte. Dieses Gesicht würde sie unter tausenden sofort wiedererkennen. Vor ihr stand der Liebhaber ihrer Schwester, der sie verlassen hatte, als sie Schwanger war und wegen dem sie sich das Leben genommen hatte. Su blieb stehen und Pie sah sie verwirrt an, als sie ihre Finger in seinen Rücken krallte.
...nein, bitte nicht, nein...
Rick sah, wie sie ihn ansah, plötzlich stehenblieb und ein wütender, entsetzter Ausdruck über ihr Gesicht huschte. Das sollte Ms. O'Brien sein? Wieso war sie wütend? Gott, er konnte nicht mit einem jungen Mädchen unter einer Decke wohnen, das war absolut unmöglich. Das war keine alte Matrone, wie er sie erwartet hatte, das hier war viel schlimmer. Vor ihm stand eine junge Frau, die ihn mit ihrem Aussehen und ihrer Ausstrahlung völlig durcheinanderbrachte und viel zu jung für eine Tierpflegerin war.
...scheiße verdammte...
Nein, sie musste weg, sofort. Sie konnte nicht bleiben, unter keinen Umständen. „Was zum Teufel bilden Sie sich eigentlich ein? Sie können doch nicht auf einem öffentlichen Flugplatz einen Tiger frei herumlaufen lassen. Gott, wie kann man so verantwortungslos sein? Verfluchte scheiße … und sowas nennt sich Pfleger? Wollen Sie das der Tiger erschossen wird, oder was? Verdammt nochmal.“
Su sah den Mann an, das musste Dr. Rick Anderson sein, die sexy, wenn auch gereizte und wütende Stimme vom Telefon. Und nun hatte der Mann auf dem Bild ihrer Schwester, einen Namen...
...und die Stimme vom Telefon ein Gesicht, verdammt...
Und mit ihm sollte sie zusammenarbeiten? Das war doch jetzt nur ein Witz, ein ganz, ganz schlechter Witz.
„O'Brien! Ich gehe davon, aus das Sie Dr. Anderson sind?“ Su sah ihn absichtlich von oben bis unten an und beobachtete jede Reaktion von ihm, doch er zeigte absolut kein erkennen bei dem Namen oder ihrem Aussehen. Kein Zusammenzucken, kein Aufblitzen der Augen, was erkennen ließ das ihm der Name etwas sagte. Er sah sie völlig ungerührt und eher etwas wütend an.
...was hast du erwartet? Das er zusammenzuckt und sofort alles beichtet? Oder dir sagt, wie leid ihm alles tut? Wäre wahrscheinlich sowieso gelogen...
„...natürlich sind Sie das. Wie ich Ihnen bereits am Telefon gesagt habe, Dr. Anderson, Pie wird nicht eingesperrt. Und es ist mir scheißegal, was Sie davon halten. Er tut keiner Fliege was zuleide und wenn Menschen sich vor Angst in die Hose machen, ist das nicht mein Problem.“
„Das darf doch wohl nicht wahr sein. Sie sind unverantwortlich, es braucht nur jemand zu schreien oder zu rennen und schon wird der Tiger ihn verfolgen.“ Die Frau mischte sich nun ein und ihre Stimme klang scharf und verächtlich.
Gespielt gleichgültig sah Su zu der Frau, die sie langsam und herablassend von oben bis unten musterte.
Sie hasste sie, sie wusste nicht warum, doch sie hasste dieses Mädchen mit den langen, blonden Haaren und diesen goldbraunen Augen, die neben einem Tiger stand als wäre es das natürlichste auf der Welt und sie hasste noch mehr den Blick den Rick der Frau zugeworfen hatte.
„Und Sie sind? … Nein, sagen Sie es nicht, es ist mir scheißegal, wer Sie sind. Sie können das gerne testen und schreien und rennen Mrs. WerAuchImmer. Aber netter wäre, wenn Sie sich um die Sachen kümmern würden, die ausgeladen werden müssen, damit wir von diesem Drecksflugplatz kommen.“
„Ich bin Dr. Tina Winter, die Tierärztin der Station. Und nicht Ihr verdammter Gepäckträger.“ Tina sah wieder verächtlich auf die junge Frau, die ihren Blick unbeeindruckt zurückgab.
„Sie? Der Tierarzt? Nein, danke. Ich werde für Pie einen anderen Tierarzt suchen. Nett Sie nicht kennenzulernen. Halten Sie sich von Pie fern. Sie sehen nicht so aus, als würden Sie Tiger mögen, geschweige denn, dass Sie mit einem fast dreihundert Kilo schwerem Tiger umgehen könnten.“ Su sah sie spöttisch an und ging dann einfach weiter, die Frau wich einige Schritte zur Seite, als der Tiger auf sie zukam, doch Rick war so überrascht, dass er stocksteif stehenblieb. Der Tiger sah sie beide an und schnaubte mit einem leisen „chrrrrmmmm“, so als wollte er die Worte von Su bestätigen, und lief dann Su hinterher.
Rick sah den beiden fassungslos nach, immer noch durcheinander und überlegend was zur Hölle gerade passiert war. Sie war so ganz anders, als er gedacht hatte. Dazu ihr Aussehen und diese leicht rauchige Stimme.
Su O'Brien...
...Die Frau war vordergründig bissiger als der Tiger und aus irgendeinem Grund mochte sie scheinbar weder das Land, noch Tina und ganz zu schweigen von ihm, wenn er sich an ihren Gesichtsausdruck gerade erinnerte.
Su ging einfach weiter und auf den kleinen Flieger zu, während Pie ihr keinen Meter von der Seite wich. Nachdenklich ließ sie ihren Gedanken freien Lauf ... Gott, sie war doch sonst gar nicht so gemein, aber der Anblick des Mannes, wegen dem sich ihre Schwester das Leben genommen hatte, hatte sie völlig aus der Bahn geworfen. Und diese Frau, die sie mit unverhohlener Wut und Verachtung angesehen hatte, hatte sie nur noch wütender gemacht. Keiner kannte Pie wie sie und keiner konnte sich ein Urteil über ihn erlauben. Wütend presste sie die Lippen zusammen und vergrub die Hände tief in den Taschen ihrer Lederjacke, während sie sich umsah und etwas suchte, wo sie sich hinsetzten konnte.
Rick hatte sich endlich wieder gesammelt und sah ihr nach, wie sie auf den Flieger zuging und trotz seiner Wut auf die Frau und über ihr benehmen, schlich sich ein kleines Lächeln um seinen Mund. Sie hatte Feuer und Temperament, eine verdammte Menge Temperament.
...Schön, wild und temperamentvoll und dazu wie er, die Liebe für Amur-Tiger...
Die nächsten Wochen und Monate würden interessant werden.
…Trotzdem wirst du sie so schnell wie möglich wieder dahin zurückgeschickt, wo sie herkommt. Ohne den Tiger...
„Was ist das für eine verdammte arrogante, schnippische Person. Was bildet die sich eigentlich ein?“ Tinas fauchende Stimme holte ihn aus seinen Gedanken und mit einem kurzen Blick in ihr wütendes Gesicht, drehte er sich zu den Arbeitern um und ging zu ihnen hinüber.
Er wollte so schnell wie möglich zum Lake zurückfliegen, doch dazu mussten erst die ganzen Sachen der Pflegerin ausgeladen und in den kleinen Flieger gepackt werden. Obwohl das eigentlich Blödsinn war, die Sachen konnten genauso gut hier eingelagert werden, er würde O'Brien so schnell wie möglich wieder nach Hause schicken. Sie passte hier nicht hin mit ihrer gebräunten Haut...
...ob sie überall so braun wie im Gesicht und an den Händen ist?...
...oder diesen langen, honigblonden Haaren und diesen bernsteinfarbenen Augen, die ihn an Whiskey erinnerten.
...vergiss nicht diese leicht rauchige Stimme, die bestimmt verdammt sexy ist, wenn sie nicht gerade rumfaucht oder verächtlich Gift und Galle spuckt...
Gott, nein sie gehörte nicht hierher, ganz und gar nicht. Sie war viel zu jung, die Männer im Reservat würden sich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren können. Es gab eh nur vier Frauen in der Station. Tina, Joan die Haushälterin und Köchin, ihre Tochter Doreen und später unten im Labor June, die Laborassistentin. Und alle waren Anfang oder Mitte dreißig. Joan sogar Mitte fünfzig. Zum Teufel, die Kleine würde hier alles durcheinander bringen mit ihrem California-Surfergirl-Aussehen. Langsam näherte er sich den Arbeitern und nickte ihnen zu.
„Wie lange brauchen Sie für das Entladen? Wir möchten schnellstmöglich zurück zum Lake.“ Rick sah den ihm am nächsten stehenden Mann an und der runzelte nachdenklich die Stirn.
„Wenn keine weiteren Zwischenfälle mit dieser … Frau auftreten. Könnten wir in knapp einer Stunde alles entladen und in der kleinen Maschine verpackt haben. Sorgen Sie nur dafür, das der Tiger entweder eingesperrt oder weit weg ist, sonst werden die Leute sich nicht bewegen.“
„Ich werde es versuchen.“ Rick grinste und ging dann wieder zurück. Tina sah ihm erwartungsvoll entgegen und lächelte schelmisch.
„Rate mal, wer in ein paar Tagen wahrscheinlich herkommt?“
„Keine Ahnung. Greenpeace? WWF? Irgendeine Gruppe radikaler Tierschützer, die meinen wir schaden den Tieren mit unserem Zuchtprogramm?“ Rick sah sie spöttisch an und hatte plötzlich ein ganz ungutes Gefühl, als sie strahlend lächelte.
„Nein. Ryan! Ich habe gerade mit ihm telefoniert.“ Tina grinste und strahlte Rick an.
„Was soll das? Ich will ihn hier nicht haben und ich wüsste auch nicht, was er hier sollte oder warum er hier rauskommen sollte.“ Rick runzelte die Stirn und sah Tina mit zusammengekniffenen Augen an, bevor er den Kopf schüttelte, als wollte er irgendwelche Gedanken vertreiben. Langsam ging er an ihr vorbei, Richtung O'Brien, um dafür zu sorgen, dass sie mit dem Tiger ein paar hundert Meter weiter weg wanderte, damit die Arbeiter ihren Job machen konnten.
„Aber es ist dein Bruder Rick und ihr habt euch einige Monate nicht gesehen. Ich dachte, du freust dich.“ Tina sah ihm nach und zuckte dann zusammen, als sie Rick's eisige Stimme hörte.
„Wenn es etwas auf dieser verdammten Welt gibt, was ich absolut nicht vermisse, dann ist das mein verdammter Bruder.“ Rick warf ihr einen Blick zu, der seinem Ton in keinster Weise nachstand und Tina schluckte kurz, bevor sie kampflustig das Kinn hob.
„Stan und ich sind ebenfalls mit ihm befreundet und wir vermissen ihn.“
„Ach ja?“ Rick sah sie über die Schulter kurz verächtlich an. „Was vermisst ihr denn? Seine Anekdoten von Partys und Saufgelagen? Oder seine Kommentare und Erzählungen über seinen Frauenkonsum? Wenn ihr ihn so vermisst, dann fliegt nach Frisco und lasst euch in seiner Nähe nieder. Beziehungsweise, fliegt nach NY, er ist vor ein paar Monaten dahingezogen.“ Rick sah sie grimmig an und wollte noch etwas sagen, doch plötzlich stand der Tiger vor ihm und sah ihn aufmerksam an. Rick blieb stehen und sah langsam zu O'Brien die ihn nicht beachtete und an ihrem Handy rumspielte.
Su sah kurz aus den Augenwinkeln zu Anderson der in knapp zehn Metern Entfernung wie angewurzelt stand und auf Pie sah, der genau vor ihm stand und ihn ansah. Grinsend sah sie wieder auf ihr Handy und kümmerte sich nicht um den Kerl, sie wusste das Pie ihm nichts tun würde, aber Anderson wusste es nicht. Nachdenklich sah sie auf ihr Handy, wie alt mochte Anderson wohl sein? Dreißig? Mitte dreißig? Oder war er älter? Ende dreißig? Der Mann war schwer einzuschätzen, gut anderthalb Köpfe größer als sie und durchtrainiert, mit etwas längeren hellbraunen Haaren und grünbraunen Augen. Sie hatte sich das Bild damals tausendmal angesehen, bevor sie es verbrannt hatte. Hatte sogar versucht herauszufinden wer er war, sie konnte ihn blind beschreiben und doch hatte sie keine Ahnung, wie alt er war.
„O'Brien, rufen Sie den Tiger zurück.“
Su sah hoch und sah ihn spöttisch mit hochgezogener Augenbraue an. „Warum? Sie sind doch der angebliche Experte für Amur-Tiger und wissen alles. Dann sollten Sie mit so einem kleinen Kätzchen klarkommen, oder?“
Rick's Augen sprühten Funken und seine Stimme klang mehr als wütend und gereizt. „Rufen … Sie … den … verdammten … Tiger zurück. SOFORT!“
Su sah ihn erneut spöttisch an und schnalzte kurz mit der Zunge. „Komm her mein Dicker, der Herr Doktor macht sich sonst noch in die Hose.“
Rick fauchte wütend auf und strich sich dann durch die Haare. Er würde sie erwürgen. Ganz einfach. Wenn sie schlief würde er sie erwürgen. Oder ersticken. Genau, ersticken war vermutlich besser. „Gehen Sie mit Sahib spazieren, die Leute wollen den Flieger beladen und weigern sich in der Nähe eines freilaufenden Tigers zu arbeiten.“
„Mein Gott, sind alle Menschen hier in Alaska solche Angsthasen? Gott, das ist doch echt peinlich. Da haben die Leute in Frisco am Strand weniger Angst vor Pie als ihr hier.“ Kopfschüttelnd stand sie auf und sah auf den hinteren Bereich des kleinen Flughafens. Die Landebahn für die kleineren und privaten Flugzeuge war etwas entfernt von den anderen Landebahnen, sowie dem Flughafengebäude und nahe an einer großen Wiese, die weit genug entfernt sein sollte. „Komm Pie, wir gehen Kaninchen erschrecken. So was gibt es doch hier in Alaska, oder?“ Spöttisch sah sie zu Anderson, der die Zähne zusammenbiss und aussah als würde er sie am liebsten zum Mond schießen.
...Oh ja, bis mir einfällt, wie ich dich drankriege, werde ich dir das Leben zur Hölle machen, du verdammter Mistkerl...
Langsam ging sie mit dem Tiger an ihrer Seite zum hinteren Bereich des Flugplatzes und Rick sah ihr nach. Dieses verdammte Frauenzimmer machte ihn jetzt schon wahnsinnig mit ihrer spöttischen Art.
...und sie hat einen scheiß sexy Gang...
Sie musste hier weg, zurück nach Frisco oder sonst wohin. Überall hin aber nicht in sein Haus und dann noch neben ihn, in sein Gästezimmer. Konnte man eigentlich Raketen mieten? Dann könnte er sie doch zum Mond schießen. Genau, perfekt. Das wäre weit genug entfernt.
„Scheiße.“ Rick strich sich erneut durch die Haare, Ende des Jahres würde er graue Haare haben oder gar keine mehr, weil er sie sich ausgerissen hatte, wegen dieser verdammten Pflegerin mit ihrer frechen Art und den schönen, bernsteinfarbenen Katzenaugen.